Eine Welt ohne Namen - Im Bann von 2 Welten

Es gibt 664 Antworten in diesem Thema, welches 169.078 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (2. September 2017 um 22:02) ist von Schreibfeder.

    • Offizieller Beitrag

    Kemanon sprah sehr bedacht:

    sprach

    Ui, ein fliegendes Pferd :rofl: Na wenn sie es damit nicht aus der Eiswüste und über das Gebirge schafft, weiß ich auch nicht. :D (Jimo wird einige Schwierigkeiten haben, sie wieder zu finden. Er rechnet ja wohl kaum damit, dass sie nun ebenfalls wieder durch die Luft fliegt XD)
    Ansonsten finde ich die Idee recht gut. Direkt einen neuen tierischen Freund dazu gewonnen.
    Ein schöner Teil mit tollen Beschreibungen. Ich habe nichts zu meckern und freue mich jetzt einfach mal weiterhin auf die nächsten Seiten.

    Und danke zu der Erläuterung. ich finde es lustig, dass du das alles in den Kalender eingetragen hast. Aber eigentlich ist das eine erstaunlich gute Idee. Sollte ich auch mal machen. XD
    Und ein halbes Jahr erst? Ich habe ehrlich gesagt mit mehr gerechnet. So wird man getäuscht. :D

    LG, Kyelia

  • Hallo zusammen. Noch hat mich mein Fleiß nicht verlassen und ich habe einen neuen Teil für euch. So langsam geht es wirklich auf das Ende zu :)

    Eine Stunde später befestigte sie eine Tasche und eine dicke Decke an Tjepitjas Sattel und stieg anschließend selbst hinauf. Während Kemanon für sie gepackt hatte, hatte sie sich bei Tokru bedankt und war danach kurz bei Tehara vorbei gegangen, um sich auch bei ihr und der älteren Frau, die – wie Maja jetzt erfuhr – Teharas Großmutter war, zu bedanken. Nur den alten Selran, mit dem sie gerne noch ein paar Worte gewechselt hätte, konnte sie nirgends auftreiben.
    Kemanon erklärte ihr noch ein paar letzte Dinge, unter anderem, welche Gebiete in der Eiswüste sie besser meiden sollte: „Flieg auf keinen Fall durch Stürme und lande nicht in der Nähe von Wasser. Man weiß nie, wie dick die Eisdecke dort ist. Wenn du Berge siehst, lande auch dort nicht, denn darin befinden sich oft die Höhlen von Eiswölfen. Sobald du in Sicherheit bist, lass Tjepitjas frei, er kommt allein zurecht.“
    „Findet er den Weg zurück?“, fragte Maja.
    „Wenn er will, findet er zurück.“
    „Und wenn nicht?“
    „Dann wird er wohl eine kleine Weltreise machen. Alle Schneepferde sind Weltenbummler. Sie gehen wo der Wind sie hinbläst, man kann sie nicht an einem Ort halten. Adenaras beispielsweise ist manchmal monatelang auf Reisen. Aber er kommt immer wieder hierher zurück. Treu sind sie, aber man darf niemals versuchen, sie festzuhalten. Wenn sie gehen wollen, dann gehen sie. So...“
    Er sah aus, als wolle er noch etwas sagen, aber in dem Moment sahen sie von weitem Selran auf sich zu kommen. Er kämpfte sich langsam durch den Schnee. Kemanon schwang sich auf Adenaras Rücken und er und Maja ritten dem alten Mann entgegen. Schon von weitem sahen sie, dass er etwas metallenes in der Hand hielt.
    „Soso, auf dem guten Tjepitjas davonfliegen“, krächzte er, als sie ihn erreichten. „Clever, aber was machst du, wenn du dich verfliegst?“ Und mit diesen Worten drückte er Maja einen alten, schweren Kompass in die Hand. „Den hatte ich bei mir, als ich aus der anderen Welt hier rüber gekommen bin. Er gehörte meinem Großvater. Ich brauche ihn nicht mehr. Die Sterne verraten mir genauso viel wie jeder Kompass, aber du wirst ihn brauchen, wenn du nicht unnötig Zeit vergeuden willst. Halte dich nach Südosten. Und verlier mir das gute Stück nicht, ich könnte ihn eines Tages zurück verlangen. Und bloß keine großen Dankesreden, ich hatte nicht vor hier zu erfrieren.“ Und mit diesen Worten drehte er sich um und ging wieder von dannen.
    „Danke!“, rief Maja ihm hinterher und betrachtete den Kompass genauer. Er war sehr alt, groß und einfach, ohne überflüssigen Zierrat. Sie vergewisserte sich, wo Südwesten war und verstaute den Kompass in ihrer Jackentasche. Er würde ihr sicher von großem Nutzen sein. Dann bedankte sie sich ausführlich bei Kemanon, bis dieser sie abwürgte, mit der Begründung, auch er habe nicht vor hier zu erfrieren und müsse sich außerdem um den Fisch kümmern. Daraufhin gab Maja Tjepitjas einen Klaps auf den Hals und ritt los. Sie nahmen schnell Tempo auf und schwangen sich dann in den Himmel. Kalter Wind wehte Maja ins Gesicht und sie seufzte vernehmlich. Schon wieder war sie auf einem geflügelten Tier unterwegs durch diese Welt.
    Ihre Reise war sinnlos und gefährlich gewesen und hatte sie fast das Leben gekostet. Jetzt, wo sie wieder unterwegs war, musste sie sich außerdem eine Frage stellen: Sollte sie zurück nach Miriam fliegen, oder weiter nach einem Weltentor suchen? Sie war sich sicher, dass ihr niemand mehr folgte, doch wollte sie nicht noch einmal in eine solch gefährliche Situation gelangen. Und es gab keinerlei Anhaltspunkte, wo sie noch suchen konnte. Im Hinterkopf hatte sie auch ihre Überlegungen der vergangenen Woche. Den wagen Plan, sich in dieser Welt ein Zuhause zu suchen, wenn sie es nicht in ihre Heimat schaffen würde. Doch sie war sich nicht sicher, ob sie das wirklich konnte. Außerdem kam es ihr noch mehr wie aufgeben vor als alles andere. Und sie wäre ganz allein. In Miriam, das wusste sie, hatte sie wenigstens noch Freunde.

    Die Entscheidung wurde Maja abgenommen.
    Sie flog vierzehn Stunden nach Südosten, zwischendurch immer wieder landend, damit Tjepitjas verschnaufen und etwas von den seltsamen, matschigen Früchten essen konnte, die Maja mithatte und die ihre Hände verklebten. Tjepitjas flog langsamer als ein Halbdrache, wenn auch immer noch schnell und er brauchte immer wieder Pausen. Einmal schien er so erschöpft, dass er sich sofort nach der Landung in den Schnee legte und lange Zeit nicht mehr aufstand. Nach einer Weile schlief er sogar ein. Maja blieb wach und schaute unermüdlich zum Horizont, immer in angstvoller Erwartung, einen Eiswolf oder eines der anderen wilden Tiere zu erblicken, von denen Kemanon ihr erzählt hatte. Irgendwann dann packte sie eine kleine Schale aus und schmolz mit den Händen (etwas anderes hatte sie nicht) Schnee, in den sie einen Stärkungstrank tat. Sie weckte Tjepitjas und ließ ihn davon trinken, dann schlürfte sie die Reste auf. Schließlich reisten sie weiter. Maja hatte sich über Tjepitjas Hals gelehnt, die Augen halb geschlossen, und plauderte unentwegt auf das Schneepferd ein. Sie hatte ihm schon ihre halbe Lebensgeschichte erzählt, als sie am Horizont vor dem Sternenhimmel zwei dunkle Schatten ausmachte. Sofort schwenkte Tjepitjas nach rechts, um ihnen auszuweichen. Doch Maja glaubte, die fledermausartigen Gestalten zu erkennen. Sie versuchte, das Schneepferd zu beruhigen und nach Osten zu lenken. Es gelang ihr auch erst, doch als die Silhouetten der Halbdrachen größer wurden, wurde Tjepitjas wieder nervös und wollte die Richtung ändern. Maja lenkte ihn zu Boden und sah von dort aus zu den Halbdrachen hinauf. Als sie näher kamen, fing sie an zu winken und zu rufen und rannte auf sie zu. Tjepitjas dagegen trabte verängstigt in die andere Richtung.
    Maja hatte Glück. Entweder hatten die Halbdrachen oder ihre Reiter sie gesehen. Als die Raubtiere zu Boden schwebten, durchlebte Maja einen Moment des Zweifelns, in dem sie überlegte, ob sie nicht zufällig auf zwei der wilden Artgenossen von Taramos und Penelope gestoßen war, doch dann sprang Kandrajimo vom Rücken eines der beiden, stürzte auf Maja zu und umarmte sie stürmisch.
    „Bei allen Sternen, Maja, ein Glück, dass wir dich gefunden haben. Wir dachten, du bist tot. Ich kann es gar nicht glauben, ich kann es einfach nicht glauben.“ Er drückte sie noch einmal an sich.
    Auch Tamor umarmte sie, dann schloss Kandrajimo sie noch einmal in die Arme. Genervt machte Maja sich los und entdeckte erstaunt eine Träne auf Kandrajimos Wange. Ein schlechtes Gewissen überkam sie.
    „Es tut mir Leid, dass ich weggelaufen bin“, sagte sie ehrlich.
    „Ach was“, murmelte Kandrajimo und wischte die Träne beiseite. „Mir tut es Leid; es war alles meine Schuld. Ich hätte niemals gegen dich kämpfen dürfen. Ich hätte mich nicht dazu überreden lassen dürfen und ich hätte mehr tun müssen, um dir zu helfen. Aber jetzt wird alles anders, das verspreche ich dir. Komm rauf auf Taramos. Es wird Zeit, dass du aus dieser Eiswüste rauskommst.“ Plötzlich trat tiefe Verwunderung auf sein Gesicht. „Wo hast du diese Kleidung her.“
    „Das ist eine lange Geschichte“, sagte Maja. „Ich erzähle sie euch später. Aber vorher muss ich noch etwas erledigen. Wartet kurz hier.“
    Sie hatte Tjepitjas einige Meter entfernt hinter einem Schneehaufen entdeckt. Er war bei der Landung der Halbdrachen zuerst panisch davongerannt, war dann jedoch neugierig wieder näher gekommen. Weiter heran traute er sich aber wohl nicht. Maja ging vorsichtig auf ihn zu. Doch Kandrajimo wollte sie offenbar nicht mehr alleine lassen. Er stolperte hinterher, wartete aber in gebührendem Abstand.
    „Wo hast du nur dieses Pferd her?“, war das Einzige, was er noch sagte.
    Maja nahm Tjepitjas die Tasche und die Decke ab, doch dann wusste sie nicht, was sie mit dem Sattel tun sollte. Schließlich entschied sie, ihn auch abzunehmen, denn Kemanon hatte ja gesagt, Tjepitjas würde möglicherweise nicht sofort zurückkehren und sie wollte ihn nicht mit dem Sattel belasten. Als sie ihn zusammenrollte und in die Tasche stopfte, stellte sie fest, dass er überraschend leicht und platzsparend zu verstauen war. Dann strich sie Tjepitjas noch einmal über die Nase und verabschiedete sich leise von ihm. Als sie ihm den Rücken zukehrte und in Kandrajimos Begleitung zu Taramos ging, spürte sie einen schmerzhaften Stich im Herz. Sie hatte Tjepitjas in den letzten Stunden ins Herz geschlossen und vermisste ihn jetzt schon.

  • Und weil's so schön war, geht es gleich weiter. Ich kann mich gerade nur auf diese Geschichte konzentrieren, also mache ich damit weiter, obwohl ich mir eigentlich vorgenommen hatte, an der anderen zu schreiben. Was mache ich nur, wenn ich mit dieser fertig bin?
    Die nächsten Entwicklungen könnten euch überraschen, vielleicht aber auch nicht. Bestimmt aber stimmen sie euch nachdenklich.
    Und eine fette Überraschung habe ich auf jeden Fall noch in meinem Hut versteckt, aber das dauert noch ein paar Seiten. Und mehr verrate ich nicht. :diablo:



    Ein Friedensangebot

    Sie brauchten lange für die Rückreise, wie lange genau, konnte Maja später nicht sagen. Kandrajimo und Tamor planten jede Menge Pausen ein, mit der Begründung, Maja müsse sich ausruhen. Diese aber fühlte sich überhaupt nicht müde, nur Langeweile hatte sie tierisch. Während der allerersten Pause, kurz nachdem sie das Große Gebirge erreicht hatten, verschwand Kandrajimo ins Blaue hinein und tauchte erst mehrere Stunden später wieder auf. Er berichtete, dass er dem Rat der Kamiraen Bericht erstattet hatte, dass es Maja gut ging. Dann wollte er von Maja genau wissen, was sie erlebt hatte. Sie berichtete von dem Tor und dem Dorf im Schnee, von Tokru, Selran und Kemanon und von Tjepitjas. Sie ließ nicht eine Einzelheit aus.
    „Schneepferde sagst du?“, warf Tamor ein, als sie geendet hatte. „Und sie hatten Flügel?“
    Maja nickte.
    „Hast du je davon gehört?“, fragte Kandrajimo den Zauberer.
    „Von geflügelten Pferden hört man hier und da“, antwortete Tamor. „Ich kenne allerdings niemanden, der eines besitzt.“
    „Kemanon sagte, man darf nicht versuchen, sie festzuhalten. Sie gehen, wohin sie wollen.“
    „Genau wie Taramos und Penelope“, meinte Tamor. „Meistens kommen sie, wenn ich sie rufe, doch sie haben auch ihren eigenen Willen. Und vielleicht kommen sie eines Tages nicht mehr. Sie brauchen ihre Freiheit.“
    Bei dem Wort Freiheit verdüsterte sich Majas Stimmung. „Wenn die Kamiraen mich noch einmal einsperren, dann haue ich für immer ab“, sagte sie zu Kandrajimo. „Ich bin jetzt schon zwei Mal aus Miriam raus gekommen, ohne dass sie es wollten. Ich schaffe es auch ein drittes Mal.“
    „Alles wird gut“, antwortete Kandrajimo darauf nur, allerdings mit einer sehr unglücklichen Miene. Maja beschloss, seinen Gesichtsausdruck fürs Erste zu ignorieren.
    „Apropos“, sagte Tamor plötzlich. „Der nächste, der ohne meine Erlaubnis meine Halbdrachen ruft, bekommt von mir mächtig Ärger. Sag das auch deinen Freunden, ja?“

    Sie machten einen Zwischenstopp bei Tamor, wo sie sich den Bauch mit Keksen vollschlugen und die Nacht in gemütlich warmen Betten verbrachten. Erst spät am nächsten Tag flogen sie weiter. Maja dachte darüber nach, dass sie in letzter Zeit so oft auf Halbdrachen geritten war, dass es irgendwie seinen Reiz verloren hatte. Es war einfach nur ungemütlich. Sogar auf Tjepitjas zu reiten war angenehmer gewesen, denn der hatte ein flauschiges Fell gehabt, in das man seine eisigen Finger vergraben konnte und er war außerdem nicht so halsbrecherisch schnell unterwegs gewesen.
    Sie landeten am 17. Dezember im Innenhof des Hauptquartiers der Kamiraen in Miriam. Der Schnee war geschmolzen und hatte den Hof nass und grau zurückgelassen. Maja erfuhr das Datum deshalb, weil Feodor, der die Landung aus einem Säulengang heraus beobachtete, ihr kopfschüttelnd berichtete, dass sie eine ganze Menge Türchen an ihrem Adventskalender zu öffnen habe. Dann umarmte er sie und erklärte ihr, dass er sie besser in einen Hund verwandeln und an einer Leine mit sich führen solle, damit sie nicht mehr abhauen und ihm einen solchen Schrecken einjagen könne.
    „Aber Respekt“, sagte er dann. „Du bist einem Kamiraen und einem Zauberer eine ganze Weile entwischt. So mancher Gauner könnte sich bei dir eine Scheibe abschneiden.“
    Maja hatte nur ein müdes Lächeln dafür übrig. Ihr war nicht nach Scherzen zumute. Vor allem als sie feststellte, dass nicht nur Matthias, sondern auch Karim und Jinna sich nicht blicken ließen. Sie fragte Feodor, wo sie waren.
    „Matthias macht seinen üblichen Kram“, gab der Zauberlehrling zurück. „Ich mache mir langsam wirklich Sorgen um ihn. Was Karim und Jinna betrifft, die wollen dich nicht sehen. Sie sind wohl ein wenig sauer auf dich. Wir haben uns wirklich Sorgen um dich gemacht, wir dachten, du stellst irgendetwas richtig dummes an und gehst drauf.“
    „Das wäre ich fast“, gab Maja zu.
    „Versprich mir bitte, dass du das nie wieder machst“, sagte Feodor.
    Maja sah ihm in die Augen. Sie waren voll von ehrlicher Sorge, doch sie musste ihn enttäuschen. „Das kann ich nicht.“
    „Na dann“, sagte Feodor und es klang beleidigt.
    Er wollte sich schon abwenden. Maja schluckte schwer. Sie war allen auf den Fuß getreten und jetzt waren sie sauer. Matthias schon lange, die Kamiraen und Tabea auch, und jetzt auch noch Tamor, Karim, Jinna und Feodor. Euen sowieso. Hatte sie irgendjemanden nicht verletzt? Dabei wollte sie doch nur nach Hause. Ihr traten Tränen in die Augen.
    „Warte!“, rief sie. „Weißt du, was die Kamiraen sagen?“
    Feodor drehte sich noch einmal zu ihr um. Sein Gesicht war völlig undurchschaubar. „Woher soll ich das wissen?“, fragte er. Dann ging er ins Hauptquartier und ließ Maja mit hängendem Kopf stehen.
    Jemand legte ihr die Hand auf die Schulter. Es war Kandrajimo.
    „Lass uns rein gehen, der Rat hat dir etwas mitzuteilen.“
    Seine Worte trugen nicht dazu bei, Maja aufzuheitern. Sie hatte jetzt nicht auch noch Nerven, um sich eine Standpauke des Rates der Kamiraen anzuhören. Aber was blieb ihr schon anderes übrig?

    Die Standpauke fiel ziemlich lang aus. An Einzelheiten konnte Maja sich später nicht erinnern, da sie die meiste Zeit nicht zuhörte, sondern eigenen Gedanken nachhing. Doch zum Ende hin sagte Jonathan Niber etwas, das Maja aufmerken ließ. Sie sah auf in die versteinerten Mienen der Kamiraen am Tisch. Einzig Kandrajimo und Sahara ließen sich anmerken, was sie dachten. Kandrajimo drehte Däumchen und machte ein Gesicht, als hielte er zwei Drittel von Nibers Rede für absolut überflüssig. Sahara fläzte sich gelangweilt auf ihrem Stuhl und lachte ab und an geheimnisvoll in sich hinein, als wisse sie mehr als alle im Raum. Sie ging Maja damit gewaltig auf die Nerven.
    „Wir haben lange darüber gesprochen und sind zu dem Schluss gekommen, dass wir uns für unser Verhalten bei unserer letzten Begegnung entschuldigen sollten“, gab Niber zu und Maja ruckte erstaunt den Kopf nach oben. „Wir bitten dich, uns zu verzeihen und sind bereit, einen Kompromiss einzugehen. Wir werden dich nicht mehr einsperren. Du brauchst nicht zu den Sitzungen unseres Rates kommen und darfst in Miriam gehen, wohin du willst. Wenn du irgendetwas brauchst, wende dich an uns und wir werden sehen, was wir für dich tun können. Was deine Bitte, in die andere Welt zurückzukehren, angeht, so hat sich unsere Meinung nicht geändert. Es ist zu gefährlich, du solltest besser in Miriam bleiben, wo du in Sicherheit bist. Doch warte!“, sagte er als Maja den Kopf senkte. „Urteile nicht vorschnell. Ich habe gesagt, wir sind zu einem Kompromiss bereit. Wir bieten dir Folgendes an: Wir holen deine Familie hierher, besorgen ihr ein Haus in Miriam und du kannst dort mit ihnen leben. Es wird euch an nichts mangeln.“
    Maja sah ihn an. Vor ein paar Monaten hätte sie dieses Angebot sofort abgelehnt. Ihre Eltern hier in der Welt ohne Namen? Der Gedanke war einfach lächerlich. Doch jetzt zögerte sie. Vielleicht war es ihre einzige Möglichkeit, sie wieder zu sehen. Nachdenklich leckte sie sich die Lippen. Es war nicht das, was sie wollte und alles in ihr sträubte sich gegen einen solchen Kompromiss. Doch es war besser als nichts. Besser als alles, was sie sich je erhofft hatte. Sie wusste nicht, was sie antworten sollte. Sie brauchte Zeit, um darüber nachzudenken. Doch Moment! Sie konnte um Zeit bitten.
    „Kann ich bitte etwas länger darüber nachdenken?“, fragte sie.
    Jonathan Nibers Gesicht hellte sich auf. „Aber natürlich. Du kannst uns deine Entscheidung jederzeit mitteilen. Dieses Angebot bleibt bestehen, egal was passiert.“
    „Gut“, sagte Maja und stand eine Weile verloren im Raum herum, bis Kandrajimo aufstand.
    „Ich bringe dich in dein Zimmer“, sagte er.

  • Als Maja ihr Zimmer betrat, stellte sie fest, dass jemand den Adventskalender auf ihren Tisch gestellt hatte. Sie hatte noch neun Tage an Nüssen aufzuholen. Sie wollte schon nach einer davon greifen, als ihr klar wurde, dass sie keinen Hunger hatte. Stattdessen hockte sie sich ins Bett und zog sich die Decke über den Kopf. Sie musste nachdenken … das Pro und Kontra abwägen.
    Ihre Eltern und Käse hier in dieser Welt. Mit ihr. So ganz konnte sie sich mit diesem Gedanken immer noch nicht anfreunden. Es hatte seinen Reiz, ja. Sie würde sich damit abfinden müssen, in dieser Welt zu sein, aber wenigstens hätte sie dann die Menschen, die sie liebte, an ihrer Seite. Sie hätte ein Zuhause, könnte wieder morgens von ihrer Mutter geweckt werden und danach über das lustige Gesicht ihres Vaters am Frühstückstisch lachen. Und dann? Wie würde der weitere Tagesablauf aussehen? Maja wurde mit einem Schlag klar, dass er sich vollkommen verändern würde. Ihre Eltern müssten ihre Berufe aufgeben, in dieser Welt gab es keinen Bedarf an Informatikern und Chemielehrerinnen. Käse würde nicht mehr zur Schule gehen können, oder wenn doch, würde es eine komplett andere Schule sein. Sie würden all ihre Freunde zurücklassen und den Kontakt zu ihnen abbrechen müssen. Maja wurde klar, dass es überhaupt nicht das war, was sie gewollt hatte. Anstatt endlich diese Welt verlassen zu können, würde sie ihre Eltern in ihre vertrackte Situation mit hineinziehen. Und was würden sie davon halten? Maja war sich fast sicher, dass sie diese Welt nicht mögen würden. Und was würden sie zu den Kamiraen sagen, die ihre Tochter entführt und in diese riesige Gefahr gebracht hatten? Begeistert wären sie sicher nicht, eher stinksauer. Es würde Streit geben, viel Streit, Maja konnte ihn schon förmlich riechen.
    Sie dachte lange darüber nach, versuchte, sich das Leben vorzustellen, dass sie hier mit ihrer Familie haben konnte, und es mit dem Leben, das sie Zuhause haben konnte und mit dem, das sie jetzt hatte zu vergleichen. Sie wusste, welches Leben sie haben wollte, aber wie hoch waren die Chancen, es zu erreichen? War es Zeit für einen Kompromiss?
    Als es später am Tag an der Tür klopfte, saß Maja auf ihrer Fensterbank, sah in den grauen Regen hinaus und dachte immer noch nach.
    „Ja bitte?“, sagte sie und den Kopf zur Tür herein streckte Tabea. Als sie Maja sah, kam sie ganz in den Raum und schloss die Tür hinter sich.
    „Was gibt’s?“, fragte Maja, während Tabea das Gepäck von dem Stuhl räumte, auf den die junge Kamiraen es einfach fallen gelassen hatte, und sich setzte.
    „Du solltest dich umziehen“, sagte sie mit Blick auf Majas Pelze, von denen sie nur einige auf dem Bett zurück gelassen hatte.
    „Mir ist nicht zu warm“, gab Maja zurück.
    „Du trägst seit Tagen nichts anderes. Und irgendetwas hier riecht ziemlich eklig.“
    „Oh“, sagte Maja und sprang von der Fensterbank. „Aber das bin ich nicht, das ist das Knutiz.“ Sie zog den Beutel aus ihrer Tasche. Tabea rümpfte die Nase und nahm ihn Maja aus der Hand.
    „Du hast nichts dagegen, wenn ich das entsorge?“, fragte sie. „Wasch dich solange und zieh dich um. Hast du sonst noch irgendetwas Verderbliches dadrin?“
    Sobald Tabea mit einem Stapel altem Proviant von Maja verschwunden war, huschte diese in den nächsten Waschraum. Eine halbe Stunde später saß sie sauber in frischen Kleidern auf dem Bett und Tabea nahm wieder Platz auf dem Stuhl.
    „Hast du über das Angebot der Kamiraen nachgedacht?“, fragte sie ernst.
    Maja nickte. „Ja, aber ich kann mich nicht entscheiden.“
    „Warum nicht?“
    „Mir gefällt der Gedanke nicht. Aber wenn das meine letzte Chance ist …“
    „Das ist es nicht“, sagte Tabea überzeugt. Maja verstummte erstaunt. „Ich rate dir, das Angebot abzulehnen.“
    „Was?“
    „Ich habe dieses Jahr die eine oder andere Gelegenheit bekommen, deine Eltern zu beobachten. Ich habe aufgepasst, dass Dreizehn nicht versucht, ihnen etwas anzutun, aber aus irgendeinem Grund schien er nicht einmal daran zu denken. Was ich sagen will ist, dass deine Eltern nicht in diese Welt passen. Sie würden hier nicht glücklich werden – niemals. Und auch du würdest nicht glücklich werden. Du hast gesagt, du willst nach Hause und das hat sich nicht geändert. Wenn du jetzt aufgibst und deine Eltern herholst, wirst du vielleicht eine Weile zufrieden sein, aber was ist im nächsten Sommer? Du wirst dich fragen, wie es gewesen wäre, das Angebot nicht anzunehmen – weiterzukämpfen. Ich denke, du wirst nur glücklich, wenn du zurück nach Hause kehrst, egal wie riskant es ist. Ich habe lange gebraucht, um das zu akzeptieren, das gebe ich zu. Aber ich habe es schlussendlich getan und die Kamiraen werden es vielleicht auch tun. Also denk darüber nach, ob du dieses Angebot annehmen kannst, oder nicht. Ich bin sicher, es wird nicht deine letzte Chance sein.“
    Maja hatte ihr schweigend zugehört. „Ich werde darüber nachdenken“, sagte sie. „Wann ist die nächste Sitzung des Rates der Kamiraen?“
    „Morgen Abend. Soll ich dich abholen?“
    Maja nickte.
    Nachdem Tabea gegangen war, blieb sie in nachdenklicher Stimmung zurück. Tabea war immer der Meinung gewesen, sie solle sich nicht so anstellen. Warum hatte sie ihre Meinung jetzt geändert? Warum war sie überhaupt in letzter Zeit so nett zu Maja? Sie konnte es nicht verstehen, aber irgendwie schien Tabea plötzlich auf ihrer Seite zu sein. Oder spielte sie ihr nur etwas vor?

  • ´So, ich habe dann auch mal aufgeholt. Du warst ja recht fleißig.... wenn man das mit mir vergleicht die irgendwie gar nichts zustande gebracht hat, HUT AB sehr gut. Du hast die Teile schön und vor allem schlüssig geschrieben. Bei dem vorletzten Part mit der neuen Sprache habe ich erst gedacht, dass das nicht gut gehen wird... sprich, dass ich die Hälfte wieder einmal nicht verstehe aber zum Glück waren es ja nur die paar worte. Das konnte ich gerade noch so behalten :D Das aufeinandertreffen von Jimo und Maja hatte ich mir ehrlich gesagt anders vorgestellt, aber gut. Es ist schön geschrieben, allerdings hatte ich mir ein bisschen mehr Drama gewünscht, aber die Autorin bestimmt!
    Die Einsicht vom Rat finde ich sowohl schön als auch überraschend da sie ja zuvor zu absolut keiner Einlenkung bereit waren. Auf der anderen Seite gefällt es mir sehr gut, das Tabea mittlerweile auf Majas Seite steht.
    Ich warte nun gespannt wie du weiter machen wirst :stick:

    xoxo
    Kisa

  • Als Maja den Männern ihren Namen genannt hatte, hatten diese außergewöhnliches Erstaunen ausgedrückt. Es stellte sich heraus, dass sie schon von ihr gehört hatten. Unglaublich, aber wahr – sie standen in regem Kontakt mit den Genêpas, jenem Volk, das Maja auf ihrer letzten Reise hinter das Gebirge kennengelernt hatte, und diese hatten von Maja erzählt.

    Hi, Din. Ich kam noch nicht allzu weit mit dem lesen. Liegt nicht am Inhalt deiner Geschichte, sondern du hast recht viel geschrieben, wie ich sehe. Aber mir ist (siehe Zitat) ein Fehler aufgefallen. Du verwendest hier ein andere Erzähler-Perspektive, was den gesamten Abschnitt. aber vor allem diese paar Sätze im Zitat betrifft

    Inhaltlich läuft die Geschichte weiter, gerade die Hintergrundgeschichte zu den Genepas war interessant. Aber wo die Reise jetzt hingeht, bleibt immer noch im Grauen. Ich lese weiter, sobald ich kann.

    • Offizieller Beitrag

    Drei super Teile. :thumbsup: Maja hat die beiden schneller gefunden, als ich gedacht habe und ist auch schon zurück in Miriam. ^^
    Ich muss sagen, ich finde es gut, dass die Kamiraen nicht mehr so versteift darauf sind, Maja unbedingt "gefangen" zu halten. Schön, dass sie endlich erkannt haben, dass das auf Dauer nur alles schlimmer und nicht besser macht. Den Kompromiss sehe ich zwar als Sprung in die richtige Richtung aber von einer dauerhaften Lösung immer noch weit entfernt. ^^
    Wenn Tabea Majas Eltern in der anderen Welt beobachtet, und sich Dreizehn nicht die Bohne für diese interessiert, könnte Maja dann nicht einfach zurückgehen, nur eben mit jemanden, der sie weiterhin beschützt und aus der Ferne dafür sorgt, dass sich der Familie nicht doch einer von Dreizehns Leuten nähert? :hmm:

    LG, Kyelia

  • Den Kompromiss sehe ich zwar als Sprung in die richtige Richtung aber von einer dauerhaften Lösung immer noch weit entfernt.

    Das sehe ich genauso. Eine Zeit lang habe ich ja tatsächlich überlegt, ob ich es so enden lasse, mit diesem Kompromiss. Aber das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Lasst euch überraschen. Ich führe jetzt erst mal ein paar Fäden zusammen, denn Majas Abenteuer hatte Konsequenzen.


    Alladrinek

    Maja verbrachte den nächsten Tag damit, ziellos durch das Hauptquartier zu wandeln. Ihr Pech war nur, dass sich unter den Libellen, mit denen sie zuvor zusammen gearbeitet hatte, herumgesprochen hatte, dass Lilia in Wirklichkeit eine Kamiraen war. Ständig wurde sie von irgendjemandem erkannt und musste sich dann notgedrungen mit ihm oder ihr unterhalten. Außerdem war sie mittlerweile tatsächlich zu mittelschwerer Berühmtheit gelangt. Es waren so einige Geschichten über sie im Umlauf, von denen nicht einmal die Hälfte stimmte. Das Phänomen hatte sie schon früher beobachtet. Die Leute erzählten spannende Geschichten und weil sie irgendeinen griffigen Titelhelden brauchten, schnappten sie sich einen Kamiraen. In dieser Welt kamen noch schneller Gerüchte auf als in der anderen. Vielleicht, weil die wenigsten auf die Schnelle entlarft werden konnten. Aber Maja kannte sich mittlerweile ganz gut im Hauptquartier aus und wenn sie Leuten aus dem Weg gehen wollte, fand sie ihre Möglichkeiten.
    Gegen vier ging sie zum Speisesaal und holte sich ein Gemüse-Omelett. In einer der abgegrenzten Ecken verspeiste sie es und warf jedem, der ihr zu nahe kam, böse Blicke zu. Bis plötzlich Karim mit einer Gruppe von Jungen, die allesamt etwas jünger waren als er, den Speisesaal betrat. Maja winkte ihm zu und zu ihrer großen Erleichterung setzte er sich zu ihr. Mitsamt der ganzen Truppe.
    „Gut, dich zu sehen“, sagte er zu Maja. „Wir haben uns große Sorgen gemacht.“
    „Es tut mir Leid“, antwortete sie ehrlich. „Bist du sehr sauer auf mich?“
    Karim schüttelte den Kopf. „Guckt woanders hin“, fuhr er dann seine Begleiter an, die Maja alle mit offenem Mund anstarrten.
    „Ist sie deine Freundin?“, fragte einer von ihnen.
    Karim wurde knallrot. „Nein“, fauchte er und Maja musste lachen. „Hast du übrigens heute Abend Zeit?“, fragte er sie dann, was seine Begleiter ziemlich erheiterte.
    „Tut mir Leid, ich wollte zu einer Versammlung der Kamiraen.“
    „Du wolltest?“, fragte Karim überrascht. Den anderen Jungen klappte derweil der Mund noch weiter auf.
    „Nicht direkt“, sagte Maja. „Aber vielleicht habe ich danach ja noch Zeit.“
    „Ist schon gut, wir können uns auch morgen noch treffen. Sechs Uhr bei mir, wie wär's?“
    „OK. Wer sind eigentlich die?“, fragte Maja neugierig, und bedachte die Truppe, die jetzt flüsternd darüber spekulierte, ob Maja eine Kamiraen war. Wenigstens hatte es sich bei denen noch nicht herumgesprochen.
    „Das ist unsere zukünftige Schwertkampfelite“, antwortete Karim. „Traurig, oder?“
    Daraufhin brach die zukünftige Elite in Protestgeschrei aus und Maja prustete in ihr Omelett.

    Als sie später zu ihrem Zimmer kam, stand die jetzige Schwertkampfelite in Form von Tabea ungeduldig wartend vor der Tür. Sie machten sich gleich auf den Weg.
    „Du wirst dich heute ein wenig geduldiger zeigen müssen, als gewöhnlich“, sagte sie. „Die Kamiraen haben wichtigen Besuch und du solltest mit deiner Antwort warten, bis er gegangen ist. Unterbrich sie ja nicht vorher.“
    Maja nickte. Ihr Abenteuer in der Eiswüste hatte ihr Gemüt ohnehin ziemlich abgekühlt. Wenn es eine Zeit gab, in der sie geduldig sein konnte, dann jetzt. Sie war so erleichtert wieder im Warmen zu sein, dass sie fürs Erste nicht vorhatte, irgendeine Art von Aufstand zu beginnen.
    „Was für Besuch denn?“
    „Sarian ist hier.“
    „Der Obermagier?“, fragte Maja, die sich beim Klang dieses Namens an schwarzgraues Haar und stechend grüne Augen erinnerte.
    „Ja. Die Kamiraen haben viel mit ihm zu besprechen. Allgemein haben sie im Moment viel zu besprechen.“
    „Tabea“, sagte Maja plötzlich, als sie merkte, dass ihr die Umgebung nicht so bekannt vorkam, wie sie sollte. „Warum gehen wir nicht in den Ratssaal?“
    „Der Rat tagt heute woanders.“
    „Warum?“
    Tabea seufzte. „Wir haben Ärger mit dem Großkönig, mächtig Ärger.“
    „Wegen mir?“, fragte Maja erschrocken. Sie hatte nicht vergessen, dass der Großkönig ihr den Feldzug gegen Kock übel genommen hatte.
    „Irgendwie schon, aber der Großkönig sucht seit längerem nach einem Grund, die Kamiraen in die Schranken zu weisen. Er kann es nicht leiden, dass wir ihm den Zugang zur anderen Welt verweigern und die Kontakte dorthin selbst in die Hand nehmen. Er versteht einfach nicht, dass sich das Leben in der anderen Welt völlig anders gestaltet, als hier, ganz abgesehen vom Politikverständnis. Ich sage es mal so: wir trauen ihm nicht das nötige Feingefühl zu. Und er fühlt sich von uns hintergangen und will uns aus dem Weg haben. Jetzt hat er endlich einen Grund.“
    „Greift er uns an?“, fragte Maja. Sie konnte es nicht glauben.
    Tabea verneinte. „Ich würde sagen, er war kurz davor, aber dann haben sich die Magier plötzlich geschlossen auf unsere Seite gestellt. Außerdem hat der Großkönig schon genug Scherereien mit Fürst Dreizehn, zumindest hätte er sie, wenn er Dreizehn endlich mal ernst nehmen würde. Aber er hat uns haufenweise Einschränkungen auferlegt und uns einen Spitzel auf den Hals gehetzt: Tuma Alladrinek. Er verlangt bei allen Sitzungen des Rates anwesend zu sein, aber das kommt überhaupt nicht in Frage, deshalb tricksen wir ihn ein wenig aus. Wir lassen ihn nur bei jedem zweiten oder dritten Treffen dabei sein, ansonsten treffen wir uns zu Zeiten, die wir ihm nicht mitteilen, oder an anderen Orten, die er nicht kennt.“
    Maja dachte über das Gehörte nach, während sie Tabea eine schmale, gewundene Treppe hinab folgte. „Warum haben sich die Magier auf die Seite der Kamiraen gestellt?“, fragte sie, als sie durch einen breiten Korridor mit hohen Fenstern auf der rechten Seite eilten.
    „Nun, sie waren recht beeindruckt, wie du den Wald gerettet hast.“
    „Ehrlich?“, fragte Maja verblüfft. „Ich dachte, alle seien furchtbar wütend.“
    „Furchtbar wütend würde ich nicht sagen. Die Meinungen über dich gehen seitdem ziemlich weit auseinander. Was die Einstellung der Magier angeht: die waren schon immer schwer berechenbar.“ Tabea verstummte, als sie eine unscheinbare Tür erreichten. Sie klopfte kurz und die beiden traten ein.
    Elf Frauen und Männer sahen ihnen entgegen. Sie hatten mehrere nicht zusammen passende Tische aneinander gestellt und sich auf kleine Stühle um das Gebilde herum gesetzt. Sahara war nicht dabei, stattdessen saß der grün gewandete Zauberer Sarian unter den Kamiraen. Noch schien die Versammlung nicht begonnen zu haben. Alle redeten wild durcheinander und warfen Tabea und Maja freundliche oder missmutige Blicke zu, als sie eintraten.
    Maja fragte Tabea, wo Sahara sei.
    „Sie ist müde“, kam die Antwort. „Sie war schon bei den letzten drei Sitzungen dabei.“
    Maja seufzte. Der Anblick von Sahara hätte sie zwischen all den ernsten Gesichtern sicherlich aufgeheitert.
    Die Sitzung begann und Tabea machte sich aus dem Staub. Maja befolgte ihren Rat und wartete ab, bis man sie sprechen ließ, doch die Zeit bis dahin kam ihr fürchterlich lang vor und sie langweilte sich zu Tode. Die Kamiraen und Sarian sprachen darüber, dass sie ein paar Magier dauerhaft in Miriam stationieren sollten, sie redeten über den Großkönig, über die Ernennung eines neuen Despriten für das achte Königreich, die sich hinauszögerte, und über Tuma Alladrinek, der sie alle offenbar so unvorstellbar nervte, dass Fiona vorschlug, Sarian solle ihn verhexen. Der Obermagier fand das überhaupt nicht komisch und bat mit grimmiger Miene um mehr Ernsthaftigkeit.
    Maja hatte nicht den Eindruck, dass die Kamiraen besonders viel beschlossen, doch als Sarian schließlich als erster aufstand, wirkte er zufrieden. „Ich werde mich nun auf den Weg machen. Termine, Termine, Termine“, sagte er entschuldigend. „Um eines würde ich aber noch bitten und zwar um eine Unterredung mit Maja Sonnfeld.“
    Maja horchte auf. Jonathan Niber wechselte einen Blick mit Kandrajimo.
    „Nun, wenn sie nichts dagegen hat“, sagte Niber, sah jedoch skeptisch aus.
    Maja zuckte mit den Schultern und nachdem der Obermagier sich von allen verabschiedet hatte, folgte sie ihm vor die Tür.
    „Ich wollte dir danken, Maja“, sagte er, nachdem sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte. Sie starrte ihn mit großen Augen an. „Dafür, dass du den Wald geschützt hast. Ich glaube kaum, dass es Sinn hat zu fragen, wie du das alles zuwege gebracht hast, oder?“
    „Weiß ich selbst nicht so genau“, musste sie zugeben.
    „Aber du hattest Hilfe? Oder warst du die Hilfe?“ Er lächelte plötzlich als kenne er ein Geheimnis, dass sie selbst nicht kannte. „Der Dark Forest ist ein höchst eigenartiger Ort. Einige behaupten sogar, dass er das Zentrum der Magie auf dieser Seite des Gebirges sei. Das mag stimmen oder nicht, fest steht, dass er diese Welt im Gleichgewicht hält und dass in ihm ein ganzes Stück Magie verborgen ist, von der wir nicht die leiseste Ahnung haben. Deshalb ist er für uns Magier schützenswert und wir würden ihn mit unserem Leben, vielleicht sogar mit unseren Seelen verteidigen.“
    „Ach ja?“, sagte Maja, „da seid ihr aber reichlich spät gekommen.“
    „Zugegeben“, sagte Sarian und sah ihr scharf in die Augen. Und wie sich herausstellte, hat die Natur selbst sich aufgemacht, sich zu wehren. Offenbar hat sie dich als Werkzeug benutzt.“
    Maja schwieg dazu. Sie glaubte nicht, dass Sarian vollkommen begriff, was geschehen war. Obwohl er es im Ansatz vielleicht sogar richtig sah. So ganz verstand sie es ja selbst nicht.
    „Jedenfalls möchte ich dir danken“, seufzte der Obermagier, „und dir im Namen aller Magier alles Gute wünschen. Und ich möchte dir das hier geben.“ Mit diesen Worten löste er den roten Stein aus der Halterung seines Stabes und reichte ihn Maja. Maja nahm den Feuerstein wortlos entgegen und starrte auf die glänzende Oberfläche, in der sie ihr eigenes Gesicht gespiegelt sah. „Nach dem, was du getan hast, hast du ihn dir verdient“, sagte er.
    Maja bedankte sich.
    „Bedank dich nicht“, sagte Sarian, „ich hätte ihn dir schon viel früher geben sollen. Außerdem ist es kein großer Verlust für mich. Ich muss mir bloß einen neuen Schmuck für meinen Stab besorgen. Magisch gesehen hat er keinen Wert für mich.“ Er zwinkerte ihr zu und ging dann davon.
    Maja sah ihm verwirrt nach. Entweder hatte Sarian gelogen, oder er war ziemlich dumm. Feodor hätte für diesen Stein alles gegeben, schon allein aus Neugierde. Sie dachte einen Moment darüber nach, dann steckte sie ihn in ihre Tasche und schob sich durch die Tür wieder in den Raum, in dem die Kamiraen bereits auf sie warteten.
    „Alles in Ordnung, Maja?“, fragte Kandrajimo.
    Sie nickte.

    Einmal editiert, zuletzt von Dinteyra (4. Mai 2017 um 21:00)

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    Und wie sich herausstellte, hat die Natur selbst sich aufgemacht, sich zu wehren. Offenbar hat sie dich als Werkzeug benutzt.“

    Anführungszeichen fehlen hier

    Außerdem ist es ist kein großer Verlust für mich.

    Der Großkönig ist also sauer und will die Kamiraen aushorchen? Ich kann es sogar etwas verstehen. Ich wäre auch nicht glücklich, wenn man mir das Betreten der anderen Welt verbieten würde und dafür andere munter hin und her wechseln. Aber wie Tabea so schön sagt, es hat auch seine Gründe - Politiktechnisch. ^^
    Umso schöner finde ich, dass sich die Magier auf die Seite der Kamiraen stellen und damit Maja für die Rettung des Waldes danken. Wäre Maja nicht gewesen, wären die Magier dazu sicher nicht bereit. Tabea meinte ja, der König sucht nur nach einem Grund und früher oder später hätte es den auch ohne Maja gegeben. :hmm: Die Kamiraen bleiben ein wenig sympathischer Haufen. :D
    Jetzt bin ich aber mal neugierig, was die Kamiraen zu Majas Entscheidung sagen. ^^

    LG, Kyelia

  • Aber mir ist (siehe Zitat) ein Fehler aufgefallen. Du verwendest hier ein andere Erzähler-Perspektive, was den gesamten Abschnitt. aber vor allem diese paar Sätze im Zitat betrifft

    Hi @Schreibfeder, ich habe nicht vergessen, was du geschrieben hast, und werde versuchen, es zu verbessern. Leider ist mir nicht ganz klar, inwiefern ich hier eine andere Erzähler-Perspektive benutzt habe. Manchmal macht man es ja absichtlich, aber das war hier nicht der Fall. Ich habe weiterhin versucht, aus Majas Perspektive in der dritten Person zu schreiben. Es geht hier ja um Informationen, die sie erhalten hat und in Gedanken gerade noch mal revue passieren lässt. Aber vielleicht kann ich das noch besser machen, ich werde mich also noch mal daran setzen. Danke für den Hinweis. :)


    „Setz dich“, sagte Niber ungeduldig, setzte dann jedoch ein freundliches, wenn auch etwas gezwungenes Lächeln auf. „Ich nehme an, du bist heute hier, weil du uns deine Entscheidung zu unserem Angebot mitteilen willst.“
    „Ja“, antwortete Maja. Sie sah in die Gesichter der Kamiraen. Alle blickten sie erwartungsvoll und doch selbstsicher an. Ein wenig Missmut konnte sie auch erkennen. Sie glaubte zu ahnen, was sie dachten: Sie glaubten, Maja nähme das Angebot an. Einen Moment zögerte sie noch. Sollte sie ausgerechnet in dieser Situation auf Tabea hören? Auf Tabea, die ihr immer gesagt hatte, sie solle sich nicht so anstellen? Sollte sie nicht die Chance ergreifen, die sie jetzt hatte? Doch dann wurde ihr klar, was es bedeuteten würde. Was es für ihre Eltern und für ihren Bruder bedeuten würde. Für sie selbst. „Ich lehne euer Angebot ab“, sagte sie. „Ich will weiterhin, dass ihr mich nach Hause lasst.“ Sie zögerte einen Moment, sollte sie noch etwas sagen? Doch der plötzliche Stimmungsumschwung im Raum von erwartungsvoll zu verärgert ließ sie verstummen. Sie hatte keine Lust auf anstrengende Diskussionen, deshalb hielt sie den Mund und schaute auf den Tisch vor sich.
    Langes Schweigen folgte, bis Kandrajimo es brach. „Es ist Majas Entscheidung, also sollten wir sie akzeptieren.“
    „Nun gut“, sagte Jonathan Niber. „Aber du solltest wissen, Maja, dass das Angebot immer noch besteht. Solltest du später doch noch darauf zurückgreifen wollen, sag es nur.“
    Maja nickte und atmete tief durch. Dass die Kamiraen ihr nicht wieder Vorwürfe machten, erleichterte sie ungemein.
    „Wir machen jetzt also weiter mit der Versammlung. Wenn du gehen möchtest, Maja, dann kannst du das gerne tun.“
    Maja überlegte einen Moment, ob sie bleiben sollte, nur um des guten Friedens willen. Dann entschied sie jedoch, dass sie noch mehr Langeweile nicht aushalten würde und stand auf. Doch bevor sie sich auch nur zur Tür umdrehen konnte, ging sie von selbst auf und offenbarte einen hochgewachsenen Mann, der Maja an den Schwertkämpfer Xyleen erinnerte, obwohl sie auf den ersten Blick erkannte, dass dieser Mann älter war. Wie Xyleen hatte er flammend orangerotes Haar und seine Haut schimmerte in einem blassen Goldton. Er fixierte Maja mit einem kalten, berechnenden Blick, der so gar nicht zu seinen goldbraunen Augen passen wollte, dann ließ er sie durch den Raum schweifen, in dem plötzlich Schweigen ausgebrochen war.
    Es dauerte einige Sekunden an, ehe der gerade Eingetretene mit tiefer und völlig humorloser Stimme sagte: „Ich nehme an, es handelt sich hier um ein rein zufälliges Zusammentreten und dass das der Grund ist, warum mir niemand etwas von einer Versammlung gesagt hat.“ Ein verärgertes Raunen ging durch den Raum, aber laut sagte niemand etwas. Der rothaarige Mann sah wieder Maja an. „Maja Sonnfeld, nehme ich an.“ Er hielt ihr eine Hand hin. „Es freut mich außerordentlich, dich kennen zu lernen. Mein Name ist Tuma Alladrinek.“
    Maja gab ihm die Hand. Er hatte einen überraschend festen Händedruck, so fest, dass es fast schmerzte. Das war also der Spitzel des Großkönigs – hier um die Handlungen der Kamiraen zu beobachten. Tuma Alladrinek. Maja beobachtete ihn genau, als er erhobenen Hauptes an ihr vorbei in die Mitte des Raumes trat. Sie konnte ihn auf den ersten Blick nicht leiden, obwohl ihr nicht ganz klar war, was an ihm diese Abneigung auslöste. Vielleicht war sein Auftreten ein wenig zu selbstbewusst. So wie er die Kamiraen ansah, hätte man meinen können, der Großkönig höchstpersönlich hätte den Raum betreten.
    „Der Großkönig hat bestimmt, dass ich an allen Versammlungen teilnehme“, sagte er und die Wut in seiner Stimme war deutlich zu hören.
    „Dann weise ich Euch darauf hin, dass es sich hierbei nicht um eine offizielle Versammlung handelt“, sagte Jonathan Niber ruhig.
    „Und ich weise Euch darauf hin, dass ich auch bei den inoffiziellen Versammlungen anwesend zu sein habe.“
    „Wir besprechen nur ein paar interne Dinge“, erklärte Niber.
    „Ihr wisst schon, wer den Hof fegt und wer die Betten macht“, fügte Lukas Temero mit einem breiten Grinsen hinzu. „Mit Sicherheit sehr langweilig für Außenstehende.
    „Spart Euch die Lügen! Ich weiß genau, dass Ihr jede Gelegenheit nutzt, mich im Unklaren über Eure Handlungen zu lassen. Aber ich warne Euch: sollte das nicht unverzüglich aufhören, muss ich dem Großkönig von Eurer mangelhaften Kooperation berichten. Er wird gar nicht erfreut sein. Und natürlich werde ich den weiteren Verlauf dieses Treffens mit Freuden verfolgen. Auch wenn der Zeitpunkt etwas ungünstig gewählt ist.“ Sein langer, meerblauer Umhang flatterte, als er sich umdrehte und wieder Maja ansah. „Ich hoffe doch, dass wir uns bei allen zukünftigen Versammlungen sehen werden.“
    „Ich hatte nicht die Absicht, noch einmal zu einer zu kommen“, antwortete Maja.
    Alladrineks Augen verengten sich. „Im Namen des Großkönigs befehle ich dir, zu allen Versammlungen zu kommen. Und du tätest gut daran, zu gehorchen.“
    Maja funkelte ihn wütend an, schwieg aber. Sie hatte nicht die Absicht, auf ihn zu hören, hielt es aber für unklug, ihm dies ins Gesicht zu sagen. Sie setzte sich wieder und spürte seinen Blick auf sich.
    Die Kamiraen redeten nun tatsächlich über die Dienste im Hauptquartier, obwohl sie das zuvor sicher nicht vorgehabt hatten. Alladrinek musste das auch klar sein, jedenfalls machte er schon nach kurzer Zeit ein Gesicht wie Sauerteig, das minütlich verächtlicher wurde. Und nicht eine Sekunde ließ er Maja aus den Augen. Sie schienen an ihr zu kleben, wie die Zunge eines Frosches an einer Fliege. Nach einer Weile wollte Maja ihn nur noch loswerden und begann darüber zu fantasieren, wie sie es anstellen konnte. Ob Feodor ihn verhexen würde, wenn sie ihn darum bat? Einen Versuch war es vielleicht wert.
    Maja versuchte angestrengt, nicht in Alladrineks Richtung zu schauen. Ihr Blick wanderte zum Fenster. Sie befanden sich im Erdgeschoss; die Fenster gingen auf den Hof hinaus. Direkt davor lag ein großes Blumenbeet, das jetzt im Winter kahl und braun aussah. Dahinter prasselten dicke Regentropfen auf das Kopfsteinpflaster.
    In dem Moment ging die Tür auf. Alle Köpfe ruckten in die Richtung. Maja brauchte einen Moment, um die Person im Türrahmen zu erkennen. Noch nie hatte sie Tabea so aufgelöst gesehen. Ihr Gesicht war bleich wie ihr Haar, blankes Entsetzen stand darin. Ihre Hände schienen zu zittern. Als Maja sie ansah, wusste sie sofort, dass etwas Schreckliches passiert sein musste.
    „Kommt mit“, sagte Tabea mit brüchiger Stimme. „Schnell, ich muss euch etwas zeigen.“


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    Falls euch der Cliffhanger stört: Es könnte viel schlimmer sein. Ich mache so bald wie möglich weiter.


    Einmal editiert, zuletzt von Dinteyra (4. Mai 2017 um 21:04)

  • Katastrophe

    „Was ist geschehen?“, fragte Fiona, doch Tabea antwortete nicht. Sie war schon wieder nach draußen auf den Flur geeilt.
    Die Kamiraen standen auf und folgten ihr unter dem irritierten Blick von Tuma Alladrinek, der völlig ignoriert wurde. Maja folgte als letzte, mit einem mulmigen Gefühl im Bauch. Die Szene hatte etwas Seltsames und schwer greifbares an sich.
    Tabea beantwortete keine Fragen, egal wie sehr die Kamiraen auch drängten. Sie sah starr nach vorne, schien sich zusammenreißen zu müssen. Sie durchquerten mehrere Korridore und zogen in jedem mehr Aufmerksamkeit auf sich. Libellen und andere Menschen blickten ihnen erstaunt hinterher, manche folgten der Gruppe sogar. Dann erklommen sie eine breite Treppe und kamen in einen von Fackeln erleuchteten Korridor.
    „Nein!“, rief Keiph entsetzt und die anderen stimmten in seine Schreie mit ein, stolperten vorwärts, rannten durch den Korridor und blieben an einer Stelle stehen, an der schon andere Menschen standen. Stille breitete sich aus. Totenstille.
    Maja stand ganz hinten in der Reihe der Kamiraen und sie waren alle so viel größer als sie. Sie versuchte, sich zwischen ihnen hindurch zu quetschen, als sie plötzlich eine Hand auf ihrer Schulter spürte. Tabea stand mit besorgtem Gesicht neben ihr.
    „Lass es, Maja. Das willst du nicht sehen.“
    Doch Maja riss sich los und stolperte vorwärts. Die Kamiraen wichen zur Seite, als sie gegen sie rempelte. Dann stand sie vor ihnen und sah genau, was dort war:
    Sahara lag auf dem Boden, in einer Lache aus Blut, das Gesicht weiß und die Augen geschlossen als würde sie schlafen. Und doch war sie tot.
    Maja blinzelte einmal, doch das Bild wollte nicht verschwinden. Sie holte zitternd Luft und blickte die anderen Kamiraen an. Sie spiegelten ihr eigenes Entsetzen wieder. Maja wich unsicher zurück. Ihr Körper schien ihr nicht richtig zu gehorchen. Sie starrte eine der Fackeln an. Jetzt, wo sie einmal weggeschaut hatte, war es ihr unmöglich, Sahara noch einmal anzusehen. Dann spürte sie, wie ihr jemand schützend den Arm um die Schultern legte. Es war Tabea und jetzt sprach sie zu den Kamiraen:
    „Ich habe sie eben hier gefunden. Ich ... ich wusste nur, ich muss es euch sagen, bevor sie jemand anderes entdeckt.“
    In dem Moment ergriff Ryan Morgentau das Wort. „Sie wurde ermordet“, sagte er. „Wir müssen den Täter finden bevor er noch jemanden verletzt.“ Er sah Maja an. „Jimo, bring Maja auf ihr Zimmer. Jonathan, wir –“ Er unterbrach sich, als Deborah nach vorne stolperte, neben Sahara niederkniete und nach ihrem Hals tastete.
    „Wo ist ihr Amulett?“, fragte sie.
    „Das Amulett?“, krächzte Niber. „Das wird Tabea haben.“
    Alle sahen die weißhaarige Frau erwartungsvoll an, doch sie schüttelte den Kopf.
    „Es war nicht da.“
    Betroffenes Schweigen breitete sich aus.
    „Komm“, sagte Kandrajimo leise, zog Maja aus Tabeas Armen und führte sie weg von den anderen.
    Majas Gedanken rasten. Sie nahm kaum wahr, wo sie lang gingen, bekam nur am Rande ihres Bewusstseins mit, dass er sie nicht in ihr Zimmer brachte. Dann betraten sie einen Raum, den Maja noch nie gesehen hatte, und doch wusste sie in dem Moment, da Kandrajimo sein Schwert aus einer Halterung neben der Kommode zog, dass es sein Zimmer war. Er legte das Schwert auf den Tisch und setzte sich auf einen Stuhl. Maja ließ sich auf ein Sofa fallen und sah aus dem Fenster.
    Niemand sagte etwas und das war ihr nur recht. Sie lauschte ihren Gedanken. Sahara … tot … Sahara! , schrien sie immer wieder. Das konnte doch einfach nicht wahr sein. Sie hatte Sahara nie besonders leiden können, doch ihr Tod schockte sie mehr als irgendetwas zuvor. Ohne Vorwarnung hatte er sie ereilt und er schien so falsch. Wie Andrea vor wenigen Wochen, war Sahara in einem bedeutungslosen Korridor gestorben. Wie konnten die Kamiraen, die ein solches Ansehen genossen und über die man sich die fantastischsten Legenden erzählte, nur auf diese Art enden?
    Maja sah Sahara vor sich, wie sie sie zuletzt gesehen hatte, an dem Tag, als sie aus der Eiswüste zurückgekehrt war. Gelangweilt hatte sie zwischen den Kamiraen gesessen. Sie war Maja immer rätselhaft erschienen, schwer durchschaubar, doch sie und Maja waren in derselben Situation gewesen. Beide Kamiraen, beide an einem Ort, an dem sie nicht sein sollten, beide getrennt von ihren Familien. Und jetzt war Sahara tot. Getötet von Dreizehns Leuten. Mit Sicherheit waren es Dreizehns Leute gewesen.
    Und plötzlich kam Maja ein Gedanke, der sich nicht mehr beiseite schieben ließ: Sie würde die nächste sein. Das erklärte warum Kandrajimo mit angespannter Miene den Griff seines Schwertes auf dem Tisch umklammert hielt. Eine fürchterliche Angst packte sie. War ihr jemals der Gedanke gekommen, sie könnte sterben? Jedenfalls nicht so wie jetzt. Der Tod war ihr immer unwirklich erschienen, doch er hatte Sahara geholt und er konnte auch sie holen. Unruhig sah sie zur Tür, stellte sich vor, dunkel gekleidete Gestalten würden mit erhobenen Waffen herein kommen. Aus dem Augenwinkel sah sie etwas aufblitzen. An der seltsamen Halterung, aus der Kandrajimo sein Schwert genommen hatte, hing noch ein zweites. Maja stand auf und nahm es heraus. Kandrajimo sah sie kurz an, doch er sagte nichts, sondern verfiel sofort wieder in seine angespannte Grüblerei. Maja setzte sich wieder auf das Sofa, das Schwert auf den Knien. Es war schwer und einfach gestaltet, die einzige Zierde waren ein paar grüne Linien auf dem Griff. Es zu halten half Maja, sich ein wenig besser zu fühlen. Nicht auf die Art, wie sie erwartet hatte. Mit dem Schwert fühlte sie sich nicht einen Hauch sicherer.
    Aber es half, etwas in der Hand zu halten – etwas, an das sie sich klammern konnte.

    Es wurde eine lange Nacht. Kandrajimo sagte nichts und auch Maja hatte nicht den geringsten Wunsch, zu sprechen. Sie war froh nicht allein zu sein, trotzdem wollte sie mit niemandem reden. Irgendwann am frühen Morgen nickte sie ein. Als sie die Augen wieder öffnete, war es draußen hell, aber noch genauso regnerisch wie am Vortag. Sie war auf dem Sofa zur Seite gesunken. Das Schwert lag daneben auf dem Boden. Als sie sich aufrichtete, merkte sie, dass ihr alle Knochen weh taten. Kandrajimo hatte den Kopf auf den Tisch gelegt und war am Schnarchen.
    Maja stand auf und begann das Zimmer zu erkunden. Es war groß und sehr gemütlich eingerichtet. Ein Tisch mit Stühlen, eine gemütliche Ecke mit Sofas und Sesseln, ein Kamin, ein flauschiger Teppich. Auf der rechten Seite führte eine Tür in einen zweiten Raum, in dem Kandrajimos Bett und ein alter Kleiderschrank standen. Maja zog ihn auf, trotz eines schlechten Gewissens. Sie fand sofort was sie suchte: einen zerschlissenen Ledergürtel. Sie band ihn sich um und steckte das Schwert hinein. Es war nicht besonders bequem, aber wenn sie sich vorsichtig bewegte, würde es gehen. Sie dachte einen Moment nach, dann nahm sie ihr Amulett und wickelte es um den Schwertgriff, wie sie es einst bei Kandrajimo gesehen hatte. Sie war gespannt, ob es jetzt wirklich niemand sehen würde. Das Tragen von Waffen war im Hauptquartier verboten, obwohl es Ausnahmen gab, beispielsweise für Wachen und für Kamiraen. Trotzdem hätte sie mit diesem Schwert sicher unnötige Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
    Sie sah sich noch einmal im Raum mit den Stühlen und Sesseln um und entdeckte gegenüber der Schlafzimmertür ein kleines Schreibpult. Papier und eine lange Feder lagen darauf. Sie riss etwas von dem Papier ab und kritzelte eine kurze Nachricht für Kandrajimo darauf, dass sie zum Essen gehen würde und er sich keine Sorgen machen solle. Dann schlich sie aus dem Raum. Sie hatte beschlossen, dass es keinen Sinn machte, sich zu verstecken. Hatte sie den Kamiraen nicht immer wieder gesagt, dass sie auf sich selbst aufpassen konnte? Hatte sie nicht sogar Kandrajimo besiegt? Ja, es war diese seltsame Kraft gewesen, die ihr die Fähigkeit dazu verliehen hatte. Aber Maja glaubte, den Schlüssel zu dieser Kraft zu kennen. Angst und Wut. Eiskalte Wut. Und sie glaubte, diese Wut jetzt in sich zu spüren, jedes Mal, wenn sie an Sahara dachte. Wer auch immer sie jetzt angreifen würde, würde sein blaues Wunder erleben, da war sie sich sicher.

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    Als Maja sie ansah, wusste sie sofort, dass etwas schreckliches passiert sein musste.

    groß

    Die Szene hatte etwas seltsames und schwer greifbares an sich.

    groß? :hmm:

    Es zu halten (Komma) half Maja, sich ein wenig besser zu fühlen. Nicht auf die Art, wie sie erwartet hatte.

    Wer auch immer sie jetzt angreifen würde, würde sein blaues Wunder erleben, da war sie sich sicher.

    Wenn sie sich da nicht übernimmt. ><

    Zwei schöne Teile, mit einem Cliffhanger, der durchaus gemein hätte sein können, aber es gab ja direkt einen nächsten Teil. xD
    Erstmal muss ich sagen, ich bin überrascht, dass die Kamiraen so gelassen mit Majas Entscheidung umgehen. Sie scheinen wirklich etwas dazugelernt zu haben: Maja zu bedrängen, bringt nichts.
    Und dieser Spitzel ist wirklich arrogant. Irgenwie kann ich ihn auch nicht leiden. Und seltsam, dass der dort auftaucht und schon stirbt eine der Kamiraen. Aber dass ich so denke, liegt wahrscheinlich einfach nur daran, dass ich den Kerl nicht leiden kann. Mega unsympathisch. :hmm:
    Aber selbst, wenn es Dreizehns Leute waren, das Resultat ist das gleiche: er muss jetzt nicht mehr Maja umbringen lassen - deren Kamiraen Generation ist ja nun nicht mehr vollständig :hmm: Heißt er hat gewonnen? Irgendwie? :hmm: Bizarr xD
    Ich bin gespannt, also schreibe schnell weiter!

    LG, Kyelia

  • Sie setzte sich wieder und spürte seinen Blick auf ihr(sich).

    Zwei wirklich gut geschriebene Teil. Mit dem Cliffhänger im ersten Abschnitt hast du sehr schön die Spannung aufgebaut und dann im zweiten Abschnitt dieser Schock. Wow! Also ich bin ehrlich damit habe ich nicht gerechnet und musste eben im ersten Moment erst einmal schlucken. Sahara. Scheiße! Was anderes fällt mir dazu gerade nicht ein
    Die neue Figur die du im ersten Teil ins Spiel gebracht hast, finde ich persönlich überflüssig, aber leider muss es solche Figuren auch geben, die allen anderen den Wind aus den Segeln nehmen und nur blöd rumlabbern, anstatt etwas vernünftiges und produktives zu bewerkstelligen, naja, wir werden sehen wie sich der Spitzel des Großkönigs in den kommenden Teilen anstellen wird :)
    Ich warte gespannt darauf wie es weiter geht und was wegen des Mordes an Sahara unternommen wird und wie Maja unter den kommenden Entscheidungen des Rates zu leiden haben wird (was sicherlich der Fall sein wird). Also schreib bitte schnell weiter :stick: ich bin total neugierig, was als nächstes geschehen wird :D

    xoxo
    Kisa

  • Aber selbst, wenn es Dreizehns Leute waren, das Resultat ist das gleiche: er muss jetzt nicht mehr Maja umbringen lassen - deren Kamiraen Generation ist ja nun nicht mehr vollständig Heißt er hat gewonnen? Irgendwie? Bizarr xD

    Mmh. "Bizarr" ist irgendwie nicht die Reaktion, die ich mir erhofft hatte. @Kisas Reaktion, die erst mal schlucken musste, gefällt mir da schon besser ^^.
    Aber du hast recht, es ist schon irgendwie bizarr. Und deine Schlussfolgerungen sind schon logisch.
    Und ja, Tuma Alladrinek ist im Moment etwas überflüssig, aber ich kann ja jetzt nicht von einem wichtigen Ereignis direkt zum nächsten Springen, die Lücken müssen mit Leben gefüllt werden. Und ich fand ihn ganz lustig.
    Ich hab noch einen Teil. Befinde mich gerade ein bisschen im Endspurt - das motiviert.


    Die nächsten zwei Tage waren trostlos und das lag nicht nur an dem grauen, regnerischen Wetter. Im ganzen Hauptquartier herrschte eine gedrückte Stimmung. Wo immer Maja hinkam, überall begegneten ihr besorgte und angespannte, sogar trauernde Libellen. Die Fahnen hingen auf Halbmast. Wer nicht gerade das weiß der Libellen trug, gewandete sich in Schwarz, sodass jede Ansammlung von Menschen von oben an ein Schachbrett erinnerte. Auf den Fluren gab es kaum ein anderes Thema als Sahara, doch die allgemeine Stimmung war nichts verglichen mit jener der Kamiraen. Wann immer Maja sie sah, wirkten sie regelrecht verzweifelt. Soweit sie in Erfahrung bringen konnte, gab es keine Versammlung mehr. Alles was besprochen werden musste, wurde in kleinen Gruppen auf den Fluren oder den Zimmern der Kamiraen ausgemacht. Und das, obwohl Tuma Alladrinek im Krankenhaus lag. Er war, als er am Abend von Saharas Tod Tabea und den Kamiraen gefolgt war, offenbar auf einer Treppe gestolpert und in einen Wagen mit Wäsche gestürzt. Man hatte ihn erst Stunden später entdeckt, mit einer dicken Beule am Kopf und vollkommen orientierungslos. Er schien nicht mehr zu wissen, wer und wo er war und was er überhaupt wollte. Für die Ärzte war es ein Rätsel und Meister Wolf, der einen Blick auf ihn geworfen hatte, meinte, er würde sich schon wieder erholen. Ansonsten sagte er nichts dazu.
    Maja verbrachte die Tage alleine. Die meiste Zeit ging sie in Miriam spazieren und kümmerte sich nicht darum, dass sie nass wurde, schaute allerdings alle paar Stunden im Hauptquartier vorbei, damit die Kamiraen sich keine Sorgen machten. Die nahmen jedoch kaum Notiz davon, so sehr waren sie in ihre eigenen Gedanken verstrickt. Einzig Kandrajimo sagte Maja, sie solle vorsichtig sein und dunkle Gassen meiden, ansonsten war er aber der Ansicht, dass sie sicherer war, wenn sie sich möglichst wenig am selben Ort aufhielt. Maja sagte es niemandem, aber das Schwert hatte sie immer bei sich. Nicht ein einziges Mal wurde es von jemandem bemerkt.
    Ihre Verabredung mit Karim hatte sie nicht vergessen, aber sie lief genauso trostlos ab, wie alles andere in diesen Tagen. Karim begleitete sie eine Zeit lang bei ihren rastlosen Wanderungen durch die Stadt, dann gingen sie beide zu Alma, wo sie auf Jinna trafen. Zum ersten Mal seit langem fühlte Maja sich den beiden Geschwistern wieder wirklich nahe und so ging sie auch am nächsten Tag zu ihnen und verbrachte fast den ganzen Abend dort.
    Saharas Beerdigung fand am einundzwanzigsten Dezember um vier Uhr nachmittags statt. Es war schon dunkel und die hunderte von roten Lichtern in den Händen der dunklen Gestalten wirkten besonders feierlich. Der Regen der letzten Tage hatte endlich aufgehört, doch es war bewölkt. Maja stand zum allerersten Mal öffentlich in den Reihen der Kamiraen. Nicht wenigen von ihnen liefen Tränen aus den Augen. Ihr kam der Gedanke, dass die Kamiraen sich wohl schuldig fühlten. Aber das waren sie ja auch, oder? Sie hatten Sahara doch erst hierher gebracht. Maja sah zu Tabea hin, doch ihr Gesicht zeigte keine Regung. Es war wie versteinert. Neben ihr stand Feodor, die schwarze Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Ohne sein leuchtend weißes Haar war er kaum zu erkennen. Meister Wolf stand bei Tamor und ein wenig weiter rechts senkten Alma und Dorin die Köpfe. Karim und Jinna waren bei den Libellen. Unter ihren schwarzen Umhängen konnte man weiße Gewänder sehen. Bei den Libellen erkannte Maja auch noch andere vertraute Gesichter: Euen, Belana und Olgar. Alle drei starrten Maja ungläubig an. Bei Olgar und Belana verstand sie das ja, aber Euen hatte sie gesagt, dass sie eine Kamiraen war, oder? Maja schnaubte und ließ den Blick über die Menge schweifen, in der Hoffnung, das letzte Gesicht zu sehen, das sie noch vermisste. Es dauerte eine ganze Zeit, bis sie es entdeckte. Matthias stand hinter Meister Wolf, halb verdeckt von dessen Umhang. Als Maja ihn anstarrte, warf er ihr wütende Blicke zu. Maja verschluckte sich an ihrer eigenen Spucke. Was sollte das denn? So wie er sie ansah hätte man fast meinen können, er gäbe ihr die Schuld an Saharas Tod. Sie blickte giftig zurück und sah dann in eine andere Richtung.
    Es war eine schöne Beerdigungszeremonie aber Maja bezweifelte, dass sie Sahara gefallen hätte. Wer war denn hier, der sie richtig gekannt hatte? Wer dieser Menschen trauerte um sie, weil er sie als Mensch gekannt hatte und nicht, weil er sich schuldig an ihrem Tod fühlte oder weil sie eine Kamiraen war?
    Maja rief die Erinnerungen herauf, die sie an Sahara hatte. Ihre ersten Begegnungen waren stets im Streit geendet, in der Sporthalle war ein Übungskampf zwischen ihnen sogar zu einer Prügelei ausgeufert. Aber sie hatten auch ruhige Gespräche geführt. Und dann war da die Reise nach Gegos gewesen, ihr Abenteuer auf Burg Schattenschrei. Ihr kam der Gedanke, dass Sahara eine gute Kamiraen hätte werden können, mit Sicherheit eine viel bessere als Maja. Aber es war anders gekommen. Maja überlegte, wer wohl Saharas Nachfolge antreten würde, doch dann fiel ihr ein, dass es keinen Nachfolger geben würde. Saharas Amulett war spurlos verschwunden. Das war mit Sicherheit auch ein Grund, warum die Kamiraen so verzweifelt aussahen. Maja dagegen erleichterte es, dass nicht noch ein Kind von seinen Eltern getrennt werden würde, um danach fortwährend in Lebensgefahr zu schweben. Sie dachte daran, dass Tabea gesagt hatte, die dreizehnte Generation würde die letzte sein. So wie es jetzt aussah, hatte sie Recht gehabt. Aber was sollte schon schlimmes daran sein? Wer brauchte die Kamiraen schon? Sie selbst jedenfalls nicht.
    Die Beerdigung ging zu Ende, das Grab wurde zugeschaufelt und viele der Anwesenden gingen davon. Einige blieben noch stehen, um ein paar letzte Worte am Grab zu sprechen, aber Maja wandte sich um und ging schweigend auf die Tore am Friedhof zu. Es gab nichts, was sie Sahara hätte sagen können.

  • Aber du hast recht, es ist schon irgendwie bizarr. Und deine Schlussfolgerungen sind schon logisch.
    Und ja, Tuma Alladrinek ist im Moment etwas überflüssig, aber ich kann ja jetzt nicht von einem wichtigen Ereignis direkt zum nächsten Springen, die Lücken müssen mit Leben gefüllt werden. Und ich fand ihn ganz lustig.

    Auf den Gedankengang von @Kyelia bin ich um ehrlich zu sein gar nicht mehr gekommen. Irgendwie war es mir vollkommen entfallen, dass Maja und Sahara aus dieser Generation die einzigen waren, die Dreizehns Plänen im Weg standen.... gut das das wieder wach gerufen wurde :)

    Und das, obwohl Tuma Alladrinek im Krankenhaus lag. Er war, als er am Abend von Saharas Tod Tabea und den Kamiraen gefolgt war, offenbar auf einer Treppe gestolpert und in einen Wagen mit Wäsche gestürzt. Man hatte ihn erst Stunden später entdeckt, mit einer dicken Beule am Kopf und vollkommen orientierungslos. Er schien nicht mehr zu wissen, wer und wo er war und was er überhaupt wollte. Für die Ärzte war es ein Rätsel und Meister Wolf, der einen Blick auf ihn geworfen hatte, meinte, er würde sich schon wieder erholen. Ansonsten sagte er nichts dazu.

    Auf der einen Seite echt lustig, dass er sich selbst so ausgeknockt hat. Auf der anderen Seite schade, dass du ihn so irgendwie schon wieder aus dem Spiel genommen hast. Der hätte wirklich lustig bzw. nervig werden können. Allerdings glaube ich mal, dass hinter dem ganzen noch irgendetwas steckt, womit keiner von uns rechnen wird :D Ich bin mal gespannt, was da noch so kommen wird :D

    So wie er sie ansah_(Komma) hätte man fast meinen können, er gäbe ihr die Schuld an Saharas Tod.

    Tja, eigentlich habe ich oben schon alles angesprochen. Vielleicht noch das hier: Also mir gefällt die allgemeine Stimmung dieses Abschnitts. Sie ist sehr passend und gut geschildert, ohne das es übertrieben oder aufgesetzt wirkt. Diese Szene ist dir in meinen Augen sehr gut gelungen.
    Ich warte dann mal gespannt darauf, was als nächstes passieren wird :stick:

    xoxo
    Kisa

  • Ich bin immer noch im Endspurt-Fieber. Jetzt kommt wohl eines meiner Lieblings-Kapitel. Mehr sag ich gar nicht. Lasst euch überraschen und viel Spaß. Bin wirklich sehr gespannt, was ihr davon haltet.


    Tabeas falsches Spiel

    „Maja!“ Es war Jonathan Nibers Stimme, deshalb drehte sie sich verwundert um. Er kam vom Grab auf sie zugeeilt und zog die Blicke fast aller Leute auf sich. „Du solltest nicht allein unterwegs sein.“
    „Das hat in den letzten Tagen auch niemanden gestört“, erwiderte sie.
    Niber lächelte verlegen. „Nun, wir hatten alle unsere eigenen Sorgen, schätze ich. Aber gerade hier, wo dich alle gesehen haben und jetzt allein über den Hof ... besser ich begleite dich. Ich muss ohnehin mit dir sprechen.“
    Maja ging schweigend neben ihm her zum Hauptquartier, wo er sie nach kurzer Zeit in einen kleinen Raum führte. Es war eine Abstellkammer und das kam ihr dann schon etwas seltsam vor.
    „Also Maja“, begann er mit einem unsicheren Lächeln, das so überhaupt nicht zu ihm passen wollte, „wir haben in letzter Zeit ein bisschen über dich geredet und ... beschlossen, dass du – wenn du möchtest – nach Hause kannst.“
    Sie starrte ihn nur mit offenem Mund an. Kein Ton wollte ihre Lippen verlassen.
    Niber blinzelte und fuhr fort: „Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass du – naja, man hat ja gesehen, was mit Sahara passiert ist – jedenfalls bist du hier wohl nicht sicherer als zuhause. Und natürlich kannst du bleiben, wenn du dich hier wohler fühlst, wir werden dich nicht rausschmeißen, aber ... du wolltest immer so dringend nach Hause und nun ja ... du darfst. Wir haben Tabea schon Bescheid gesagt und wenn du möchtest, kannst du morgen Abend aufbre-“
    „Was soll das denn jetzt?“, schrie Maja ihn an und er verstummte augenblicklich. „Monatelang darf ich nicht! Ich habe gekämpft und ihr sagt immer nur, es sei zu gefährlich! Ihr habt mir nicht einmal richtig zugehört, ihr habt mir keine Chance gegeben, ihr habt sogar eure eigenen Schwüre gebrochen und jetzt sagt ihr mir hier in dieser BESENKAMMER, dass ich doch nach Hause darf?“ Sie war so verwirrt, so wütend, dass sie ganz vergaß, sich zu freuen. „Warum?“, fragte sie und trat auf Niber zu, die Augen auf sein Gesicht fixiert. „Warum jetzt? Ihr habt euch die ganze Zeit geweigert. Ich habe gedacht, ich darf nie zurück und jetzt kommt ihr damit um die Ecke? Warum?“
    „Wie ich schon sagte, wir haben leider feststellen müssen, dass du hier nicht sicherer bist, als bei dir zuhause. Es sind schon drei mal Dreizehns Leute hier eingedrungen und wir können nicht ausschließen, dass es ein viertes Mal gibt, also –“
    „Ja, und wenn die Mauern dieser Stadt sie nicht aufhalten können, dann können die meines Hauses es erst recht nicht!“ Maja brüllte jetzt regelrecht. „Ich bin zu Hause in noch größerer Gefahr und damit kann ich leben, aber IHR konntet es nicht. Warum JETZT? Sahara ist gerade gestorben, WARUM JETZT?“ Sie konnte sich nicht erinnern, jemals in ihrem Leben so laut geschrieen zu haben. Panik überkam sie. Irgendetwas stimmte nicht. Niber verheimlichte etwas vor ihr, etwas Wichtiges.
    Er wich zurück. „Du wolltest doch immer nach Hause! Jetzt beklag dich nicht.“
    „WAS HAT DAS MIT SAHARAS TOD ZU TUN?“
    In dem Moment ging die Tür auf und Tabea kam hereingerauscht. „Was ist los?“ Sie schaute von Maja zu Niber. „Hast du es ihr gesagt?“
    „Ja. Ich dachte, sie würde sich freuen, aber stattdessen brüllt sie mich zusammen. Sie ist übergeschnappt!“
    „Alles klar, Maja?“, fragte Tabea freundlich.
    „Nein“, sagte diese sauer. „Warum jetzt?“
    Tabea seufzte. „Du darfst nach Hause, freu dich. Komm, wir müssen deine Sachen packen und du musst dich von deinen Freunden verabschieden, oder willst du einfach so verschwinden?“
    Sie ging hinaus und Maja entschied, dass sie von Tabea vielleicht eher Antworten bekommen würde, also ließ sie Niber stehen und folgte ihr. Sie war völlig verwirrt.
    „Tabea, das macht überhaupt keinen Sinn“, sagte sie. „Warum lassen sie mich jetzt plötzlich nach Hause?“
    „Weil ich ihnen dazu geraten habe.“
    „Was?“
    „Ich habe ihnen gesagt, dass du zu Hause nicht in größerer Gefahr bist als hier. Dreizehn hat zum dritten Mal bewiesen, dass Miriam Mauern seine Gefolgsleute nicht aufhalten.“
    „Aber das ist nicht wahr“, sagte Maja, „hier bin ich viel schwerer zu finden; hier sind viel mehr Leute.“
    „Aber wenn du dich sichtbar von den Kamiraen abkehrst, welchen Grund hat Dreizehn, dich noch zu jagen? Er hat sein Ziel erreicht; er hat die dreizehnte Generation zerschlagen.“
    „Aber du hast mir gesagt, dass die anderen Kamiraen glauben, ich gehöre zur zwölften Generation.“
    „Exakt“, sagte Tabea.
    „Ich verstehe das nicht.“
    Tabea drehte sich um. „Wenn ich dir sage, du musst es nicht verstehen, würdest du dich damit zufrieden geben?“, fragte sie. „Dieses eine Mal? Du darfst nach Hause, du wirst deine Eltern und deinen Bruder wieder sehen und du kannst dein Leben weiter führen. Du hast alles, was du je wolltest, also bitte hör auf mich mit Fragen zu löchern. Vertrau mir dieses eine Mal. Und dann komm mit, ich muss dir etwas zeigen.“
    Maja blieb stehen. „Nein! Ich will die Wahrheit wissen.“
    Tabea musterte sie missbilligend. „Na schön“, sagte sie schließlich, „aber behaupte später nicht, ich hätte dich nicht gewarnt. Die Wahrheit ist in diesem Fall alles andere als nett.“ Sie holte tief Luft. „Du erinnerst dich vielleicht, dass ich dir gesagt habe, die Kamiraen seien am stärksten, wenn eine Generation vereint ist. Daraus folgt, dass sie immer das Ziel haben, eine Generation zu vervollständigen, sodass alle Kamiraen dieser Generation gleichzeitig ihr Amt ausfüllen. Jetzt, da Sahara tot ist, kann dieses Ziel nicht mehr erreicht werden. Der Verlust einer weiteren Kamiraen deiner Generation wäre daher verschmerzbar.“
    Maja klappte bei Tabeas Worten der Mund auf. „Soll das heißen, weil Sahara tot ist, ist es egal, wenn auch ich sterbe?“
    „Überspitzt ausgedrückt. Ich habe dir gesagt, die Wahrheit ist nicht nett. Aber natürlich ist es niemandem egal, wenn du stirbst. Du bist immer noch eine Kamiraen und eine vollständige Generation werden wir ohne Saharas Amulett ohnehin nicht mehr erreichen. Die anderen Kamiraen sind jetzt allerdings bereit, ein größeres Risiko einzugehen. Nun komm endlich.“
    Maja war so verwirrt, dass sie Tabea widerspruchslos folgte. Und langsam begann sie zu realisieren, dass sie es geschafft hatte. Sie durfte nach Hause. Widersprüchliche Gefühle kämpften in ihr um die Vorherrschaft. Wie konnte sie sich freuen, wenn sie dieses Glück Saharas Tod zu verdanken hatte? Sie konnte nicht lächeln und so blieb sie schließlich stehen und brach in Tränen aus.
    Tabea wirbelte zu ihr herum und beobachtete sie verwirrt und hilflos. Dann schnalzte sie verärgert mit der Zunge. „Wir sind gleich da. Reiß dich noch einen Moment zusammen.“
    Mühevoll schluckte Maja die Tränen herunter und konzentrierte sich ganz auf die positiven Gedanken. Sie würde zurückkehren. Nach Hause. In ihre eigene Welt, zu ihren Eltern und ihrem Bruder. Schließlich schaffte sie es, ein zuversichtliches, wenn auch schwaches Lächeln aufzusetzen.
    „Geht doch.“ Tabea grinste breit und schritt voran.
    Dann stieß sie eine Tür am Ende des Korridors auf. Sie gelangten in einem Raum, der aussah wie ein Klassenzimmer, vollgestopft mit schmalen Tischen und Stühlen. Auf einem der Tische saß Feodor und grinste Maja an.
    Am Fenster stand eine Gestalt in einem schwarzen Kapuzenumhang. Als Maja sie ansah hob sie die schmalen Hände und streifte die Kapuze nach hinten. Ungepflegtes, stohblondes Haar fiel ihr über die Schultern, die braunen Augen funkelten Maja selbstbewusst an.
    Und dieser fiel die Kinnlade herunter.
    „So sieht man sich wieder“, sagte Sahara und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
    Maja war geschockt. Hätte sie einen Geist gesehen, sie wäre es nicht weniger gewesen. „Sahaha…hara“, stotterte sie, „aber, du … du ...“ Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Verwirrt blinzelte sie und rieb sich die Augen, doch Sahara stand immer noch da. Hatte sie sich gerade den Kopf gestoßen und träumte das alles nur? Wie konnte Sahara hier stehen und grinsen, wenn sie doch gerade eben beerdigt worden war? „A...aber du bist tot.“ Wieder blinzelte sie. War es jetzt endlich so weit? Hatte sie den Verstand verloren? Sie hatte geglaubt, Sahara sei tot und doch stand sie hier? War das hier ein Traum? Oder hatte sie andersherum nur geträumt, dass Sahara gestorben war? Beides schien real aber es passte überhaupt nicht mehr zusammen. War sie doch verrückt geworden? Bildete sie sich das alles nur ein? Lag sie vielleicht in irgendeinem Krankenbett in fibrigen Fantasien versunken?
    „Kipp uns bloß nicht um, ja?“, sagte Tabea besorgt.
    Maja achtete nicht auf sie. Sie hatte nur Augen für Sahara. „Ich habe dich gesehen“, sagte sie. „Ich habe deinen toten Körper am Boden liegen sehen, wir alle haben es gesehen. Es gab keinen Zweifel, dass du tot warst. Du hattest keinen Puls, du hast nicht geatmet und du hattest ein Loch in deiner Brust. Wie kannst du hier stehen und am Leben sein?“
    „Was du gesehen hast, war nicht ich“, sagte Sahara.
    „Traue niemals deinen Augen, wenn du weißt, dass ein Zauberer seine Finger im Spiel haben könnte“, fügte Feodor hinzu.
    Maja wirbelte zu ihm herum. „Du?“
    „Ich.“ Er lächelte breit.
    „Du ... du hast sie verhext, damit sie wie tot aussieht? Ich ... das ist ...“
    „Auch eine gute Idee, aber das habe ich nicht getan. Ich glaube Sahara wäre sehr unglücklich darüber gewesen, wenn sie sich die ganze Zeit hätte tot stellen müssen. Und nach der Beerdigung? Hätten wir sie wieder ausgraben müssen? Ich habe nicht Sahara verzaubert, sondern etwas anderes, damit es wie Sahara aussieht. Das hat außerdem den Vorteil, dass Gegenstände genauso wenig lügen können wie Tote.“
    Maja hatte Feodor noch nie so selbstbewusst erlebt. Er wirkte mehrere Zentimeter größer als sonst und schien geradezu begeistert von seiner Tat. Einer Tat, die zu begreifen Maja sich schwer tat. „Lügen?“
    „Jaaa ... ich fürchte, die Kamiraen hätten es bemerkt, wenn sich jemand einfach nur tot gestellt hätte. Und Meister Wolf sowieso, der erkennt Leben, da kannst du dir sicher sein.“
    „Moment“, sagte Maja. „Ihr habt also Saharas Tod nur vorgetäuscht?“
    „Genau“, rief Feodor enthusiastisch in einem Ton, als wäre Maja ein kleines Kind, das gerade seinen ersten Schritt gemacht hatte.
    „Warum?“
    Feodor zuckte mit den Schultern. „Es war Tabeas Idee. Sie meinte, dann würden dich die Kamiraen nach Hause lassen. Ich kann mir das zwar nicht vorstellen, aber –“
    „Es hat funktioniert“, unterbrach Tabea ihn.
    „Das war deine Idee?“ Maja drehte sich jetzt auch zu Tabea um. Die zuckte nur mit den Schultern. „Ich muss mich erst mal setzen“, sagte Maja und ließ sich auf einen Stuhl fallen. „Erzählt mir alles“, verlangte sie.

  • „Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass du – naja, man hat ja gesehen, was mit Sahara passiert ist – jedenfalls bist du hier wohl nicht sicherer als zuhause

    „Wie ich schon sagte, wir haben leider feststellen müssen, dass du hier nicht sicherer bist, als bei dir zuhause

    beide Male wird das groß geschrieben

    „Ich habe ihnen gesagt, dass du zu Hause nicht in größerer Gefahr bist als hier. Dreizehn hat zum dritten Mal bewiesen, dass Miriams Mauern seine Gefolgsleute nicht aufhalten.“

    Du erinnerst dich vielleicht, dass ich dir gesagt habe, die Kamiraen seien am stärksten, wenn eine Generation vereint ist.

    groß


    Okay, also damit hätte ich jetzt nicht gerechnet. Allerdings muss ich zugeben, dass ich den Sinn dahinter noch nicht so ganz verstehe. Okay cool Maja kann nach Hause, aber mich würde viel mehr interessieren, was Tabea damit bezweckt, dass muss noch einen tieferen Hintergrund haben.
    Ich bin jetzt mal sehr gespannt wie es weiter geht und vor allem wie sich Maja entscheiden wird, denn nun hat sie ja die freie Wahl zu gehen oder dazubleiben.... ich wüsste was ich machen würde, aber ob das dasselbe wäre wie Maja....

    xoxo
    Kisa

    • Offizieller Beitrag

    Es war schon dunkel und die hunderte von roten Lichtern in den Händen der dunklen Gestalten wirkten besonders feierlich.


    und hunderte rote Lichter - ich weiß nicht, ob das besser klingt. Ich bin über die Formulierung jedenfalls kurz gestolpert. :hmm:

    Sahara ist nicht tot? Und das war alles nur eine Finte, damit Maja endlich zurück nach Hause kann? 8| Da hat sich Tabea ja einiges ausgedacht und in "Gefahr" begeben, immerhin hätte es jeder Zeit sein können, dass jemand hinter die Illusion kommt. Aber gut finde ich den Plan dennoch. Endlich kann Maja wieder nach Hause, das heißt, es hat so weit alles funktioniert. ^^
    (Nebenbei bemerkt, sehr waghalsig Sahara im Hauptquartier zu verstecken, auch, wenn das so groß ist, dort kennt man sie ja xD )
    Aber irgendwas sagt mir, dass es das noch nicht war. Da kommt doch noch etwas. :rofl:

    LG, Kyelia

  • Ein Strauß Blumen für @Dinteyra weil sie momentan so mega fleißig an ihrer Geschichte schreibt und man mit dem lesen gar nicht mehr schnell genug hinterher kommt

    Ich weiß jetzt nicht, ob das gut oder schlecht ist. Ich versuche mal, mich etwas zurückzuhalten und langsamer zu posten. Das Ende ist jetzt allerdings schon geschrieben, daher wäre es bloß eine künstliche Verlängerung. Deshalb gibt es auch heute noch einen kleinen Teil. Wer nicht mitkommt, kann es ja später lesen. Aber bis zum Ende der Woche möchte ich fertig sein ^^

    Maja kann nach Hause, aber mich würde viel mehr interessieren, was Tabea damit bezweckt, dass muss noch einen tieferen Hintergrund haben.
    Ich bin jetzt mal sehr gespannt wie es weiter geht und vor allem wie sich Maja entscheiden wird, denn nun hat sie ja die freie Wahl zu gehen oder dazubleiben.... ich wüsste was ich machen würde, aber ob das dasselbe wäre wie Maja....

    Vielleicht reicht dir die Erklärung, die Tabea im nächsten Teil abgibt.
    Jetzt wüsste ich gerne, wie du dich entscheiden würdest. Bei Maja ist es ja relativ klar. Sie würde nicht so einen Aufstand machen und dann plötzlich sagen, dass sie doch bleibt. In dem Fall würde ich mir an Tabeas Stelle übrigens auch veralbert vorkommen :D

    Aber irgendwas sagt mir, dass es das noch nicht war. Da kommt doch noch etwas.

    Öh :blush:
    Also ich kann dir sagen, dass es noch genau zehn DinA4-Seiten Text sind. So unfassbar viel kann also gar nicht mehr passieren. Ich hab ja schon mal gesagt, dass der Handlungsbogen dieser Geschichte etwas gaga ist. Wenn ich irgendwann mal weiterschreibe, sollte ich das im nächsten Teil besser machen :rofl:


    Tabea nickte. „Es wird wohl das Beste sein, wenn ich ganz vorne anfange. Ich habe vor Wochen schon entschieden, dass es richtig wäre, wenn dir und Sahara erlaubt wird, eurer Wege zu gehen. Hier ist jetzt nicht von Bedeutung, was mich zu dieser Entscheidung gebracht hat, mehrere Dinge spielten zusammen. Wichtig ist nur, dass ich sie getroffen hatte und bereit war sie umzusetzen. Die Kamiraen wollten nicht auf mich hören, aber ich glaubte, dass sie ihre Meinung vielleicht ändern würden, sollte einer von euch beiden ums Leben kommen. Es wäre der endgültige Beweis, dass es im Hauptquartier nicht sicher genug für euch ist. Nun ja, den Rest habe ich dir vorhin erklärt.“ Sie warf Maja einen verschwörerischen Blick zu, der eindeutig besagte, dass sie es Feodor und Sahara nicht erklären wollte. „Die Kamiraen wanken schon lange in ihrer Überzeugung. Es brauchte bloß noch den Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.“
    „Und das war Saharas Tod“, schloss Feodor.
    „In ihrer Verzweiflung waren sie viel eher bereit, auf mich zu hören. Schau sie dir doch an“, sagte Tabea und plötzlich huschte ein gemeines Grinsen über ihr Gesicht. „Wie die aufgescheuchten Hühner.“
    Maja erinnerte sich an die Gesichter der Kamiraen bei der Beerdigung und musste schlucken.
    „Die Entscheidung, wessen Tod ich vortäuschen sollte, war schnell getroffen“, fuhr Tabea fort. „Sahara kann sich dort, wo sie hingeht, viel besser verstecken als du.“
    „Wie konntest du ihnen das nur antun?“, murmelte Maja, in Gedanken immer noch bei den Kamiraen. „Hast du gesehen, wie entsetzt sie waren? Wie schrecklich schuldig sie sich fühlten? Das ist alles deine Schuld.“
    „Ich wollte verhindern, dass sie dir weiterhin antun, was sie taten“, entgegnete Tabea. „Du hättest dich in letzter Zeit mal sehen sollen. Du standest kurz davor, verrückt zu werden und die Kamiraen haben es in ihrem Egoismus nicht wahrhaben wollen. Sahara war genauso unglücklich. Sie will ihre Schwester suchen. Ich bereue nicht eine Sekunde, was ich getan habe. Ich diene den Kamiraen jetzt seit Jahrtausenden – allen Kamiraen. Und wenn ihr mich braucht, bin ich auch für euch beide da. Ich habe erkannt, dass die einzige Möglichkeit für euch, glücklich zu werden, ist, dass ihr eurer eigenen Wege geht. Und ihr habt beide bewiesen, dass ihr auf euch selbst aufpassen könnt, wie alle Kamiraen vor euch es konnten. Vielleicht geht die Sache schlecht aus, aber das können wir nicht wissen, wenn wir es nicht ausprobieren.“
    „Was ist mit Dreizehn? Was ist, wenn er seine Leute wieder zu mir nach Hause schickt?“
    „Ich werde dich dort nicht völlig ungeschützt lassen. Wir haben jetzt schon Wachen in der Stadt postiert, falls Dreizehn auf dumme Gedanken kommt, und wir werden sie da behalten. Ich kann dir natürlich keine hundertprozentige Sicherheit bieten. Aber wenn Sahara tot ist, hat Dreizehn sein Ziel erreicht und ich habe dafür gesorgt, dass er von ihrem Tod erfährt.“
    „Aber wenn er ein wenig nachforscht, wird er wissen, dass von seinen Leuten niemand sie umgebracht hat.“
    „In dem Fall hätten die Kamiraen noch andere Feinde, die das erledigt haben könnten. Ich habe angefangen, die richtigen Gerüchte zu streuen. Bald wird niemand mehr nachvollziehen können, wer oder was Saharas Tod herbeigerufen hat. Es ging hierbei auch darum, Fürst Dreizehn zu täuschen.“
    Majas Augen wanderten von Tabea über Sahara zu Feodor.
    „Und du hast dieses Schauspiel inszeniert?“
    „Tabea hat es inszeniert. Ich war nur für das Bühnenbild zuständig.“
    Die weißhaarige Frau nickte. „Er war brillant. Er hat es geschafft sämtliche Kamiraen, mehrere Ärzte und Heiler und einen Zauberer zu täuschen.“
    „Es war eine Menge Arbeit“, sagte Feodor. „Ich hatte in den letzten Tagen kaum Zeit zum Schlafen. An den Vorbereitungen sitze ich schon seit Wochen.“
    In Majas Kopf begannen die Dinge langsam, sich zusammenzufügen. Nur zwei Dinge machten noch keinen Sinn: „Wie kommt es, dass keiner der Kamiraen dahinter gekommen ist? Wir waren zu elft. Heißt es nicht, dass es schwer ist, die Kamiraen anzulügen? Aber du“, sie sah Tabea an, „hast doch das Blaue vom Himmel gelogen.“
    „Du vergisst mit wem du sprichst“, entgegnete Tabea schlicht. „Ich kenne die Kamiraen seit einer Ewigkeit, besser als sonst jemand. Ich weiß wie man sie anlügt.“
    „Wie?“
    „Ihr mögt manche Lügen erkennen, aber im Großen und Ganzen ist dieser Sinn doch sehr unsicher. Und sobald ihr starke Emotionen verspürt, wird er unbrauchbar. Die Kamiraen waren so entsetzt über Saharas Tod, dass sie völlig durch den Wind waren. Ich hätte ihnen in diesem Moment alles weismachen können. Es gab natürlich ein gewisses Risiko, aber das bin ich eingegangen. Allgemein ist diese Fähigkeit bei den Kamiraen nicht besonders gut ausgeprägt. Sie lassen sich so leicht von Vorurteilen, Wünschen und Emotionen lenken. Lass dir das eine Warnung sein ...“ Sie verstummte langsam.
    „Okay“, sagte Maja. „Dann noch etwas: Warum erzählst du es mir? Du hättest mich weiterhin denken lassen können, Sahara wäre tot. Welchen Unterschied hätte es gemacht? Immerhin hätte ich mich dann nicht verplappern können.“
    „Ich habe dich bis jetzt im Unklaren gelassen, weil ich bis zur Beerdigung so wenig Mitwisser wie möglich haben wollte. Aber du musst es wissen. Du gehörst zu Saharas Generation. Was mich zu diesem einen letzten Punkt bringt – ein Versprechen, das ihr beide mir geben müsst.“ Sie sah Sahara an. „Wenn Maja jemals deine Hilfe brauchen wird, wirst du für sie da sein?“, fragte sie.
    „Was?“, fragte Sahara.
    „Das ist echt extrem unwahrscheinlich“, meinte Maja.
    „Ich möchte, dass du ihr dieses Versprechen gibst“, sagte Tabea.
    „Meinetwegen.“ Sahara sah gelangweilt aus, doch Tabea nickte zufrieden.
    „Und du, Maja? Wirst du ihr helfen, wenn sie jemals deine Hilfe braucht?“
    „Nein, das werde ich nicht“, antwortete Maja und ignorierte den giftigen Blick, den die andere Kamiraen ihr zu warf. „Ich kann endlich nach Hause und ich werde ganz bestimmt niemals wiederkommen. Für nichts.“
    „Maja, bitte“, sagte Tabea. „Nur für den absoluten Notfall, wenn Sahara ohne dich nicht überleben kann. Vielleicht wird es nie passieren und selbst wenn es in zwanzig oder dreißig oder auch fünfzig Jahren mal passiert ... du bist ohnehin eine Kamiraen, du kommst da nicht mehr ganz raus.“ Maja ahnte, worauf das hinaus lief. „Du schuldest es mir“, sagte Tabea. Damit hatte das Mädchen dann doch nicht gerechnet. „Ich habe alles getan, damit du wieder nach Hause kommst. Ich habe fast jeden Menschen angelogen, der mir etwas bedeutet.“
    „Na gut“, gab Maja schließlich nach. „Aber nur, wenn es wirklich wichtig ist.“
    „Danke“, sagte Tabea und auch Sahara sagte aus irgendeinem seltsamen Grund „Danke“.
    „Und wer bedankt sich bei mir?“, fragte Feodor. „Ich hatte schließlich die meisten Scherereien damit, außerdem habe ich riskiert, dass mein Meister mich umbringt, was er bestimmt macht, wenn er herausfindet, was ich getan habe. Also ...“
    „Danke“, sagte Sahara ehrlich.
    „Ich bedanke mich nicht“, meinte Tabea, „aber bei Gelegenheit lege ich beim Rat der Magier ein gutes Wort für dich ein.“
    Feodor grinste.
    Maja sah ihm in die Augen und wusste, dass sie ihre Dankbarkeit niemals in Worte fassen konnte.
    „Schon okay.“ Feodor winkte ab, bevor sie es versuchte.
    „Erinnerst du dich, wie wir durch den Wald gegangen sind und ich dich unheimlich fand?“, fragte sie dann.
    „Klar.“
    „Ich nehme es zurück. Unheimlich trifft es überhaupt nicht. Es gibt einfach keinen Ausdruck, um dich zu beschreiben.“
    „Hmm.“ Er machte ein nachdenkliches Gesicht. „Ich würde sagen: ernsthaft gruselig und angsteinflößend. Das trifft es ganz gut, oder?“
    Lachend fiel Maja ihm um den Hals und in dem Moment packte sie mit Wucht die Erkenntnis, dass sie nach Hause durfte. Endlich würde alles gut werden. Sie ließ Feodor los und sprang juchzend in die Luft.
    „Okay“, sagte Feodor, „Abschiedsfeier – morgen früh bei Tamor.“
    „Bloß nicht“, herrschte Tabea dazwischen. „Habt ihr vergessen, dass wir Sahara eben erst unter die Erde gebracht haben? Ihr dürft euch verabschieden, aber gefeiert wird nicht, verstanden? Und bevor du diesen Raum verlässt, Feodor, würde ich mir an deiner Stelle das Grinsen aus dem Gesicht wischen. Das gilt auch für dich, Maja. Ich werde mich jetzt auf den Weg machen, bevor mich jemand vermisst. Ihr zwei sorgt dafür, dass niemand Sahara sieht.“ Und mit diesen Worten ging sie.
    Maja sah ihr nachdenklich hinterher. Dieser Tag hatte nicht ein Stück dazu beigetragen, dass sie Tabea besser verstand, er hatte sie eher noch unbegreiflicher erscheinen lassen. Maja begriff immer noch nicht ganz, warum sie das alles getan hatte und vor allem, warum es funktioniert hatte. Was sie aber am meisten beunruhigte war die Erkenntnis, dass Tabea in der Lage war, ein derart falsches Spiel zu spielen.

  • Ich weiß jetzt nicht, ob das gut oder schlecht ist. Ich versuche mal, mich etwas zurückzuhalten und langsamer zu posten. Das Ende ist jetzt allerdings schon geschrieben, daher wäre es bloß eine künstliche Verlängerung. Deshalb gibt es auch heute noch einen kleinen Teil. Wer nicht mitkommt, kann es ja später lesen. Aber bis zum Ende der Woche möchte ich fertig sein

    Das sollte keine Kritik sein, sondern ausgedrückte Freude, weil es jetzt so stätig weiter geht und wir immer was schönes zu lesen haben :) Mach dir keine Sorgen, wenn du deine Geschichte jetzt zur postet und dann fertig bist. Allerdings würde mich einmal interessieren, ob es noch einen Teil von Maja geben wird, oder ob du schon ein neues Projekt geplant hast ?

    Vielleicht reicht dir die Erklärung, die Tabea im nächsten Teil abgibt.
    Jetzt wüsste ich gerne, wie du dich entscheiden würdest. Bei Maja ist es ja relativ klar. Sie würde nicht so einen Aufstand machen und dann plötzlich sagen, dass sie doch bleibt. In dem Fall würde ich mir an Tabeas Stelle übrigens auch veralbert vorkommen

    Die Erklärung war ausreichend würde ich mal sagen :) Ich würde an Majas stelle bleiben. Weil mir das Risiko zu groß wäre, dass meine Eltern unter den Angriffen und der Gefahr leiden müssten, auch wenn sie vielleicht niemals geschehen. je nachdem ob Dreizehn die Lügen von Tabea schluckt...

    Bald wird niemand mehr nachvollziehen können, wer oder was Saharas Tod herbeigerufen(hervorgerufen) hat.


    Ich finde diesen Abschnitt wieder gut geschrieben, aber ich muss ehrlich zugeben, dass ich ein bisschen irritiert bin. Mich überraschte es dass Tabea diesen Entschluss gefasst hat, die beiden Mädchen so frei zubekommen und dafür alle anderen angelogen hat. Ich will jetzt nicht gemein sein, aber irgendwie finde ich, widerspricht das Tabeas Charakter aus dem vorangegangenen Buch. Mag sein, dass die anderen das anders sehen, dann kannst du mich ignorieren, aber irgendwie finde ich dass sich Tabea innerhalb der letzten Kapitel ziemlich verändert hat. Deswegen bin ich mal gespannt was du als nächstes so für uns bereit hältst. :)

    xoxo
    Kisa