So, ich hoffe ich mache jetzt alles richtig. Ist alles schon eine Weile her.
Bevor ich mich an das Durchstöbern der anderen Werke mache, wollte ich mich selbst mit einem kleinen Werk hier verewigen. Es ist alles noch nicht ganz ausgereift und ob der Titel so bleibt, steht auch noch in den Sternen (ha, schlechtes Wortspiel mit dem Titel ...), aber das wird schon alles.
Über Kritik, Verbesserungen und einfach nur Gedanken freue ich mich sehr.
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Das Erste, was Kasim an ihm auffiel,war sein Gesicht; die schmalen, nah beieinanderstehenden grauen Augen, die schmalen Lippen, die etwas zu hohe Stirn und die leicht gebogene, schiefe Nase in diesem herrlich gleichmäßigem Oval, alles eingerahmt von dichtem, pechschwarzem Haar. Das warme Licht der Mittagssonne ließ es ein wenig silbern funkeln und Kasim hatte das Gefühl, Sterne darin zu sehen.
Das Nächste, was ihm im Gedächtnis blieb, war seine Stimme. Sie war sanft und wohlklingend, zeugte von Geist und Charme, und als er ihn über die kurze Distanz, die sie voneinander trennte, lachen hörte, klang es wie Regen, der an einem Sommertag auf das Vordach des Palasteinganges prasselte.
Bereits den ganzen Vormittag musste Kasim an sich halten, nicht dauerhaft in die Richtung des Prinzen zu starren. Er durfte es sich nicht bereits an seinen ersten Tagen bei der Leibgarde solch einen Schnitzer erlauben. Dennoch fiel es ihm unsagbar schwer. Jedes Mal, wenn er auch nur den Geruch von Oliven und Lavendel vernahm, schlich sich sein Blick zu dem jungen Mann, der auf den vielen Kissen in der Mitte des quadratischen Raumes saß.
Kasim hatte keine Augen für die reichverzierten Wände voller Ornamente und der fremden Schrift in goldenen Lettern, oder für die schweren Behänge mit rot-goldenen Stickereien. All dies war ihm schon immer fremd gewesen. Dort, wo er herkam, zählte nur das Vieh, das man hielt. Ein großes Zelt und vielleicht ein paar Teppiche war alles, was wichtig war. Mehr war nur Ballast und eine Beleidigung für die Götter.
Kasim senkte die Lider ein wenig und besah sich seine dunkelgrünen Schuhe aus weichem Stoff. Er konnte den kalten Marmorboden unter den Sohlen spüren.
Nur den Rücken gerade halten und das Kinn nicht absenken, schoss es ihm durch den Kopf. Rasch verlagerte er sein Gewicht von einem Bein aufs andere.
Der Prinz unterhielt sich angeregt mit den anderen jungen Männern, die in reich bestickter, weiter Kleidung im Halbkreis bei ihm saßen und nebenbei genüsslich Datteln, Feigen und Trauben verspeisten.
Vorsichtig huschte Kasims Blick zurück zum Prinzen, der nun fröhlich plaudernd die Hand auf den Arm seines Nebenmannes legte. Doch plötzlich schweiften die hellen Augen in seine Richtung. Kasim schreckte innerlich zusammen und wandte sich eilig ab. Wahrscheinlich hatte der Prinz gespürt, wie er angestarrt wurde.
Am liebsten wäre Kasim im Boden versunken. Er wagte es nicht noch einmal, den Blick zu heben, traute sich nur mehr, durch seine Wimpern zu blinzeln. Im nächsten Moment schien sein Herz einen Schlag zu überspringen. Lächelte der Prinz etwa?
Der Ausdruck war so schnell wieder aus dem Gesicht des Prinzen verschwunden, dass es nur eine Einbildung gewesen sein konnte. Kasim lachte unsicher in sich hinein und versuchte die Hitze auf seinen Wangen zu ignorieren.
Langsam begann sein Rücken zu schmerzen. Seit Morgengrauen stand er in diesem lichtdurchfluteten Raum mit den offenen Fenstern und Türen, direkt neben dem Durchgang zu den Fluren des Palastes, und würde es auch noch bei Sonnenuntergang. Seine Arme hingen ungenutzt zu seinen Seiten und in seinen Fingern kribbelte es, sodass er sie einige Male ballte und streckte. Keinen Ton gab er dabei von sich. Keine Klagen. Kein Jammern. Nicht einmal sein Magen wagte es zu rebellieren. Vor Anbruch der Nacht würde es ihm ohnehin nicht erlaubt sein, etwas zu essen.
Das Gelächter der jungen Männer im Raum schwoll an und Kasim zwang sich, ihren Stimmen nicht zu lauschen. Es war nicht seine Aufgabe, an den Gesprächen Anteil zu nehmen, geschweige denn ihnen zuzuhören. Nicht, dass er viel verstanden hätte. Sie sprachen viel zu schnell in einer für ihn noch immer fremden Zunge. Wahrscheinlich war er deswegen als Leibgarde in die Nähe des Prinzen eingeteilt worden.
Kasim seufzte stumm und versuchte sein Augenmerk auf die Spitzen seiner Schuhe zu richten.
Das Licht wanderte von links nach rechts und immer größere Schatten tauchten verspielt über den Boden. Einer nach dem anderen verließen die Gefährten des Prinzen den Raum, stellenweise Arm in Arm. Kasim stierte eisern auf den in erdigen Farben gekachelten Boden. Nur niemandem direkt in die Augen sehen. Dafür war sein Stand zu niedrig.
Es dauerte einen Moment, bis Kasim bemerkte, dass er allein mit dem Prinzen war. Die zweite Leibwache stand auf der anderen Seite der Wand, die kühl in seinem Rücken lag.
Sein Herz pochte, als er das Rascheln der Kissen und das leise Seufzen vernahm. Dann sagte der Prinz etwas und Kasim benötigte einige Sekunden, um zu begreifen, dass er mit ihm sprach. Erschrocken hob er den Kopf und traf mit seinem Blick auf jenen des anderen jungen Mannes, der nun leise lächelte und die Beine von sich streckte. Dabei verrutschte seine lange weiße Robe etwas und gab den Blick auf seine dunkle Haut darunter frei. Sofort wandte Kasim das Gesicht ab.
Das ruhige Lachen des Prinzen sorgte dafür, dass seine Wangen ein weiteres Mal heiß wurden.
Erneut sagte er etwas, doch Kasim verstand es nicht recht. Die einzigen Dinge, die er bisher beherrschte, waren die morgendliche Aufstellung und die Worte für »essen«, »trinken« und »schlafen«.
Als er nicht reagierte, begann der Prinz sich umständlich zu erheben. Ohne groß nachzudenken, eilte Kasim an seine Seite, um ihn zu stützen. Mit einem Lächeln dankte der Prinz ihm und deutete mit leisen Worten und einem Nicken zum offenen Bogentor zu ihrer Linken.
Kasim versuchte krampfhaft die Wärme des anderen Mannes an seiner Seite zu ignorieren. Der Duft nach Oliven drang nun stärker denn je in seine Nase. Er fühlte sich zittrig und ein wenig unsicher, während er den Prinzen über den noch sonnengewärmten Boden in den Nebenraum geleitete.
Mit einem Nicken gab der Prinz im zu verstehen, dass er zum großen Bett auf vier goldenen Beinen wollte.
Mit leicht großen Augen sah Kasim sich verstohlen um. Der Raum war um einiges kleiner, doch auch hier waren die Fenster offen, ohne Glas oder Beschlägen, um vor Wind zu schützen. Doch wahrscheinlich war der Palast so gut abgeschottet, dass kein Sandsturm ihm etwas anhaben konnte. Ihm fiel auf, dass dieser Raum weit weniger geschmückt war - bis auf ein kleines, goldenes Spruchband über die gesamte Wand, wirkte er beinahe kahl. Einzig das Bett war mit etlichen Kissen und Decken ausgestattet und von der Decke hing ein heller, durchsichtiger Vorhang, der das Bett vollständig einhüllte.
Kasim half dem Prinzen auf die weichen Bezüge und sah zu, wie er es sich zwischen all den bunten Kissen gemütlich machte. Er dankte ihm mit einem weiteren schmallippigen Lächeln.
Kasim wollte sich bereits umdrehen und zurück zu seinem Posten, als der Prinz nach seinem Arm griff. Anscheinend war er darüber ebenso erschrocken wie Kasim selbst, denn er zuckte schnell wieder zurück und senkte den Kopf ein wenig. Dann sagte er etwas und Kasim konnte nicht verhindern, die Stirn in kleine Falten zu legen.
Der Prinz warf ihm einen langen, nicht zu deutenden Blick zu und legte dann die Finger seiner rechten Hand an sein Kinn, bewegte sie dann mit der Handfläche nach oben in seine Richtung. Diese Geste verstand Kasim und ein breites Grinsen huschte unwillkürlich über sein Gesicht. Er schüttelte ob des Dankes nur den Kopf und wartete, bis der Prinz ihn entließ.