Die Prämisse in der Literatur
Oft liest man in Schreibratgebern oder hört bei Gesprächen an der Supermarktkasse von der Prämisse.
Was ist das eigentlich? Wozu ist das gut, und brauche ich das?
Wenn man googelt steht da: Die Prämisse ist das, was einem Projekt, oder einem Vorhaben gedanklich zugrunde liegt.
Die Prämisse ist also die Botschaft, die von der Geschichte transportiert wird. Die „Moral“ von der Geschichte. Wenn ihr also gefragt werdet, was die Botschaft eures Romans ist, dann möchte der Fragesteller möglicherweise keine Nacherzählung, sondern es geht ihm um die Prämisse. Also 500 Seiten zusammengefasst in einem Satz. Ich habe mal ein paar Beispiele mitgebracht.
Herr der Ringe
Mit Freundschaft und Mut lässt sich das Böse besiegen
Vielfach genutzt
Die Macht der Liebe rettet die Welt
Charles Dickens’ Weihnachtsgeschichte
Geiz macht unglücklich
Romeo und Julia
Verbotene Liebe endet tragisch
Das ist schon mal ganz für sich genommen interessant. Es wird aber noch besser! Ich habe mal einen Roman gelesen, der so um 1850 spielt, dort verliebt sich ein reiches Mädchen in einen armen Jungen. Das Ganze endete tragisch. Jetzt könnte man es dabei belassen sich die Tränen abwischen und die Welt bejammern. Aber was ist hier die Prämisse? Hier ist nämlich eine durchaus erzieherische/politische Botschaft versteckt.
Die Prämisse lautet nämlich: Eine nicht standesgemäße Ehe endet im Unglück!
Also, jeder Bürger bleibe an seinem Platz!
Es lohnt sich also auch als Leser nach der Prämisse des Romans zu fragen. Oder, wie wir es aus der Schule kennen. Was will uns der Autor mit seiner Geschichte sagen?
Die Prämisse kann auch als zentraler Konfliktpunkt begriffen werden, also These und Antithese bilden. Beim Schreiben kann die Prämisse also helfen die Geschichte zu strukturieren.
Heldin versus Antiheld
Glaubt an die Kraft der Liebe / Hält Liebe für sentimentalen Schnickschnack
Sauron versus Die Ringgemeinschaft
Will die Welt allein Beherrschen / Glaubt an Kooperation und Freundschaft
Was mache ich als Autor mit dem Wissen von der Existenz einer Prämisse? Einige sagen, man sollte die Prämisse seiner Geschichte vor dem Schreiben definieren. Dann kann man die Geschichte daran aufbauen. Zum Beispiel kann man Held und Antiheld anhand der vorgegebenen Prämisse agieren lassen. Das hat etwas, finde ich. Demnach sind allerdings Dinge, die der Prämisse nicht dienen oder ihr gar widersprechen, beim Schreiben kritisch zu betrachten.
Andere Autoren schreiben einfach drauf los, ohne Prämisse. So machen es viele entdeckende Schreiber, aber dann geht es ja an die Überarbeitung. Stephen King sagt, er schaut sich die erste Fassung seines Manuskripts an und findet dann die verborgene Prämisse. Wenn er dies getan hat, beginnt er diese in den nächsten Fassungen herauszuarbeiten. So geht es auch.
Kann ein Roman ohne Prämisse funktionieren? Ich denke beinahe, nein! Irgendwie habe ich aber ein ungutes Gefühl, mir von einer Prämisse sagen zu lassen, was ich schreiben darf und was nicht. Andererseits, ein Roman bei dem es um nichts geht, ist auch irgendwie unbefriedigend.
Für mich hat das Nachdenken über die Prämisse dazu geführt, mein eigenes Schreiben neu zu betrachten. Rückblickend haben einige meiner Geschichten mehrere Prämissen, die sich manchmal ins Gehege kommen. Das ist natürlich nicht zielführend, wenn man sein Geschreibsel einem Publikum anbieten möchte.
Was denkt ihr über die Prämisse? Fallen euch interessante Prämissen von Romanen ein, die ihr gelesen habt? Haben eure Geschichten eine Prämisse? Macht ihr euch darüber vorher schon Gedanken oder legt ihr einfach los?