Es gibt 492 Antworten in diesem Thema, welches 41.823 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (12. Mai 2025 um 11:44) ist von Thorsten.

  • die dann doch was ähnliches sind.

    Okay, die Karte gehoert zur Story und wuerde mit der Geschichte veroeffentlicht werden, aber das bisschen Info vornedran, das ist fuer mich unter ferner liefen.

    Das "eine Gesetz" mit seinen ganzen Facetten ist derzeit noch sehr unklar.

    Ja - das ist auch Tanred unklar, der kann ja nicht lesen und es hat ihm nie jemand vorgelesen, das einzige was er darueber weiss ist was die Erwachsenen in seiner Umgebung (die auch nicht lesen koennen) darueber reden - stille Post halt.

    Story-intern wird das 'Eine Gesetz' von vielen gerne fuer alles was schief laeuft verantwortlich gemacht - ohne dass sich viele damit konkret beschaeftigen wuerden.

    Ich muss vermutlich einfach nur am Ball bleiben, dass löst sich später von alleine auf?

    Tanred wird ueber die Geschichte hinweg ein facettenreicheres Bild der Verhaeltnisse in seinem Land erwerben als er das am Anfang hat (unter anderem lernt er irgendwann lesen...) . Man lernt auch im Lauf der Geschichte seine Vergangenheit ganz gut kennen - warum er so ueber manche Dinge denkt wie das am Anfang vielleicht ueberraschend ist.

    Also ja - wenn's nach Teil I immer noch grosse Defizite gibt dann habe ich Mist gebaut, aber der Plan ist schon auch im ersten Teil mit Tanred aus seiner jugendlichen Ignoranz heraus auf Entdeckungsreise zu gehen und unterschiedliche Blickwinkel auf seine Welt zu sehen - da kommt also noch einiges.

  • Als der Wagen der Gaukler den Hügelrücken passierte, lag ein Heerlager vor ihnen.

    Ein kleiner Fluß schlängelte sich hier nordwärts auf die Galta zu. Um eine steinerne Brücke hatte sich ein Dorf angesiedelt, vom Weg aus konnte man ein Ädonshaus erkennen, eine Schmiede, eine Taverne, drumherum Werkstätten und verschiedene Höfe mit ihren Scheunen und Stallungen. Es war offenbar ein reicher Ort, an gleich zwei Stellen reckten sich die hölzernen Gerüste von Baustellen gegen den blauen Himmel. Aber wo um das Dorf herum Obstwiesen oder die Allmende gewesen sein mußte, erhoben sich jetzt Reihen um Reihen von Zelten ganz verschiedener Machart. Nur an einer Seite waren die Zelte vom gleichen Farbton, einem dunklen Grün. Überall dazwischen stieg Rauch von Kochfeuern auf. Bestimmt mehrere hundert Bewaffnete waren zu erkennen. Manche standen auf der Wiese und lernten einen Schildwall zu bilden, andere übten sich im Kampf mit Schwert oder Speer, wieder andere saßen einfach herum. Das Gras um das Lager herum war von schlammigen Wagenspuren durchzogen und mehrere Fuhrwerke wurden gerade abgeladen. Fässer, Säcke und bauchige Tonflaschen wanderten, von unzähligen zupackenden Händen getragen, in große Vorratszelte.

    Einen Moment lang starrte Tanred nur auf das wimmelnde Chaos das sich vor ihm ausbreitete. Die letzten Meilen hatten sie immer wieder Reiter gesehen die sie aus der Ferne beobachtet hatten, aber das? Das war nicht mehr eine Schar von Kerrinsmännern um eine Straßensperre oder einen Posten zu überrennen - das war eine Armee mit der man eine Burg belagern konnte...

    "Das ist also das Heer mit der Perren gegen Edred in den Krieg ziehen will?", fragte Rocas ungläubig und schüttelte den Kopf. "Gib ihm Zeit, er sammelt und trainiert es noch...", erwiderte sein Bruder. "Wenn sie alle erst mal so gut ausgebildet sind wie Tanred..."

    Rocas lachte während Ketran beiden einen mißbilligenden Blick zuwarf, von dem sich aber keiner gestört fühlte.

    Ein Reiter preschte aus dem Lager auf die Gaukler zu und hielt vor Perren. Grüße wurden ausgetauscht, schnelle Worte wurden gewechselt von denen Tanred nichts verstand und beide machten sich zusammen auf den Weg zu den Zelten ohne daß Perren sich nochmal umwandte.

    Ketran lächelte schief.

    "So viel zu meiner Gauklertruppe...", stellte sie grimmig fest. "Der Lautenspieler fehlt uns schon mal..."

    "Wo bringen wir jetzt den Wagen hin?", fragte Vinlind.

    Ketran zuckte mit den Schultern.

    "Irgendwo wo er nicht im Weg ist nehme ich an", sagte sie zweifelnd. "Entweder direkt beim Dorf, oder da wo die Vorräte abgeladen werden würde ich sagen. Vielleicht probieren wir den Dorfanger? Von da können wir am ehesten aufführen - ich denke zumindest Musik findet hier am Abend Zuhörer."

    Vinlind nickte und lenkte Gruffa in Richtung der Häuser. Niemand schien die Gaukler groß zu beachten. Erst als sie zu den Ausläufern des Lagers kamen, folgten ihnen ein paar neugierige Blicke.

    Nach den vielen Monden in Kerst und dann so vielen Wochen unterwegs war Tanred allein den Geruch so vieler Menschen nicht mehr gewohnt - es roch nach Schweiß, nach Öl, nach Rauch und nach dem aus der Gerberei vertrauten Latrinengeruch, zwischendrin auch appetitlich nach Essen oder Leder. Wortfetzen umschwirrten die Gaukler als sie sich ihren Weg zwischen den Zelten hindurch in Richtung des Dorfs suchten.

    "... verdammt, du mußt das Ende des Speers in den Boden stecken - so - und dann den Fuß drauf. Und die Spitze nach vorne, so kann die verdammte Waffe die Wucht aufnehmen wenn jemand dagegen anrennt..."

    "... ist ein Schwert, kein Schmiedehammer. Schlag, Block, Schlag - und dann Stich! Wie schwer kann das sein?"

    "Es ist mir verdammt noch mal egal ob ihr euch die Lungen aus dem Leib keucht - in der Schlacht wartete der Feind auch nicht darauf daß ihr mal Pause machen wollt! Wer da nicht mehr kann ist tot! Also rennt nochmal auf den Hügel und zurück wie wenn Pathon selber hinter euch her wäre, und wer noch die Luft hat sich zu beklagen, der war nicht schnell genug, verdamm' mich!"

    Ausbilder - vermutlich ehemalige Soldaten - wiesen in kleinen Gruppen Rekruten in den Gebrauch von Waffen ein. Wie auch schon bei dem Trupp der den Hinterhalt für Edreds Gesandtschaft durchgeführt hatte - von jungen, fast bartlosen Burschen die mehr Eifer als Können zeigten zu graubärtigen Männern die auf ein Leben harter Arbeit zurückblicken konnte waren alle Altersgruppen gemischt. In vielen Gesichtern zeigte sich Aufregung, die Lust auf ein Abenteuer, aber manchmal auch die Erkenntnis daß das hier anders war als eine Geschichte oder Prahlerei in der Taverne. Hier waren die Waffen echt und scharf, und es würde wirklich getötet und gestorben werden...

    "... sage euch, meine Brüder, Pathon ist nicht irgendwo da draußen zu finden. Nein, Pathon ist im Herzen des Ädonitentums in diesem Land! Armanas von Tarn, der Ädonsfürst von Gondred, ist sein Werkzeug! Er ist wie ein eitriges Geschwür das unsere Liebe zu Ädon zu vergiften droht, ein Geschwür das wir herausbrennen müssen wenn wir würdig sein wollen daß das unendliche Licht auf uns fällt! Darum kehrt um und tut Buße! Hört nicht länger auf die, die das Wort Ädons für ihre eigenen Zwecke verdrehen..."

    Das zog Tanreds Aufmerksamkeit auf sich. Der Sprecher war ein Prediger, barfuß und mit einer Kutte aus grobem Stoff der vor einer Gruppe von Zuhörern stand und wild gestikulierte während er redete. Manche der Umstehenden schienen eher amüsiert, andere nachdenklich. Es war nicht der erste Wanderprediger den Tanred in seinem Leben gesehen hatte, grade in schwierigen Zeiten waren sie ein häufiger Anblick, aber die Art wie er wagte direkt Armanas von Tarn zu kritisieren...

    "... nachts in der Heide. Man hört ihn manchmal noch leise pfeifen - und dann weißt du, er kommt. Das ist deine letzte Gelegenheit zur Flucht, denn wenn er kommt wirst du sterben..."

    Das war ein älterer Schäfer mit wettergegerbtem Gesicht der mit einer Gruppe jüngerer Rekruten um ein Feuer saß, eine Schale Eintopf in der Hand, und seine Geschichte spann während alle an seinen Lippen hingen. Früher hatten Tanred solche Geistergeschichten genauso beeindruckt, aber seit er bei den Gauklern war, hatte er selbst die Kunst des Geschichtenerzählens gelernt, Dutzende von ähnlichen Geschichten gehört und gab ein gut Stück weniger auf ihren Inhalt.

    "Ich denke wir stellen den Wagen da hin!", entschied Ketran und wies auf ein Stück Wiese unter zwei blühenden Apfelbäumen. "Vin, du siehst nach wo wir Gruffa unterbringen können. Rocas und Ofyas - wir laden zusammen ab. Tan - wir brauchen Wasser!"

    "Wird gemacht", antwortete Tanred und sah sich schon suchend nach einem Brunnen um als schnelle Schritte von hinten aus dem Zeltlager kamen. Andel kam auf die Gaukler zu und wandte sich zu Tanred.

    "Tanred, du kommst mit mir!", wies der Ritter ihn an. "Es gibt wichtige Dinge zu besprechen."

    Er warf einen entschuldigenden Blick zu Ketran.

    "Da geht der nächste aus meiner Truppe", sagte sie düster. "Also auch kein Tamburin... Fret, kannst du dich um Wasser kümmern?"

    Während der Junge stumm nickte, folgte Tanred dem Ritter zurück ins Heerlager. Irgendwie hatte er das Gefühl, seinem Leben als Gaukler in diesem Moment den Rücken zu kehren. Ein Teil von ihm war aufgeregt - jetzt würde der aktive Kampf gegen Edred wirklich beginnen, und er war ein Teil davon. Vielleicht würde es über diesen Moment einmal Geschichten geben.

    Aber ein anderer Teil von ihm war traurig, als würde er gerade etwas Wichtiges verlieren, etwas, das unwiederbringlich war.

  • Schöne Szene, die du da vor meinen Augen entstehen lässt. Die Betriebsamkeit, die in dem Dorf herrscht, die Stimmung bei Tanred und Ketran, die Kleinigkeiten, die quasi "nebenbei" von den Leserohren gehört werden können - passt gut zusammen und zeichnet ein lebendiges Bild.

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

  • "Ich habe mit Graf Sigwulf gesprochen", verkündete ihm Andel noch während sie zusammen durch das Zeltlager gingen. "Und ich ernenne dich zu einem meiner Unterführer - und zu meinem Stellvertreter."

    Tanred öffnete den Mund um etwas zu entgegnen, aber es wollte ihm nichts darauf einfallen. Unterführer? Er hatte doch keine Ahnung wie man Truppen im Kampf führte... Wobei diese Art von Erfahrung vermutlich Andels anderen Unterführern Notger und Runstan auch fremd war... Vielleicht hatten sie sogar mal als Fußsoldaten für ihren Ritter gedient, aber wie die meisten waren sie wohl eigentlich Schäfer, Bauern oder Handwerker und keine Krieger...

    Und natürlich hatte Andel keine Wahl... Für ihn und die anderen war er ja nicht einfach nur Tanred, sondern Kerrin, der Prinz im Exil. Kerrin konnte nicht einfach wie ein gemeiner Soldat in der Schlachtreihe stehen, er mußte als Anführer gesehen werden...

    Andel sah ihn immer noch an, und Tanred realisierte daß der Ritter auf irgend eine Antwort von ihm wartete.

    "Ich...", sagte er hastig. "Ich fühle mich geehrt."

    Der Ritter musterte ihn einen Moment lang prüfend, schien die Sache dann aber auf sich beruhen zu lassen. Einen Moment später erreichten sie ein großes Zelt in dem Felle als Sitzgelegenheiten und eine Truhe in der Mitte als Tisch dienten. Auf einem Ständer dahinter war Andels Rüstung ausgebreitet - ein glänzender Helm, ein roter Waffenrock, dann ein Kettenhemd, Arm- und Beinschienen und am Ende der Wappenschild.

    Notger, Runstan und Sigrun saßen schon auf den Fellen und blickten auf als die beiden eintraten. Die beiden Männer nickten ihm kurz zu, die junge Frau lächelte ihn scheu an als er sich zu ihnen setzte.

    "Die Situation ist die...", begann Andel ohne viel Vorrede. "Wir haben über die letzten Wochen zwischen hier und der Grenze zu Kerst jede Menge Unruhen hinterlassen. Nicht nur die Angriffe auf Posten an den Straßen oder in Dörfern, sondern auch der Aufruhr in der Bevölkerung. Edred hat inzwischen davon Nachricht bekommen - und er muß irgendwie darauf reagieren."

    Alle nickten zustimmend. Tanred hatte eine gute Ahnung wie der Aufruhr in der Bevölkerung zustande gekommen sein mußte, und daß Vindric und Andel Angriffe aus dem Hinterhalt gegen die Garde geführt hatte wußte er auch. Der Thronräuber konnte das nicht einfach auf sich beruhen lassen.

    "Graf Sigwulf glaubt", fuhr Andel fort, ünd ich stimme ihm da zu, daß die Garnison von Terred zu klein ist um eine Truppe gegen uns auszusenden. Terred ist nicht unter direkter Kontrolle der Garde, sondern wird noch vom Stadtrat verwaltet. Also müss die Garde Truppen von weiter her heranbringen - vermutlich aus Erbor oder sogar Tarn. Von dort können ein paar Hundertschaften losmarschieren. Edred wird keine Probleme haben, diese Soldaten zu versorgen, sie können die alte Handelsstraße entlang marschieren und sich in Terred neue Vorräte holen. Und das bedeutet daß sie in ein bis zwei Wochen hier sein werden. "

    Notger und Runstan warfen sich einen besorgten Blick zu.

    "Wenn sie kommen, dann werden sie statt kleinen Trupps die aus dem Hinterhalt zuschlagen eine organisierte Truppe vorfinden - größer als sie erwarten. Aber sie haben wenig Wahl - wenn sie Gondred nicht das Schauspiel bieten wollen daß sich die Garde kampflos in die Sicherheit von Terreds Mauern flüchtet, dann werden sie kämpfen müssen. Sie werden ohnehin denken daß ihre Ausbildung und Erfahrung ihnen am Ende den Sieg bringen wird. Unsere Aufgabe ist, dafür zu sorgen daß es nicht so weit kommt. Und meine spezielle Aufgabe ist es, das Fußvolk im Zentrum zu befehligen. Eure wird sein, das Zentrum zu halten."

    Runstan kratzte sich an seinem grauen Bart. Er sah alles andere als glücklich aus.

    "Gegen die Garde, in einer offenen Schlacht?", fragte er zweifelnd. "Wenn die meisten von unseren Jungs zum ersten Mal eine Waffe in der Hand halten? Was, wenn wir diese Schlacht verlieren?"

    "Wir haben keine Wahl", antwortete Andel ernst. "Wir können Gondred nicht aus dem Hinterhalt befreien, und wir können es nicht alleine tun. Wir brauchen Ritter aus Edreds Gebiet die sich uns anschließen - aber das werden sie nur tun wenn sie sehen daß wir eine Chance haben. Daß wir in der Lage sind, Schlachten zu gewinnen. Und dazu müssen wir die Garde schlagen, hier und jetzt. Wir müssen zeigen daß sie nicht unbesiegbar sind. Das ist unsere einzige Chance. Und es gibt keinen Grund den Mut zu verlieren - wir haben Graf Sigwulf, einen der besten Anführer dieser Generation. Wir haben Bogenschützen aus Eibenhag und Eschgeir, wir haben eine halbe Hundertschaft Berittene, wir haben die Überraschung auf unserer Seite. Und wir wissen wofür wir kämpfen."

    "Das ist alles schön und gut...", brummte Runstan. "Aber wie sollen wir mit Männern die grade lernen einen Speer zu halten und nicht mal Rüstung haben eine Schlachtreihe gegen erfahrene Soldaten halten? Ich bin vor sechs Jahren mit meinem Herrn im Krieg gewesen und in so einer Reihe gestanden - zu wissen wofür man kämpft ist das eine, aber wenn's hart auf hart kommt?"

    "Wir müssen im Zentrum nicht gewinnen", entgegnete Andel. "Alles was wir tun müssen ist die Reihe ein paar Minuten zu halten - so lange bis die Reiterei und die Bogenschützen eingreifen können. Nur das ist unsere Aufgabe, und das ist es, was wir in den nächsten Tagen üben müssen - wieder und wieder."

    "Ein paar Minuten die Reihe halten?", fragte Runstan. "Wenn alles andere klappt, dann ist das vielleicht machbar. Vielleicht..."

    "Verdammt, Runstan - ich habe nicht Jahre drauf gewartet gegen diese Bastarde zu ziehen um jetzt die Hosen voll zu haben", mischte sich zu Tanreds Überraschung der gedrungene Notger ein. "Und ich bin bestimmt nicht der einzige. Es ist ein verdammter Unterschied ob der Herr seinen Knecht in eine Schlacht kommandiert, oder ob sich jemand freiwillig in den Kampf stürzt! Mach' die Jungs nicht schlechter als sie sind - wir können eine Reihe halten wenn wir müssen! Und Andel hat uns klar genug gemacht daß wir müssen!"

  • Also dass Tanred auf einmal Unterführer sein soll, ist unerwartet und erscheint mir ... verfrüht. Ja, er hat eine sehr gute Ausbildung durchlaufen und ja, er hat Kampferfahrung, und ja, er musste früh erwachsen werden und wie ein Erwachsener denken und handeln, aber er ist schon arg jung und Andels Männer ... Hm, okay, andererseits sind das nur Bauern, die kurz mal eben ein bisschen Training bekommen und deshalb von den Kampfqualitäten nicht an Tanred heranreichen. Von daher macht es auch wieder Sinn. Trotzdem, Andel muss schon sehr verzweifelt sein, um Tanred, der *rechnet kurz nach* vielleicht drei oder vier Kämpfe hinter sich hat, zum Unterführer zu machen. Mal sehen, ob er sich bewährt.

    Das andere, was mich auch ein bisschen gewundert hat, war die Reaktion auf die von Andel angekündigte Begegnung mit Edreds Männern. Also kein kleines Scharmützel, sondern diesmal muss alles gegeben werden, was zur Verfügung steht. In einer offenen Schlacht gegen die Schwarze Garde. Hier finde ich die Überraschung ein wenig befremdlich, zumal Runstan als einer der Ritter ja von Anfang an gewusst haben müsste, auf was das Ganze hinausläuft. Ich weiß nicht, wieso er erst jetzt seine Bedenken äußert. Oder war er von Anfang an der Pessimistische? Wenn, dann habe ich das nicht herauslesen können.

    Aber natürlich verstehe ich die Bedenken, denn die zusammengetrommelten Bauern gegen ein paar Hundertschaften - das ist mal ne Hausnummer. Aber Hallo. Auch wenn sie nur ein paar Minuten eine Reihe halten müssen.

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
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    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

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  • Trotzdem, Andel muss schon sehr verzweifelt sein, um Tanred, der *rechnet kurz nach* vielleicht drei oder vier Kämpfe hinter sich hat, zum Unterführer zu machen.

    Ich denke der wesentliche Punkt hier ist dass Kerrin gesehen werden muss wie er ein Kommando fuehrt. Die ganze 'verlorene Prinz' Geschichte funktioniert einfach nicht wenn Tanred wie jeder andere behandelt wird.

    Hier finde ich die Überraschung ein wenig befremdlich, zumal Runstan als einer der Ritter ja von Anfang an gewusst haben müsste, auf was das Ganze hinausläuft.

    Weder Runstan noch Notger sind Ritter - bei der ersten Begegnung haelt Tanred Runstan fuer einen Schaefer und Notger fuer einen Schmied, tatsaechlich ist Runstan ein altgedienter Fusssoldat. Die sind nicht in Perrens eingeweihtem Zirkel... und waren vermutlich eher der Ueberzeugung einen Krieg aus dem Hinterhalt zu fuehren.

    (Es ist uebrigends kein Zufall dass Runstan als Veteran mit Tanred zusammenarbeiten soll...)

    Aber natürlich verstehe ich die Bedenken, denn die zusammengetrommelten Bauern gegen ein paar Hundertschaften - das ist mal ne Hausnummer.

    Also, es sind schon bald schon ein paar tausend zusammengetrommelte Bauern... ab diesem Kapitel ist das kein kleiner Trupp mehr.

  • Ich denke der wesentliche Punkt hier ist dass Kerrin gesehen werden muss wie er ein Kommando fuehrt. Die ganze 'verlorene Prinz' Geschichte funktioniert einfach nicht wenn Tanred wie jeder andere behandelt wird.

    Gut. Das lasse ich als Grund gelten, aber da poppt in meinem Kopf sofort wieder die Frage auf: Wie soll diese Scharade enden? Tanred ist nicht Kerrin und auch wenn er momentan die Gallionsfigur des Bauernaufstandes des Widerstandes gegen den Thronräuber ist - das wird ihn nicht zu Kerrin machen. Ich bin schon sehr gespannt, welches Schicksal du für ihn bereit hältst. Im Moment ist noch alles offen.

    Weder Runstan noch Notger sind Ritter

    Okay, das hatte ich dann falsch im Kopf. Dann streich das.

    Also, es sind schon bald schon ein paar tausend zusammengetrommelte Bauern... ab diesem Kapitel ist das kein kleiner Trupp mehr.

    Vielleicht solltest du irgendwo diskret eine kleine Mengenangabe einfügen? So viele hatte ich nicht erwartet, auch wenn du das Heerlager als groß beschrieben hast.

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

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  • Gut. Das lasse ich als Grund gelten, aber da poppt in meinem Kopf sofort wieder die Frage auf: Wie soll diese Scharade enden? Tanred ist nicht Kerrin

    Ja, wir hatten das Thema ja schon. Ich weiß nicht, ob ich einen der Unterführer für Kerrin halten würde, wenn er nicht als Kerrin vorgestellt wird und ich auch nicht weiß, wie Kerrin aussieht. Ich denke, eher nicht. Da müsste schon jemand Gerüchte oder Behauptungen in diese Richtung streuen. Ich meine, Kerrin ist ja dann, eigentlich, der Prinz und der Anführer des gesamten Aufstandes. Nicht einer der Unterführer. Oder es geht hier darum, dass er Erfahrung im Anführen sammeln soll, weil es geplant ist, dass er irgendwann tatsächlich als Heerführer Kerrin auftreten soll.

    Bleibt für mich dennoch die Frage, ob sich die Truppe nicht verschaukelt fühlt, wenn der Betrug herauskommt. Schließlich geht es ja um die Wiederherstellung des "rechtmäßigen" Königreiches. Es ist schon etwas schwierig, wenn in dem edlen Ziel ein Betrug enthalten ist. Sie werden ja möglicherweise sogar gegen die Königsmutter kämpfen müssen, die sich ja auf die feindliche Seite gestellt hat.

    Vielleicht solltest du irgendwo diskret eine kleine Mengenangabe einfügen? So viele hatte ich nicht erwartet, auch wenn du das Heerlager als groß beschrieben hast.

    Ja, ging mir auch so. Ich dachte, dass sie inzwischen so hundert Leute haben, was ja auch schon viel wäre im Vergleich zu vorher.

    Meine Geschichten: * Meermädchen * Kriegerkönigin * Dark Prince

  • aber da poppt in meinem Kopf sofort wieder die Frage auf: Wie soll diese Scharade enden?

    Ich finde es schon spannend wie sehr Dir diese Frage im Kopf rumspukt (ich habe - wenn Tanred spaeter mal eine Ruhephase bekommt - einen laengeren Abschnitt eingefuegt wo er selber ueber die Frage nachzudenken beginnt - das ist fuer Deine Begriffe offenbar spaet, aber vielleicht koennen wir uns nach Teil 2 mal drueber unterhalten wie das in der Gesamtschau wirkt?)

    Fuer meine Begriffe von Taktik (auf denen Perren basiert :blush:) ist das Endspiel momentan einfach keine relevante Frage. Zu weit entfernt. Bei einem Schachspiel waeren wir bei den Eroeffnungszuegen - da plant noch keiner das Mittelspiel oder wie man Matt setzt, es geht jetzt darum einen Vorteil zu bekommen den man spaeter verwenden kann. Also - Perren hat keinen Plan wie die Scharade enden soll - er macht sich Gedanken drueber wenn es so weit ist - er hat ein paar Ideen was passieren kann, aber das ist alles.

    Ich weiß nicht, ob ich einen der Unterführer für Kerrin halten würde, wenn er nicht als Kerrin vorgestellt wird und ich auch nicht weiß, wie Kerrin aussieht. Ich denke, eher nicht. Da müsste schon jemand Gerüchte oder Behauptungen in diese Richtung streuen.

    Ah - genau. Jemand muesste Geruechte streuen. Zum Beispiel ein Trupp Gaukler der abends Musik macht und der weiss (weil er instruiert worden ist) dass Tanred als der 'Prinz im Exil' zu behandeln ist.:)

    Vielleicht solltest du irgendwo diskret eine kleine Mengenangabe einfügen?

    Ja, ging mir auch so. Ich dachte, dass sie inzwischen so hundert Leute haben, was ja auch schon viel wäre im Vergleich zu vorher.

    Ich hab' grade nochmal geschaut - die ist eigentlich drin, der Text wo sie ins Heerlager reiten hat den Satz

    Bestimmt mehrere hundert Bewaffnete waren zu erkennen.

    Und das ist Tanreds erster Eindruck - spaeter wird Perren noch genauere Zahlen nennen. Muss das hier noch deutlicher werden? Ich wollte eher vage bleiben weil Tanred ja grosse Zahlen nicht so richtig akkurat schaetzen koennen und lieber mit 'Reihen um Reihen von Zelten' und 'Gewimmel' beschreiben... aber wenn ihr beide den Eindruck habt dass da zu wenig Menge beschrieben wird... ?(

  • Und das ist Tanreds erster Eindruck - spaeter wird Perren noch genauere Zahlen nennen. Muss das hier noch deutlicher werden?

    Unter "mehrere hundert" stelle ich mir ungefähr dreihundert vor. Nicht tausend. Tausend Leute würden schon nach einer irgendwie enormen Menge aussehen. Ich meine, die Beschreibung klingt nicht danach.

    Meine Geschichten: * Meermädchen * Kriegerkönigin * Dark Prince

  • Tausend Leute würden schon nach einer irgendwie enormen Menge aussehen

    Echt?

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    Ich wuerde die Zahl vermutlich drastisch unterschaetzen, so wahnsinnig viel sieht das fuer meine Begriffe nicht aus... so ein bisschen ein Lager bevoelkern koennten die schon, aber richtig viel macht das noch nicht her.)

    (Nach ein paar Minuten Recherche und https://blog.lime.link/visualizing-crowd-sizes/ - ich finde die Frage echt nicht ohne und interessant wie man groessere Mengen an Menschen wahrnimmt - bin grade etwas fasziniert von der Frage...)

    Story-intern kommen immer noch Rekruten und Soldaten an im Lauf der naechsten Tage - Perren wird zur Schlacht 2000 Fusssoldaten haben.

  • Es kann sein, dass man das in der Realität unterschätzt. Aber ich denke, es bringt dir nichts, wenn es zwar realistisch wäre, das zu unterschätzen, aber der Leser damit sich ein falsches Bild macht und sich dann wundert. Als Leserin denke ich halt nicht "tausend Leute sehen in real eigentlich viel weniger aus" (:schiefguck:)

    Ich denke auch, in einem Lager würden die tausend Leute ja nicht alle so eng auf einem Haufen stehen. Das würde sich dann schon weiter auseinander verteilen und damit auch größer aussehen.

    Meine Geschichten: * Meermädchen * Kriegerkönigin * Dark Prince

  • Tanred musterte die Männer die er in den Kampf führen sollte. Insgesamt war es fast eine halbe Hundertschaft, alle mit runden Holzschilden und Speeren ausgestattet, aber das war schon fast alles was sie gemeinsam hatten. Manche standen breitbeinig da als könnten sie es nicht erwarten in die Schlacht zu ziehen, andere blickten eher nervös oder zweifelnd. Nur wenige trugen irgend eine Form von Rüstung - und was es davon gab waren meistens lederne Westen die nur mit Glück einen Schwerthieb auffangen würden. Dolche an den Gürteln waren die Regel, die meisten hatten auch noch eine Axt oder ein Handbeil als Waffe zur Verfügung, kaum jemand besaß ein Schwert.

    Runstan hatte Recht - mit diesen Männern eine Schlachtreihe gegen die Schwarze Garde zu halten würde nicht einfach werden... Vorsichtig ausgedrückt...

    Er holte tief Luft und hielt dann inne. Wie übte man mit solchen Soldaten in der Schlachtreihe zu kämpfen? Alfrec hatte ihm die Theorie auseinandergesetzt und ein paar Stunden mit ihm trainiert, aber das machte ihn nicht zu einem kompetenten Anführer.

    Aber - einen Falken mußte man eben abrichten bevor man ihn alleine fliegen lassen konnte... Bevor er diesen Männern irgend etwas beibringen konnte, mußten sie ihn erst als Anführer akzeptieren. Und wieso sollten sie das? Er war jünger als die meisten von ihnen, einige der älteren würden schon Schlachten gesehen haben - natürlich würden sie seinen Anweisungen folgen, aber würden sie ihm wirklich vertrauen? So weit vertrauen daß sie seine Befehle auch dann befolgten wenn es wirklich drauf ankam?

    Verdammt, irgendwas mußte er ihnen jetzt sagen...

    "Ich bin Tanred...", begann er vorsichtig. Am liebsten hätte er sich auf die Zunge gebissen - das war kein besonders guter Einstieg...

    "Der Tanred von dem man sich im Lager erzählt?", fragte ein schwarzhaariger Mann der vom Alter her sein Vater sein können.

    "Und du bist?", fragte Tanred zurück. Er war sich ziemlich sicher, daß Soldaten ihren Anführer nicht einfach unterbrechen sollten.

    "Okwin", entgegnete der Mann.

    "Nun, Okwin, das kommt vermutlich drauf an was für Geschichten man sich erzählt."

    Auf hatte er die gespannte Aufmerksamkeit der ganzen Reihe, Blicke wanderten zwischen Tanred und Okwin hin und her.

    "Daß du alleine, ohne Rüstung oder Schild, nur mit dem Schwert auf drei der Schwarzen losgegangen bist - und sie förmlich niedergemacht hast", sagte Okwin. "Das erzählt man sich am Feuer über Tanred. Das sagen die, die beim Angriff auf die Wagen Edreds dabei waren. Stimmt es?"

    Tanred dachte an den Morgen zurück, an den Lärm und das Chaos, an die Soldaten die durch den Farn die Böschung hinauf gestürmt waren. Er war nicht ohne Rüstung gewesen, er hatte seinen Waffenrock getragen. Und einer der Soldaten war von einem Bolzen getötet worden... Aber was für eine Rolle spielte das eigentlich?

    "Ja, ich bin der Tanred", sagte er entschlossen. Ädons Geschenke wies man nicht zurück, wenn diese Geschichte ihm nun mal helfen konnte - wer war er, die Kleinigkeiten daran richtig zu stellen? Wissende Blicke wurden in der Reiheausgetauscht, Nachbarn flüsterten und man sah ihn mit ganz neuem Respekt an.

    "Und ich bin hier um euch zu zeigen, wie ihr in einer Schlachtreihe mit einem Schildwall kämpfen könnt!", fügte er hinzu.

    Na also, das war leichter als erwartet gewesen...

  • Hey Thorsten

    So, ich bin inzwischen tatsächlich bis zum Ende von Teil 1 gekommen, deswegen dachte ich, lasse ich mal ein kurzes Feedback da :)

    Die Zeit im Kloster hast du sehr schön beschrieben. Ich konnte mich da wirklich gut reinfinden und es hat Spaß gemacht, Tanred hier zu begleiten. Cool fand ich die Gespräche mit diesem Vater Estaran, der hinter einer der Klostarwände eingemauert war. (Irgendwie spooky, aber deshalb wahrscheinlich umso einprägsamer) Am Ende fühlte ich mich wahrscheinlich genauso überrumpelt, wie Tanred, als er da mitten in der Nacht von Perren abgeholt wird. Ich fand es zugegeben etwas merkwürdig, dass dieser Tanred nach der langen Zeit jetzt direkt der Gefahr eines Kampfes aussetzt. Aber es wurde ja zwischendurch sehr deutlich gemacht, dass spätestens nach dem ersten heftigen Schneefall die Straßen unpassierbar sein würden und deshalb konnte Perren den Zeitpunkt wohl nicht optimal timen. Vor allem nicht, nachdem, was sich in der Zwischenzeit ja alles zugetragen hatte.

    Den Kampf zwischen Tanred, Perren und den vier Soldaten (ich glaube, es waren vier) hast du super beschrieben. Ich habe ganz schön mit Tanred gelitten und ich konnte seine Gedanken so gut nachvollziehen. Im Grunde hätte er hier seinen Tod finden können, wenn Perren ihn nicht am Ende gerettet hätte. Perren-die Kampfmaschine-der es mal eben mit drei Soldaten aufnimmt. Aber die Erklärung dazu fand ich plausbibel, weshalb ich dir das abgenommen habe.

    Die anfängliche Distanziertheit, als Tanred wieder zurück zu der Gruppe kommt, finde ich nachvollziehbar. Dass Arngard keine Luftsprünge macht, wo er ja Monate weg war und erst mal abwartet, fand ich insofern auch in Ordnung. Ihre Geschichte hingegen hat mich nicht so ganz zu 100% überzeugt. Vor allem haben mir da ein paar Gedanken von Tanred gefehlt a la: Was macht sie erst mit mir, wenn sie herausfindet, dass ich sie ebenfalls hintergehe??? Jemandem im Schlaf die Kehle durchzuschneiden...joah...ich finde, da gehört schon was dazu. :hmm: Aber gut. Es ist ein raues Land und raue Zeiten. :pardon:

    Zu der Vision, die Tanred dann hat und wegen welcher Perren beschließt, das Lager abzuschlagen und vorzeitig aufzubrechen: Vielleicht kommt da ja noch was, aber ich hätte einen kleinen Hinweis ganz cool gefunden, ob sich das letztlich als wahr erweist, was er gesehen hat.

    Tja, und dann zuletzt die Stadt Kerst, die Trainingsstunden bei Alfrec, dem königlichen Waffenmeister. Die Lehrstunden waren auch für mich sehr lehrreich :rofl:, was mitunter daran liegt, dass du das mit deinem Wissen und deinen Erfahrungen aus eigenen Trainingstunden natürlich super beschreiben und oendrein noch ein paar Fachbegriffe einfließen lassen kannst.

    Der Cliffhanger am Ende, als Tanred erfährt, dass Prinz Kerrin womöglich gar nicht mehr lebt, das war schon geschickt inszeniert. Wenn ich ehrlich in, ich hätte das wahrscheinllich nicht kommen sehen aber ich bin auch nicht besonders gut darin, Hinweise zu finden und diese zu deuten. Was aber ganz klar ist: Die gesamte Geschichte wird ja von Beginn an von dieser Stimmung getragen, dass hinter der nächsten Ecke eine unerwartete Überraschung ans Licht kommt oder sich etwas als ganz anders erweist, als man es bisher gedacht hat... sicher wirkt das auch noch einmal anders, wenn man das alles am Stück liest, was ich ja nicht gemacht habe. Aber insgesamtz ist dir das schon recht gut gelungen, finde ich.

    Ich bleibe in jedem Fall sehr gespannt, wie sich das alles weiterentwickeln wird. Vor allem interessiert mich, wie Tanred sich nun positionieren wird, in erster Linie gegenüber Perren. Es wäre in der Tat gut, wenn er anfangen würde, sich mal ein paar eigene Gedanken zu machen und seine Zurückhaltung ein Stück weit abzulegen. :hmm:

    Also denn... dann starte ich mal mit dem nächsten Teil :D

  • Hallo Rainbow , dein Kommentar hier freut mich grade sehr - weil, auch die Dinge die Du anmerkst zeigen mir dass ich da was interessantes geschafft habe :)

    Irgendwie spooky, aber deshalb wahrscheinlich umso einprägsamer)

    Das gab's im Mittelalter uebrigends tatsaechlich dass Asketen eingemauert gelebt haben.

    Ich fand es zugegeben etwas merkwürdig, dass dieser Tanred nach der langen Zeit jetzt direkt der Gefahr eines Kampfes aussetzt. Aber es wurde ja zwischendurch sehr deutlich gemacht, dass spätestens nach dem ersten heftigen Schneefall die Straßen unpassierbar sein würden und deshalb konnte Perren den Zeitpunkt wohl nicht optimal timen. Vor allem nicht, nachdem, was sich in der Zwischenzeit ja alles zugetragen hatte.

    Das ist so eine Kette von Geschehnissen die man sich als Leser im Nachhinein zusammenreimen muss - zu Beginn von Teil 2 wird da mehr Hintergrund gegeben wie die Soldaten eigentlich wissen koennen wo Perren ist und warum das alles genau da und dann passiert. Ich kann jedenfalls versprechen dass es sinnvoll ausgearbeitet ist - und Perren und Tanred halt nur das davon sehen was sie sehen koennen.:)

    hre Geschichte hingegen hat mich nicht so ganz zu 100% überzeugt. Vor allem haben mir da ein paar Gedanken von Tanred gefehlt a la: Was macht sie erst mit mir, wenn sie herausfindet, dass ich sie ebenfalls hintergehe??? Jemandem im Schlaf die Kehle durchzuschneiden...joah...ich finde, da gehört schon was dazu.

    Hm...

    Der eine Punkt den die Geschichte von Arngard deutlich machen sollte ist, dass sie keine besonders stabile Persoenlichkeit ist. Sie faellt oft von einem Extrem ins andere, ohne viele Grautoene dazu - und das sieht man eigentlich immer wieder in der Geschichte.

    Das andere, was Tanreds Gedanken angeht... Einmal versteht er, dass der Punkt am Kehle durchschneiden nicht das Hintergehen ist, sondern

    Zitat von Arngard

    Er hat Ädonsmänner getötet, Tan - nicht einmal oder zweimal, sondern Dutzende... Mit meiner Hilfe...

    Also, er hat sie dazu gebracht eine Todsuende zu begehen und ihre unsterbliche Seele zu riskieren. Das ist ein Punkt der einem modernen Leser vermutlich nicht so wahnsinnig einleuchtet - aber fuer Tanred und Arngard ist er offensichtlich (und gehoert zu dem Mission-Statement der Geschichte - die Protagonisten sehen ihre Religion nicht als Folklore sondern nehmen sie ernst).

    Deswegen ist Arngard bereit einen Mord zu begehen. Tanred weiss, dass er nichts dergleichen gemacht hat (muss das schaerfer rausgearbeitet werden? )

    Das Kapitel endet hier und im naechsten tut er so als sei nichts dergleichen gewesen - mit anderen Worten, er verdraengt eben die unangenehme Wahrheit dass Arngard wohl alles andere als gluecklich darueber sein wird wenn sie erfahrt dass sie - wieder - von der Truppe belogen wird.

    Und in Teil 2 kannst Du dann lesen wie die Sache ausgeht...

    Ich hatte das Ignorieren des Problems im Text eigentlich fuer ein ganz gutes Mittel gehalten diese Verdraengung literarisch darzustellen - wuerdest Du den Punkt mit seinen Gedanken expliziter bringen? (Du hast normalerweise ein sehr gutes Gespuer fuer das Schreiben von zwischenmenschlichem...:) )

    Zu der Vision, die Tanred dann hat und wegen welcher Perren beschließt, das Lager abzuschlagen und vorzeitig aufzubrechen: Vielleicht kommt da ja noch was, aber ich hätte einen kleinen Hinweis ganz cool gefunden, ob sich das letztlich als wahr erweist, was er gesehen hat.

    Die Szene mit der Vision kam beim Schreiben auf, und mir war intuitiv klar dass es keinen solchen Hinweis geben darf:P

    Im Endeffekt ist es ein Spiel auf der Meta-Ebene - wie haeltst Du, lieber Leser, es denn mit dem Glauben?

    Es ist eine Fantasy-Welt, es gab schon Szenen aus denen hervorgeht dass Magie in der Welt real ist und kein Betrug, Maldua und Estaran scheinen beide etwas in Tanred zu sehen - und jetzt hat er eine Vision und handelt danach. Reicht das um zu glauben - wie er es tut - dass die Vision real genug ist - oder brauchst Du einen Beweis?

    Dein Kommentar hier freut mich sehr:danke: - weil er einfach diese Wasserscheide zwischen einem modernen und einem mittelalterlich angehauchten Mindset deutlich zum Vorschein bringt.

    Es wäre in der Tat gut, wenn er anfangen würde, sich mal ein paar eigene Gedanken zu machen und seine Zurückhaltung ein Stück weit abzulegen. :hmm:

    Ja, das hatte Tariq auch immer wieder angemerkt und im Manuskript von Teil 2 ist da jetzt auch eine laengere Passage reingekommen die im Forumstext noch nicht ist.

    Wobei Tanreds Antwort eben am Ende halt auch ist Es liegt alles in Ädons Hand - er ist eher bereit Dinge zu akzeptieren als moderne Menschen...:saint:

  • Das gab's im Mittelalter uebrigends tatsaechlich dass Asketen eingemauert gelebt haben.

    Ja. Das hab ich mir schon gedacht und das macht es irgendwie NOCH spookiger.

    Ich kann jedenfalls versprechen dass es sinnvoll ausgearbeitet ist - und Perren und Tanred halt nur das davon sehen was sie sehen koennen

    Davon würde ich bei dir jetzt auch erst mal ausgehen :)

    Hm...

    Der eine Punkt den die Geschichte von Arngard deutlich machen sollte ist, dass sie keine besonders stabile Persoenlichkeit ist. Sie faellt oft von einem Extrem ins andere, ohne viele Grautoene dazu - und das sieht man eigentlich immer wieder in der Geschichte.

    Das hinterfrage ich auch nicht. Ihre Persönlichkeit ist wie sie ist ...

    Ich hatte das Ignorieren des Problems im Text eigentlich fuer ein ganz gutes Mittel gehalten diese Verdraengung literarisch darzustellen - wuerdest Du den Punkt mit seinen Gedanken expliziter bringen? (Du hast normalerweise ein sehr gutes Gespuer fuer das Schreiben von zwischenmenschlichem... :)

    Ich finde, damit traust du dem Leser schon ganz schön viel zu. Das mit dem Weglassen von Informationen ist halt immer so eine Sache. Man kann es jetzt als "authentische Verdrängung" verstehen, weil Tanred eben einfach nicht mehr darüber nachdenkt, man kann es aber im schlimmsten Fall auch als ( Entschuldigung, das klingt jetzt härter als beabsichtigt) vom Autor schlampig ausgearbeit wahrnehmen. Oder es ruft einfach eine Irritation beim Lesen hervor, weil man vielleicht gerade nicht so pfiffig ist und deine Intention auf Anhieb versteht.

    Auch das hier:

    Also, er hat sie dazu gebracht eine Todsuende zu begehen und ihre unsterbliche Seele zu riskieren. Das ist ein Punkt der einem modernen Leser vermutlich nicht so wahnsinnig einleuchtet - aber fuer Tanred und Arngard ist er offensichtlich (und gehoert zu dem Mission-Statement der Geschichte - die Protagonisten sehen ihre Religion nicht als Folklore sondern nehmen sie ernst).

    Deswegen ist Arngard bereit einen Mord zu begehen. Tanred weiss, dass er nichts dergleichen gemacht hat (muss das schaerfer rausgearbeitet werden? )

    So, wie du das erklärst, finde ich es nachvollziehbar. Scheinbar hatte ich die religiöse Einstellung der beiden in dem Moment aber nicht auf dem Schirm und bin, wie du schon sagst, mit meinem "modernen Maßstab" da rangegangen. Vielleicht liegt das daran, dass ich derartige Geschichten für gewöhnlich nicht lese und deshalb relativ ungeübt darin bin, diese Transferleistung zu erbringen. Aber für mich hätte es demnach nicht geschadet, wenn da noch ein oder zwei Sätzchen zu gefallen wären...vielleicht auch einfach ein kurzer Gedanke von Tan, um sein Verständnis für Arngards Situation zu verdeutlichen... So nach dem Motto: Oh mein Gott...ihr Seelenleben! Kein Wunder, dass sie so ausgetillt ist (oder so ähnlich :D)

    Die Szene mit der Vision kam beim Schreiben auf, und mir war intuitiv klar dass es keinen solchen Hinweis geben darf :P

    Im Endeffekt ist es ein Spiel auf der Meta-Ebene - wie haeltst Du, lieber Leser, es denn mit dem Glauben?

    Ja, ich verstehe deinen Punkt. Aber ich schätze, damit verhält es sich ein bisschen ähnlich wie mit dem oben genannten Punkt. Wie viel Vertrauen kannst du in den Leser setzen? Kapiert der deine Beweggründe? Versteht er sie so, wie sie von dir beabsichtigt sind? In gewisser Weise weckt diese Vision eine Erwartung...zumindest schwebt dieser Punkt jetzt die ganze Zeit über noch so im Raum...das einfach nicht mehr zu erwähnen, macht es für mich irgendwie unbefriedigend. Es muss nicht unbedingt aufgelöst werden, ob die Vision echt war...aber es würde mir schon reichen, wenn der Gedanke später noch einmal aufgegriffen würde. Vielleicht könnte man das auch in Zusammenhang mit dem "Glauben" an bestimmte Dinge verknüpfen. So, wie du das hier gerade erklärt hast, könntest du es in der Geschichte vielleicht auch tun...an einer Stelle, die sich dafür eignet, versteht sich :) (nur so eine Idee)

  • Oder es ruft einfach eine Irritation beim Lesen hervor, weil man vielleicht gerade nicht so pfiffig ist und deine Intention auf Anhieb versteht.

    Ja, das ist mir nicht wichtig genug um zu irritieren...

    Es ist insofern ein bisschen knifflig weil ich den Paukenschlag mit ihrer Geschichte am Kapitelende eigentlich ganz gut finde - aber das naechste Kapitel dann eben einen Zeitsprung macht - so dass die Zeit in der Tanred diese Gedankien haben wuerde halt im off ist :(

    (Das ist das gleiche Problem zwischen Teil 1 und 2 wo Perren mit einem Paukenschlag endet, Teil 2 aber mehrere Monate spaeter beginnt und Tanreds Reaktion im off stattfindet)

    Muss ich mal gruebeln wie ich das hier loese...

    Aber für mich hätte es demnach nicht geschadet, wenn da noch ein oder zwei Sätzchen zu gefallen wären...

    Ja, das sollte da dann offensichtlich rein.

    Deshalb ist es ja gut Eindruecke zu bekommen :)

    Wie viel Vertrauen kannst du in den Leser setzen? Kapiert der deine Beweggründe?

    Anders als oben ist mir diese Irritation fuer die Geschichte tatsaechlich sehr wichtig. Ich denke der Leser muss das nicht unbedingt in der Analyse kapieren damit die Stelle wirkt - sondern Tanred spuert ja auch Zweifel ob er sich was vormacht - handelt aber trotzdem - und der Leser darf den Zweifel ob er sich was vorgemacht hat weiter spueren.

    Ich kann's nicht genau erklaeren... Du wuenscht Dir hier Bestaetigung - das zieht sich vermutlich durch die meisten Propheten durch, in der Bibel kommen viele Stellen wo jemand doch noch ein Zeichen moechte dass er sich das nicht alles eingebildet hat.


    ***

    "`Vorwärts!"', brüllte Tanred und die beiden Schlachtreihen krachten ineinander. Schilde schlugen gegen Schilde, Soldaten stemmten sich fest in den Boden und drückten nach vorne, stumpfe Speere und lange Äxte versuchten aus der zweiten Reihe Treffer zu setzen. Wildes Geschrei, der Klang von Holz auf Holz und von Stahl auf Stahl schallte über das Feld, dessen junge Saat unter den Füßen der Männer zertreten wurde. Leichter Nieselregen fiel von einem grau verhangenen Himmel und durchweichte alles.

    Es war nicht das erste Training, das Tanreds Truppe mit stumpfen Waffen gegen Runstans oder Notgers Männer ausfocht, die letzten paar Tage waren voll von Übungen gewesen.

    Generell waren die Übungen ein mittlerer Albtraum. Sie hatten Tanred klar gezeigt, wie wenig Ahnung er wirklich vom Kriegshandwerk hatte. Allein die Männer schnell in der Schlachtreihe aufzustellen hatte ihm einiges an Kopfschmerzen bereitet. Zuerst hatte er das Prinzip 'jeder merkt sich seine Nebenmänner' versucht - bis Runstan ihn darauf hingewiesen hatte daß Männer im Krieg getötet wurden - und der Nebenmann vielleicht gar nicht mehr am Leben war. Er hatte den Ärger über sich selbst hinuntergeschluckt und die Männer Vierergruppen bilden lassen so daß jede Gruppe wußte neben welcher anderen sie stand. Das war zumindest erfolgversprechender gewesen.

    Aber damit waren die Probleme erst losgegangen...

    Wo er früher Felder, Gärten und Wiesen gesehen hatte, sah er jetzt Terrain in all seinen Spielarten. Terrain über das die Truppe in Schlachtordnung vorrücken konnte. Terrain auf dem gekämpft werden konnte. Terrain das überquert werden konnte, aber nicht in irgend einer Form von Schlachtordnung. Offenes Terrain auf dem die Männer von Bogenschützen bedroht waren und Terrain das Deckung bot. Terrain das für Fußvolk geeignet war, aber nicht für Reiterei, und Terrain auf dem Berittene einen Sturmangriff durchführen konnten.

    Eine kleine Mauer oder ein Entwässerungsgraben auf einem Feld konnten schon einen Unterschied machen, konnten einen Punkt bieten der die Flanke einer Schlachtreihe sicherte - oder sie beim Versuch vorzurücken unweigerlich in Unordnung warf. Andel tat was er konnte um seinen Unterführern dieses Wissen zu vermitteln, aber auch er hatte nur begrenzt Zeit.

    Und auch nicht die Erfahrung von Perren...

    Und so mußte Tanred vieles selber lernen, oft aus Fehlern, meistens aus Beobachtungen oder Hinweisen von Runstan, der sich als überraschend kenntnisreich erwiesen hatte. Er war schon mitten im Getümmel gestanden wenn die Reihen aufeinandertrafen, hatte erlebt wie stumpfe Pfeile und Speere in den Schildwall schlugen und war in der Reserve gewesen und hatte versucht eine Bresche zu schließen die die anderen geschlagen hatten. Aber es war ihm nur allzu schmerzhaft bewußt daß er keine wirkliche Erfahrung hatte.

    Trotzdem, diesmal schnitt seine Schlachtreihe anscheinend gar nicht so schlecht ab - anders als noch das erste Mal am Morgen... Runstans Männer hatten sie an einer Stelle zurückgeworfen so daß sich die Linie nach hinten ausbeulte, aber bisher hielt sie dem Ansturm stand. Der alte Soldat war ein harter Gegner der Tanreds Fehler in den Übungsgefechten gnadenlos ausnutzte, aber diesmal hatte er bisher noch keinen Schwachpunkt gefunden. Und seine Reihe hatte deutliche Verluste - ein steter Strom von Männern die nach einem Treffer das Feld verließen war zu sehen.

    Die meisten waren nicht wirklich verletzt, jedenfalls hoffte Tanred das. Meistens blieben die Hiebe mit den stumpfen Waffen weitgehend harmlos, aber wenn man mitten im Getümmel war, blieben blaue Flecken nicht aus. Und manchmal schlimmeres...

    Runstan winkte von hinter seiner Schlachtreihe und Tanred brüllte: "`Genug! Rückzug!"' Er nahm einen tiefen Atemzug.

    Diesmal hatten sie standgehalten.

  • Das Feuer knisterte leise vor sich hin, nur noch wenige Flammen züngelten um die Reste der Holzscheite und ab und an knackte es in der Glut. Aber die verbliebene Wärme war angenehm gegen die feuchte Kälte der Nacht. Runstan zog nachdenklich an seiner Pfeife und blies Rauchringe in die Luft, während Tanred Eintopf aus einer Schale löffelte. Nach irgend einem System hatten die Männer unter seinem Kommando Küchendienst und bereiteten warmes Essen zu, aber niemand schien von ihm zu erwarten daß er sich damit beschäftigte - was zumindest eine Abwechslung gegenüber seinem Leben als Gaukler war.

    Aus der Richtung des Dorfs konnte man die Truppe spielen hören, und für einen Moment trug der WInd auch Gelächter und Beifallrufe ins Lager. Tanred seufzte und langte nach seinem Bierkrug. Irgendwie hätte er trotz allem gerade viel drum gegeben, jetzt mit den anderen Über die Hügel spielen zu können...

    "Was schaust du so traurig?", fragte Runstan plötzlich. Irgendwie schien der Alte Tanred genau beobachtet zu haben. "Immerhin bist du noch jung..."

    Gegen seinen Willen mußte Tanred auflachen. Er mochte den grauhaarigen Soldaten irgendwie...

    "Ich hingegen...", fuhr Runstan fort nachdem er an seiner Pfeife gezogen hatte. "Ich bin zu alt für das Kriegshandwerk. Ich hätte schon vor Jahren gehen sollen... Aber 'noch eine letzte Schlacht', das ist es immer... Schon als ich mit dem Gedanken gespielt hatte eine Frau zu finden... Und dann, als Edred mit seinem Söldnerheer gekommen ist und Sigwulf uns zu den Waffen gerufen hat. Es schien damals ein guter Grund in den Krieg zu ziehen, ein letztes Mal. Und schau' mich an - jetzt bin ich sieben Winter älter und es ist noch ein letztes Mal..."

    "Sigwulf hat dich zu den Waffen gerufen?", fragte Tanred neugierig. "Ich dachte Herzog Beric hat das Heer der Königin gegen Edred befehligt?" Zumindest hatte Andel die Geschichte so erzählt.


    "Aye", entgegnete Runstan. "Aber für jemanden wie Herzog Beric wird ein Krieg nur mit Rittern geführt und eine Schlacht besteht aus einem Sturmangriff seiner gepanzerten Reiterei. Ein paar der hohen Herren mußten sich auch um das eigentliche Kriegshandwerk kümmern, damals, und einer davon war Graf Sigwulf. Verdammt feiner Anführer, der Graf. Ein gutes Auge auf die Stärken und Schwächen seiner Truppen, auch bereit Opfer zu bringen wenn es einem Ziel dient, aber nie sinnlos. Gibt mehr auf das Leben seiner Soldaten als auf Ruhm und glorreiche todesmutige Angriffe." Er nickte zu sich, in Erinnerungen verloren. "Könnte uns viel schlimmer treffen."

    "Aber wieso dachtest du damals daß es gegen Edred deine letzte Schlacht war?", fragte Tanred weiter. "Gondred hatte vorher doch Frieden?"

    Diesmal war es Runstan der auflachte.

    "Ach Junge...", sagte er, nachdem er seiner Pfeife noch mehr Rauch entlockt hatte. "Als ich in deinem Alter war, da ist König Kynwulf gegen Mindur im Süden in einen großen Krieg gezogen. Damals war ich ein Bauernsohn der zum Kriegsdienst verpflichtet wurde. Leichtes Fußvolk, von keiner großen Bedeutung, ohne Ausbildung. Aber als die Sache vorbei war, habe ich begriffen daß es ein besseres Leben sein kann als auf den Feldern... Burgherren brauchen Kriegsknechte die ihr Handwerk verstehen, die notfalls einen Trupp Bauern ausbilden können. Und ich hab' ein Talent für diese Arbeit. 'Bis genug Geld da ist', hab' ich gedacht. Aber immer wieder eine Fehde zwischen den Herzögen, immer wieder eine Belagerung, immer wieder eine letzte Schlacht... Und nie genug Geld."

    Der alte Krieger schnaubte.

    "Man sollte meinen ich hätte mehr Verstand", fuhr er fort. "Aber hier bin ich, und bringe grünen Bauernjungen immer noch das blutige Handwerk bei statt auf Enkelkinder aufzupassen."

    "Und wir sind froh drum", sagte Tanred ehrlich. "Ohne Leute wie dich und deine Erfahrung... Ich wüßte nicht wie ich die Männer in der Schlachtreihe organisieren sollte. Von wem ich das lernen sollte..."

    Runstan sah ihn für einen langen Augenblick durchdringend an, nickte dann zu sich selbst.

    "Weißt du, Tanred", sagte er, "für einen hohen Herren bist du ein verdammt feiner Bursche."

    "Ich bin kein hoher Herr", erwiederte Tanred. "Nur ein ehemaliger Gerbergehilfe."

    "Gerbergehilfe...", wiederholte Runstan amüsiert. "Wenn du das sagst..." Aber er verfolgte das Thema nicht weiter, sondern begann, seine Pfeife zu leeren.

    Tanred blickte in die Glut. Es war als ob er Kerrin spüren konnte, wie einen Mantel der um ihn lag um ihn vor den Blicken der anderen zu verbergen. Runstan sah nicht ihn, er sah einen Prinzen im Exil der sich herabließ, Nähe zum gemeinen Volk zu zeigen und den er dafür schätzte, aber von dem er glaubte daß ganz andere ihm das Kriegshandwerk beigebracht hatten. Einen Prinzen der ganz alleine drei Soldaten der Garde niedermachen konnte.

    Einen Helden der gekommen war um ihnen zu helfen.

    Zum ersten Mal begriff er wirklich, was Perren von ihm erwartete. Und es machte ihm Angst.

  • "Tanred, ich möchte daß du das von jetzt an trägst!"

    Tanred starrte Andel an der ihm ein Kettenhemd entgegenhielt. Aber nicht irgendein Kettenhemd, ganz sicher nicht das fein gearbeitete eines gondrischen Ritters, sondern die grobe Abart bei der die Ringe nicht ineinander verhakt waren sondern mit feinem Draht zusammengehalten wurden. Aus einem schwarzen Metall - in der verhaßten Farbe der Garde.

    "Das ist nicht...", begann Tanred zu widersprechen bevor er sich überhaupt im Klaren war was er sagen wollte. Aber Andel unterbrach ihn scharf.

    "Willst du auf ein Kettenhemd aus Mondsilber warten? Vielleicht noch mit einem geflügelten Helm? Und einem magischen Schwert?"

    "Nein, das ist nicht was ich meine!", protestierte Tanred. "Aber das ist ein Kettenhemd der Garde!"

    "Ja, na und? Was meinst du wie wir hier momentan an Rüstungen kommen? Wie viele Schmiede siehst du hier bei der Arbeit um das Heer auszustatten? Natürlich ist es ein Kettenhemd der Garde, aber es wird wohl deswegen kaum mit einem Fluch belegt sein. Und es hält Schwerthiebe ab - das ist alles was zählt."

    Tanred griff zögernd nach der verhaßten Rüstung. Etwas in ihm sträubte sich dagegen, das schwarze Metall auch nur anzufassen, aber sobald er seine Finger darum geschlossen hatte ließ Andel das Kettenhemd los, murmelte noch etwas, drehte sich um und ging weiter zu seinem Zelt.

    Das... Ding war unerwartet schwer in seinen Händen. Und auch wenn es ihn nicht verbrannte, es erinnerte ihn an so viel was falsch war. Daß er selbst die verfluchte Farbe der ausländischen Söldner tragen würde... das hätte er sich nie träumen lassen.

    Mißmutig breitete er die Rüstung über seinem Knie aus und starrte sie eine Weile an. Dann seufzte er und blickte um sich her ins Feldlager.

    Es war früher Morgen, leichter Nebel hing noch über den Feldern und die Sonne war knapp unter dem Horizont. Einige wenige Soldaten wärmten sich schon auf und die ersten Kochfeuer wurden für den Tag entzündet, aber noch war nicht die Zeit für das allgemeine Wecken gekommen. Nur wer in irgend einer Form ein Kommando innehatte stand gerne früher auf weil das die beste Zeit für ungestörte Besprechungen war...

    Er senkte den Blick wieder. Wie bei Pathon zog man das verdammte Ding alleine an? Probehalber versuchte er von unten hineinzukommen, mit dem Ergebnis dass das metallene Geflecht unelegant über seine Schulter rutschte.

    Kerrin und sein heldenhafter Kampf mit dem Kettenhemd... Ungefähr das was die Soldaten sehen sollten...

    "Ich kann dir damit helfen wenn du möchtest!", bot ihm eine freundliche Stimme die Rettung an.

    Sigrun trat neben ihn, griff zielstrebig nach dem Kettenhemd und breitete es mit nach oben gestreckten Armen aus.

    "Jetzt schlüpf' von unten rein!", wies sie ihn an.

    Tanred tat wie geheißen, schlängelte erst seine Arme durch die Öffnungen, dann seinen Kopf und ließ das schwere Metallgeflecht schließlich an sich herunterfallen. Sigrun zog an einer Stelle, Tanred bewegte die Schultern und schließlich steckte er in der verhaßten Rüstung.

    Das Kettenhemd war schwer und drückte auf seine Schultern.

    "Danke...", murmelte er.