- Offizieller Beitrag
Schweigen legte sich über die drei.
Levia hatte gesehen, was ihr Bruder in der Zukunft tat und an ihrem Blick konnte er erkennen, dass sie wusste, was sich bereits in seinen Gedanken zusammengebraut hatte. Wenn die Helden alle Götter schlagen würden, Levia starb, weil sie menschlich wurde, dann würde er der Letzte sein. Der letzte Gott. Destan war nicht die Art von Gott, welcher danach seine Macht ausnutzen würde. Er war die Art, die seinen Geschwistern freiwillig folgen würde.
Der Gott des Todes, hatte bereits seinen eigenen Tod vor Augen und war nicht gewillt sich davon abbringen zu lassen, aber zuvor hatte Levia noch eine Aufgabe für ihn.
„Ich brauche etwas von den Wesen aus Eona. Es ist egal, ob Blut, Haar oder einen Fingernagel“, sagte Levia. Destan und Lefistos schauten sich an und an ihren Blicken konnte man erkennen, dass keiner der beiden wirklich Lust hatte, sich unter diese Kreaturen zu begeben.
„Wenn ihr beide euch nicht einigen könnt, dann werdet auch ihr beiden gehen müssen, dass das klar ist. Die Zeit rinnt mir durch meine alternden Finger.
So begann es. Das Ende läutete laut, aber auch ein Anfang war in Sicht.
Levia wandte sich ab und fing an ein letztes Mal Göttin zu sein. Auch sie nutze Blut, aber sie mengte es unter die Erde Aonas, aus der das Wesen bestehen sollte. Lefistos sah ein, dass es seiner Herrin wichtig war, was sie dort tat und willigte ein etwas von den Monstern aus Eona zu beschaffen. Destan wusste was sie waren, denn er war daran beteiligt gewesen sie zu erschaffen. Immerhin hatte er zu den großen Fünf gehört.
„Gargoyles“, wich ihm leise über die Lippen. Wie ein Windhauch erreichte das Wort Lefistos Ohren, der sich mit fragendem Blick dem Gott des Todes zuwandte.
„Was habt ihr dort, in dieser fremden Welt, zurückgelassen?“
Destans Augen hafteten auf seiner Schwester, während er tief durchatmen musste, als ihm vieles wieder einfiel.
„Wir waren damals selbst noch jung. Unerfahren als Götter. Die karge Welt langweilte uns und wir hatten es für amüsant gehalten, Wesen zu erschaffen, die unseren Kräften gleichkamen, damit wir gegen sie kämpfen konnten. Hochmütig steigerten wir ihre Kräfte, um uns zu messen, anders als wir es später taten, wo wir nicht weniger dumm, unsere Schöpfungen unseren Zwist austragen ließen. Aber wir hatten sie unterschätzt. Sie lernten dazu, verbesserten sich selbst, vermischten sich untereinander und gewannen so an Kräften, die wir irgendwann nicht mehr kontrollieren, noch schlagen konnten. Diese Gargoyles sind Nachkommen der Wendigos und der Succubi. Kriegerisch und nicht zu bändigen.“
Wer schon dachte, die Drachen seien kampflustig, der darf den Gargoyles nicht begegnen.
Um gegen die Götter zu bestehen, erzogen sie ihre Kinder bereits früh zu Kriegern, dabei spielte das Geschlecht keine Rolle. Sie kannten keine Gnade. Kaum konnte ein Kind stehen, bekam es ein Schwert in die Hand. Mit Schlägen gemaßregelt, mit bösen Gesten erzogen, Liebe wich Besitz und wenn ein Kind sich erlaubte zu weinen, weil es sich vor etwas fürchtete, dann wurde eine größere Angst benutzt, um die andere zu besiegen. Solch ein Kind war auch Liar. Trotz seiner sieben Winter, war er bereits mehr Krieger, als mancher Erwachsene von Aona. Sein Herz kannte nichts anderes außer den Kampf. Um seinen Thronanspruch geltend zu machen, musste er gegen seinen Vater antreten. Er musste ihn nicht besiegen, er durfte nur keine Furcht gegenüber seiner größeren Gestalt und Kraft zeigen. Diesen Kampf hatte er gewonnen, wie man sich denken konnte. Dennoch konnte jemand ihm diesen Rang streitig machen. Seine jüngeren Brüder, und davon besaß er zwei. Liam, der zu diesem Zeitpunkt aber erst vier und Logan, der noch jünger war und noch keinerlei Konkurrenz darstellte. Sollten diese Jungen aber irgendwann alt genug sein, Wendegor seinen Thron abgeben und einer der Jüngeren ihn für sich beanspruchen, dann kam Liar nicht umhin, auch diesen zu bekämpfen, allerdings bis zum bitteren Ende. Blut bedeutete ihnen nichts, was geschwisterliche Bindungen anging. Destan bereute, was sie dort weggesperrt hatten. So schloss er sich Lefistos an, um zumindest etwas zu tun, wenn er die Vergangenheit schon nicht mehr rückgängig machen konnte.
Beide verließen Levia und besorgten alles, worum sie gebeten hatte. Keiner wollte ihr mehr widersprechen, denn es schien sich bei ihrem Vorhaben, um ihren letzten Willen gehandelt zu haben.
Lefistos schlich sich in seiner kleinen Gestalt unter die Gargoyles. Dank seines gnomartigen Aussehens fiel er unter den anderen Trollen und Kreaturen nicht einmal auf.
Er erspähte einen schlafenden Gargoyle an einem Zelt gelehnt und zwischen all dem Kriegstreiben, schnitt er ihm mit einem Dolch eine seiner dunklen Haarsträhne ab. Eilig packte Lefistos diese in seinen Mantel und verschwand mit Selbigen wieder gen Himmel, wie er es schon bei der Beschaffung für Ferdas Gegenständen getan hatte. Nur mit dem Unterschied, dass er den Umhang diesmal wie eine Schleppe hinter sich herzog.
Levia gestaltete derzeit das fremdartige Wesen. Sie gab ihr Flügel, ähnlich die der Gargoyles, aber „sie“ sollte jene verstecken können, es sollten magische Flügel sein, deshalb schickte sie Destan los, um die letzte Feder eines Greifs aus ihrem ehemaligen Unterschlupf im Sumpf zu holen. Durch die Zugabe ihres Blutes, färbten sich die Haare der vermeintlichen Frau blond und ihre Augen sollten in einer seltenen Farbe erstrahlen. Grün mit blauer Umrandung. Das Land und unendliche Meer, alles darin verborgen. Groß und schlank, einer Jägerin würdig. Denn genau das hatte Levia geplant. Aona braucht nicht nur Helden, manchmal musste auch etwas anderes neben ihnen existieren.
Lefistos kehrte mit dem Haar zurück, welches die Flügel Form annehmen ließ, als auch Destan mit der Feder zurückgekehrt war.
„Was soll ihre Aufgabe sein?“, flüsterte Lefistos neben Levia, als die Form der Frau schon gut zu erkennen war.
„Sie soll über das Leben richten, wenn die Welt einst vor der Finsternis steht“, antwortete Levia und stellte sich vor den noch leblosen Körper.
„Wie … wie meint Ihr das, Herrin?“
„Wenn der Zeitpunkt kommt, wird sie entscheiden, aus ihren Erfahrungen heraus, ob Aona weiter existiert oder untergeht. Ein schnelles Ende ist oftmals gnädiger, als ein Leben in Gefangenschaft, sollte das Böse siegen.“
„Ja, aber ...“, fing Lefistos an erschrocken zu stottern, „Ihr werdet ihr doch ein gutes Gemüt geben.“
„Sie bekommt einen leeren Geist. Einen, der noch keinerlei Wissen über Liebe, Tod, Freundschaft, Hass oder Ähnliches besitzt. Wie ein Kind, welches gerade geboren wurde. Lediglich ein paar Instinkte gebe ich ihr mit, um Gut von Böse unterscheiden und denjenigen finden zu können, der ihr alles beibringen wird.“
„Wer soll ihr das denn bitte alles beibringen?“
„Ein Gott ...“
„Levia?“, wandte Destan fragend ein und sie schaute ihren Bruder an. „Bist du sicher, dass du weißt, was du tust?“
Levia zuckte mit ihren Schultern.
„Nein, aber im Zweifelsfall säen wir nur etwas Chaos. Ich habe noch eine Bitte an dich, Destan. Lange, wenn ich schon nicht mehr bin, wird ein Kind geboren werden. Es ist wichtig, dass ihr diesem Kind etwas nehmt, was es am Körper trug und es diesem Wesen aushändigt. Versteckt sie in einer Höhle, die ich euch nennen werde, wenn die Zeit dafür reif ist. Ein letztes Mal erschaffe ich etwas, ein letztes Mal schmiede ich ein Schicksal und kann nur hoffen, dass sich alles zum Guten wenden wird.“