Wie immer ein großes Dankeschön an @Kyelia, @Schreibfeder und alle anderen, die es gelesen und/oder kommentiert haben. Die Weiber werden noch für genug Wirbel sorgen, das verspreche ich euch.
@El Lobo, ich kenne die Geschichte von SOL nicht, habe es aber mal nachgeschlagen. Kling ähnlich. Aber da ich SOL nicht kenne, ist alles, was Parallelen aufweisen sollte, nicht von mir beabsichtigt.
[ KAPITEL 3-DAS DUELL-TEIL 9 ]
“Hal, gehst du schon mal voraus?”, fragte ich sie zögerlich, als wir gerade vor deren Quartier standen. Mit verwundertem Blick starrte sie mir tief in die Augen und begab sich langsamen Schrittes den Gang entlang. Unsere Hände weit ausgestreckt, ließ ich sanft ihre Finger von meinen gleiten und nickte ihr zuversichtlich zu.
“Ja, gut”, erwiderte sie zögerlich und schritt langsamen Fußes davon. Alle paar Meter drehte sie sich zu uns um und setzte jedesmal ein ernsteres Gesicht auf. Unsere Kolleginnen schauten sehr ihr irritiert und nachdenklich hinterher. Ich ließ sie ungern gehen, aber es musste sein. Ich wollte nochmal kurz mit ihnen unter sechs Augen sprechen. Sie fühlten sich etwas überrumpelt, als ich gleich mit der Tür in die Wohnung fiel und sie direkt auf Kror ansprach: “Kror hat mir gedroht!”
“Was hat er?”, fragten sie im Chor und starrten mich mit tellergroßen Augen an. Val suchte die Wand, sie musste sich abstützen. Es schien sie äußerst mitgenommen zu haben, obwohl ich noch gar nichts weiter erzählt hatte.
“Was hat er gesagt, Sam?”
“Ich soll mich von Valery fernhalten und mich mit Hal zufriedengeben.”
“Ja, aber das machst du doch”, ertönte aus Hiars Mund und ihre Hand wanderte langsam zu meiner Schulter. “Sam, Kror ist ein fetter Warzenfrosch! Was der quakt, hat meistens keine Bedeutung.”
“Was meinst du?”, fragte ich stirnrunzelnd. “Also für mich kommt er schon sehr konsequent und ehrlich rüber.”
“Ihr habt euch geprügelt, nicht wahr?”, ertönte sofort aus Vals Richtung und rief in mir großes Erstaunen hervor.
“Ja, wir haben uns geprügelt. Oder wir sind zumindest aneinandergeraten. Aber woher wusstest du das? Oder war das nur eine Ahnung?”
“Naja, er geriet auch oft mit Jamal an die Fronten. Das war ja auch der Grund, warum sie schlussendlich versetzt werden wollten. Ich hätte nicht gedacht, dass Kror dich gleich am ersten Tag so angreifen würde.”
“Wie bitte!?”, stieß ich empört heraus und schlug die Hände überm Kopf zusammen. Das konnte ich nun aber wirklich glauben. Obwohl es an sich schon offensichtlich war. Aber das aus Vals Mund zu hören, war echt nicht schön. “Warum hast du mich nicht schon auf der Arbeit oder wenigstens in der Kantine vorgewarnt? Weiß du, wie es mir vorhin erging, unter der Dusche und danach? Hätte ich schon vorher gewusst, dass er dich meinte und nicht Hiar, hätte ich dich strikt gemieden.”
“Ja, Sam, konnte ich doch auch nicht wissen”, raunte sie mir reuend entgegen und senkte beschämt den Kopf. Hiar schaute mir tief in die Augen und sprach mit kräftiger Stimme. “Lass dich nicht von ihm einschüchtern, Sam! Valery ist nur der Anfang. Wir alle hassen ihn, auf die ein oder andere Art. Selbst Uru hasst ihn jetzt.”
Wütend stieß ich ihre Hand hinweg und sie gleich mit. “Was das immer soll? Wenn ihr alle ihn so sehr hasst, warum sagt ihr es ihm dann nicht einfach? Warum soll ich jetzt sein Prügelsack sein?”
“Weil es ihn nicht interessiert, Sam! Er braucht mal eine richtige Abreibung, von einem ganzen Kerl! So wie du halt einer bist.”
“Was, ich?”, stieß ich äußerst verwundert heraus und winkte dankend ab. “Seht mich an. Ich bin so schmächtig wie Lin und genauso schwächlich. Der rammt mich doch ungespitzt in den Stahlboden hier.”
Val verdrehte stöhnend und schnaufend die Augen. “Jeder hat eine Schwachstelle, Sam. Sogar Kror hat eine. Auch wenn man sie auf dem ersten Blick vielleicht nicht erkennen kann. Lass dir irgendwas einfallen.”
Sofort öffnete sie die Tür und trat ein. Hiar klopfte mir noch leicht auf die Schulter und begab sich dann ebenfalls zur Tür. Für mich war das Gespräch aber eigentlich noch nicht beendet. So leicht ließ ich mich diesmal nicht abschieben. “Zuerst sagt ihr mir, was mit Hal geschehen soll! Wenn ihr schon nicht mir helfen wollt, dann kümmert euch wenigstens um Hal.”
“Sam, beruhige dich wieder.”
“Ja, Sam, mach dir keinen kopf um nichts. Wir finden das auch äußerst bescheiden, dass ihr gleich am ersten Tag so angeranzt wurdet.”
“Hiar hat recht, Sam. Wir Frauen werden uns schon um deine geliebte Hal kümmern. Hab da mal keine Angst.”
“Und das mit Kror wird auch schon werden, Sam. Kopf geradeaus, Blick zur Zukunft hingewandt und stets lächeln.”
Und schon waren sie in ihrem Quartier verschwunden. Nun stand ich hier im Hauptkorridor, wie abgestellt und vergessen. Mein Blick wanderte rüber zu unserem Quartier, das ich geradeso noch erkennen konnte. Die leicht gebogene Decke und das spärliche Licht krümmten optisch den Raum und ließen alles sehr unscharf wirken. Zwar war stets alles statisch und einheitlich, aber diese vielen kleinen Details und Ecken prasselten unermüdlich auf mich ein. Jedem erging das schon mal so, wie mir gerade. Dieses unbeholfene Verlorenfühlen in der unendlichen Weite dieses gigantischen Stahlkolosses. Ein Gefühl von Einsamkeit. Als wäre alles, was man erlebt und tut, einfach belanglos.
Natürlich genoss ich mein Leben auf der Arche. Und ich mochte das Schiff auch, wie auch die Besatzung und die Beziehungen untereinander. Aber bei solchen kleingeistigen Aktionen könnte ich jedesmal ein Loch in den Rumpf schlagen und hoffen, dass die richtigen Leute ins All geschleudert würden. Aber es war nur Wunschdenken und in keinster Weise realistisch. Und womöglich hätte es eher mich erwischt, anstatt Kror.
Nachdem ich mich nun gedanklich etwas abreagiert hatte, machte ich mich auf dem Weg zu Hal. Sie wartete bestimmt schon auf mich, auch wen mich das nicht wirklich interessierte. Seelenruhig schlenderte ich den Korridor entlang, links ein Geländer und rechts mal ein Pfeiler. Ich zählte die Deckenlampen ab, welche auch wieder nur die Gleichheit des Ganzen auf perverse Art zeigten. Ich merkte schon. Ein freier Tag war bitternötig. Aber die Hälfte war bereits geschafft. Nur noch vier weitere Tage und dann einen für mich allein. Sofern ich es bis dahin überleben würde.
Ich musste mir irgendwas einfallen lassen, womit ich mir eine Freude machen könnte. Irgendwas, das genug ablenkte, um die nächsten neun Tage zu überstehen. Hal war ja auch noch da, echt toll...
“Mal sehen, wie es sich entwickeln würde”, dachte ich mir so, “vielleicht erbarme ich mich auch und verbringe mit Hal meinen freien Tag.”
Nachdenklich stand ich vor unserer Tür, nahm langsam die ID-Karte hervor und atmete erstmal tief durch. Autorisiert! Wenig euphorisch betrat ich unser Quartier, den Blick dabei leicht gesenkt gehalten.
“Ich bin jetzt da, Hal”, rief ich und begab mich zum Spind. Hal lag bereits im Bett und erwiderte nur knapp. Meinen Pyjama hervor genommen und mich halb am Ausziehen, beugte sie sich hoch und schaute mich musternd an. War mir schon etwas unangenehm, wie sie mit ihren glitzernden Augen meinen Körper beäugelte und mich sichtlich damit schneller auszuziehen versuchte. Aber wie schon bereits erwähnt, ließ ich mich nicht von ihr drängeln. Bei keiner Situation.
Um mich von ihren leicht verliebten Blicken loszureißen, begab ich mich mit freiem Oberkörper zu meinem Bett und zog mich da weiter um. Doch kaum saß ich und hatte meine Schuhe ausgezogen, linste sie auch schon hinunter und krallte ihre Finger an der Leiter fest. Noch ein Stück und sie wäre hinuntergestürzt. War ja auch nicht unbedingt was Neues bei ihr.
Ich zog mich nicht weiter um, das war mir echt unangenehm. “Hal, Kopf hinauf!”
“Was, Sam?”
“Ich will mich umziehen und das ohne deine Blicke.”
“Okay”, stieß sie schnaufend aus und riss ihren Kopf wieder hinauf. Ich wartete noch einen Moment, nichts geschah, zog mich dann also weiter um. Hose aus, Unterwäsche dazu und schnell in den Pyjama geschlüpft. Meiner passte perfekt, wie eh und je. Warum ihrer zu eng war, wusste ich echt nicht. War aber auch nicht weiter störend. Solange wir nicht in einem Bett schliefen, war mir das egal.
Nachdem ich mich umgezogen hatte und meine Klamotten ordentlich gefaltet auf meinem Stuhl ruhten, legte ich mich ins Bett und machte es mir bequem. Sofern ich es mit meinen Gedanken an den heutigen Tag bequem haben konnte.
Kaum eine Minute später linste sie wieder zu mir runter und stemmte sich gekonnt mit ihren Armen an den Leitersprossen ab. Sah schon etwas ulkig aus, wie sie da kopfüber baumelte und ihre Augen zwischen den Bettstreben und der eisernen Aufstiegsmöglichkeit hindurch funkelten.
“Samuel, darf ich kurz zu dir kommen?”, fragte sie zögerlich und wollte sich schon halb verdreht zu mir hinab begeben. Ich nickte leicht zu mir hin und richtete mich auf. Und was tat sie? Ein wenig irritiert war ich über ihre äußerst merkwürdige Akrobatiknummer an der Leiter. So halb im Liegen, fast schon verdrillt, rutschte sie langsam über die Bettkante und konnte sich geradeso noch am Rahmen festhalten, bevor sie kopfüber hinabgestürzt wäre. Ihr linkes Bein verklemmte sich zwischen den unteren Sprossen und leicht taumelnd hüpfte sie zu mir ins Bett und zerrte mit einer halbherzig gekonnten Drehung das Bein wieder hinaus. Ich schüttelte einfach nur den Kopf. Sowas unbeholfenes und sinnfreies. Leicht errötet, eher violett, waren ihre Wangen und schmollend blickte sie zu ihrer Rechten, dort, wo nur ein kleiner Spalt uns beide trennte.
“Da hab ich wohl mal kurz nicht aufgepasst und bin doch glatt weggerutscht”, meinte sie und lächelte mir zögerlich aus dem Mundwinkel zu. Ich verdrehte nur die Augen und ruckte zurück an die Wand.
“Was willst du, Hal?”
Sie ruckte auch mit zu mir und schmiegte sich sanft an mich. “Nicht, dass es mich was angeht, aber was habt ihr drei gerade so getrieben?”
Verwundert schaute ich zu ihr rüber. “Ist das nicht egal, Hal? Und außerdem haben wir uns nur ganz normal unterhalten über was.”
“Ich glaube es dir doch, Samuel. Aber pass gut auf dich auf, ja? Ich habe nämlich so das Gefühl, als wäre Valery schon ein wenig verschossen in dich.”
“Bist du wahnsinnig?”, erwiderte ich lautstark. “Was du für einen Unsinn redest, Hal? Du bist nur eifersüchtig, wegen nichts!”
Da machte sie ein schnippisches Gesicht. “Das ist gar nicht wahr...Ich bin überhaupt nicht eifersüchtig. Warum sollte ich das denn auch sein?”
Schief schaute ich sie ungläubig an. “Acht Frauen und du fühlst dich nicht bedroht von denen? Das glaube ich dir nicht, Hal.”
Nachdenklich wirkte sie nun, oder zumindest weniger spontan. Starr richtete sich ihr Blick auf meine Schuhe, die ihr vermutlich nur als Fixpunkt dienten. Ich wich immer weiter von ihr weg, wäre beinahe auch aus dem Bett gefallen.
“Ach, lass uns jetzt schlafen gehen, Sam”, stieß sie trocken heraus und kroch aus meinem Bett. Das irritierte mich sehr. Denn eigentlich wollte sie ja was von mir und hörte dann doch schon wieder auf, mit mir zu interagieren. Aber wer verstand denn Hal überhaupt? Und irgendwie war ich auch ganz froh, dass sie wieder in ihr Bett zurückging. Dann hatte ich wenigesten die Decke wieder ganz für mich allein. Sofort mummelte ich mich ein und bereitete mich auf die Nacht vor. Allein Hals unruhiges Rucken und Wälzen in ihrem Bett störte die endlich erhoffte Ruhe. Was trieb die bloß immer da oben, was so anstrengend sein musste, dass sie schnaufte und stöhnte? Obwohl... Eigentlich wollte ich es doch nicht wissen.
“Gute Nacht, Sam. Träume was schönes.”
Noch einmal kurz durchatmen. “Gute Nacht, Hal.”