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Kapitel 10 – Das Ende eines Traums
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Als Koratzash vor nur wenigen Wochen auf der Ladefläche des Karrens durch die Landschaft geschaukelt war, hatte sie eigentlich gedacht, jetzt sei sie wahrhaftig übel dran. Den gesamten Körper der Gremlin hatten Prellungen gepaart mit Schürfwunden geziert und bei jeder Unebenheit im Boden war ihr der Schmerz ins Kreuz gefahren. Das alles war zwar glücklicherweise wieder gut verheilt, aber dafür tat ihr nun bei jedem Schritt das Bein weh.
Der Steinsplitter war ganz schön scharf gewesen und auch wenn er sie eigentlich nur gestreift hatte, war die entstandene Wunde trotzdem eine ganze Fingerbreite tief. Dass der Muskel dabei etwas zu Schaden gekommen war, stand außer Frage, denn bei jeder kleinsten Anspannung zog ihr der Schmerz den gesamten Unterschenkel hinauf. Juurz hatte ihr die Wunde zwar mit einem Büschel Frakhaar wieder zugenäht, doch gegen die Pein beim Laufen half das nicht sonderlich. Wobei allein die Tatsache, dass sie noch laufen konnte, zumindest bewies, dass sie sich mit aller wahrscheinlich wieder erholen würde.
Wem es dagegen um einiges dreckiger ging, war Kallän. Den hatte ein anderer umherfliegender Stein nämlich nicht einfach nur kurz gestreift. Stattdessen zog sich eine tiefe Wunde von der linken Schulter bis fast an den Steiß des Borklings. Zwar hatten sie auch ihn wieder notdürftig zusammengeflickt und sogar die Wunde mit etwas Wasser aus einem nahegelegenen Bach ausgespült, dennoch schwächte der Blutverlust den kleinen Norder, sodass er nicht einmal mehr alleine gehen konnte. Folglich hatten absofort Juurz und Wirnak die Ehre, das Gepäck schleppen zu müssen, denn auch die beiden Menschen sowie Jurgl und Kjurrash waren nicht unverletzt davongekommen.
Den Sahek hatte einer der kleineren Brocken an der Hüfte erwischt, wo nun eine blau umrandete Schürfwunde prangte. Kjurrash hingegen behinderte ihre Verletzung eigentlich nicht wirklich beim Laufen, jedoch verspürte Koratzash trotzdem nicht den Drang, mit ihr tauschen zu wollen. Zwei Finger waren der Gremlin zur Hälfte zertrümmert worden und während eine Schnittwunde in absehbarer Zeit wieder verheilen würde, kam ein zermatschter Knochen nicht so einfach wieder in Ordnung. So lief die Gremlin nicht allein wegen des Schmerzes mit verzerrter, griesgrämiger Fratze herum.
Auch die Menschen hatte es erwischt, wenn gleich dank ihrer Rüstungen nicht ganz so drastisch. Der Mann war dabei anscheinend von irgendetwas am Kinn getroffen worden und nun schmückte ihn eine verkrustete Platzwunde, wohingegen die Frau ihr restliches Leben wohl mit einer Narbe von der Nasenspitze bis unter ihr linkes Auge verbringen würde. Der kleine Junge war dabei der Einzige, der den Steinschlag fast unbeschadet, nur mit ein paar kleinen Schürfwunden hier und da hinter sich gebracht hatte. Folglich kam ihm die Ehre zu Teil, Kallän zu stützen, was er mit einem für Koratzash unbegründeten Eifer übernahm.
Doch trotz all dieser Unannehmlichkeiten hatten sie seit dem Vorfall keinerlei Pausen einlegen können. Zum einen, weil sie nicht wussten, ob die Besitzer der Falle ihnen eventuell sogar schon auf den Fersen waren und zum anderen, weil es niemals schlau war auf Wanderschaft durch die Wildnis längere Zeit zu verweilen. Vor allem nicht, wenn diese Wanderung mitten durch die Berge des Sor Pirsaks führte.
Gebirge waren im allgemeinen immer ein recht gefährlicher Ort. Selbst ohne Banditen und derlei Gesindel gab es immer noch genug natürliche Steinschläge, Lawinen oder Klüfte, die einen ohne weiteres um die Ecke bringen konnten. Doch Berge, in denen tausende Fraks hausten, waren besonders tückisch. Nicht nur, weil die grauhäutigen Norder, wie die Gruppe am eigenen Leib erfahren hatte, gerne Mal selbst ein paar solcher Unglücke inszenierten, sondern auch, weil diese Kerle ihre Gipfel und Täler einfach in- und auswendig kannten. Besonders inwendig, wie angemerkt werden sollte. Denn mit aller Wahrscheinlichkeit waren viele der umliegenden Berge von Höhlen und Gängen, wenn nicht gar von ganzen Festungen der Fraks durchzogen.
Diese garstigen, gemeinen und Fallen liebenden Kreaturen lebten nämlich nicht wie die meisten anderen Völker über der Erde, im Licht der Sonne, sondern tief in den dunkelsten Ecken der Welt. Wo sie auch die meisten ihrer Fehden untereinander austrugen. Doch wehe dem unwissenden Wanderer, der sich dummerweise in Frakland verirrte! Denn ein solcher verschwand nur allzu oft auf nimmerwiedersehen in den Bergen und tauchte erst Jahre später in Form von blanken Knochen wieder auf. So hatte man es ihnen bereits eingebläut, als sie noch junge Gremlins gewesen waren, die nicht mal einen einzigen Winter erlebt hatten.
Da jedoch weder Koratzash noch sonst jemand aus der Truppe die Lust verspürte, herauszufinden ob dies alles auch wirklich stimmte, hieß es marschieren, marschieren und noch viel mehr marschieren. Den Berg hinauf, über Grate, den Hang hinab und abermals hinauf. Durch Täler, Steinfelder und kleine Tannenhaine hindurch. An Bächen, Seen und Schluchten vorbei, immer weiter nach Osten, tiefer in die Wildnis hinein ...
Es war bereits spät geworden und die Berge ringsherum begannen im schwindenden Licht zu schwarzen Schemen zu verblassen, als der bunte Haufen endlich einen geeigneten Rastplatz bei einer Gruppe von Bäumen erreichte. Das Tal war im Gegensatz zu den meisten anderen, die sie bisher zu Gesicht bekommen hatten, relativ dicht bewachsen, was wohl dem kleinen Tümpel am Grund zu verdanken war. Von diesem aus führten wiederum zwei Bäche auf verschiedenen Wegen aus dem Tal hinaus, während ein dritter den Rest mit Wasser speiste. Hier und da erhaschte Koratzash sogar einen Blick auf etwas, dass wohl Fische sein mochten, doch wurde ihre Aufmerksamkeit vielmehr von etwas ganz anderem gefesselt.
Eigentlich war es ja ziemlich unscheinbar und verschmolz schon fast mit der restlichen Umgebung, besonders jetzt bei Einbruch der Nacht. Erst als der Borkling sie darauf hinwies, sprang es auch der Gremlin ins Auge. Es war schlicht und ergreifend ein Grab.
Zugegebenermaßen war es auch nicht nur ein stinknormales Grab, sondern ein Berggrab der Fraks. Atangash Horuk nannte man so etwas bei den grauhäutigen Norder, das Heim der Leichen, für einen ihrer verstorbenen und mächtigsten Artgenossen errichtet. Koratzash wusste nicht, was dieser Frak zu Lebzeiten vollbracht hatte, aber es musste doch schon etwas ziemlich Besonderes gewesen sein. Sonst hätte man ihn nicht bestattet, sondern wie all die anderen einfach verotten lassen. Wobei Grab eigentlich nicht wirklich der richtige Begriff dafür war. Gefängnis traf es da schon eher.
Einen Toten bannte man nämlich nicht einfach so. Es war ein völlig widernatürlich Vorgang eine Seele an ihrer Weiterreise zu hindern. Was für Kräfte nach dem Tod wirkten, wusste Koratzash nicht genau, doch entzogen sie sich jeglichen Einflusses der sieben Skulpak, Garden und Riesen. Eringax den Seekönig nannte man denjenigen, dem man sich zu unterwerfen hatte, wenn einem das Leben ausgehaucht wurde und es nicht zu tun hieß, gegen sämtliche Gesetze der Weltordnung zu verstoßen. Etwas, das man ebenfalls nicht einfach so tat. Einen driftigen, machtvollen Grund brauchte es dazu sowie verkehr mit Wesen, mit denen Koratzash lieber nichts zu tun haben wollte. Nur für die größten Helden der Norder nahm man diese Mühen auf sich und sperrte ihre Seelen in ein solches Grab. Damit man auch weiterhin in der Not auf ihre Stärke und ihr Wissen zurückgreifen konnte.
Der einzige, wenn auch schwindend geringe Nachteil an der Sache war die beunruhigende Aura, die einen solchen Ort umgab. Nicht gerade selten wurden davon noch mehr zwielichtige Kreaturen angelockt, die eigentlich gar nichts in dieser Welt zu suchen hatten. Zudem kam es in der Nähe solcher Stätten oftmals zu seltsamen Träumen oder Vorkommnissen, wenn einem nicht sogar der dort gebannte Geist selbst erschien.
Von daher war es nicht weiter verwunderlich, dass sich bei Koratzash nur kurz nach dem Betreten des Tals die Nackenhärchen aufstellten. Hier war der Fluch, mit dem man den Frak an sein Grab fesselte besonders stark. Selbst sie als jemand, der von solchen Dingen kaum etwas wusste, konnte es spüren ...
,,Nash Gremdurr shurgur Braugug zash bror ...´´, säuselte etwas unvermittelt mit dem Wind, zwischen den Bäumen am anderen Ufer des Tümpels zu ihnen herüber.
Als wäre ein Schwarm Hummeln in ihre Hintern gefahren, sprangen die Gremlins mitsamt Borkling auf, wobei Koratzash mit einem leisen, schmerzerfüllten Japsen wegen ihrer Wunde sogleich wieder umkippte. Lediglich die Menschen blieben einfach sitzen und starrten stattdessen die Norder verwirrt an.
,,Gremdurr trakrul azg ...´´, seufzte es erneut, sanft wie ein mildes Lüftchen und verlor sich schließlich in der Nacht.
,,Was ist los?´´, kam es misstrauisch von der Frau. ,,Habt ihr etwas gehört?!´´
,,Habtihr etwa nix gehört?!´´ Wirnak glotzte die drei vollkommen entgeistert an.
,,Natürlich haben sie es net gehört!´´, knurrte Jurgl und ließ nochmals seinen Blick über die Umgebung schweifen, dann setzte er sich wieder hin. ,,Hockt euch hin! Ihr macht mich noch ganz kirre! Das is bloß der Geist des Fraks, der uns Angst machen will. Aber mehr als das kann er auch net tun...´´
,,Hast du gehört? Der Boss sagt, es sind Geister!´´, zischelte Juurz furchtsam neben Koratzash, der immer noch das Bein von der Bewegung wehtat.
,,Ja, aber wieso hören die da nix? Sind die taub?´´, murrte Wirnak immer noch ganz aufgekratzt.
,,Gib Acht, was du sagst, Gremlin!´´ Nun stand der Mann doch auf und warf einen wütenden Blick in die Runde. ,,Glaubt ihr etwa Spielchen mit mir treiben zu ...´´
,,Wie war denn nochmal dein Name, Mensch?",unterbrach ihn plötzlich Kallän, der bisher still neben dem Feuer gelegen und sich ausgeruht hatte.
,,Galdor, Herr der Burg Hogmir bin ich. Wenn du mich nun aber schon so frech unterbrichst, wüsste ich auch gern, mit wem ich das vermaledeite Glück habe, hier sitzen zu dürfen." Auffordernd wies der Mensch dabei in die Runde.
,,Juurz, Wirnak, holt Holz, ich will heut mal ein Feuer riskieren!´´, meinte Jurgl plötzlich und wandte sich dann an Galdor. ,,Hehe, dann will ich es dir einmal erzählen, Mensch ...´´
Schließlich saßen sie alle beisammen an einem lustig vor sich hin prasselnden Lagerfeuerchen, während einer der Gremlins ein wenig von dem Fleisch darüber briet. Galdor selbst saß etwas angespannt gegen eine der Tannen gelehnt daneben und hatte die Beine ausgestreckt, um es sich nach dem langen Fußmarsch sowie dem wenig erquickenden Steinschlag ein wenig gemütlich zu machen. Ihm direkt gegenüber hatte derweil der Boss der Gremlins Platz genommen und stocherte gedankenverloren mit einem kurzen Stock im Feuer. Ansonsten herrschte Schweigen, da eigentlich alles darauf wartete, dass der Boss der Norder endlich mit seiner angekündigten Erzählung begann. Doch bisher hatte er seitdem kein Wort mehr verloren. Lediglich der kleine Junge und Tarya wechselten hier und da ein paar geflüsterte Worte.
Auch sie traute den Nordern nicht recht über den Weg, was deren Absichten anging, und selbst nach der gemeinsam überstandenen Gefahr waren sie noch lange keine Freunde.
Dem einzigen, dem die allgemeine Stimmung offenbar nichts anhaben konnte, war der Borkling namens Kallän. Erneut musste der ehemalige General zugeben, dass ihn das Durchhaltevermögen der kleinen Kreatur überraschte. Anfangs hatte er nicht einmal daran geglaubt, dass der Norder den nächsten Tag überhaupt noch erleben würde, derart angeschlagen war er durch die Landschaft geschwankt. Er selbst hätte vermutlich mit einer solchen Wunde am Rücken kaum noch die Kraft zum Laufen aufbringen können. Doch die Kreatur war viel zäher, als es den Anschein machte und nun pfiff der Borkling sogar schon wieder leise vor sich hin.
,,Schnauze!´´, zischte ihn mit einem Mal der Gremlinboss an. ,,Wir gehen schon genug Risiko mit dem Feuer ein, da musst du net noch mehr Krach machen!´´
,,Wenn ich mich recht entsinne, wolltet ihr uns doch ohnehin etwas erzählen!´´, warf nun Galdor selbst ein, um zu verhindern, dass der Kerl erneut in Schweigen verfiel. ,,Also, dann erzählt mal ...´´
,,Nenene, halt warte, Mensch!´´, schnitt ihm der Gremlin das Wort ab. ,,Erstmal wollten ich un meine Leute uns doch vorstellen! So ganz nach Sitte, wie?´´
Genervt schnaubte der ehemalige General, nickte aber trotzdem.
,,Also, der dürre Jammerlappen da heißt Juurz, war früher Küchenhilfe bei Pauhurg, unserem Koch. Das hier neben mit is Kjurrash, was die gemacht hat, weiß ich gar net ...´´ Dabei wies er mit dem Finger immerzu auf den jeweiligen Gremlin. ,,Der größere hier is Wirnak, einer meiner besten Sauf un Raufkumpel ..." Dann verzog er kurz verächtlich das Gesicht, als er zum nächsten wanderte. "Un das rebellische Miststück da heißt Koratzash." Dann erschien auf einmal wieder ein breites Grinsen auf seinem Gesicht. "Un ich bin Jurgl, der Boss von dem Sauhaufen hier und bevor ihr Deppen uns die Höhle zerdeppert habt, auch noch Unterboss unseres Stammes. Jetzt, seid ihr dran!"
Damit nickte er zu ihnen herüber und grinste weiterhin so breit und einladend, dass der kleine Junge Kalln kurz ein wenig furchtsam zu Galdor hinüberblickte.
,,Falls es euren winzigen Köpfen bereits entfallen sein sollte, mein Name ist Galdor. Dies hier ist meine Leibwächterin Tarya und er hier hört auf den Namen Kalln.´´
,,Ut mi it Kallän!´´, quäkte der Borkling fröhlich dazwischen, den diese ganze Vorstellerei herrlich zu amüsieren schien.
,,Nun, Gremlin, was wolltet ihr uns erzählen?´´, fuhr Galdor fort.
,,Jurgl heiß ich un für euch beide, weil ich euch am Leben gelassen hab un absofort euer Boss bin, heißt es SahekJurgl, tarjugak?´´ Am liebsten hätte Galdor dem frechen Kerl eine reingehauen, doch er beherrschte sich, einstweilen. ,,Also, dann sperrt mal die Lauscher auf, weil das, was ich euch zu erzählen hab, is was Wichtiges ...´´
Gespannt lehnte sich Koratzash etwas zurück. Nach all den seltsamen Aktionen interessierte es sie nun wirklich, was Jurgl als Erklärung vorbringen würde. Auch der Mensch wirkte recht neugierig und warf die ganze Zeit unruhige Blicke in die Runde.
,,Aber ne, wartet kurz, erstmal zu dir Mensch... Glador? Gallador? Ach, leck mich ... wir nennen dich einfach ...Oksikniljitz!´´ Neben dran kicherte Wirnak leise über den Namen, der übersetzt ,,Stock im Arsch“ bedeuten würde. Doch der Mensch achtete gar nicht weiter darauf. ,,Oder kurz, damit es einfacher is, nur Oksnitz ... ja, des is gut ... äh, wo war ich? Genau, ich hätte da zuerst mal so eine Frage an dich, mein guter, alter Oksnitz ...´´ Kurz musste nun auch Jurgl selbst kichern, dann hatte er sich wieder gefangen. ,,Was sollte eigentlich diese Armee?´´
Es folgte Stille. Zum einen auf Seiten der Norder, weil keiner von ihnen wusste, über was ihr Anführer da sprach und zum anderen bei den Menschen, da diese schlichtweg keine Antwort darauf parat hatten. Es brauchte schon ein paar Atemzüge, um eine gute Entgegnung auf eine solche Frage zu finden. Doch schließlich war Oksnitz soweit und öffnete langsam und bedächtig den Mund.
,,Keine Armee, Gremlin, vielmehr ein Stoßtrupp ...´´, begann er, doch Jurgl machte nur eine unwirsche Bewegung.
,,Schmarren! Erzähl kein Mist! Das waren fast alles nur Kämpfer, bewaffnet un ausgebildet!´´
,,Wenn ihr eine Antwort wollt, dann haltet auch den Mund! Vorlaute Kreatur!´´, mischte sich nun die Frau erbost ein, woraufhin Oksnitz ihr nur einen kurzen Seitenblick zuwarf.
,,Sahek, Mensch, immer noch! Un dich nennen wir dann ab sofort...´´
,,Es war ein Stoßtrupp! Mit der Aufgabe, die Mordmark von euch Gesindel zu reinigen!´´, fuhr der Mann nun längst nicht mehr so beherrscht wie noch kurz zuvor dazwischen.
,,Mordmark?!´´ Jurgl schien ein wenig verdutzt, gleichzeitig aber auch belustigt. ,,Die Mordmark liegt zig Tagesmärsche von hier entfernt im Norden, du Idiot! Von was bei Njordash redest du denn, Oksnitz?´´
,,Ja von was wohl?!´´ Nun war dem Mann aber wirklich sämtliche Zurückhaltung abhanden gekommen und zornig starrte er Jurgl an, der seinerseits grinste, als hätte er nichts anderes erreichen wollen. ,,Von euren verdammten, verfluchten Wäldern, Hügeln und dreimal verdammten Seen! Diese ganze Wildnis, in die ihr euch immer verkriecht, nachdem ihr unschuldigen Bauern die Kehle aufgeschlitzt habt!´´
,,Das, mein guter Oksnitz...´´ Anscheinend war es tatsächlich Jurgls Ziel, seinen Gegenüber auf die absolute Spitze zu treiben und belehrend hatte er sogar einen Finger erhoben. ,,... is nicht die Mordmark! Was du meinst, Oksnitz, is der Urks Tigra, der Puukat Jokkomurhashr un der Troljash Sarmek im Süden! Einfach nur zwei Waldgebiete mit einem Sumpf daneben, des noch net mal einen eigenen Namen hat.´´
,,Und was ist dann die Mordmark?!´´ Zwar schien der Mensch inzwischen etwas ruhiger geworden zu sein, doch noch immer klang seine Stimme äußerst aufgeregt. ,,Euer ach so großartiges Gremlinreich jenseits der Berge?´´
,,Seit wann gibt es denn Gremlins auf der Ostseite der Berge, Boss?´´, meinte nun auch Kjurrash leicht verwirrt.
,,Es gibt keine, wird es auch nie´´, lautete die unspektakuläre Antwort Jurgls. ,,Auf der anderen Seite der Sor Pirsak gibt es nix anderes mehr als Goblins, Fraks un jede Menge marodierender Orks.´´
,,Und...´´ Auf einmal wirkte der Mensch ein wenig sprachlos, fast schon geschockt. ,,Und die Helvetrin? Das Volk aus dem Tiefland, jenseits der Berge ...´´
,,Keine Ahnung von was du da faselst Mensch! Ich sagte doch schon: Nix als Goblins, Orks un Fraks!´´ Ein hinterhältiges Grinsen zierte nun Jurgls Gesicht, als hätte er keine andere Reaktion erwartet. ,,Von daher jetzt nochmal ... Was wollte ein verhunzter Haufen wie eurer auf unserem Gebiet?´´
Äußerlich wirkte Galdor vielleicht noch gefasst, doch innerlich zerbrach seine Welt gerade in unzählige Splitter.
Was redete dieser Gremlin da?! Was meinte er damit, es gab keine Helvetrin? Was war mit den alten, geretteten Texten aus der Bibliothek von Hörtpåkkar, in denen detailliert der Handel mit jenem Volk, südöstlich der Berge beschrieben wurde? Ein Land von zwei hohen Gebirgsketten beschützt, mit einer von fruchtbaren Äckern überzogenen Ebene dahinter, gesäumt von blühenden Wäldern? So etwas konnte doch nicht nur ausgedacht sein, nichts weiter als eine Lüge! Sollte der Gremlin jedoch entgegen sämtlicher Hoffnungen die Wahrheit sagen, würde das für Galdor bedeuten, dass seine Expedition umsonst gewesen war. Für nichts und wieder nichts hätte er seinen Landsitz verkauft, um alles finanzieren zu können. Wegen eines Hirngespinstes wären unzählige Menschen und Gardrim gestorben. Er hätte versagt, bei allem was nur irgendwie möglich war zu versagen. Keiner würde sich je an seinen Namen erinnern. Er wäre ein Niemand und sein Vater hätte Recht behalten ...