Flashbacks einfügen, ja/nein

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 3.128 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (12. Juli 2021 um 01:03) ist von Feron.

  • Hallo ihr Lieben,

    ich habe mich nun die letzten Tage vermehrt umgesehen, finde aber nur NOs zu diesem Thema.

    Ich arbeite grade wie eine Blöde an Gloria, und versuche Stilmittel zu entwerfen, um schon früh im Buch ihren Wahnsinn

    glaubhaft rüber zu bringen, ohne den Leser dabei groß zu verwirren.

    Gut, ihre Stimmen im Kopf haben schon unterschiedliche Schriften bekommen, kursiv, fett, etc.

    Der erste Akt ist zudem on Groh schon fertig.

    Nun habe ich mich damit beschäftigt, wie ich ihre Flashbacks einfüge.

    Damit meine ich nicht zahme Rückblenden, sondern richtig harte Flashbacks, wie aus der Psychologie bekannt.

    Ich kann das schriftlich auch einfügen, das es für mich stimmig ist, nur ...

    ... bin ich jetzt schon so oft darüber gestolpert, das Leser sowas eigentlich nicht mögen.

    Flashbacks eigentlich ein NoGo sind in der Literatur, ... auch im Horror?

    Gloria hat schon Stimmungsschwankungen, hört und redet mit den Stimmen in ihrem Kopf, sie hat Halluzinationen,

    ich weiß nicht, ob gelegentliche Flachbacks dann nicht doch zu viel werden.

    Andersrum würden sie dennoch super in die Geschichte passen, weil ich vieles im Rückblick andeuten könnte,

    um dem Leser zu zeigen, da steckt noch mehr im Busch, als im ersten Moment deutlich.

    Sie ist ja eine harmlos wirkende Mörderin, die selbst aufs grausamste zu Tode kommt.

    Will sagen, ich habe im Grunde zwei Geschichten in einer zu erzählen. Hauptgeschichte ist, wie sie zu Tode kommt,

    Nebengeschichte dreht sich um ihre früher verübten Morde und deren Gründe. Da passen Flashbacks natürlich unheimlich toll als Stilmittel, wo dann soviel hinein könnte als blitzartige Erinnerungsfetzen, die durch Gegenstände oder normale Erinnerungen/Trigger ausgelöst werden.

    Mein Lektor sagt nur, mach, alles wunderbar, hab Vertrauen in dich, ... aber ich bin in dem Punkt echt total unsicher.

    Gut, es soll ein großes Buch werden, trotzdem will ich nicht, das es überladen daher kommt.

    Fakt ist: Ich will Gloria, wenn ich soweit bin, versch. Verlagen vorstellen. Es wäre für mich echt der Alptraum, wenn diese dann sagen, also, ist ja ganz nett, aber diese Flashbacks müssen wirklich raus, weil, keiner will sowas lesen.

    Wenn ich dann auf Flashbacks aufbaue, und nochmal alles umschreiben müsste, nope, das wäre mir dann echt zu viel.

    <- Zwickmühle, need help.

    ^^ viele liebe Grüße ^^

  • Kommt natürlich drauf an, wie du das umsetzt. :hmm:

    So kursive kleine Fetzen, die sich auf Ereignisse beziehen, die der Leser bereits kennt, sollten schon gehen. Wie würdest du das denn gestalten wollen? Man möchte seinen Text ja nicht unbedingt zu sehr zerstückeln.

    Häupter auf meine Asche!

  • Flashbacks sind per se nichts schlechtes. Auch wenn ich auch schon oft gehört habe, dass es ein angebliches No-Go sein soll.

    Wahrscheinlich meinen die meisten, dass "sinnlose" Flashbacks anders gelöst werden sollten, damit es nicht so wirkt, als ob der Autor schlecht im Plotten ist. So nach dem Motto "das füg ich als Flashback ein, weil ich es verpeilt habe, es früher anzusprechen"

    Oder vielleicht sind viele auch einfach überfordert damit, nachzuvollziehen was in der Vergangenheit passiert und was nicht.

    Es stimmt zwar schon, dass ein Flashback das Pacing stark verlangsamt (meistens) und die Geschichte dadurch leicht Chaotisch werden kann. Aber zu sagen, "Niemals Flashbacks benutzen" klingt genauso blöd, wie "Jedes Klischee umbedingt vermeiden". Es kommt einfach stark auch das "Wie" an, und weniger auf das "ob"

    Genesis: Sie ist Azathoth, das amorphe Chaos in der zentralen Leere
    Josh: Meine Prophetin!

  • Natürlich kann ich nur für mich selbst sprechen, aber es kommt immer auf das Gesamtbild an.

    In der Serie Handmaids-Tagebuch einer Dienerin kommen in der ersten Staffel viele Flasbacks vor und ich muss sagen, es hat mit nichts ausgemacht - im Gegenteil. In dieser Serie bekam man über die Flashbacks neue wichtige Infos. Nicht wie in anderen Serien, wo es Lückenfüller sind die nur schon dagewesenes wiederkäuen.

    Auch wichtig ist die länge der Sequenzen. Auf einen Geschichtenarchiv hab ich letztens eine Story gehabt, wo so ein Rückblick über 3 oder 4 Kapitel ging. Das war schon nach dem ersten Kapitel zu lang.

    Zusammengefasst, kurze Sequentzen mit neuen Infos, kein sich ständig wiederholendes Karussell.

    lg Werluchs

  • Gut, ihre Stimmen im Kopf haben schon unterschiedliche Schriften bekommen, kursiv, fett, etc.

    Wow, das klingt schon mal eher verwirrend. Ohne das ich das jetzt gelesen habe, würde ich sagen, dass mich das verwirren würde. :hmm:

    Will sagen, ich habe im Grunde zwei Geschichten in einer zu erzählen. Hauptgeschichte ist, wie sie zu Tode kommt,

    Nebengeschichte dreht sich um ihre früher verübten Morde und deren Gründe. Da passen Flashbacks natürlich unheimlich toll als Stilmittel, wo dann soviel hinein könnte als blitzartige Erinnerungsfetzen, die durch Gegenstände oder normale Erinnerungen/Trigger ausgelöst werden.

    Von den Inhalten der beiden Geschichten her würde ich sagen, dass Flashbacks hier hervorragend passen. Meine Gedanken kreisen gerade noch um die auslösenden Gegenstände und die Frage, ob sich damit nicht aus was schönes basteln lässt. Etwa, dass die Gegenstände zusammengenommen ihren Mörder ergeben, also so in der Art: die Brechstange, mit der er (oder sie) die Tür zu ihrem Haus aufbricht, die rote Wollmütze, die er dabei trägt, die braunen Lederschuhe im Broguesstil, die er - aus welchem Grund auch immer - zu irgendeinem Zeitpunkt auszieht... Im meinem Kopf stelle ich mir das gerade wie ein Wimmelbildbuch vor, in dem man dann jedes Kapitel fünfmal liest, um zu schauen, ob nicht irgendwas nochmal irgendwo erwähnt wurde, was vielleicht eine Bedeutung hat. Weißt du, was ich meine? Hab natürlich keine Ahnung, ob das funktioniert. :D

    Für die Flashbacks ist es natürlich wichtig, dass sie geplant wirken und dem Leser nicht den Eindruck vermitteln, du warst zu faul, den Roman zu überarbeiten und die nötige Hintergrundstory von Anfang an einzuarbeiten. Wie bereits alle gesagt haben: Wenn's gut gemacht ist, gibt es nichts, was dagegen spricht ^^

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • Hallo kewa ,

    ich bin was Rückblenden angeht sehr kritisch beim Lesen. Beim Schreiben benutze ich sie nur sehr sparsam und sehr bewusst.

    Als Leser überfliege ich Rückblenden häufig und wenn es zu oft vorkommt, kommt das Buch auf den anderen Stapel.

    Bei dir scheint es jedoch so zu sein, dass die Flashbacks teil der Psyche der Protagonistin sind. Oder? Das könnte etwas anderes sein. Zusätzlich spielst du auch noch mit unterschiedlichen Stimmen im Kopf. Das hört sich an, als könne man dies nur mit großem schriftstellerischen Geschick meistern. Viel Erfolg ;)

  • Also um hier zu einer zufriedenstellenden Antwort zu kommen, würde ich zunächst die Begründungen sammeln, weshalb das überhaupt als NoGo angesehen wird, bzw. warum Leser darauf eher ablehnend reagieren sollen. Hierzu hat ja z.B. Aztiluth schon ein paar Punkte angeführt. Im nächsten Schritt wäre dann zu prüfen, ob diese Kritikpunkte für deinen individuellen Fall zutreffen und wenn ja, wie man die Stilmittel der Flashbacks so gestalten kann, dann die Kritikpunkte aufgelöst werden. Um hier vielleicht mal ein Beispiel rauszugreifen:

    Wahrscheinlich meinen die meisten, dass "sinnlose" Flashbacks anders gelöst werden sollten, damit es nicht so wirkt, als ob der Autor schlecht im Plotten ist. So nach dem Motto "das füg ich als Flashback ein, weil ich es verpeilt habe, es früher anzusprechen"

    Diesen Kritikpunkt würde ich nur dann als gültig ansehen, wenn man als Leser tatsächlich merkt, dass die Flashback-Information quasi als Nachtrag einer bislang versäumten Information eingeschoben wird. Wenn die Geschichte dagegen schon einen Kontext geschaffen hat, für den der Flashback jetzt als fehlendes Puzzlestück dient, dann wirkt das für mich doch auf jeden Fall stimmig. Eine ausreichende Hinarbeitung auf die Information des Flashbacks würde auch einer Verwirrung des Lesers vorbeugen, da man die neue Information gut einsortieren kann.

  • Ich glaube ein großes Gegenargument gegen Rückblenden ist, dass die eigentlich Haupthandlung (oft) zu einem Stillstand kommt, bis die Rückblende vorbei ist. Bietet die Rückblende etwas, was die Haupthandlung voranbringt, dann sollten schon viel weniger Leute ein Problem damit haben. Wenn es beispielsweise zwei oder drei kontinuierliche Handlungen gibt, denen man folgt, nur eben in verschiedenen Zeitebenen, dann finde ich das beispielsweise klasse. Da muss man als Autor auch die Balance halten können und dafür sorgen, dass sie sich gegenseitig kommentieren und das große Ganze unterstützen.

    Ich habe da mal diese Komödie namen "Die Großrussin" von Stefan Schwarz gelesen. Da gab es drei Zeitebenen und man brauchte die Vergangenheit, um die Gegenwart verstehen zu können. Damit sowas gelingt, muss die Geschichte irgendwie in ihrer Grundstruktur für so etwas ausgelegt sein. Außerdem muss man dafür die Werkzeuge auch beherrschen, damit es trotz der Komplexität nicht unübersichtlich wird. Grundsätzlich möchte ich jeden zu Ambitioniertem ermutigen, aber wenn man irgendwann feststellt, dass man sich die Messlatte doch zu hoch gelegt hat, dann sollte man sich nicht scheuen, doch wieder kleiner Brötchen zu backen, denke ich. ^^

    Häupter auf meine Asche!

  • Erstmal huhu ihr Lieben,

    und vielen lieben Dank für eure Meinungen!

    Hmmm, ich bin selbst noch etwas am hin und her überlegen, dennoch sind ihre Rückblenden wichtig, um die Hintergründe zu verstehen, die dazu geführt haben, das sie Wahnsinnig wurde.

    Ihr Wahnsinn führt schlussendlich zu ihrem Ende.

    Zudem steht ihre Geschichte schon in Gänze, ich bin derzeit nur noch am "aufblähen", wenn man so möchte.

    Asni

    Zitat


    Wow, das klingt schon mal eher verwirrend. Ohne das ich das jetzt gelesen habe, würde ich sagen, dass mich das verwirren würde. :hmm:

    Dachte ich zuerst auch, aber es schreibt und liest sich gut, da man die Schiftarten gut auseinander halten kann, und so schon auf den ersten Blick erkennt, wer grade mit ihr spricht. Zudem redet sie nur noch mit ihrer Mutter (boshaft) und ihrem Ehemann (liebevoll).

    Zitat


    Meine Gedanken kreisen gerade noch um die auslösenden Gegenstände und die Frage, ob sich damit nicht aus was schönes basteln lässt. Etwa, dass die Gegenstände zusammengenommen ihren Mörder ergeben, also so in der Art: die Brechstange, mit der er (oder sie) die Tür zu ihrem Haus aufbricht, die rote Wollmütze, die er dabei trägt, die braunen Lederschuhe im Broguesstil, die er - aus welchem Grund auch immer - zu irgendeinem Zeitpunkt auszieht... Im meinem Kopf stelle ich mir das gerade wie ein Wimmelbildbuch vor, in dem man dann jedes Kapitel fünfmal liest, um zu schauen, ob nicht irgendwas nochmal irgendwo erwähnt wurde, was vielleicht eine Bedeutung hat. Weißt du, was ich meine?

    An sich eine tolle Idee, lässt sich bestimmt etwas draus machen, aber wie gesagt, bei mir steht im Grunde schon alles.

    kalkwiese

    Zitat


    Außerdem muss man dafür die Werkzeuge auch beherrschen, damit es trotz der Komplexität nicht unübersichtlich wird.

    Ja, ich denke, ich werde es am Ende wissen, ob ich es geschafft habe, alles unter einen Hut zu bekommen, und dabei bestenfalls noch etwas Lesenswertes zu zimmern ;)

    ^^ viele liebe Grüße ^^

  • Ich denke das Problem mit Rückblenden ist häufig das sie zu früh im Buch kommen. Der plötzliche Wechsel in die Vergangenheit –kann- das Pacing stören, aber ich glaube das viele Leser kein Problem damit haben, wenn sie vorher genügend Zeit hatten den Charakter kennen zu lernen und ihn oder sie idealerweise mögen. Ich würde auch darauf achten das die Rückblende sich nur auf wichtige Dinge bezieht die direkten Einfluss auf die Gegenwart haben.

    Wenn ein Charakter zum Beispiel im Verlauf der Geschichte immer wieder große Umwege läuft, um eine bestimmte Kreuzung zu vermeiden, dann wird sich der Leser fragen was es damit auf sich hat. Und weil die Ursache für das Verhalten in der Vergangenheit liegt wäre eine Rückblende auch absolut angemessen. Kurz gesagt… es darf sich auf keinen Fall wie Zeitverschwendung anfühlen.