Nachtnebel - Der Berg der Seelen

Es gibt 132 Antworten in diesem Thema, welches 21.655 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (28. September 2021 um 11:41) ist von Etiam.

  • Konstruktive Kritik etwa zu Rechtschreibung & Grammatik, Logikproblemen, überschwänglichem oder mangelndem Gebrauch verschiedener Stilmittel, u.a. ist hier ebenso gern gesehen, wie ein paar warme Worte, was euch gut gefällt,

    Hallo Juu-Ka - konstruktive Kritik haette ich schon zu bieten, ich muss allerdings warnen dass ich ein eher kritischer Leser bin - wenn Du daher mit meiner Art zu kommentieren (aus was fuer Gruenden auch immer) nichs anfangen kannst, dann lass' es mich einfach kurz wissen und ich hoere damit auf, no hard feelings.

    Also - mein groesstes Problem beim Lesen des Prologs - was ist ein Kemono und wie sehen die aus? Ich mache mir gerne beim Lesen Bilder, und wenn wir so in die Geschichte einsteigen wie Du es tust, dann muss ich die staendig aendern, und sowas mag ich als Leser gar nicht.

    Ich beginne mit dem Bild von Kaa-ja als einem alten Mann, und stutze dann hier

    ls sie Kaa-ja dort oben auf dem Ausguck bemerkten, winkten sie ihm mit ihren länglichen Pfoten kurz zu,

    Pfoten? Mein erster Gedanke ist, dass es vielleicht irgendwie ein Dorf von Maeusen sein koennte (ich bin ja ein grosser Fan von Reepicheep aus Narnia) . Obwohl - dann waeren die Groessenverhaeltnisse wohl anders?!

    Der braun befellte Kemonojunge

    Etwas spaeter erfahre ich dann von einem Fell, ein Schwanz hingegen wird nicht erwaehnt, ich aendere meine Bilder also wieder und bin am Ende des Prologs bei sowas wie Ewoks angekommen, ohne dass ich irgend eine Ahnung habe wie nahe ich der Sache damit komme - empfinde ich leider als sehr unbefriedigend.

    (Ein bisschen ausfuehrlicher hatte ich mal hier in einem Blogeintrag ueber das Grundproblem geschrieben.

    Idealerweise waere das so geschrieben dass ich schon im ersten Absatz die richtige Idee habe was ich mir vorstellen sollte, aber spaetestens am Ende des Prologs sollte es meiner Ansicht nach klar sein.

    ***

    Ansonsten ist der Abschnitt ganz stimmungsvoll geworden - man bekommt einen kleinen Eindruck von der Welt, und die Ahnung eines Raetsels das dort wohl verborgen liegt.

    So ein paar Dinge sind mir trotzdem noch aufgefallen:

    Müde und zufrieden ließ er den Duft von Kiefernholz und das Zirpen nachtaktiver Insekten auf sich wirken.

    Sowas verschenkt Potential - 'nachtaktive Insekten' klingt eher wissenschaftlich, sehr wahrscheinlich kennt Kaa-ja die aber beim Namen, und es waere eine einfache Gelegenheit noch ein paar schoene Einzelheiten ueber die Welt hier einzuflechten, was genau es da eben fuer Insekten gibt - sind die wie bei uns oder anders? Statt dessen wirkt das hier so wie 'der Autor wollte nicht nachdenken was da zirpt'

    sowie ein paar Wächter, die mit ihren prächtigen roten Rüstungen ihre gewohnte Runde drehten.

    Was genau machen die da unten? Das ist doch ein Dorf, offensichtlich gibt's einen Wachturm den sie aber nicht bemannen, statt dessen patroullieren mehrere Waechter in Ruestung die Strassen - offenbar in Polizeifunktion (sonst waeren sie auf Waellen und Tuermen) - waehrend die braven Buerger eigentlich schon von den Strassen gehen. Wirkt leicht martialisch und nach Ausgangssperre - und passt irgendwie nicht zum sonstigen Setting.

    Entweder ist das Dorf sehr fremdartig organisiert - oder es wirkt halt so als waeren die da Staffage - der Autor moechte zeigen dass sie da sind, aber hat sich nicht so richtig Gedanken gemacht was die um diese Zeit eigentlich tun sollen. Also - so ganz ohne Erklaerung finde ich die Szene jedenfalls ein bisschen seltsam. ?(


    Dank seiner Arbeit als Dorfoberhaupt kannte Kaa-ja sowohl den Namen jedes einzelnen Bewohners im Dorf, als auch die Dinge, die sie für gewöhnlich am meisten beschäftigten.

    Das ist unelegant und ein Bruch mit der Erzaehlperspektive. Vorher folgt der Erzaehlstrang Kaa-ja's Gedanken, aber hier denkt er ja wohl nicht 'Dank meiner Arbeit als Dorfoberhaupt kenne ich sowohl den Namen jedes Bewohners als auch die Dinge die ihn beschaeftigen' - sondern das ist ein distanzierterer, allwissender Erzaehler der hier Kaa-ja's Rolle erklaert.

    Besser geloest waere es, in der Perspektive von Kaa-ja zu bleiben und die Info aus etwas zu transportieren was tatsaechlich seinen Gedanken entspricht.

    Aber Seelen existieren nach ihren ganz eigenen Gesetzen und besitzen keine Sinneswahrnehmung mehr, um zu hören, zu sehen oder zu riechen. Kemono, die den Berg betreten, würden sie lediglich als Bedrohung für das Gleichgewicht des Lebens wahrnehmen und sie dazu verleiten, schlimme Dinge anzurichten um das Gleichgewicht wiederherzustellen.

    So richtig kindgerecht ist das nicht was er da gibt - er weiss doch dass Juu-ka kein Erwachsener ist.

    Großvater würde mich als Bedrohung wahrnehmen? Obwohl er mich doch beschützen will? Das ergibt doch alles keinen Sinn.

    Man bekommt das Gefuehl, dass der Kleine da einen Punkt hat - irgendwas stimmt an der ganzen Geschichte nicht... Wir werden sehen... :)

  • Lieber Etiam,

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    freut mich, dass du Spaß mit diesem Part hattest. Das motiviert immer, weiter zu machen :)

    Ich denke, ob nun eher die unkonkrete Warnung über den Nachtnebel (niemand weiß ja, was dann tatsächlich passieren würde) oder eine bildhafte Vorstellung eines großen gefräßigen Trolls mehr Angst verbreitet, ist ein bisschen Typ-Sache.

    Manche Leute finden die Zombie-Bedrohung in einem Resident Evil bedrohlicher, andere die beklemmende Ungewissheit in einem Silent Hill ^^

    Laubgrün ist tatsächlich ein recht gängiger Farbton, der diesen Namen offiziell trägt. Das ist so ein eher blasses, dunkles Grün, das etwas gräulich wirkt. Einfach mal googlen - dann findest du es sofort :)


    Lieber Novize,

    Spoiler anzeigen

    Freut mich, dich wieder an Bord meiner Geschichte zu sehen :)

    Ich will nicht zu viel spoilern, aber ich könnte mir vorstellen, dass wir die Figuren, die in Beitrag 3 ihren Auftritt hatten, nochmal an anderer Stelle begegnen werden. Das wird ja spätestens in Beitrag 5 deutlich ;)

    Mi-rans Vorschlag, die Außeneinsätze stärker zur Forschung zu nutzen, geht eigentlich in beide Richtungen. Die Wächter sollen keine Umschulung machen, aber neue Gebiete erschließen, die dann von anderen Kemono untersucht werden können. D.h. da kommt dann mal ein Schmied mit, um neu entdeckte Gesteine/ Erze in Augenschein zu nehmen, oder Leute aus dem Ernteviertel, falls man fremde Früchte findet. Oder der Wächtertrupp bringt ein paar Proben mit, die dann z.B. im Medizinerviertel untersucht werden. So in etwa ist das hier gemeint.

    Was die Priesterin Lukit angeht, so hast du glaube ich schon einen ganz guten Eindruck davon bekommen, dass sie keine Politikerin ist und dementsprechend auch etwas unklar in ihrem 'Programm' bleibt. Was man rauslesen sollte, ist der Punkt, dass sie das Dorf auf der Grundlage ihrer religiösen Werte führen will. Mit der Argumentation, dass Kaa-ja diesen Werten immer gefolgt ist, stellt sie den Dorfbewohnern eine vergleichbare Führung in Aussicht.

    Yuris Vorschlag zur Erschließung neuer Flächen im Käferwald ist hier so gemeint, dass sie außerhalb des Dorfes neue Nutzflächen schaffen will, von denen ja in der Vergangenheit schon einige geschaffen wurden: z.B. kleinere Bereiche, zum Holzabbau, Freilegung von Höhlen, in denen Erz abgebaut oder Pilze gesammelt werden können. Also das was die Dorfbewohner auch für gewöhnlich darunter verstehen. Die Erweiterung der Dorfgrenze ist hier kein Thema. Aus der Perspektive der Kemono im Publikum ist das klar, da der Ausbau der Dorfmauern eine ziemlich große Sache wäre, die man dann auch namentlich erwähnen würde. Würde ich das Yuri hier nochmal extra sagen lassen, dann würde das vielleicht etwas unnatürlich im Sinne einer übertriebenen Klarheit wirken.

    Zum Applaus für Alsadan: in verschiedener Hinsicht habe ich mir ein wenig die japanische Kultur zum Vorbild für das Sozialleben der Kemono genommen. Wenn man sich ein bisschen damit auskennt, wird man auch andere Elemente der japanischen Kultur in der Geschichte finden. Ein aufbrausenden Verhalten wie das von Alsadan wirkt unter den Leuten schon ziemlich einschüchternd und wie etwas, das man einfach nicht tut. Die Leute aus der Schmiede sind von der Mentalität schon etwas rauer und lassen sich eher schon mal dazu hinreißen, auf Förmlichkeit zu pfeifen. Du kannst dir natürlich vorstellen, dass die daher auch einen entsprechenden Ruf in dem Dorf genießen: Hilfsbereit, Kraftvoll und etwas ruppig - so wie wir Amai schon früh kennengelernt haben ^^

    Zu dem Punkt, an dem Genta nicht mehr weiterspricht: "Alsadan... Deine Trauer und deine Wut sind uns allen nur zu verständlich, aber..." ...ja, da hast du recht - so wie ich den Teil gebaut habe, sollte Genta eigentlich ausreden können. Ich hab das mal entsprechend angepasst.

    Was das Märchenbuch angeht, Ich hatte ja schon an anderer Stelle (#53) erwähnt, wie ich mir das etwa vorgestellt hatte und finde es so, wie ich Ensos Persönlichkeit im Kopf habe eigentlich stimmig. Da der Punkt aber jetzt schon öfters erwähnt worden ist, behalte ich das mal im Hinterkopf. Ich denke, da kann man nochmal drüber diskutieren, wenn wir hier einige Parts weiter vorangeschritten sind und vielleicht nochmal das Thema aufkommt, wer warum dieses Buch (nicht) kennt. Was den Zustand der Logbücher angeht, überlege ich mir nochmal, ob ich da an geeigneter Stelle eine subtile Erklärung reinsetze. Die zusätzliche Anmerkung zum Zustand des Märchenbuchs habe ich natürlich extra eingebaut. Mal schauen, ob man dazu noch was erfährt... :)

    Dass die Geschichten von Tika gewisse Fragen aufwerfen ...ja, das war eigentlich Sinn und Zweck des Beitrags :D

    Lieber Charon,

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    Verzeih, dass ich das Kapitel einfach ohne Ankündigung überarbeitet habe ^^'

    Ich freu mich natürlich trotzdem über die Anmerkungen - vor allem war ich etwas erleichtert, dass es für dich ganz gut funktioniert hat. Rewas Kritik musste ich erstmal schlucken :D ..wobei er das ja offenbar auch nicht auf den Inhalt bezog. Weit war er ja noch nicht gekommen ^^

    Mit einem Ausrufezeichen in einem Gedanken-Modus fühle ich mich nicht ganz so wohl. Wieso sollte man sich selbst etwas zubrüllen? Seine eigenen Gedanken 'hört' man doch auf jeden Fall ^^ ...vielleicht kam man dazu ja nochmal eine weitere Meinung einholen hm...

    Ja genau, ich habs oben ja schon in meinem Kommentar an Novize erwähnt, dass es diverse japanische Einflüsse in dieser Geschichte gibt. Entsprechend ist es übrigens auch so gedacht, dass die Namen der Figuren 'japanisch' ausgesprochen werden. D.h. z.B. das J bei Juu-ka und Kaa-ja wird wie ein 'dsch' ausgesprochen, während man das Y bei Yuri wie ein deutsches J ausspricht. Aber das nur als keine Randnotiz ^^

    Was das für eine Fuchsfigur in dem Märchen ist - da stehen Juu-ka und die anderen genauso auf dem Schlauch wie du ^^ ..aber eine Assoziation zum 'Großen Kitsune' bietet sich hier zumindest an.

    Lieber Thorsten,

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    Erstmal willkommen im Dorf der Kemono :) Es ist schön zu sehen, wenn die Geschichte die Aufmerksamkeit eines neuen Lesers auf sich zieht. Mit dem Austausch, wie ich ihn hier aktuell im Forum habe, hätte ich am Anfang echt nicht gerechnet ^^' Dann mal zu deinen Punkten:

    Also wenn die Kritik in die Richtung geht, dass ich das Schreiben lieber bleiben lassen sollte und das Ganze von vorne bis hinten nicht funktioniert, dann verzichte tatsächlich lieber auf entsprechende Kommentare ^^' aber die Anmerkungen, die du (bis jetzt) gegeben hast, sind interessante Punkte. Während ich darüber nachgedacht habe, habe ich selbst nochmal ein besseres Bild zu dieser Welt bekommen und sowas bringt ja mehr Leben in die Erzählung.

    Deinen ersten Punkt hatte ich zu Beginn der Geschichte auch auf dem Schirm und hatte vorab einen kleinen Block geschrieben, in dem die Welt und die Kemono detaillierter beschrieben werden. Das wirkte dann aber irgendwie zu distanziert zu der ganzen nachfolgenden Geschichte und habe es daher wieder rausgenommen. Leser in diesem Forum, die gerne mehr über die Kemono und ihre Welt erfahren wollen, finden nähere Informationen im Weltenbau-Thread. Da man sowas natürlich als Leser der reinen Geschichte nicht hat, bin ich dazu übergegangen, hin und wieder ein paar beschreibende Merkmale in die Geschichte selbst einzubetten. Da stellt sich dann die Frage der richtigen Dosierung. Im Prolog so viele Beschreibungen einzubauen. dass man sich gedanklich einen vollständigen Kemono in all seinen Details nachbauen kann, würde den Lesefluss des Inhalts glaube ich zu sehr bremsen. Und direkt zu Beginn drei Sätze mit dem Aussehen des Ältesten zu bringen, würde sich irgendwie auch wie eine riesige Einstiegshürde anfühlen - zumindest empfinde ich das so. Ich kann aber bei Gelegenheit nochmal schauen, ob man an der einen oder anderen Stelle noch ein beschreibendes Element hinzufügen kann, wo es nicht so sehr auffällt bzw. nicht so sehr den Lesefluss unterbricht. Bei Gelegenheit werd ich auch mal in deinen Blog-Verweis schauen - danke dafür :)

    Die Idee, den Namen eines konkreten Insekts einzubauen, gefällt mir - das werde ich dann anpassen :)

    Was die Wächter angeht, passt das eigentlich so, wie es im Prolog beschrieben ist. Dazu vielleicht ein paar erklärende Worte, welche sich in Teilen auch noch in den späteren Kapiteln finden werden (oder auch im Weltenbau-Thread). Die Wächter sind nicht direkt vergleichbar mit einer Polizei. Sie erfüllen insgesamt eine ganze Reihe verschiedener Aufgaben, wie man es hierzulande von der Feuerwehr kennt. D.h. immer wenn irgendwo ein Problem vorliegt, kann man sich an sie wenden. Sie machen z.B. auch Expeditionen außerhalb des Dorfes, um Rohstoffe ins Dorf zu schaffen, erschließen neue Flächen, wie z.B. den Zugang zu einer Erzhöhle, usw. Innerhalb des Dorfes führen sie u.a. Inspektionen der Brunnen, der Innenmauern u.ä. durch, stehen bereit, um im Streitfall zu vermitteln und machen sprichwörtlich das Licht aus, wenn alle Schlafen gehen ^^. Eine weitere wichtige Funktion ist die Bereitschaft, das Dorf zu verteidigen, falls sich Käfer am Haupttor sammeln und versuchen, ins Dorf einzudringen. Um eine solche Gefahr frühzeitig zu erkennen, dafür sind die Wachposten in erster Linie gedacht. Ich will an dieser Stelle nicht vorgreifen, aber die Bereitschaft ist auch für weitere Fälle gedacht, von denen man im späteren Verlauf der Geschichte erfährt. D.h. die Rüstungen tragen sie nicht, um Dorfbewohner einzuschüchtern, sondern im Notfall für den Kampf gegen die Käfer gewappnet zu sein. (kl. Anmerkung dazu: so ein Käfer ist mindestens so groß, wie er Kemono und kann ziemlich gefährlich werden - aber Näheres dazu wird man dann zu gegebener Zeit in der Geschichte erfahren.)

    Ach ja, und der Wachposten auf dem Kaa-ja im Prolog steht, ist nicht der einzige. Zu beiden Seiten des Tores ist einer auf der Mauer und du kannst davon ausgehen, dass der andere besetzt ist, während Kaa-ja mit Juu-ka redet. ...das sind halt Details, die ich zugunsten des Leseflusses ausgespart habe. All solche Erklärungen kompakt und passend in den Lesefluss einzuflechten ...dazu fehlen mir glaube ich noch ein wenig die schreiberischen Fähigkeiten - sofern das angesichts der ganzen Informationen überhaupt möglich ist, die man dem Leser so geben könnte ^^' (aber man kann ja versuchen, die eigenen Fähigkeiten mit der Zeit zu verbessern)

    Die Stelle mit dem Perspektivbruch schaue ich mir nochmal an - danke für den Hinweis!

    Was man Kindern so alles erzählt ist kulturell sehr unterschiedlich. Das merkt man sehr schön, wenn man japanische Kinderfilme mit amerikanischen Disneyfilmen vergleicht. Selbst einige deutsche Märchen sind erstaunlich brutal. Da ich das kulturelle Leben der Kemono ein wenig japanisch gefärbt habe, passt das schon, wenn der junge Juu-ka die Dinge so erklärt bekommt, wie man sie sich im Dorf so vorstellt. Gerade wenn er immer wieder nachfragt :)

    Lieber Rewa,

    Dann wünsche ich deinem Augenarzt viel Erfolg und dir anschließend eine schnelle Erholung :)

  • Juu-Ka

    Da stellt sich dann die Frage der richtigen Dosierung. Im Prolog so viele Beschreibungen einzubauen. dass man sich gedanklich einen vollständigen Kemono in all seinen Details nachbauen kann, würde den Lesefluss des Inhalts glaube ich zu sehr bremsen.

    Okay, rein um Missverstaendnisse zu vermeiden und ohne jede Erwartung dass Du das genauso siehst: Fuer einen Leser wie mich ist die Leerstelle beim Bild des Kemono viel schlimmer als ein gebremster Lesefluss. Das erstere ist die Kategorie 'Dinge die mich dazu bringen eine Geschichte wieder aufzuhoeren', das zweite die Kategorie 'kurzes Stirnrunzeln, koennte eleganter sein'.

    Grosse Erzaehlkunst waere es natuerlich, die Beschreibung subtil in das Narrativ einzuflechten, aber ich persoenlich wuerde selbst einen offensichtlichen Infodump am Anfang als nicht so schlimm empfinden wie mir so ueberhaupt kein Bild der Protagonisten machen zu koennen.


    Zu Kapitel 1:

    Mir ist irgendwie das Setting nicht recht klar - die vier Freunde hatte ich als die Dorfjugend eingestuft - (acht Jahre nachdem Juu-Ka zehn ist) - Kaa-Ja ist der Dorfaelteste und doch (hatte ich den Eindruck) eine verehrungswuerdige und respektierte Person - aber trotzdem ist bei der Untersuchung - die doch wichtig zu sein scheint - niemand anders anwesend? Was ist die Verbindung der vier zum Dorfaeltesten (ausser dass sie ihn kennen, was aber fuer den Rest des Dorfs wohl auch zutrifft)?

    Etwa eine halbe Stunde hatte die Ärztin in dem weißen Kleid

    Einen Abschnitt weiter oben ist sie Heilpraktikerin (das ist nicht das gleiche...) - wegen der doch modernen Konnotation wuerde ich im Kontext mittelalterlicher Technologie eher 'Heilerin' verwenden als moderne Berufsbezeichnungen, aber das ist Geschmackssache.

    Schließlich gelang es Enso mit seiner besonnenen Art, Amais Gemüt soweit abzukühlen, dass sie sich wieder halbwegs im Griff hatte.

    Unelegant - vorher wird das Gespraech woertlich wiedergegeben, jetzt wird zusammengefasst - obwohl da seine besonnene Art gut in einem Satz eingefangen werden konnte.

    und die symptombezogenen Arzneien

    Wie oben, klingt sehr modern.

    Ja, das ist ein berechtigter Einwand. Auf der anderen Seite hegen viele Kemono im Dorf die Hoffnung, dass sie Kaa-ja durch ihre Gebete an den großen Kitsune letztlich doch noch von seiner Krankheit befreien können. Bedenkt man all seine Taten für dieses Dorf, dann hätte er einen solchen göttlichen Eingriff in jedem Fall verdient."

    Es ist die Dorfjugend die hier der Heil(praktik)erin Rechenschaft abverlangt und darueber raesonniert ob er goettliche Intervention verdient hat?! Klingt... ein bisschen anmassend, den Goettern sowas vorschreiben zu wollen.

    "Allerdings gibt es noch ein paar andere Dinge, die wir prüfen sollten, bevor wir Kaa-ja dem Lauf der Natur überlassen. Die weit verbreitete Hoffnung auf ein göttliches Wunder im Dorf sollte uns dabei als überzeugendes Argument für das Beratungskomitee dienen, um Kaa-jas Leben trotz seiner Krankheitsleiden noch ein wenig zu verlängern."

    Wieder raetselhaft - warum diese vier? Im ganzen Dorf sollen ausgerechnet diese vier pruefen ob der Dorfaelteste ueberleben darf? Wieso duerfen die das entscheiden?

    Enso fühlte sich durch die Reaktionen seiner Freunde offenbar etwas bedrängt und so schlich sich eine Spur der Verunsicherung in seine Stimme.

    Peroenlich finde ich es zu sehr mit dem Holzhammer gewunken so direkt zu erklaeren warum Protagonisten was machen - ich mag das als Leser eigentlich schon mir selber Gedanken dazu zu machen - die Spur der Verunsicherung haette mir gereicht.

    Amai ließ es sich dagegen nicht nehmen, ihrer Skepsis gegenüber Ensos weiterem Vorgehen Ausdruck zu verleihen. "Die Bibliothek. Tolle Idee! Und du glaubst, daran hat bisher noch niemand gedacht?"

    Hier auch - der erste Satz ist redundant - aus der woertlichen Rede kommt ihre Skepsis wunderbar raus, das reicht eigentlich. Weniger ist manchmal mehr :)

    dessen Schlaf sich inzwischen etwas beruhigt hatte.

    Finde ich komisch formuliert - 'der wieder ruhiger schlief' waere ueblicher glaube ich.

    'Halte noch ein bisschen durch. Wir werden einen Weg finden'.

    Wieder ein bisschen raetselhaft - Kaa-Ja ist schon im Prolog alt, und im Prolog erfahren wir, dass Kemono recht normal sterben (und nicht etwa ein unsterbliches Volk ist) - wieso sind die vier der Meinung dass er jetzt nicht einfach sterben darf weil seine Zeit gekommen ist, sondern dass auf Biegen und Brechen sein Tod verhindert werden muss - selbst wenn die Heil(praktik)erin es schon anders sieht?

    Abgesehen von den Fragen die die Szene aufwirft (die ja per se nicht schlecht sein muessen, vielleicht erklaert sich das eine oder andere noch, Fragen im Kopf des Lesers machen ja neugierig auf die Antworten) - bekommt man einen recht ungewoehnlichen Einstieg in die eigentliche Geschichte. Mal sehen wie's weitergeht :)

    • Offizieller Beitrag

    Ich denke, ob nun eher die unkonkrete Warnung über den Nachtnebel (niemand weiß ja, was dann tatsächlich passieren würde) oder eine bildhafte Vorstellung eines großen gefräßigen Trolls mehr Angst verbreitet, ist ein bisschen Typ-Sache.

    Also ich als Typ hätte definitiv mehr Angst vor dem Troll xD Mir ging es hier eher um erzählerische Ebene.


    Laubgrün ist tatsächlich ein recht gängiger Farbton, der diesen Namen offiziell trägt. Das ist so ein eher blasses, dunkles Grün, das etwas gräulich wirkt. Einfach mal googlen - dann findest du es sofort

    Ah, sehr gut. Wieder was gelernt :D
    tatsächlich hatte ich mir auch eher ein dunkleres Grün vorgestellt ^^ Vielleicht war es ja doch irgendwo in mienem Hinterkopf abgespeichert xD

    Juu-ka tauchte seinen Löffel in die gut gefüllte Tonschale und blies vorsichtig über den Happen Kartoffelsuppe, bevor er ihn langsam leer schlürfte.

    Mir gefällt, dass die Religion hier immer mitschwingt. Also nicht nur in diesem Part sondern generell. In diesem Part natürlich nochmal besonders. Deswegen wollte ich das dann auch mal erwähnen :D Es spiegelt sehr gut die Lebensweise der Kemono wieder, was sie für ein Volk sind.
    Dieser Part war etwas ruhiger, aber das ist nicht schlimm.
    Dieses Bild, welches Juu-Ka hatte, bei dem Kaaja in einer dieser Kugeln war, habe ich so interpretiert ... oder anders, (weil ich weiß nicht was Juu-Ka wirklich denkt.) Aber ich fand es zeigte dass es vielleicht nicht so schlimm ist Kaaja gehen zu lassen. Der Kemono war glücklich und zufrieden und am Ende sagte er noch

    'Mach dir keine Sorgen. Mir geht es gut. Hier auf dem Berg ist es wunderschön'.

    Mal schauen, was die Zukunft bringt und welche Gedanken sich Juu-Ka so macht.

  • Zu Kapitel 2:

    Wir erhalten einen ersten Einblick in die Organisation des Dorfes und die Art wie die Kemono ihre Angelegenheiten zusammen verwalten - das ist schon mal interessant und vielversprechend. :)

    Das Kapitel ist in einer Mischung aus 'real-time' Passagen mit direkter Rede und 'fast-forward' Zusammenfassungen geschrieben. Warum da die eine Begebenheit so und die andere so geschrieben wurde verstehe ich leider nicht immer - z.B. Dinge die ich als emotional und interessant ansehen wuerde werden kurz abgearbeitet, Gespraeche die inhaltlich belanglos wirken sind in direkter Rede wiedergegeben - Beispiele siehe unten.

    Den drei Freunden fielen außerdem viele kleine Grüppchen von Verwaltungsangestellten auf, die angeregt miteinander diskutierten

    Also, anscheinend haben wir unterschiedliche Vorstellungen was ein 'Dorf' ist... Um sowas wie 'viele Grueppchen von Verwaltungsangestellten' bilden zu koennen braucht man eine Verwaltung - bei 'kleine Gruppe' sehe ich so 3-5 Personen vor mir, bei 'viele' so 10-20, also insgesamt ein Verwaltungsapparat von 30-100 Personen - das wirkt auf mich eher wie was fuer eine Grosstadt von 300.000 Einwohnern noetig ist (zum Vergleich - unser Filmdorf Gleann an Phéine hat etwa 20 Familien und insgesamt 120 Einwohner und wird von 5 Dorfaeltesten ohne jede Verwaltung regiert).

    Li-hoi sah ihm mahnend hinterher und strich seine Pfote langsam über die nassen Stellen auf seiner Kleidung. "Hey hey, immer schön vorsichtig!"

    Da wuerde ich die Reihenfolge umdrehen - so wirkt es als ob Li-hoi mit ihrer antwort ewig wartet bis der andere Kemono schon weg ist.

    Auf Juu-kas Anregung hin, machte er die drei Kemono mit der weiteren Aufbauplanung der Halle vertraut

    Bis hierher ist eigentlich gar nichts besonders storyrelevantes passiert, auch die Gespraeche sind zu allgemein um die Personen wirklich zu charakterisieren - im Prinzip koennte man bei der Story auch einsteigen wo die Halle aufgebaut ist und die Stimmung beschreiben - so hat das, finde ich, schon eine Laenge hier.

    Im hinteren Teil der Halle waren schließlich einige prächtig dekorierte Tische zu einem nach vorne geöffneten Halbkreis zusammengestellt worden. Zugleich waren einige Meter vor dieser Tischgruppe links und rechts neben einem breiten Mittelgang jeweils neunzig Stühle zu großen Rechtecken zusammengestellt worden.

    Unelegant - direkte Wiederholung

    . Dann klopfte er dreimal mit seiner gefurchten Faust auf die Tischplatte.

    Faust? Oder vielleicht eher Pfote?

    ihn noch ein letztes Mal von Kopf bis Fuß vollständig durchzuchecken.

    'durchchecken' ist schon eher modernes Vokabular und ausserdem halt aus dem Englischen und klingt eher nach cooler Jugendsprache - das gibt der Stilebene hier bei einer formellen Gelegenheit einen ganz eigenartigen Spin...

    Mangels neuer Erkenntnisse wiederholte Zen-lo einmal mehr, dass es sich um eine ihr unbekannte Krankheit handelte, dass sämtliche Arzneien beim Versuch einer Heilungstherapie versagt hatten und dass die Seele des Ältesten ihrer Einschätzung nach schon bald ihren Weg zum Nachtnebel antreten würde. Als einzige - wenig erfreuliche - Neuigkeit fügte sie hinzu, dass Kaa-jas Bewusstsein während seiner kurzen Wachperioden mittlerweile so stark getrübt sei, sodass Gespräche mit ihm nur noch sehr eingeschränkt möglich waren.

    Hier ist jetzt einer der zentralen Abschnitte fuer die Handlung - Zen-lo berichtet offiziell warum die Versammlung noetig ist und was getan werden muss. In Deiner Absicht ist es auch eine dramatische Passage, denn sie soll die versammelten Kemono zum Weinen bringen.

    Nur - sie ist zusammengefasst - und so eine Zusammenfassung distanziert den Leser und bringt ihn ganz gewiss nicht zum Weinen.

    Juu-ka verspürte, wie wohl auch die meisten anderen Zuhörer, wie eine unsichtbare Pfote kräftig an seinem Herzen zerrte. Um ihn herum vernahm er ein stilles Gejammer und seine Augen fühlten sich plötzlich ganz feucht an.

    Und hier wird eben der Effekt der Dramatik behauptet, ohne dass er bei mir in irgend einer Weise spuerbar waere. Was sind die Worte die die Kemono so anruehren? Wir erfahren es nicht. Bricht ihre Stimme beim Erzaehlen? Wir erfahren es nicht. Alles was wir erfahren ist dass eine 'wenig erfreuliche' Nachricht hinzugefuegt wurde - aber 'wenig erfreulich' bringt niemanden zum Weinen.

    Ran an die Szene - anders als beim 'in die Halle kommen und aufbauen' - hier ist Potential fuer die Geschichte. Hier kann man zeigen wie sehr (und warum) die alle an ihrem Kaa-ja haengen, warum er - anders als andere Kemono - noch nicht sterben soll, was ihn und die Situation besonders macht. Diese Passage so kurz runterzuerzaehlen verschenkt ganz viel Moeglichkeiten finde ich.

  • Zur Story selbst würde ich im fünften Kapitel erstmal noch nicht viel anmerken. Ich finde auch, dass die Story inhaltlich definitiv was hermacht. Wo ich aber schon vorher und jetzt im fünften Kapitel besonders drüber gestolpert bin ist, dass ich immer mehr Probleme damit habe, zu verstehen, wie die Kemono eigentlich ticken und wie ihre Gesellschaft funktioniert - und das wäre mir der wichtigere Aspekt. Das geht ganz grob in die Richtung, die Thorsten schon angesprochen hat.

    Das Problem daran: wenn ich nicht verstehe, wie die fiktive Gesellschaft funktioniert, dann werde ich auch Probleme haben, mich in die Charaktere rein zu versetzen und das wäre für mich aber eine zentrale Notwendigkeit. Es gibt sicher auch Leser, die so eine Geschichte eher passiv lesen: freuen sich, wenn dem Charakter was gutes passiert und sind traurig wenn was schlechtes passiert. Aber ich glaube die Geschichten, die einen richtig vom Hocker werfen sind die, wo man mitfiebern kann, Entwicklungen / Twists (beim genauen Lesen) vielleicht schon erahnen kann. Nicht, dass ich sowas selbst gut schreiben könnte - aber ich finde, dass sollte immer das Ziel sein.

    Jetzt konkret: die Art und Weise, wie die Kemono leben scheint irgendwie ein Hybrid aus moderner und mittelalterlicher Gesellschaft. Die Technik scheint auf mittelalterlichem Niveau, aber die Freizeitgestaltung, der Lebensstandard, die Werte scheinen erstaunlich modern. Da man das technische Entwicklungsniveau und die Art und Weise, wie eine Gesellschaft funktioniert nicht so ohne weiteres trennen kann, erscheint das auf den ersten Blick seltsam. Es gibt zwar auch Literatur, die eher ein romantisches Bild vom Mittelalter einpflegt, dass nicht im großen Stil Sinn ergeben muss. Das funktioniert bei Kurzgeschichten / Märchen etc. zum Teil auch ganz gut. Aber das scheint mir bei deiner Geschichte (auch basierend auf dem worldbuilding thread) nicht das Ziel zu sein und ich glaube auch, dass es bei längeren Geschichten nicht klappt.

    Wenn wir als Leser nicht mehr Informationen bekommen, müssen wir erstmal davon ausgehen, dass Kemono so "funktionieren" wie Menschen.

    Wenn ich das zugrunde lege - wir hatten schon in deinem worldbuilding thread drüber gesprochen - dann fällt auf, dass die Kemono erstaunlich wenig Aufwand in die Bereitstellung von Nahrung investieren. Sie scheinen erstaunlich komplexe Produktionsketten aufbauen zu können: Metallwaren, Glas (z.B. für Laternen / Fenster), Stoffe, Papier für Bücher, riesige Gebäude, Möbel aller Art, Werkzeuge etc. Alles einzeln sicher vom Technologiestandard machbar, aber: ohne es durchgerechnet zu haben - bezweifle ich, dass ein 300 Mann Dorf ohne Kontakt zur Außenwelt diese Produktionsketten alle allein stemmen kann. Wie haben sie das nötige Wissen und Know How (auch in der Medizin) entwickelt? Nach meinem Verständnis profitieren Gesellschaften, die einen hohen Entwicklungsstandard haben ja davon, dass sie große Menschenmengen organisieren können. Dann kann man entsprechend Arbeitsteilung machen und dann können sich auch manche Vollzeit mit Forschung beschäftigen und man kann große, komplexe Produktionsketten aufbauen. Wird aber bei einem 300 Seelen-Dorf auch schwierig. Die Kemono scheinen aber mit all dem keine großen Probleme zu haben und haben ganz im Gegenteil noch jede Menge Freizeit um z.B. Unterhaltungsbücher zu lesen. Interessant ist in dem Zusammenhang auch der Begriff "individuelle Selbstverwirklichung" von Mi-ran. Ich bezweifle, dass es den in der normalen mittelalterlichen Bevölkerung gab.

    Auch emotional scheinen die Kemono erstaunlich wenig vom harten mittelalterlichen Lebensstil beeindruckt zu sein. Aufgefallen ist mir das bei folgendem Abschnitt:

    Es dauerte eine ganze Weile, bis Araho das reglose Verhalten seines Sohnes endlich bemerkte. Er setzte seinen Trinkbecher auf den Tisch ab und sah Juu-ka auf eine Weise an, wie es ein Vater für gewöhnlich tat, wenn er sich aufrichtig um das Wohlergehen seines Kindes sorgte. "Schmeckt es dir nicht, mein Sohn?"


    "N-nein, ich..." Juu-ka glitt der Löffel aus der Pfote und ließ ihn in die Suppe platschen. Mit Schamesröte im Gesicht sah er auf die Spritzer seines Abendessens, die sich auf den Tisch und auf sein Fell verteilt hatten. "Oh.. oh je! Das tut mir Leid!" Augenblicklich wischte er die Suppenflecken mit der Pfote auf und leckte sie dann hastig ab.


    Juu-kas Mutter griff nach der anderen Pfote ihres Sohnes, senkte sie vorsichtig auf den gräulichen Tischläufer und strich dann sanft über sein Fell. "Juu, Schatz, es ist alles in Ordnung. Wir müssen nur die Sache mit Kaa-ja erstmal alle verdauen." In ihrem Blick lag die Bitte um Nachsicht.

    Diese Art, wie Eltern einfühlsam auf kleine Stimmungsschwankungen ihrer Kinder eingehen können scheint mir nur bei einem hohen Lebensstandard möglich. Im Prinzip so, wie ihn moderne westliche Gesellschaften haben. Es wäre aber völlig undenkbar in einem mittelalterlichen Szenario, wo die ganz grundlegenden Bedürfnisse im Vordergrund stehen (Nahrung, Gesundheit), wo harte körperliche Arbeit, Verletzungen, Schmerzen, Krankheit und Tod den Alltag prägen. Ich glaube dass jemand, der diese Alltagserfahrungen macht wegen der unweigerlichen emotionalen Abstumpfung sehr schwer zu dieser Einfühlsamkeit in der Lage sein wird. Sicher muss man mit Kindern in jeder Gesellschaft nochmal anders umgehen als mit Erwachsenen, aber Juu-Kaa ist hier ja auch schon 18.

    All das scheint bei den Kemono anders und die Frage ist: warum? Es muss einen dramatischen Unterschied zwischen Menschen und Kemono oder zwischen der unsrigen Welt und deiner fiktiven Welt geben, den ich verstehen müsste, um die Kemono zu verstehen - um zu verstehen, was für Ziele / Alltagssorgen etc. diese Individuen haben. Damit ich mich nicht in etwas verrenne, lade ich auch gerne andere Leser ein, mir hier ggf. zu widersprechen.

    • Offizieller Beitrag

    Damit ich mich nicht in etwas verrenne, lade ich auch gerne andere Leser ein, mir hier ggf. zu widersprechen.

    Also ich stimme dir in allem zu, nur eine Sache sehe ich nicht so eng. Aber dennoch eine Überlegung wert.

    Die Sache mit den emotionalen Eltern. Ich glaube das sehe ich so oder so nicht so krittisch, aber gerade weil es keine Menschen sind, ist ihm das ja frei. Ich meine ich lerne die Kemono ja gerade durch sowas kennen. Es gibt ja auch Kuschelbedürftigere Tiere als andere. Vielleicht sind die Kemono einfach emotional anders drauf als wir. Selbst in solchen Lebenslagen. :pardon:

  • Lieber Thorsten, lieber Novize

    Bitte entschuldigt, falls ich den einen oder anderen wichtigen Punkt aus euren Kommentar übersehe habe oder hier falsch/ unvollständig wiedergeben sollte.

    Spoiler anzeigen

    Zunächst mal vielen Dank, dass ihr euch so viel Zeit nehmt, euch mit dieser Geschichte auseinanderzusetzen und hoffe natürlich, dass ihr trotz der Kritikpunkte Spaß damit habt :)

    Mit einem Teil deiner Kritik (Thorsten), empfiehlst du eine punktuelle Überarbeitung einiger von mir verwendeter Stilmittel und zitierst dabei die entsprechenden Stellen. Diese Anmerkungen nehme ich dankbar zur Kenntnis und sammle sie im Hintergrund, um darauf zurückzukommen, wenn ich nach einer ersten fertigen Version der Geschichte nochmal eine Generalüberholung vornehme (vorausgesetzt, die Motivation ist dann auch noch gegeben). Kleinere schnell anzupassende Punkte arbeite ich ggf. schon direkt ein.

    Du (Thorsten) schilderst sehr konkret, was du persönlich von einer Geschichte erwartest und welche Anforderungen erfüllt sein müssen, um dich längerfristig bei Laune zu halten. Dabei habe ich insbesondere herausgelesen, dass du dir zum einen mit der Einführung eines Elements (v.a. der Figuren) eine präzise Schilderung wünschst, damit sich klare Bilder in deiner Vorstellung etablieren können. Diesbezüglich habe ich ja schon angemerkt, dass ich im Zuge der Generalüberholung schauen werde, wo ich die Beschreibung der Figuren (und anderer wichtiger Elemente)unauffällig in den Lesefluss integrieren kann.

    Zum anderen vermittelt ihr beide den Anspruch, dass in der Welt alles logisch passen sollte und zwar nach einem realen gesellschaftlichen Vorbild (Novize erwähnt hier als Beispiel das Mittelalter). Bei einer entsprechenden Konsistenzbewertung geht ihr da auch nach meinem Empfinden sehr in die Tiefe. Ich kann gut nachvollziehen, dass dieser Anspruch wichtig ist und ich bemühe mich, keine allzu großen Logik-Probleme zu erzeugen. Allerdings kann ich mit Sicherheit sagen, dass es mir nicht gelingen wird, in dieser Hinsicht ein perfektes Manuskript abzuliefern. Ich habe quasi schon einen groben Plot konstruiert, von dem ich nur bedingt abrücken kann, da sonst alles in sich zusammenfallen würde und das Projekt damit gescheitert wäre. Da ist es mir dann lieber zumindest einem Teil der Leserschaft ein Vergnügen zu bereiten, anstatt ganz hinzuwerfen. Nichtsdestotrotz habe ich mir im Vorfeld schon diverse Gedanken gemacht, um großen Inkonsistenzen in der Geschichte selbst vorzubeugen, obwohl ich hier etwas Komplexes plane, was kein einfaches Unterfangen ist. Wie gut mir das letztlich gelingt, Inkonsistenzen zu vermeiden - keine Ahnung - ich hoffe halbwegs zufriedenstellend ^^

    Wo sich die Welt und die Geschichte in Sinne einer höheren Konsistenz anpassen lässt, mache ich es gerne und nehme hierzu auch gerne konstruktive Kritikpunkte auf.

    Bei einem Punkt geht mein Ansatz aber wohl in eine andere Richtung als euer Anspruch. Ich nehme mir raus, von realen Vorbildern auch abweichen zu dürfen und folge damit meiner ganz persönlichen Haltung, dass ein Fantasy-Setting so etwas grundsätzlich erlaubt. Es steckt ja schon gewissermaßen im Namen des Genres. Das heißt, ich präsentiere kein vollständig in sich stimmiges Mittelalterdorf mitsamt der mittelalterlichen Kultur, dem Technologielevel, den Sprachgepflogenheiten und, und, und, gemäß dem Inhalt eines Geschichtsbuch. Stattdessen mische hier bewusst verschiedene Inspirationen (westliche, wie fernöstliche oder auch ganz andere Quelle) und habe mir mitunter deshalb auch ein nicht-menschliches Volk geschaffen, um die Erwartung an ein bekanntes Vorbild in all seinen Facetten etwas auszuhebeln. Das hatte Etiam ja auch schon in seinem letzten Kommentar angemerkt.

    Da ich keine Enzyklopädie zur Welt der Kemono voran schiebe, läuft es zwangsläufig darauf hinaus, dass der Leser die Welt erst im Laufe der Geschichte selbst kennenlernt und sich auch mal auf Dinge einstellen muss, die man sich anfangs etwas anders vorgestellt hat, weil man sich streng an bekannte Vorbilder hält. Ja, dadurch kann man vor allem zu Beginn der Geschichte schon mal in eine Lage kommen, bei der man noch nicht ganz einschätzen kann, wie das Sozialleben der Kemono in all seinen Facetten funktioniert und wenn man sich vorher sehr konkrete Vorstellungen macht, kann es dann auch mal anders kommen, als man denkt. Ich denke aber mal, dass solche Situation sukzessive weniger werden sollten, da man das Dorf und die Figuren ja immer besser kennenlernen wird (sofern man eben nicht vorher schon aussteigt).

    Dann hast du Thorsten ja noch eine inhaltliche Dinge angemerkt, die dich fragend zurückgelassen haben. Da wäre zum einen die Rolle der vier Jugendlichen in Szene 1. Hierzu zwei Anmerkungen: Die vier Figuren, denen wir hier folgen, sind sozusagen die vier Kinder der politisches Führungsriege und haben darüber nochmal einen engeren Bezug zu Kaa-ja als die anderen Dorfbewohner. Die Führungsriege (hier: das sogenannte Beratungskomitee) lernt man in Szene 2 und 3 kennen, sodass hier vergleichsweise früh darüber aufgeklärt wird, welchen Status die vier Jugendlichen im Dorf innehaben. Dass niemand sonst bei der Abschlussuntersuchung dabei ist, wird zwischen den Zeilen damit erklärt, dass es sich um einen letzten Gesundheitscheck handelt, von dem nicht mehr viel erwartet wird, da Kaa-ja schon vorab vielfach untersucht wurde. Man kann sagen - es ist hier fast schon symbolisch zu sehen, was ein wenig in Szene 2 durchscheinen soll. Ich überlege aber nochmal, im Rahmen der Generalüberholung vielleicht ein paar weitere Dorfbewohner mit in Kaa-jas Krankenzimmer zu stellen.

    Dann vielleicht auch kurz eine Anmerkung zu Ensos Verhalten, dass dir etwas anmaßend vorkam. Tatsächlich gehört dieses Verhalten ein wenig zu seiner Persönlichkeit, was sich mitunter daraus ergeben hat, dass er eben tatsächlich auch recht klug ist und das von seinem Umfeld auch oft gesagt bekommt. Manche reagieren darauf bescheiden, andere gehen 'offensiver' damit um. Und nur weil er laut über Entscheidungen nachdenkt, heißt das nicht, dass ihm diesbezüglich auch alle folgen.

    Was das Alter des Ältesten angeht, werde ich nochmal überdenken, ob man ihn jünger macht und das bislang etablierte System des Ältesten als Dorfvorstand ändert - man müsste hier und da eine Stellschraube anders ziehen, aber das wäre ein Punkt, den man vergleichsweise unkompliziert anpassen könnte, denke ich.

    Dass ich in Szene 2 den Fokus der Handlungsfragmente teils anders gelegt habe, als es deinem Interesse entspricht ist natürlich schade. Da werd ich auch nochmal im Rahmen der Generalüberholung prüfen, ob ich da interessantes Ergänzungspotenzial finde, ohne dass es die Szene weiter in die Länge zieht.

    Bei den Verwaltungsangestellten in der Dorfhalle hast du recht. 'Viele' ist hier übertrieben. Daher hab ich 'einige' draus gemacht. ggf. kann man hier noch präzisieren, dass es meist so drei Kemono sind, die da zusammenstehen. Dann hast du in Summe 10-15 Verwaltungsangestellte - das passt dann. Was genau die Aufgaben der Verwaltung in diesem Dorf sind - das ist wieder einer der Punkte, die sich im Laufe der Geschichte aufklären wird. Man erfährt aber zumindest in Szene 2 schon mal, dass Organisation einer dieser Punkte ist.

    Dass ich Zen-los Bericht in Szene 2 als Zusammenfassung präsentiert habe, liegt zum einen daran, dass ich nicht nochmal allzu stark in die Thematik von Szene 1 einsteigen wollte und zum anderen sollte es in der Knappheit nochmal deutlich machen, dass die Kemono im Publikum hier kaum neue Informationen präsentiert bekommen. Frei dem Motto: Redundanzen hält man kurz und überspringt sie weitgehend. Für die Leserperspektive ist es natürlich schon weniger eine inhaltliche Wiederholung. Ich werd über diese Stelle auch nochmal nachdenken, wenn es an die Generalüberholung geht.

    Vielleicht noch eine letzte Anmerkung zu Szene 2. Man kann sie im Grunde genommen als erstes Teilstück einer längeren Szene sehen, zu der Szene 3 das zweite Teilstück bildet. Aufgrund der üblichen Länge von Geschichtsbeiträgen hier im Forum, habe ich das zweigeteilt. Daher hat man das Gefühl, dass hier nicht allzu viel passiert, sondern eher die Weichen gestellt werden, für Szene 3. D.h. der Leser soll eine Vorstellung bekommen, in was für einem Ort Szene 3 stattfinden wird und welche Personen anwesend sind. ggf. kann ich für die Generalüberholung noch ein paar Gespräche integrieren, die noch etwas auf die Gefühlslage der anwesenden Kemono eingehen.

    Dann noch ein Punkt, den Novize angesprochen hat. Was Charakterzeichnung und Entwicklung angeht, fokussiere ich auf die Reflektorfigur Juu-ka, da ich mir habe sagen lassen, dass er Leser eben am nähesten an dieser Figur dran ist. Daher biete ich auch schon mal Ausflüge in seine Gedankenwelt an. Bei Nicht-Reflektorfiguren wäre es ja auch perspektivisch falsch, Gedankengänge zu beschreiben. Also zeige ich dem Leser alle anderen Figuren stets aus der Sicht, wie Juu-ka sie kennt und erlebt (mit Ausnahme des Prologs). Wobei ich mir Stand jetzt noch offen halte, ggf. auch mal die Reflektorfigur zu wechseln.

    Da die ganze Geschichte ja auch etwas komplexer angelegt ist, muss man der Sache vielleicht etwas zeit geben, sodass nach und nach neue Informationen vermittelt werden, die einem die Figur(en) näherbringen.

    Lieber Etiam,

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    Das freut mich, dass es dir gefällt, wenn ich den Leser auch mal ein bisschen durch die Lebenswelt der Kemono führe. Ich arbeite gerne damit, solche Abschnitte als Brücke zu verwenden, um darauf fußend die Handlung voranzutreiben. Szene 6 wird wohl ganz gut deutlich machen, was ich damit meine ^^

  • Juu-Ka

    Nur um Missverständnisse zu vermeiden, die dann im schlimmsten Fall zu unnötigem Aufwand auf deiner Seite führen noch ein / zwei Anmerkungen:

    Zum anderen vermittelt ihr beide den Anspruch, dass in der Welt alles logisch passen sollte und zwar nach einem realen gesellschaftlichen Vorbild (Novize erwähnt hier als Beispiel das Mittelalter).

    Die Logik geht natürlich in der Perfektion nicht - ist klar. Es ist auch nicht wichtig, dass alles logisch passt, sondern nur die Dinge, die später eine entscheidende Rolle für die Handlung spielen. Was schnell mal passiert in Geschichten ist, dass die Protagonisten eine aufwändige Lösung eines Problems angehen, obwohl es eine viel einfachere auf der Hand liegende gegeben hätte. Das ist dann unschön. Es hilft, wenn man das früh weiß - dann kann man einfach gegensteuern, indem man z.B. diese offensichtliche Variante unmöglich macht. Da ich noch nicht weiß, was bei dir wichtig ist, merke ich erstmal alles an, was mir komisch vorkommt. Du hast dann selbstverständlich alle Freiheiten dir das raus zu picken, was du als problematisch ansiehst. Was das gesellschaftliche Vorbild angeht: s.u.

    Das heißt, ich präsentiere kein vollständig in sich stimmiges Mittelalterdorf mitsamt der mittelalterlichen Kultur, dem Technologielevel, den Sprachgepflogenheiten und, und, und, gemäß dem Inhalt eines Geschichtsbuch. Stattdessen mische hier bewusst verschiedene Inspirationen (westliche, wie fernöstliche oder auch ganz andere Quelle) und habe mir mitunter deshalb auch ein nicht-menschliches Volk geschaffen, um die Erwartung an ein bekanntes Vorbild in all seinen Facetten etwas auszuhebeln.

    Selbstverständlich kann man sich in seiner eigenen Fantasy-Welt so richtig austoben. Je komplexer und andersartiger eine erfundene Welt (vor allem in der Breite) wird, desto mehr stoßen wir aber an das Problem, dass Thorsten in seinem Eintrag verlinkt hat. Wenn der Leser mit der Geschichte startet, weiß er erstmal nichts von deiner Welt, deinen Lebewesen und dem komplexen Kulturen-Mix, den du ihrem Verhalten zugrunde legst. Und mangels Informationen nimmt er das an, was er am besten kennt. Du musst den Leser also mit all den Informationen füttern, die er braucht, um die Handlung zu verstehen und es ist unendlich schwer, als (allwissender) Autor im Blick zu haben, was der Leser zum jeweiligen Zeitpunkt schon weiß und was nicht - da rutscht auch schon mal eine zentrale Informationslücke durch.

    Ich persönlich würde es mir definitiv nicht zutrauen, dem Leser so eine komplexe Welt nebenbei zu vermitteln. Ich greife daher bisher auf die Methode zurück, ein reales Vorbild um kleine Änderungen (nämlich die zentralen Aspekte meiner Welt) zu ergänzen. Es ist aber fair, das langweilig zu finden und viele Autoren beweisen ja, dass es auch anders geht.

    Es ist also definitiv nicht notwendig, sich an einem reales Vorbild zu orientieren - es macht die Erzählung aber einfacher.

    Was passiert, wenn diese Informationen nicht, oder zu spät in der Geschichte vermittelt werden? Entweder die Informationen über die Welt sind irrelevant für die Handlung. Dann funktioniert die Story - könnte aber genauso gut mit Menschen in New York City stattfinden. Das wäre irgendwie seltsam - wofür hat man die Welt dann gebaut? Oder aber die Infos sind relevant - dann ist die Frage, ob der Leser die Info zum Zeitpunkt, wo er sie bekommt noch mit einer früheren Handlung in Zusammenhang bringen kann, die er sich zunächst mit seinen eigenen Annahmen erklärt hat. Da gibt es sicher einen kritischen Zeitverzug.

    Führt für mich automatisch auch dazu, dass komplexe Welten am Anfang der Geschichte relativ viel Informationsvermittlung brauchen. Und wie Thorsten schon angemerkt hat - besser als Infodump als gar nicht. Der Empfehlung würde ich mich also anschließen. Vielleicht hat aber jemand da auch eine andere Einschätzung ...

  • Juu-Ka

    Da ich keine Enzyklopädie zur Welt der Kemono voran schiebe, läuft es zwangsläufig darauf hinaus, dass der Leser die Welt erst im Laufe der Geschichte selbst kennenlernt und sich auch mal auf Dinge einstellen muss, die man sich anfangs etwas anders vorgestellt hat, weil man sich streng an bekannte Vorbilder hält. Ja, dadurch kann man vor allem zu Beginn der Geschichte schon mal in eine Lage kommen, bei der man noch nicht ganz einschätzen kann, wie das Sozialleben der Kemono in all seinen Facetten funktioniert und wenn man sich vorher sehr konkrete Vorstellungen macht, kann es dann auch mal anders kommen, als man denkt.

    Dass es anders kommen kann als man denkt ist nicht das Problem (oder, zumindest nicht meines) - Plottwists die man nicht vorherahnt machen eine Geschichte reizvoll, man liest um die Welt zu entdecken und ueberrascht zu werden.

    Das ist was ganz anderes als das Fehlen von Beschreibungen die dann dazu fuehren dass man sich keine Bilder im Kopf machen kann. Ein Krimi im Fernsehen ist dadurch reizvoll dass man nicht von Anfang an weiss wer der Taeter ist und von Ermittlungsergebnissen ueberrascht wird - er wird aber nicht dadurch reizvoll dass die Figur des Komissars nur verpixelt gezeigt wird.

    Was Fragen betrifft die ich hier notiere - ich hatte vorher gesagt dass Fragen nicht per se schlecht sind. Jeder Leser gibt Dir als Autor einen bestimmten 'Kredit' um die Geschichte aufzubauen - vielleicht 20 Seiten, wenn er geduldig ist 100 Seiten - die wird er lesen und Fragen erst mal stehen lassen und drauf warten dass sich die Dinge zusammenfuegen - aber wenn die Geschichte nur Fragen aufwirft wenn dieser 'Kredit' aufgebraucht ist, dann legt er die Geschichte zur Seite.

    Du bekommst hier von mir die Fragen die mir in dem Moment bei dem Abschnitt im Kopf rumgehen und die Eindruecke die die Geschichte macht. Zum Beispiel hatte ich - aus dem Verhalten der Youngster gegenueber der Heilerin - den Eindruck dass Heilerin kein besonders respektierter Beruf ist. Ob das der Eindruck ist den ich haben soll, ob ich mir 100 Verwaltungsangestellte vorstellen soll, ob ich mir das Auftreten der Waechter martialisch vorstellen soll - das weisst nur Du, weil Du die Version der Geschichte wie sie wirken soll im Kopf hast. Und dann kannst Du drueber nachdenken woran das liegt dass ich die Geschichte anders wahrnehme als Du sie schreiben willst. Vielleicht ueberlese ich Hinweise im Text. Oder vielleicht ist die Info nicht im Text, sondern nur in Deinem Kopf. Vielleicht bin ich ungeduldig und etwas klaert sich spaeter. Vielleicht raffe ich einen Zusammenhang nicht, den ich raffen sollte. Kann alles sein - aber Du musst als Autor entscheiden wie Du die Info bewertest wie ich Dinge wahrnehme - und Du kannst das wegen meiner auch alles stehen lassen und gar nichts damit machen - die einzige Erwartung die ich habe, ist dass Du ueber Kommentare nachdenkst. :)


    Zu Kapitel 3:

    Hier haben wir die verschiedenen Wahlreden der Anwaerter fuer den Posten des Dorfaeltesten. Unwillkuerlich wurde ich an 'Heroes of the Equinox' aus 'Valerian and Laureline erinnert wo Valerian bei einer ganz aehnlichen Veranstaltung teilnehmen muss (und seine eher planlose Zukunftsvision mit Industrialisierung, oekologisch-spirituellem Wachstum oder kriegerischer Eroberung bildgewaltig verglichen wird :) )

    Mein Eindruck der Szene ist - da steckt eine gute Idee dahinter, diese ganzen Alternativen auszubreiten so dass der Leser so ueber das Dorf und seine Moeglichkeiten erfahren kann und auch die verschiedenen Typen kennenlernt, aber in der Ausfuehrung finde ich die vier Anwaerter ueberzeichnet. Ich habe den Eindruck, jeder Satz zielt darauf ab klar zu machen was fuer eine Person das ist - aber sowas mag ich lieber etwas subtiler. Ich wuerde ja annehmen dass sie sich bei einer solchen Veransteltung irgendwie bemuehen auf das Wahlvolk zuzugehen - und sich eben nicht so geben wie zu Hause am Tisch (oder in der Schule, oder der Kaserne).

    Ein paar konkrete Punkte die mir aufgefallen sind:

    Ich werde außerdem die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die ich mir in meinem Lehrerberuf angeeignet habe, dazu nutzen, um die Entwicklung dieses Dorfes voranzubringen!

    Woher kommen denn wissenschaftliche Erkenntnisse? Sie war ja nun irgendwie nicht an einer Uni wie Lehrer das bei uns so sind, oder? Im Wesentlichen hat sie die fruehere Dorfschullehrerin und die Bibliothek als Wissensquelle...

    Außerdem werde ich die Effizienz der Ernte-, Schmiede- und Handwerksarbeit mit der Entwicklung neuartiger Werkzeuge erhöhen, sodass wir bei gleichbleibendem Wohlstand mehr Zeit für die individuelle Selbstverwirklichung haben werden!

    Hm, ja - wir verlassen die Welt der Fantasy und erreichen die Wortblasen die Unternehmensberater so absondern. Um so zu reden braucht man schon diverse kulturelle Elemente die definitiv sehr modern sind - und nicht so recht zu einem Dorf zu passen scheinen (wir leben real auf einem finnischen Dorf, und da kommt keiner mit solchen Begriffen an...)

    Die Zuhörer schienen Hoffnung aus ihrer Ansprache zu schöpfen

    Wieso Hoffnung? Hoffnung auf was? Wieso hatten sie vorher keine Hoffnung?

    Wenn sie gehofft hatten dass sich Kaa-ja's Zustand verbessert, dann hilft die Rede nicht, die hilft nur wenn sie befuerchtet hatten dass sich ueberhaupt kein brauchbarer Kandidat findet - aber wenn das im Raum stand wurde es nicht erzaehlt. So ist 'Hoffnung' hier ein eigenartiges Wort.

    während sie ihre filigranen Finger zu einer betenden Haltung aneinander führte

    Finger gehoeren zu einer Hand - Pfoten? Krallen? Wie auch immer die aussehen...

    Härter, aber ertragreicher! Das heißt, ihr arbeitet mehr als bisher, werdet aber auch mehr davon haben!

    Hm, sowas kann man vielleicht schon als Wahlprogramm nehmen, aber irgendwie sollte es dem Waehler konkreter schmackhaft gemacht werden - Blut, Schweiss und Traenen Reden gibt's in der Literatur zuhauf, aber wenn Churchill es dabei belassen haette zu sahen 'wir werden haerter gegen Deutschland kaempfen als bisher, aber auch mehr Erfolge haben' - dann koennte ich mir schon einen anderen Kriegsausgang vorstellen...

    Kaa-ja wird diese Krankheit überleben, das schwöre ich bei meinem eigenen Leben!

    Hm, also, so ausrasten und 'Scheisse' bruellen und Eide schwoeren auf die er keinen Einfluss hat - sowas stelle ich mir eher spaetabends nach 15 Bechern Apfelwein in der Taverne vor. Man sollte meinen dass er mit diesem Ausfall mehr als eine Konvention verletzt und sich damit in der Dorfgemeinschaft unmoeglich macht. Wie gesagt, ich wuerde mir die Wut dahinter subtiler wuenschen, eher dass er hoeflich bleibt, aber zwischen den Zeilen sein Groll durchkommt.

  • Zu Kapitel 4:

    So insgesagt gefaellt mir das gar nicht so schlecht, wie die Youngsters da aus alten Schriften auf Erkenntnisse kommen und da eine Theorie entwickeln. Dass es die Youngsters sind und nicht die Alten hat natuerlich so ein bisschen was von 'Die Drei ???' - aber es liest sich gut durch und man folgt der Sache gerne. :thumbup:


    Der Troll bekommt Angst davor, sich bei ihr anzustecken

    Interessanter Twist fuer ein Maerchen :D - die Kemono wissen also dass Krankheiten ansteckend sind. Wieso werden bei Kaa-ja dann keine Vorkehrungen getroffen - offenbar hat er Fieber und koennte zumindest potentiell eine ansteckende Krankheit haben?

    in einem idyllischen Wäldchen in den Wolken, wo der Fuchs sie in eine heilige Quelle legt

    In den Wolken ist ja in Maerchen typischerweise 'auf den Wolken die als fest angenommen werden' - so wie 'das Schloss in den Wolken' - ist das hier so gemeint oder ein modernes 'im Nebel der eine Wolke darstellt'? Sollte aus dem Maerchen eigentlich rauskommen - das erstere waere eine viel schwaechere verbindung zu einem nebelumhuellten Berg als das letztere.

    Ich glaube, dass solche Geschichten in der Regel durch die Lebenserfahrungen ihrer Autoren inspiriert werden.

    Also, hier muss ich einwerfen dass Woerter was bedeuten (wieder ein Blogeintrag :) )- es gehoert grade zur Definition von 'Maerchen' dass sie eben nicht durch die Lebenserfahrungen ihrer Autoren inspiriert sind, sondern im Unterschied zur Sage und Legende sind Märchen frei erfunden und ihre Handlung ist weder zeitlich noch örtlich festgelegt (Wikipedia). (Vielleicht bedeutet 'Maerchen' bei den Kemono was ganz anderes - aber das wissen wir als Leser eben nicht weil es nicht gesagt wird).

    Was er also hier sagt ist 'ich glaube dass Maerchen in der Regel gar keine Maerchen sind' - was sein kann, aber die Frage aufwirft warum sie dann so heissen.

    Juu-ka zählte im Stillen die Namen zwischen Tika und Yuri, verrechnete sie mit der Lebenserwartung eines Kemono und kam zu dem Schluss, dass Tikas Geschichten bereits ein halbes Jahrtausend alt sein mussten.

    Jo, da gibt's ein technisches Problem - 500 Jahre sind gut 16 - 20 Generationen - wenn ich einen Stammbaum zeichne, dann bekomme ich vielleicht 4 oder 5 Generationen auf ein Blatt, mehr aber sicher nicht. Ich bezweifle dass so viele Generationen uebersichtlich auf ein Blatt passen...

    Als nächstes habe ich die Bibliothek nach Berichten zu den Außeneinsätzen des Wächtertrupps abgesucht und bin hierauf gestoßen.

    Hm, ja - das wirft folgende zwei Fragen auf:

    Einmal - angenommen Tika hat auf einer Expedition eine Quelle mit wundersamen heilenden Eigenschaften entdeckt und die Info in ein Maerchen einfliessen lassen - wieso wurde so eine wichtige Sache von niemandem in der Expedition als Fund vermerkt?

    Und zum zweiten - wenn es einen guten Grund gab dass der Fund der Quelle nicht in die Berichte gekommen ist - wieso faellt das Fehlen nicht trotzdem einem der Youngsters auf? Es ist doch eine eher bemerkenswerte Abwesenheit...

  • So, es wird wieder Zeit, die Geschichte um einen weiteren Beitrag zu erweitern :)

    Novize und Thorsten - vielen lieben Dank für eure umfangreichen Kommentare, die ihr nach meiner letzten Antwort verfasst habt. Zuletzt habe ich mich auf den hier präsentierten Beitrag konzentriert und noch keine Zeit gefunden, euch darauf zu antworten - das werde ich dann aber zeitnah nachholen :)


    (Wie immer gilt: Konstruktive Kritik etwa zu Rechtschreibung & Grammatik, Logikproblemen, überschwänglichem oder mangelndem Gebrauch verschiedener Stilmittel, u.a. ist hier ebenso gern gesehen, wie ein paar warme Worte, was euch gut gefällt, oder auch Anmerkungen dazu, worüber ihr gerne mehr erfahren wollt bzw. was so eure Erwartungen an den weiteren Verlauf der Geschichte ist.)


    Bisherige Beiträge

    Weltenbau-Beitrag - - - - - [Link]

    Prolog - - - - - - - - - - - - - -  [Link]

    1 - - - - - - - - - - - - - - - - - - [Link]

    2 - - - - - - - - - - - - - - - - - - [Link]

    3 - - - - - - - - - - - - - - - - - - [Link]

    4 - - - - - - - - - - - - - - - - - - [Link]

    5 - - - - - - - - - - - - - - - - - - [Link]


    Was bisher geschah:

    Spoiler anzeigen

    Kaa-ja, der allseits geliebte Älteste und Anführer des Kemonodorfes liegt im Sterben. Aus dem Abschlussbericht der obersten Heilpraktikerin geht hervor, dass der Älteste unter Anwendung lebensverlängernder Maßnahmen noch etwa dreißig Tage zu leben hat. Die Führungsriege des Dorfes hat zu diesem Anlass eine Wahl zum neuen Dorfvorsteher verkündet. Unter den Kandidaten befinden sich die Dorflehrerin Mi-ran, die Priesterin Lukit und die Kommandantin des Wächtertrupps Yuri. Der Handwerkslehrling Juu-ka und seine drei Freunde Li-hoi, Amai und Enso hegen derweil noch die Hoffnung, Kaa-ja vor seinem bevorstehenden Ableben bewahren zu können. Bestärkt wird ihre Hoffnung durch den Hinweis auf eine Heilquelle auf dem heiligen Berg Nachtnebel, die Enso mithilfe einer Wächterexpedition zu finden hofft. Während Li-hoi und Amai dieser Chance zuversichtlich entgegenblicken, hadert Juu-ka mit Ensos Plan, da das Betreten des Berges Erzählungen zufolge mit einer großen Gefahr für das Dorf einhergeht. Um den Kopf freizubekommen, beschließen Juu-ka und seine Eltern, Lukits Abendmesse zu besuchen, die sich allmählich ihrem Ende zuneigt...

    6

    Zum Abschied stimmte Lukit wie gewohnt ein Dankeslied an den großen Kitsune an und erfüllte die gesamte Zeremonienhalle mit dem heilsamen Klang ihrer lieblichen Stimme. Während die Priesterin vorne auf dem Podest hockte und ihr schmuckvolles Gewand zum Rhythmus des Liedes mitschwang, erhoben sich die Besucher nach und nach von ihren Plätzen und dankten Lukit mit einer tiefen Verbeugung für den aufmunternden Abend. Dann traten sie sichtlich erholt durch den Tempeldurchgang ins Freie und machten sich auf den Heimweg.

    Auch Juu-kas Eltern waren bereits aufgestanden und warteten auf ihren Sohn. Der junge Kemono blieb allerdings noch auf der Matte sitzen, um Lukits Lied bis zum Ende zuzuhören. Es war bezaubernd und Balsam für seine Seele. Als er die wartenden Blicke seiner Eltern registrierte, flüsterte Juu-ka den beiden leise zu. "Komme gleich nach." Das Elternpaar nickte verständnisvoll und folgte daraufhin den anderen Besuchern aus dem Tempel.

    Nachdem Lukits Stimme schließlich verklungen war, verbeugte sie sich ihrerseits vor den wenigen Besuchern, die ihr bis zum Ende zugehört hatten und wandte sich dann ab, um in einem kleinen Hinterzimmer zu verschwinden.

    Juu-ka verweilte noch etwas schwermütig auf seinem Platz und sah den beiden letzten verblieben Familien dabei zu, wie sie inmitten eines zuversichtlichen Gesprächs nun ebenfalls ihre Matten verließen.

    Die beiden Familien hatten den Tempeldurchgang noch nicht ganz erreicht, da löste sich Mi-ran schließlich aus ihrer wartenden Haltung und steuerte zielstrebig auf das Hinterzimmer zu. Dort angekommen klopfte die Dorflehrerin zweimal laut gegen die Tür, wartete aber nicht auf Lukits Reaktion, sondern öffnete sie einen Augenblick später selbst. Dann verschwand auch Mi-ran in dem Zimmer und zog die Tür dabei hinter sich zu.

    Der Ausdruck im Gesicht der Lehrerin war ernst, zu ernst für Juu-kas Geschmack. Was hatte sie nur? Eigentlich hatte der junge Kemono seinen Eltern versprochen, direkt nach dem Ende der Messe nachzukommen, doch in diesem Augenblick war seine Neugier größer als sein Pflichtgefühl. Die Besucher hatten den Tempel mittlerweile vollständig verlassen, sodass es niemanden auffiel, als Juu-ka leise an die Tür des Hinterzimmers schlich und lauschte, was für ein Gespräch sich dahinter abspielte...

    Es war Mi-rans mahnende Stimme, die Juu-ka zuerst vernahm. " ...ich will damit sagen, dass du zweifellos eine wichtige Stütze für dieses Dorf bist, aber für Kaa-jas Nachfolge bist du nun mal leider ungeeignet. Und das solltest du unseren Mitbürgern gegenüber auch ehrlich zugeben. Politik funktioniert nicht auf der Grundlage deines spirituellen Weltbildes. Sie würde dich überfordern und das Dorf leidet dann darunter."

    Die ruhigen Worte der Priesterin waren wesentlich leiser, sodass Juu-ka genau hinhören musste, um ihre Antwort zu verstehen. "Liebste Mi-ran, wir sollten uns kein Urteil darüber anmaßen, wer das Dorf in die richtige Richtung führen kann. Dieses Urteil obliegt ganz allein unserem gesegneten Volk. Der große Kitsune wird unseren Brüdern und Schwestern Erleuchtung schenken und sie zur richtigen Entscheidung führen."

    Mi-ran klang jetzt um Beherrschung bemüht. "Bitte entschuldige, aber das ist doch Blödsinn. 'Erleuchtung, um die richtige Entscheidung zu treffen'. Die Leitung dieses Dorfes ist eine ernste Sache und erfordert umfangreiche Fachkenntnisse zu den verschiedenen Berufsbereichen, zum sozialen Miteinander, zum Ressourcenmanagement... Nimm's mir nicht übel, aber davon hast du nun mal keine Ahnung."

    "Hab Vertrauen." Lukit ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und Juu-ka fragte sich, ob sie Mi-ran gerade mit ihrem üblichen sorglosen Lächeln provozierte - ob nun gewollt oder ungewollt. "Alles folgt dem göttlichen Plan des großen Kitsune. Wer auch immer als Nachfolger auserwählt wird, genießt die..."

    "Tritt von der Kandidatur zurück, Lukit!" Mi-ran unterbrach die Priesterin mit einer Lautstärke, die ihre Worte klar und deutlich durch die geschlossene Tür transportierte. Juu-ka wich erschrocken zurück, führte sein Ohr aber sofort wieder an die Tür, damit er Lukits Reaktion nicht verpasste.

    Die Priesterin reagierte indes völlig ruhig und klang beinahe so, als gebe sie einem verunsicherten Gemeindemitglied einen gut gemeinten Rat. "Liebste Mi-ran, ich denke, du solltest den Tempel jetzt besser verlassen."

    Juu-ka sah vor seinem inneren Auge, wie Lukit ihre Pfote auf die Schulter seiner ehemaligen Lehrerin legte und sie dann langsam zum Ausgang eskortierte. Diese Vorstellung zerschlug sich allerdings direkt wieder, sodass der junge Kemono noch ein bisschen länger vor der Tür verharrte.

    "Ich gehe erst, wenn ich dich zur Einsicht gebracht habe!" herrschte Mi-ran die Priesterin jetzt mit einer jähen Ungeduld an.

    Plötzlich polterte etwas im Hinterzimmer. Lukit schrie entsetzt auf und Mi-ran brüllte etwas, das Juu-ka bei dem ganzen Krach nicht verstehen konnte. Der junge Kemono wurde ganz blass im Gesicht und spürte einen stechenden Schmerz in seiner Brust. Tief in seinem Inneren appellierte eine Stimme an ihn: 'Geh dazwischen! Lass nicht zu, dass die Situation eskaliert.' Doch Juu-ka war wie gelähmt, wenn auch nur für einen kurzen Augenblick.

    Stampfende Schritte näherten sich von der anderen Seite der Tür und rissen den verängstigten Kemono aus seiner Paralyse. Juu-ka schrak auf und rannte getrieben von einem natürlichen Fluchtinstinkt sofort los. Er stolperte beinahe vom Podest, schaffte es aber noch im letzten Moment von der Kante auf eine der Tatamimatten abzuspringen und hetzte dann mit rasendem Herzschlag Richtung Tempeldurchgang. Just in dem Moment als die Tür des Hinterzimmers aufschlug, rettete er sich mit einem beherzten Sprung aus dem Sichtfeld des Podests und landete draußen in einem luftigen Pfeilblattbusch.

    Das dichte Blattwerk raschelte unmerklich, während sich Juu-ka zwischen den biegsamen Ästen in eine Position brachte, aus der er ungesehen in die Zeremonienhalle spähen konnte. Sein Blick zeigte ihm eine sichtlich aufgebrachte Mi-ran deren schulterlanges Haar ein wenig durcheinander geraten war. Dem Hinterzimmer zugewandt stand sie mitten auf dem Podest, auf dem Lukit noch vor wenigen Minuten Harmonie verbreitet hatte. "Wie kann man nur so bockig sein! Ich werde nicht zulassen, dass du unser Dorf ins Elend stürzt!!"

    Die betrübte Stimme aus dem Hinterzimmer war mit einem leichtem Bedauern untersetzt. "Lass ab von diesen dunklen Gedanken! Finde zurück ins Licht!" Doch eine Antwort bekam die Priesterin darauf nicht mehr. Stattdessen marschierte Mi-ran mit ernster Miene aus dem Tempel und schüttelte frustriert ihren Kopf.

    Juu-ka stockte der Atem, als die Dorflehrerin mit einem ärgerlichen Gemurmel sein Versteck passierte. Doch vermutlich hätte sie ihn nicht einmal bemerkt, wenn er offen am Wegesrand gestanden hätte. Der junge Kemono sah ihr noch eine kurze Weile hinterher und stieß völlig ermüdet einen langen Atemzug aus, nachdem Mi-ran an einer Stablaterne ins Verwaltungsviertel abgebogen war. 'Was soll das nur werden...? Irgendwie macht mir Mi-ran Angst...' Juu-ka drohte in seinen Sorgen um die Zukunft des Dorfes zu versinken, doch dann schoss ihm der Gedanke an seine vermutlich schon ungeduldig wartenden Eltern durch den Kopf.

    Gerade als sich Juu-ka wieder aus seinem Versteck befreien wollte, ertönte eine strenge Stimme ganz in seiner Nähe. Da es ihm unangenehm war, von jemandem dabei gesehen zu werden, wie er sich aus einem Busch vom heiligen Tempelgarten erhebt - womöglich noch mit Ästen und Blättern im Fell - entschied er sich vorerst im Verborgenen zu bleiben. Zu der strengen Stimme gesellte sich eine weitere schroffe Stimme, in die sich ein gewisser Zynismus mischte...

    "Mi-ran geht ja richtig zu Sache. So sollte sie sich dem Dorf besser nicht präsentieren, wenn sie die Führung übernehmen will."

    Als die beiden Kemono nun zu ihm auf die Straße abbogen, konnte er sie halbwegs gut erkennen. Beide trugen die dunklen, rotumrandeten Rüstungen des Wächtertrupps mit dem ikonischen Prankensymbol auf der Brust und einen langen Speer, dessen unteres Ende sie als Spazierstock zweckentfremdeten. Juu-ka verengte seine Augen zu schmalen Schlitzen und stellte dabei fest, dass es sich bei dem Kemono mit der schroffen Stimme um jenen Wächter handelte, der zuvor an der Statue des großen Kitsune Wache geschoben hatte.

    "Du glaubst, Lukit wird's werden?"

    "Yuri jedenfalls nicht."

    Die beiden Wächter mit dem kurzen grauen Fell kamen Juu-kas Versteck jetzt immer näher und blieben schließlich wenige Meter neben seinem Pfeilblattbusch stehen. Wieder versuchte der junge Kemono die Luft anzuhalten, allerdings machten die Wächter keine Anstalten, sich vom Fleck zu bewegen. Also wechselte er seine Strategie auf lange nahezu geräuschlose Atemzüge durch den Mund.

    "Ja, das wird 'ne Wahl zwischen Krätze und Fellschwund."

    "Shh...!" Der Wächter der goldenen Fuchsstatue horchte jetzt konzentriert und forderte seinen Kollegen mit einem strengen Blick zum Schweigen auf.

    Noch ehe Juu-ka überhaupt reagieren konnte, schnellte das spitze Ende eines Speers nur einen Pfotenbreit neben ihn in die Erde. Juu-ka schrie erschrocken auf und purzelte unsanft aus dem Busch. Ehe er sich versah, hatten ihn die beiden Wächter umzingelt und starrten ihn von oben herab bedrohlich an. "Was treibst du dich hier rum!?" herrschte ihn der Wächter mit der strengen Stimme an, während er seinen Speer auf Juu-ka gerichtet hielt.

    Der Körper des jungen Kemono zitterte nervös und zwang seine Stimme zum Stottern. "I-I-Ich.. b-b-bitte... i-i-ich habe nur..."

    Der angesprochene Wächter hob seine Augenbraue und wirbelte das spitze Ende seines Speers in die Höhe, bevor er Juu-ka mit dem stumpfen Ende leicht gegen die Seite stieß. "Geh nach Hause, Junge. Die Messe ist vorbei." Dann zog er den Speer wieder zurück und stieß ihn vor sich in den Boden.

    Für den Moment erinnerte Juu-ka an einen hilflosen Käfer, der auf den Rücken gefallen war und verzweifelt versuchte, sich wider aufzurichten. Nach zwei, drei Anläufen gelang es ihm schließlich, unter den amüsierten Blicken der beiden Wächter wieder auf die Beine zu kommen. "Bitte, es tut mir Leid! Es kommt nicht mehr wieder vor!" stammelte der junge Kemono schrecklich nervös, während er sich ehrfürchtig verbeugte.

    Juu-ka sah die beiden Wächter noch eine Weile verängstigt an und wagte dann einen zaghaften Schritt zurück. Als er merkte, dass sie ihn daraufhin nur gelangweilt anglotzten, entfernte er sich einen weiteren Schritt von ihnen, wartete kurz und rannte schließlich hastig nach Hause.


  • Zu Kapitel 5:

    Hier geht's im Wesentlichen um die Stimmung die in zwei Szenen eingefangen wird, einmal das Abendessen und dann der Tempel. Grade beim Tempel finde ich das gut geglueckt, man bekommt einen starken Eindruck von der Szene - und wie sie auch auf die Kemono wirkt.

    Kein Kommentar von mir allerdings ohne die Kleinigkeiten... :D

    Der junge Kemono hatte seine Eltern schon eine ganze Weile aufmerksam beobachtet.

    Hier beobachtet er aufmerksam...

    Also glotzte er sie einfach nur an und vergaß dabei völlig, weiter zu essen.

    ... und hier glotzt er - das ist irgendwie kein Synonym, aufmerksam beobachten laesst jemanden intelligent wirken, glotzen laesst ihn dumm wirken. Was denn nun - das 'glotzen' fand ich hier fehl am Platz...

    während er ein Streichholz aus der Schachtel herausnahm und es an der seitlichen Reibfläche entzündete

    Ein Streichholz? Das waere dann eben mal wieder die beruehmte Frage nach dem Technologielevel die Novize aufgeworfen hatte. Man kann schon Seide herstellen - aber nicht 'einfach so' weil die Raupen da sind, das ist ein langer Prozess, irgendjemand muss das ja auch weben, faerben,... Genauso Streichhoelzer - man braucht schon etwas Chemie um den Phosphor aufzubereiten, jemand muss die Hoelzer zurechtschnitzen, Phosphor aufbringen...

    Fuer sowas braucht man irgendwie schon Manufakturen und Spezialisten - wie soll ein Dorf die Produktionsbasis dafuer bieten?

    'Sie ist sicher gekommen, um mit Lukit zu sprechen...'

    Zu offensichtlich, da wird dem Leser mit dem Betonpfahl etwas gesteckt das er sich selber denken kann. :schiefguck:

    • Offizieller Beitrag

    Zum Abschied stimmte Lukit wie gewohnt ein Dankeslied an den großen Kitsune an und erfüllte die gesamte Zeremonienhalle mit dem heilsamen Klang ihrer lieblichen Stimme.

    well, that escalated quickly.

    Ich würde ja gerne sehen wie Lukit ausschaut.
    Wurde da nur was von einem Regal gestoßen und wurde Mi-ran handgreiflich?

    Du hast es gut gemacht, dass Juu-Ka nicht direkt zu ihr kann, wegen den Wächtern. Ob mir die Eskalation im Hinterzimmer an sich gefällt, das weiß ich noch nicht. Kommt drauf an, wie es sich nun in die Geschichte einbetet. Deswegen warte ich da einfach mal ab. Ich kann aber schon mal sagen, dass ich von Mi-ran überrascht bin. Aber das ist ja nichts negatives, weil ich kenne sie ja noch gar nicht. Würde also keineswegs sagen, dass sie out of Character handelt. Aber überrascht bin ich trotzdem.

    Ressourcenmanagmet, war ein Wort, das Mi-ran benutzt hatte. Passt aber leider nicht so ins Setting, finde ich :hmm:

  • @Juu-Ka

    Du bleibst deinem Stiel treu und ich kann mich den anderen nur anschließen.

    Aber ich bekomme auch immer mehr den Eindruck das dein 300 Seelen Dorf nur schwer funktioniert, weil es einfach zu viele Bereiche dafür gibt, das sie dreihundert erledigen könnten. Wenn ich mindestens ein drittel für Kids abziehe...

    Und manche Wörter passen einfach nicht wie

    Ressourcenmanagmet, war ein Wort, das Mi-ran benutzt hatte. Passt aber leider nicht so ins Setting, finde ich :hmm:

    Bei anderen Denke ich mir wird zu viel verlangt, wie

    Ein Streichholz? Das waere dann eben mal wieder die beruehmte Frage nach dem Technologielevel die Novize aufgeworfen hatte. Man kann schon Seide herstellen - aber nicht 'einfach so' weil die Raupen da sind, das ist ein langer Prozess, irgendjemand muss das ja auch weben, faerben,... Genauso Streichhoelzer - man braucht schon etwas Chemie um den Phosphor aufzubereiten, jemand muss die Hoelzer zurechtschnitzen, Phosphor aufbringen...

    Kann mich da noch an einen alten Mann erinnern, als ich ihn fragte; "Onkel was machst da?" "Feuer, des was kaufen kannst taugt nichts." Der mischte und bastelte seine eigenen Hölzer. Hab mir ne Ohrfeige eingefangen, weil ich, neugierig wie ich bin, reingefasst hatte. Meiner Meinung liegt das an Erfahrung oder auch Wissen das einem von wem anders vermittelt wurde. Obwohl? Bisher kennen wir nur das Dorf und den Käferwald, die Welt außerhalb....

    Auch vor Thorstens Hintergrundgedanken wirds eng für dreihundert, außer sie kennen nichts als Arbeit, Arbeit, Arbeit

    Was bei allem Japanischen Hauch Eng wird.

  • Der mischte und bastelte seine eigenen Hölzer.

    Ja, sowas kannst Du machen wenn Du eine Drogerie hast wo Du Chemikalien kaufen kannst - aber wenn Du jetzt nicht in die Stadt fahren kannst - wo genau nimmst Du z.B. Phosphor her?

    Katharina und ich machen viele Sachen selber - wir brauen z.B. Wein und Bier, wir gerben Leder udn Felle... nur - alleine genug Rinde fuer eine Tannin-Gerbung zu zerkleinern ist schon eine Menge Arbeit. Ohne Glyzerin aus der Apotheke ist was Weichmachen schwierig, ohne Alaun und Borax aus der Apotheke ist die Weissgerbung nicht machbar - wo und wie man das mal eben aus der Natur gewinnen sollte weiss ich schon mal gar nicht.

    Erfahrung und Wissen helfen Dir halt nur, wenn Du die Chemikalien hast. Aber irgendwer muss die halt auch bereitstellen.

  • @Thorsten

    Meiner Meinung liegt das an Erfahrung oder auch Wissen das einem von wem anders vermittelt wurde. Obwohl? Bisher kennen wir nur das Dorf und den Käferwald, die Welt außerhalb....

    Auch vor Thorstens Hintergrundgedanken wirds eng für dreihundert, außer sie kennen nichts als Arbeit, Arbeit, Arbeit

    Was bei allem Japanischen Hauch Eng wi

    Genau das meinte ich damit. Gibt es Handel oder Fahrendes Volk oder...?

  • Lieber Novize,

    Spoiler anzeigen

    Danke für die weiterführenden Anmerkungen. Das hat mir etwas mehr Klarheit über deine Kritikpunkte verschafft. Ich denke, ich verstehe jetzt etwas besser, wie du zur Orientierung an Vorbilder für die Weltengestaltung stehst.

    Dass die Story-relevanten Elemente der Geschichte unbedingt logisch passen sollten, da sind wir uns glaube ich alle einig und daran schraube ich auch viel im Hintergrund. Teilweise bewegt sich die Story dann auch in eine ganz bestimmte Richtung, weil andere Ideen einfach nicht mehr dem Pfad der Logik folgen können. So 'verändert' sich beispielsweise gerade ein ganzes Areal, was im späteren Teil der Geschichte vorkommen wird, weil ich zuvor gewisse Entscheidungen von Figuren eingebaut habe, die bei der bisherigen Gestaltung nicht mehr dahin führen, wo ich sie für die Story brauche. Die Kunst ist es dabei, konstruierte Zufälle zu schaffen. Die versuche ich auch weitgehend zu vermeiden, damit alles authentisch und nachvollziehbar wirkt. Diesbezüglich habe ich auch eure Kritik im Hinterkopf, dass Enso in der Bibliothek vergleichsweise schnell auf das Märchenbuch stößt. Nach meiner Vorstellung funktioniert diese konkrete Stelle eigentlich ganz gut - aber ich werde ggf. noch etwas daran drehen, wenn es am Ende zur Generalüberholung kommt.

    Zitat:

    Da ich noch nicht weiß, was bei dir wichtig ist, merke ich erstmal alles an, was mir komisch vorkommt. Du hast dann selbstverständlich alle Freiheiten dir das raus zu picken, was du als problematisch ansiehst. Was das gesellschaftliche Vorbild angeht: s.u.

    Das ist gut zu wissen, dass die Kritikpunkte dann teilweise provisorischer Natur. Es war für mich noch nicht ganz ersichtlich, ob das ein Problem ist, das eine vorangestellte Erklärung erforderlich macht oder ob ich diese Punkte einfach im Auge behalten sollte, um sie im weiteren Verlauf aufzuklären.

    Sich Gedanken darüber zu machen, wie die Gesellschaftsform das Verhalten beeinflusst, ist ein spannender Punkt, den ich zu Beginn der Geschichte nicht wirklich auf der Agenda hatte. Ich hab mich da eher daran orientiert, wie sich die Dorfbewohner unter der Prägung von Kaa-jas Führung entwickelt haben und wie sie sich jetzt allmählich verändern, wo sein Einfluss ausfällt. Des Weiteren habe ich viel Wert darauf gelegt, möglichst unterscheidbare Charaktere zu schaffen, sodass der Leser den Namen der wichtigen Figuren relativ früh ein konkretes Verhalten zuordnen kann. Dazu habe ich dann zuweilen auch eine leichte Überzeichnung in Kauf genommen, die Thorsten ja für Szene 4 angemerkt hat. Wenn ich im Laufe der kommenden Szene tiefer in die Persönlichkeiten der Figuren einsteige, kann ich sie dann vielleicht im Zuge der Generalüberholung ein wenig umschreiben, sodass die Unterscheidbarkeit bei einer geringeren Überzeichnung erhalten bleibt. Wenn ich dann mal soweit bin, kann ich auch versuchen, das Verhalten der Figuren etwas mehr den Weltenbau anzupassen. Ich erwarte da aber keine allzu großen Veränderungen, da der Plot schon Priorität hat.

    Zitat:

    Wenn der Leser mit der Geschichte startet, weiß er erstmal nichts von deiner Welt, deinen Lebewesen und dem komplexen Kulturen-Mix, den du ihrem Verhalten zugrunde legst. Und mangels Informationen nimmt er das an, was er am besten kennt.

    Ich kann mir schon vorstellen, in der Generalüberholung das ein oder andere Kapitel einzubauen, das einfach nur dazu dient, die Welt und die Figuren näher vorzustellen - nur habe ich dann die Befürchtung, dass dem Leser langweilig wird, weil zu wenig Aufregendes passiert. Im Moment versuche ich da ein bisschen zu mixen und Szenen mit Fokus der Vorstellung der Welt (wie Szene 2 und 5) solchen Szenen voranzuschieben, die dann den Plot aktiv weiterbringen (wie z.B. Teile der Szene 3 und 6). Mit diesem Mix erhoffe ich mir auch ein angenehm zu lesendes Pacing - also keine zu große Längen und auch nicht zu viel Action hintereinander. Vielleicht kann man sich da nochmal an späterer Stelle darüber unterhalten, was da so die richtige Balance ist.

    Zitat:

    Es ist also definitiv nicht notwendig, sich an einem reales Vorbild zu orientieren - es macht die Erzählung aber einfacher.

    Ja, dieser Punkt hat mir deine Argumentation nochmal etwas klarer gemacht :)

    Zitat:

    Oder aber die Infos sind relevant - dann ist die Frage, ob der Leser die Info zum Zeitpunkt, wo er sie bekommt noch mit einer früheren Handlung in Zusammenhang bringen kann, die er sich zunächst mit seinen eigenen Annahmen erklärt hat. Da gibt es sicher einen kritischen Zeitverzug.

    Das ist ein guter Punkt. Ich versuche die Erinnerung des Lesers an solche Punkte zuweilen durch offene Fragen aufrechtzuerhalten, wie zum Beispiel in Szene 4 oder auch die zweite Hälfte von Szene 6. D.h. ich versuche dem Leser deutlich zu machen: das hier ist wichtig, aber du weißt definitiv noch zu wenig, um es mit einer Vermutung zu erklären und dann beiseite zu legen.

    Lieber Thorsten,

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    Zunächst nochmal vielen Dank für die vielen Gedanken, die du hier beisteuerst. Was ich oben Novize gesagt hat, kann ich hier auch noch mal für deine Kommentare wiederholen. Durch deine zusätzlichen Erläuterungen in Kommentar #71 habe ich ein besseres Gefühl dafür bekommen, wie ich deine Kritik lesen muss. Das heißt, ich mache mir jetzt bewusst, dass dir gewisse Informationen fehlen (bzw. dem Leser allgemein fehlen könnten), zu denen du mir aber die Möglichkeit offen lässt, sie nachzuliefern, solange du mir deinen 'Kredit' gewährst. Dabei habe ich nicht vergessen, dass du dir vorab noch einige Informationen mehr wünschen würdest, um dir ein besseres Bild von der Welt und der Figuren machen zu können, um vom Verständnis her ungefähr auf einer Linie mit meiner intendierten Erzählung bist. Wie ich es zu Novize schon gesagt habe, müsste man vielleicht am Ende der Geschichte mal einen gesamtheitlichen Blick darauf werfen, in welchem Umfang man noch Kapitel einschieben könnte, die auf die Vorstellung der Welt und der Figuren fokussieren, ohne dabei Längen zu erzeugen, durch die einem Leser abspringen.


    Zu Kapitel 3:

    Was die Überzeichnung der Charaktere angeht, werde ich in der Generalüberholung nochmal prüfen, ob man das etwas abschwächen kann. Wichtig ist dabei aber, dass der Leser die Figuren dann immer noch gut voneinander unterscheiden kann. So dient diese Szene ja gerade dazu, dass der Leser all diesen neuen Figuren eine klare Erinnerung zuordnen kann, wenn sie das nächste Mal wieder auftreten. Interessant finde ich, dass diese Szene so insgesamt sehr unterschiedlich ankam. Da spielen persönliche Präferenzen wohl eine recht starke Rolle.

    Zu Mi-ran: Meine Absicht war es, sie mit ihrem Charisma und ihrer selbstbewussten Art so darzustellen, dass sie gerne mal etwas dicker aufträgt und daher auch gerne mal mit Fachvokabular aufwartet, um andere von sich zu überzeugen. Da jetzt schon mehrfach angemerkt wurde, dass diese Fachbegriffe etwas fremd wirken schau ich mal, ob ich da Begriffe finde, die immer noch intellektuell klingen, aber nicht ganz so unpassend für das Setting sind. Ansonsten kennt sich Mi-ran schon sehr gut in vielerlei Bereichen aus. Wenn sie von wissenschaftlicher Expertise spricht, meint sie nach ihrem Selbstverständnis schlicht ein sehr breites Allgemeinwissen vergleichen mit den anderen Kemono, die ja alle auf einen bestimmten Berufsbereich spezialisiert sind. Für Ideen, wie man diese Darstellung von ihr noch etwas deutlicher machen kann, bin ich natürlich dankbar. Vielleicht ergibt sich das aber auch noch im weiteren Verlauf der Geschichte. ...zu den Wissenquellen ehemalige Lehrerin und Bibliothek gibt es natürlich noch weitere Punkte wie eine ausgeprägte Neugier + Tatendrang, Dinge auszuprobieren oder eine angeborene Intelligenz...

    Zitat:

    Wieso Hoffnung? Hoffnung auf was? Wieso hatten sie vorher keine Hoffnung?

    ...auf jemanden, der das gute Leben im Dorf erhalten kam. Die Stelle habe ich entsprechend angepasst. Wenn man sehr zufrieden mit der Dorfführung unter Kaa-ja ist und die plötzlich wegbricht, dann hat man zunächst Angst vor dem Ungewissen und schöpft Hoffnung bei jemanden, der einen davon überzeugen kann, dass sie auch in Zukunft ein gutes Leben haben werden

    Zitat:

    Finger gehoeren zu einer Hand - Pfoten? Krallen? Wie auch immer die aussehen...

    Ja, die Kritik kam schon häufiger und ich bin damit auch nicht ganz zufrieden. Mir fehlen da einfach die richtigen Begriffe. Die Hände der Kemono ähneln denen von Menschen, haben aber diese Ballen auf der Handfläche und den oberen Fingersegmenten, sind von Fell überzogen und haben Krallen, die sie ausfahren können. Also sehen schon sehr tierisch aus - daher hab ich Pfote statt Hand gewählt. Die Frage ist jetzt, das das Fingerpendant zu einer ganzen Pfote ist. Da fehlt mir irgendwie der richtige Begriff für... falls du da eine Idee hast, lass es mich wissen.

    Zur Rede von Yuri: Kurz und knapp - ja, das hat Gründe, dass ich sie so ausgestaltet habe ^^

    Zu Alsadan: Bier hat er vorher nicht getrunken, aber Höflichkeit ist nun auch nicht so sein Ding ^^


    Zu Kapitel 4:

    Freit mich, dass du Spaß damit hattest ^^

    Was die Krankheit angeht und die Ansteckung angeht: Ja, da könnte ich noch eine Dialogzeile einbauen, dass einer der Jugendlichen die Befürchtung nach einer Ansteckung durch Kaa-jas Krankheit äußert und dann Enso antworten lassen, dass er sich keine Sorgen macht, da Kaa-ja ja doch schon eine ganze Weile im Krankenbett liegt und niemandem etwas passiert ist.

    Zu dem idyllischen Wald in den Wolken: Ich denke durch den vorangestellte Satz, in dem der Fuchs mit dem Mädchen in die Lüfte steigt, sollte dem Leser das Bild eines Wäldchens auf und umgeben von Wolken relativ klar gezeichnet sein. Also durch die Assoziation mit 'in der Luft' ...zumindest im Gegensatz zu einem umnebelten Ort. Alles weitere ist natürlich eine gewollt offene Frage.

    Danke für den Hinweis mit dem Märchenbegriff und der Verlinkung zum Blog. Auch den schau ich mir zu gegebener Zeit mal in Ruhe an. Eventuell komme ich da in der Generalüberholung nochmal drauf zurück. Da Enso klar und deutlich sagt, dass Märchen (unter den Kemono) aus realen Erlebnissen inspiriert sind, gebe ich dem Leser zumindest zu verstehen, dass hier ggf. eine Eigenart in der Welt der Kemono besteht. Mit Inspiration ist hier übrigens gemeint, dass man Erfundenes erzählt, aber Elemente aus realen Erlebnissen hin einmischt.

    Was die Generationsfrage angeht: Ja, da hast du recht - da hab ich mich schlichtweg verrechnet, da ich fälschlicherweise 80 Jahre für eine Generation berechnet habe, aber es geht ja nicht um die Lebensdauer, sondern um die Zeitspanne bis der Nachwuchs geboren wird. Das ändere ich dann auch 200 oder 300 Jahre - dann adressiere ich auch direkt die Kritik, warum die Bücher noch halbwegs gut erhalten sind :)

    Zitat:

    wenn es einen guten Grund gab dass der Fund der Quelle nicht in die Berichte gekommen ist - wieso faellt das Fehlen nicht trotzdem einem der Youngsters auf? Es ist doch eine eher bemerkenswerte Abwesenheit...

    Hierzu will ich aus Spoilergründen nicht zu viel sagen. Dass sie in den Berichten nichts von der Quelle finden, könnte ich aber nochmal in einer Dialogzeile ergänzen. Merke ich mir vor.


    Zu Kapitel 5:

    Tatsächlich sollen hier ein inhaltlicher Unterschied zwischen beobachten und glotzen bestehen, aber dann hab ich dafür vielleicht nicht ganz die richtigen Begriffe gewählt. Ich schau nochmal, dass ich das adäquater umschreibe.

    Hm ja, vielleicht erste ich das Streichholz durch eine offene Feuerstelle und ein paar präparierten Ästen in einem Korb, mit denen man dann die Kerzen entzünden kann. Ich weiß aber nicht, obs das wirklich besser macht. ...wie Kamar schon sagte - an manchen Stellen sollte man vielleicht nicht zu streng mit seinem Logikanspruch sein. Ich lass es mir nochmal durch den Kopf gehen.

    Zitat:

    'Sie ist sicher gekommen, um mit Lukit zu sprechen...'

    Das hatte ich anfangs auch nicht drin, hatte aber befürchtet, dass dem Leser der Kontext zu den Sätzen davor fehlen könnte. Ich nehms dann wieder raus.

    Lieber Etiam,

    Spoiler anzeigen

    mir scheint, ich habe dich mit dieser Szene etwas unschlüssig zurückgelassen ^^'

    Die offene Frage, was im Hinterzimmer passiert ist, war natürlich so beabsichtigt, damit der Leser noch nicht so genau weiß, was er von Mi-ran halten soll, bzw. wie weit sie in ihrem Verhalten tatsächlich geht. Ob ich daran im Nachhinein noch was ändern sollte - ja, das lässt sich wohl tatsächlich erst beurteilen, wenn die Geschichte weiter vorangeschritten ist.

    Was der Leser bislang von Mi-ran aus Li-hois Erzählungen und Szene 3 wissen sollte ist, dass sie eifrig/ selbstbewusst ist, gerne voran prescht und auch mal etwas dicker aufträgt (daher dieser ganze wissenschaftliche Fachjargon). In Szene 6 soll der Leser eine weiterführende Vorstellung von ihrer Persönlichkeit bekommen. ...offenbar eine nicht ganz Erwartbare ^^'

    Was den Fachjargon angeht, überleg ich mir mal, ob ich hochgestochene Begriffe finde, die besser ins Setting passen. Danke hier für den Hinweis!

    Lieber Kamar,

    Spoiler anzeigen

    freut mich, dich wieder an Bord zu sehen :)

    Die Kritik mit der Dorfgröße kam jetzt in der Tat schon häufiger, sodass ich mit dem Gedanken spiele, sie tatsächlich etwas zu erhöhen. Dann müsste man die Karte des Dorfes so uminterpretieren, dass in einem 'Häuserblock' mehr Kemono wohnen. Das würde eigentlich gehen. Ich weiß nur nicht, ob sich neue Inkonsistenzen auftäten, wenn ich da jetzt mehr Bewohner reinstopfe - oder anders gesagt, größere Inkonsistenzen, als sie aktuell wahrgenommen werden. Vielleicht kannst du mir und auch die anderen, die diese Kritik geäußert haben ( Thorsten und Novize) mal Feedback geben, ob die Geschichte und der Dorfaufbau soweit auch mit sagen wir mal 600 Bewohnern funktionieren würde. Akut sehe ich da im Moment nur die Versorgungsfrage durch die Darstellung der Felder auf der Dorfkarte als Problem, wobei ich dann ja den Maßstab verändern könnte. Sprich, wenn man sich die Häuser z.B. doppelt so groß vorstellen muss, dann gilt das ja auch für die Felder.

    Die Sache mit den fremd wirkenden Begriffen wurde jetzt schon öfter angemerkt - da werde ich wahrscheinlich noch etwas nachjustieren. Das ist zwar schon so gewollt, dass da etwas hochgestochene Begriffe von Mi-ran gewählt werden - aber vielleicht finde ich welche, die besser ins Setting passen.

    Eine Antwort auf die Frage zum Handel, fahrenden Volk etc. erschließt sich bislang glaube ich nur aus dem Weltenbau Thread, wo ich (glaube ich) deutlich gemacht habe, dass es um dieses Dorf herum nur Wald, eine lange Straße zum Nachtnebel (mit einigen erschlossenen Freiflächen zum Ressourcenabbau) und den Berg selbst gibt ..und dass man nicht weiß, was jenseits des unendlich wirkenden Waldes ist. Das ist aber auch noch so einen Punkt, der auf Thorstens Kritikpunkte abzielt, dass man so eine Information in die früheren Kapitel - wahrscheinlich in den Prolog - einstreuen sollte.

    Hier noch ein kurzer Hinweis an meine Leser:

    Wie in Beitrag #33 erklärt, kann es in der Geschichte anlässlich eurer Kritikpunkte hin und wieder dazu kommen, dass Informationen verändert werden, die man sich aufgrund ihrer (vermeintlichen) Relevanz im Hinterkopf behalten hat. Solche Änderungen will ich hier noch mal gesondert und gut sichtbar kenntlich machen.

    Mit der aktuellen Anpassung verändere ich den Zeitraum, der im Stammbaum zwischen Yuri und Tika liegt und zur Konsequenz hat, dass das Märchenbuch vermutlich vor etwa. 250 Jahren anstatt vor 500 Jahren verfasst wurde (vgl. Szene 4).

  • @Juu-Ka

    Nun die Frage, wie viel Informationen man am Anfang in eine Geschichte packt, damit der Leser weiß wo er ist, wird immer schwierig bleiben. Ich hatte nicht solche Probleme wie Thorsten sie beschrieben hat. Was wohl daran liegt, das viele meiner Geschichten mit Tieren oder Tierähnlichen Wesen zu tun haben.

    Ich erinnere mich noch daran wie mich Thorsten rügte, weil ich beim Ring mehr wissen wollte, wo er jetzt selber.... :)

    Kemono erinnern mich an große Katzen unerheblich welcher genauen Art.

    Auch habe ich mir angewöhnt, Geschichten möglichst ohne Vergleiche mit anderen mir bekannten zu verbinden. Gelingt nicht immer, hält mir mehr Möglichkeiten offen.

    Nun, die Frage ob 600 Kemono ausreichen. Schwer zu beantworten.

    Um ein abgeschiedenes, isoliertes Dorf zu betreiben? Ja, da reichen 300 auch aus. Aber so wie Thorsten es andeutet, je mehr Technik, je mehr Wissen, je mehr Produktionslinien du aufbaust, desto mehr Kemono sind nötig.

    Hinzu kommt noch durch die Isolierte Lage und 250 oder 500 Jahren..., nun ja hier haben wir Inzucht in Reinkultur. Hier ist jeder mit jedem, in sehr engen Kreis Verwandt. Was das für Folgen für die lieben hat, wissen wir ja.

    Außer sie haben eine sehr hohe Lebenserwartung und schnackseln nicht so viel. :)

    Mit anderen Worten, je kleiner deine Siedlung ist und je isolierter, desto schwieriger wird es, einen gehobenen Standard zu erreichen. Hier wäre dann weniger mehr.