Es gibt 201 Antworten in diesem Thema, welches 14.929 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (13. Mai 2024 um 18:10) ist von Sensenbach.

  • Ich finde das liest sich gut - ich wuerde mir etwas mehr Magie und etwas weniger Personenschuetzer-Team-Slang wuenschen, aber das sind Kleinigkeiten.

    ***

    Mir ist - vom Konzept her - nicht ganz klar wie Du Elias' Gefuehle in der Szene schildern willst. Du deutest im Text an dass sie eher noch unter einer Decke abgedaempft sind

    Beizeiten hatte er sich den schützenden Mantel, bestehend aus Unwissenheit und emotionaler Kühle zurückgewünscht, von dem in den letzten Wochen sein Denken und sein Handeln bestimmt worden war. Doch mit jedem Tag, der vergangen war, hatten die überwältigenden Empfindungen, welche die Menschen als ´Gefühle` bezeichneten, mehr und mehr einen Weg zurück in seinen Geist gefunden. Inzwischen spürte er den Schmerz des Verlustes wie einen pochenden Splitter unter der Haut

    was sich so liest als waere der Prozess der Wiederkehr noch nicht abgeschlossen - gleichzeitig zeigt uns der Text aber eigentlich einen sehr emotionalen Elias (was ihn, nebenbei bemerkt, auch sehr eindringlich macht).

    Einen tiefen Atemzug nehmend fuhr er sich durch das Gesicht.(...) und versuchte, damit das ungute Gefühl zu bekämpfen, welches sich nicht vollends ausblenden lassen wollte.(...) Und egal, wie laut die Stimmen auch waren, die ihm zuriefen, dass das, was er hier tat böse enden konnte. - das sind alles so Ausdruecke die man verwendet um eine sehr emotionale Situation zu schreiben.

    Auf der anderen Seite bringst Du dann sowas

    Das Risiko, dass die Seelenfresser sich ihrer ermächtigen würden, war existent. Noch dazu, wo er nur über eine Handvoll Engel verfügte, um ihren Schutz zu gewährleisten.

    (be-maechtigen meinst Du glaube ich)

    'das Risiko war existent' - da waere ich sonst versucht zu schreiben 'so denkt doch keiner', aber es ist ja ein Engel, vielleicht denkt der doch so bei Dir - nur steht das in Kontrast zu den emotionaleren Passagen.

    ***

    Also, wenn ich Du waere, dann wuerde ich den Engeln mehr Emotion mitgeben, denn auf dem Feld kannst Du punkten - Emotionen kannst Du richtig gut schreiben, sowohl Drama als auch feine Nuancen - Dagon der seine Faust in ohnmaechtigem Zorn ballt oder Elias der sich hier als Versager fuehlt - das sind Passagen die machen echt was her.

  • Danke, Sensenbach  Kirisha und Thorsten für eure Rückmeldungen :danke:

    Sensenbach

    Bin gespannt. Es wird Zeit, dass Emilia irgendwas abfackelt (Birke?).

    Äh, nein! Es wird keine Birke. Obwohl ich kurz mit dem Gedanken gespiel hatte :rofl:

    Show. betrachtete den frisch geharkten Weg und den ....

    Zuerst habe ich gedacht, dass du das irgendwie ironisch meinst...:rofl:so nach dem Motto: Oh Mann, Rainbow! Geh doch noch mehr ins Detail. Wen interessiert es, dass das Haus gepflegt ist... am besten beschreibst du gleich noch den frisch geharkten Weg und das Rosenspalier und die wunderschöne Fassadenfarbe. :lol:Aber dann habe ich gecheckt, dass du das womöglich ernst meinst. Im Sinne von "Show, don`t tell". :patsch:

    Also, ich schaue mal, ob ich das noch etwas ausschmücke oder das "gepflegt" einfach weglasse. Es hat ja nicht wirklich einen Mehrwert. :hmm:

    Das hört sich so Star-Trek mäßig an. ...die Sicherheitsvorkehrungen zu ignorieren?

    Stimmt. Gefiel mir auch noch so gut. ich überleg mir was anderes.


    Kirisha

    oder die des Schwertes (bezieht sich ja auf die Energie oder?)

    Stimmt. Jetzt, wo du`s sagst :patsch:


    Ich musste hier etwas schmunzeln. Denn das was Elias hier gerade macht ist genau das. Sein eigener Wille mit dem er sich über Beschlüsse hinwegsetzt ...

    Aber Elias hat ja menschliche Züge an sich und offenbar ist es gerade diese Eigenschaft die er besonders mag.

    Ich habe an der Stelle echt überlegt, ob ich das schreiben soll, weil der Widerspruch ja auf der Hand liegt. Vor allem an der Stelle, wo er selbst gerade dabei ist, sein eigenes Ding durchzuziehen und sich damit ja schon wieder von dem distanziert, was die Oberen seines Reiches für richtig halten.

    Im ersten oder zweiten Band hatte ich das damit erklärt, dass der Grundkonsenz in seinem Reich schon eher auf das Kollektiv ausgelegt ist und die meisten sich aus einem Urglauben heraus unterordnen und viele Dinge einfach nicht hinterfragen. Mir ist aber schon klar, dass ich das nicht konsequent durchziehe. Ich schätze, das sind so Feinheiten, die ich bei einer abschließenden Überarbeitung dann nochmal glattziehen muss, damit das einigermaßen stimmig ist. :hmm:

    Diesen Abschnitt finde ich einfach toll!

    Er ist so intensiv und ich werde ganz atemlos beim Lesen.

    Danke, das freut mich natürlich. <3

    Und ich frage mich was gleich passieren wird. (Ich weiß dass etwas passiert. Ich warte drauf!)

    Oh Mann. Ich bin selbst schon ganz gespannt, wie ihr es finden werdet. Ob es zu harmlos ist? Ob ich es übertrieben habe? Keine Ahnung. :pardon:

    Thorsten

    Ich finde das liest sich gut - ich wuerde mir etwas mehr Magie und etwas weniger Personenschuetzer-Team-Slang wuenschen, aber das sind Kleinigkeiten.

    Ja, ich denke, das ist jetzt erstmal so meine grobe Idee. Mein Gerüst, an dem ich mich langhangele und ich kenne das vom Schreiben meines ersten und zweiten Bandes noch sehr gut. Meine Urfassung war dermaßen chaotisch und noch völlig unfertig. Aber ich hatte erstmal einen groben Kloztz, bei dem ich dann nach die ganzen Feinarbeiten herausrabeiten konnte. So ähnlich will ich es jetzt auch wieder machen, weil ich merke, dass ich anders offenbar nicht schreiben kann. :pardon:Also. Vermerk ist an der Stelle gemacht: Mehr Magie, weniger Personenschutz. :)

    Mir ist - vom Konzept her - nicht ganz klar wie Du Elias' Gefuehle in der Szene schildern willst.

    Das ist in der Tat das Schwierige und inzwischen frage ich mich, ob ich mir damit einen Gefallen getan habe, diese beeinträchtigte Gefühlswelt von Elias am Anfang von Band 3 überhaupt mit reinzunehmen. Das ist soooo schwer zu schreiben. (Vor allem, weil mein Fokus ja eigentlich, wie wir wissen, eher darauf liegt, EMOTIONEN zu beschreiben :lol:) Aber ich fand es auch irgendwie reizvoll, dass nicht nur Emilia sich verändert hat, sondern Elias auch. Wenn auch nur temporär. Meine Idee war halt, dass er am Anfang komplett kühl ist und sich ihr gegenüber ja auch auch eher distanziert zeigt. Nach und nach soll dieser Zustand der Gefühlskälte dann Risse bekommen, sodass er zwischendurch immer mal von einem Gefühl heimgesucht wird, das er aber nicht lange greifen kann, weil es von jetzt auf gleich wieder abklingt (das hatte ich in der letzten Szene mit den Engel versucht, herauszuarbeiten) Und nun, einige Tage später, hat sich dieser Zustand verstärkt. Er reflektiert jetzt wieder über das Geschehene, die Emotionen blitzen bedeutend öfter auf, doch ganz der Alte ist er noch nicht. Es soll sowas wie ein zwischenzustand sein, wobei wir ihn hier in dieser konkreten Situation quasi in einem mehr oder weniger "schwachen Moment" erwischen.

    'das Risiko war existent' - da waere ich sonst versucht zu schreiben 'so denkt doch keiner', aber es ist ja ein Engel, vielleicht denkt der doch so bei Dir - nur steht das in Kontrast zu den emotionaleren Passagen.

    Ja, ich dachte vor allem, dass da der Krieger aus ihm spricht. :rofl:Natürlich spricht so keiner. Das ist eher eine Art nüchterner Risikoabwägung. Und ich fand es eigentlich auch ganz gut, dass sich das ein bisschen abhebt von den vorangegangenen eher emotionalen Gedanken. :hmm:

    (be-maechtigen meinst Du glaube ich)

    Stimmt. Danke :)

    Also, wenn ich Du waere, dann wuerde ich den Engeln mehr Emotion mitgeben, denn auf dem Feld kannst Du punkten - Emotionen kannst Du richtig gut schreiben, sowohl Drama als auch feine Nuancen - Dagon der seine Faust in ohnmaechtigem Zorn ballt oder Elias der sich hier als Versager fuehlt - das sind Passagen die machen echt was her.

    Wahrscheinlich ist das der Grund, warum es mir so schwer fällt, mit dem Schreiben dieses dritten Bandes voranzukommen. Ich merke immer, wenn ich mich in eine Richtung geschrieben habe, die es mir nicht mehr ermöglicht, einfach drauflos zu schreiben. Wenn irgendwas in mir blockiert, weil ich nicht so kann, wie ich eigentlich will. Das Problem ist wahrscheinlich selbstgemacht. Aber es lässt sich nur bedingt lösen. Ich fände es ja schon cool, wenn es mir gelingen könnte, meine Idee irgendwie umzusetzen (wenn ich auch noch nicht weiß, ob ich damit nicht vielleicht an meine Grenzen stoße) Aber es kann durchaus sein, dass ich bei meiner großen Überarbeitungsaktion-wenn ich mir alle drei Bände von vorne bis hinten noch einmal vornehme- an einigen Stellschrauben ordentlich nachjustieren muss. (siehe die Sache mit den Emotionen zum Beispiel) Vielleicht habe ich mir das anfangs auch leichter vorgestellt oder einiges nicht bis zu Ende gedacht...kann alles sein. Aber jetzt versuche ich diesen restlichen Batzen erstmal runterzuschreiben, um dann am Ende zu schauen, was ich daraus mache. ... (Team Gärtner :rofl:)

  • Und weiter geht`s :) Wir schwenken zu Emilia...

    Update vom 29.04.24: Der Rückblick am Anfang wurde von mir rausgenommen. Der Text ist nun ein Stück kürzer geworden. Ich hoffe, er funktioniert trotzdem noch.


    Kapitel 10.1

    Kaum hatte Elias die Tür hinter ihr geschlossen, presste Emilia die Lider zusammen und atmete erleichtert auf.
    Sie hatte es geschafft.
    Bis zuletzt war sie nicht sicher gewesen, ob Elias sein Versprechen wahrmachen würde und auch jetzt noch glaubte sie die Zweifel in seinem Gesicht ablesen zu können. Doch wie es schien, stand er zu seinem Wort. Und das war alles, das zählte.
    Seufzend streifte Emilia sich den Rucksack ab, ließ ihn im Fußraum verschwinden und lehnte sich zurück. Kurz schloss sie die Augen.
    Seufzend streifte Emilia sich den Rucksack ab, ließ ihn im Fußraum verschwinden und lehnte sich zurück. Kurz schloss sie die Augen.
    Der seltsam vertraute Geruch der ledernen Sportsitze ließ augenblicklich die Erinnerung an jenen Abend lebendig werden, da sie das letzte Mal in diesem Auto gesessen hatte.
    Es war der Abend des Kollegentreffens gewesen, an dem sie Elias etwas mehr als nur angeheitert, in der Innenstadt begegnet war, und er sie nachhause gefahren hatte. Obwohl die anschließende Rückfahrt lediglich eine vage und ineinanderfließende Bildabfolge darstellte, gab es eine Sache, an die Emilia sich noch sehr gut erinnerte. Es war Elias Stimme, die so deutlich in ihr nachklang, als würde er hier und jetzt neben ihr sitzen: Ich bringe dich sicher nachhause, Emilia....Du wirst keine Albträume mehr haben...ich passe auf dich auf .... hatte er ihr damals versprochen.
    Die Ironie, welche sich hinter diesen Worten verbarg, sorgte dafür, dass ein beinahe hysterisches Lachen in ihr aufsteigen wollte. Das Geräusch der sich öffnenden Fahrertür riss sie aus ihren Gedanken. Nur einen kurzen Augenblick später ließ sich Elias neben sie auf den Sitz gleiten.
    Umgehend hatte Emilia das Gefühl, dass der Platz im Wagen nicht mehr ausreichte für sie beide. Als schoben sich mit einem Mal die Wände der Karosserie zusammen und pressten ihr die Luft aus den Lungen, glaubte sie zu spüren, wie Elias Nähe sie regelrecht erdrückte. Oder lag es vielmehr an der Distanz, die zwischen ihnen herrschte? Sie wusste es nicht.
    Gelegentlich fragte sie sich, ob die göttliche ´Verbindung`, die einst zwischen ihnen bestanden hatte, noch immer existierte und ob das der Grund dafür war, dass sie sich in seiner Gegenwart fühlte, als müsste sie innerlich verdörren.
    Hätte Gott nicht, nun da sie ihren Auftrag erfüllt und Dagon in die ewige Verdammnis verbannt worden war, einfach Gnade walten lassen und sie freigeben können?
    Doch wer wusste schon, welch seltsames Spiel er mit ihnen spielte. Und ob das alles überhaupt einen tieferen Sinn hatte. Ungewollt stieß sie die Luft aus und schüttelte den Kopf, woraufhin Elias kurz zu ihr herübersah. Dann ließ er den Motor starten.
    Die Kälte ließ Emilia frösteln, weshalb sie die Jacke enger zog und ihre Hand nach dem Schalter ausstreckte, um die Sitzheizung anzustellen, als Elias sich ebenfalls vorbeugte und sich ihre Finger auf halbem Weg streiften. Ruckartig, als hätten sie sich aneinander verbrannt, zogen beide ihre Hände zurück. Elias war es schließlich, der einen neuen Versuch startete und den Regler betätigte.
    „Danke…“, sagte Emilia und durchbrach damit das unangenehme Schweigen, während sie ihn verstohlen von der Seite ansah.
    „Nicht dafür“, antwortete Elias und es dauerte einen Moment, bis Emilia begriff, dass er sie offenbar missverstand.
    „Ich meine, … weil du zugestimmt hast …, dass ich … dieses Gespräch heute führen darf. Es ist mir wirklich wichtig.“
    „Ich weiß“, entgegnete Elias. Seine angespannte Kiefermuskulatur verriet, dass ihm noch etwas anderes auf der Zunge lag, er es jedoch für sich behielt.
    „Ich verspreche, ich werde vorsichtig sein. Und … es wird ganz sicher nichts passieren“, schob Emilia hinterher, woraufhin der Engel ihr einen Blick zuwarf, dem die unausgesprochene Skepsis deutlich zu entnehmen war.
    „Vielleicht nehmen sie mich gar nicht mehr zurück. Ich meine, die gehen davon aus, dass ich fast drei Monate krankgeschrieben war. Gut möglich, dass ich mir gleich eine Absage abhole und dann … war`s das.“
    „Wir werden sehen“, antwortete Elias und wandte sich schließlich von ihr ab, um seine Aufmerksamkeit wieder auf die Fahrbahn zu richten. Emilia gab es auf, das Gespräch mit ihm künstlich in die Länge zu ziehen. Irgendetwas nahm offenbar seine volle Aufmerksamkeit in Beschlag. Und sie war es ganz eindeutig nicht. Zu gerne hätte sie gewusst, was in ihm vorging. Was er dachte. Doch seine Miene ließ keinerlei Rückschlüsse darauf zu. In den vergangenen Tagen hatte sie ab und an tatsächlich das Gefühl gehabt, seine harte Fassade bekäme erste Risse und der alte Elias, blitze darunter durch. Jener, der sie alleine mit seinem Blick und der Art, wie er sie ansah zu wärmen vermocht hatte und dessen schützende Umarmung voller Zuversicht gewesen war.
    Meist war dieser Eindruck aber nicht von langer Dauer, da er bereits kurz darauf wieder in seine eisige Starre verfiel, die ihn unnahbar und auf beinahe erschreckende Weise unverletzlich wirken ließ. Manchmal wünschte sie sich, es ihm gleichzutun zu können. Ihre Gefühle und das verwirrende Chaos in ihrem Inneren einfach auszuschalten, um den Schmerz erträglich zu machen. Doch war das offenbar ein Luxus, der ausschließlich den Engeln vorbehalten war.
    Den Engeln...
    In einem Anflug von Wehmut dachte Emilia daran zurück, dass Elias nie der typische Engel gewesen war. Seine Fähigkeit, menschliche Emotionen nachzuempfinden, genau wie seine kritische Denkweise hatten ihn besonders und zu einer Art Rebell gemacht, der Neuerungen und ein Umdenken innerhalb der strengen himmlischen Ordnung anstoßen wollte. – Was ihm letztlich durch die Vereinigung der Sphären und der anschließenden Allianz mit den Menschen auch gelungen war.
    Ganz sicher hatte er niemals so werden wollen, wie die Fürsten, die sich im Glanze ihrer göttlichen Erhabenheit sonnten und dabei so kalt und distanziert wirkten wie Wachspuppen, die streng nach ihren eigenen Regeln agierten. Wenn sie Elias nun sah, drängte sich ihr die bittere Erkenntnis auf, dass sie auf eine seltsam verquere Art beide bestraft worden waren.
    Einen tiefen Atemzug nehmend wandte sie sich ab und richtete ihren Blick zum Fenster hinaus.
    Häuser, Grünflächen, Reklametafeln, flogen auf der anderen Seite der Scheibe an ihr vorbei, wie ein Film, der im Schnelldurchlauf abgespult wurde. Dabei kam es Emilia so vor, als würde sie nach einem langen Urlaub wieder heimkehren. Irgendwie wirkte das alles auf sie fremd und ohne jeden Bezug, als sei sie der Welt entrückt und inzwischen kein Teil mehr von ihr.
    Stattdessen spürte sie die Anwesenheit der göttlichen Schwingungen um sich herum, wie ein pulsierendes Echo in ihren Gliedern widerhallen.
    Elias, der direkt neben ihr saß, Aragel, der sich, wenn auch unsichtbar, doch in greifbarer Nähe des Autos befand, selbst Anduriel- Elias Schwert, welches er auf der Rückbank abgelegt haben musste und das von dortaus feine Strahlen aussandte-, waren für sie so deutlich wahrnehmbar, wie ihr eigener monotoner Herzschlag. Sie schloss die Augen, lehnte den Kopf gegen das Fenster und versuchte, so gut es ging, die Eindrücke auszublenden.
    Normal! Der heutige Tag wird ganz normal!, betete sie sich wie ein Mantra vor und wusste doch zugleich, dass es ein frommer Wunsch war, anzunehmen, dass auch nur irgendetwas annähernd normal ablaufen konnte, wenn man in Begleitung von fünf Schutzengeln irgendwo auftauchte.
    Darum bemüht, sich auf das Gespräch zu konzentrieren, das sie gleich im Wohnheim erwartete, drängte sie den Gedanken beiseite. Sie kannte den neuen Abteilungschef, Dr. Gundlach, bereits aus Zeiten, als dieser noch der stellvertretende Leiter einer ambulanten Rehamaßnahme gewesen war, die auf dem Klinikgelände durchgeführt wurde. Doch die Erinnerung an ihr letztes Zusammentreffen lag bereits so weit zurück, dass Emilia keine verlässliche Einschätzung über ihn hätte abgeben können. Alles, was sich in ihrem Hirn abgespeichert hatte, war die Tatsache, dass er klein und dickbäuchig war und er über eine Halbglatze verfügte, die ihn locker zehn Jahre älter wirken ließ.
    Sie ahnte bereits, dass es ihr nicht leichtfallen würde, sich mit der neuen Situation zu arrangieren. Alleine die Vorstellung, diesem Mann gleich gegenüberzusitzen zu müssen in dem Büro, welches einmal Silas gehört hatte... Die Kollegen zu treffen, die nicht die geringste Ahnung hatten, was vorgefallen war... für die Silas und Melanies Tod nicht mehr war, als ein tragischer Unfall...
    Hör auf!, rief sie sich umgehend selbst zur Ordnung. Ihre Hände hatten sich in den Stoff ihrer Hose gegraben. Vergiss es einfach! Du musst es ausblenden. Denk einfach nicht darüber nach!
    Es war ein sinnloses Unterfangen. Doch sie würde lernen müssen damit zu leben, wenn sie irgendwie weitermachen wollte. Bei dem Versuch, ihre destruktiven Gedanken im Zaum zu halten, dämmerte Emilia dahin. Sie öffnete die Augen erst wieder, als Elias das Tempo drosselte, um auf den Parkplatz des Klinikgeländes abzubiegen.

    Hier geht`s weiter:

    Rainbow
    29. April 2024 um 09:32
  • Wunderschön. Ich könnte jetzt eine Reihe von Superlativen aneinanderhängen. Ich liebe es!

    Was mir eigentlich die ganze Zeit besonders gut gefällt ist die Verschmelzung eines normalen und realistischen Alltags mit der Engelwelt. Zuletzt war alles ja schon sehr weit ins Überirdische entrückt - was ich ja ebenfalls sehr spannend finde. Jedoch war der Fokus eigentlich schon weit weg von der Realität. Darum finde ich es genial dass Emilia jetzt in das normale Leben zurückgeholt werden soll. Begleitet von fünf Schutzengeln fährt sie im Auto in ein Spital zu einem Vorstellungsgespräch. Allein diese Vorstellung ist einfach so krass ... Ich genieße es absolut da mitzufahren.

    Und dann Emilias Gedanken. Das ist gleichzeitig beklemmend aber auch so gut nachvollziehbar geschildert. Es kommen Erinnerungen - an Dinge an die man sich als Leser auch noch erinnert darum wirkt es so echt.

    Umgehend hatte Emilia das Gefühl, dass der Platz im Wagen nicht mehr ausreichte für sie beide. Als schoben sich mit einem Mal die Wände der Karosserie zusammen und pressten ihr die Luft aus den Lungen, glaubte sie zu spüren, wie Elias Nähe sie regelrecht erdrückte.

    Und das ist auch einfach toll beschrieben!

    Hätte Gott nicht, nun da sie ihren Auftrag erfüllt und Dagon in die ewige Verdammnis verbannt worden war, einfach Gnade walten lassen und sie freigeben können?

    Und das ist auch eine sehr schöne Zusammenfassung der ersten zwei Bände (Klingt hier so einfach! Und gerade deshalb wirkt es so gut!)

    Und … es wird ganz sicher nichts passieren“, schob Emilia hinterher,

    Ja klar. Das musste sie natürlich sagen obwohl es hier gerade wie der glatte Hohn klingt.

    Irgendetwas nahm offenbar seine volle Aufmerksamkeit in Beschlag. Und sie war es ganz eindeutig nicht. Zu gerne hätte sie gewusst, was in ihm vorging.

    Da sieht man die Distanz und es ist wieder so einprägsam geschildert. (Und ich weiß ja was er denkt).

    In einem Anflug von Wehmut dachte Emilia daran zurück, dass Elias nie der typische Engel gewesen war. Seine Fähigkeit, menschliche Emotionen nachzuempfinden, genau wie seine kritische Denkweise hatten ihn besonders und zu einer Art Rebell gemacht, der Neuerungen und ein Umdenken innerhalb der strengen himmlischen Ordnung anstoßen wollte. – Was ihm letztlich durch die Vereinigung der Sphären und der anschließenden Allianz mit den Menschen auch gelungen war.

    Das hier hätte ich nicht unbedingt gebraucht. Aber damit holst du die Leser ab die sich vielleicht nicht mehr genau an alles Vorherige erinnern oder bei denen es schon länger her ist dass sie die vorherigen Bände gelesen haben. Von daher ist es auch gut mal so eine Erinnerung zu bringen.

    Häuser, Grünflächen, Reklametafeln, flogen auf der anderen Seite der Scheibe an ihr vorbei, wie ein Film, der im Schnelldurchlauf abgespult wurde. Dabei kam es Emilia so vor, als würde sie nach einem langen Urlaub wieder heimkehren. Irgendwie wirkte das alles auf sie fremd und ohne jeden Bezug, als sei sie der Welt entrückt und inzwischen kein Teil mehr von ihr.
    Stattdessen spürte sie die Anwesenheit der göttlichen Schwingungen um sich herum, wie ein pulsierendes Echo in ihren Gliedern widerhallen.

    Auch das finde ich super beschrieben. Ich kann es richtig vor mir sehen.

    Normal! Der heutige Tag wird ganz normal!, betete sie sich wie ein Mantra vor und wusste doch zugleich, dass es ein frommer Wunsch war, anzunehmen, dass auch nur irgendetwas annähernd normal ablaufen konnte, wenn man in Begleitung von fünf Schutzengeln irgendwo auftauchte.

    Herrlich!:love:

    Alleine die Vorstellung, diesem Mann gleich gegenüberzusitzen zu müssen in dem Büro, welches einmal Silas gehört hatte... Die Kollegen zu treffen, die nicht die geringste Ahnung hatten, was vorgefallen war... für die Silas und Melanies Tod nicht mehr war, als ein tragischer Unfall...

    Das schafft eine Ahnung davon dass die Realität und ihr eigenes überirdisches Erleben wohl noch einige Kollisionen erleben werden und macht es hier noch spannender.

    Ich bin sehr gespannt!:love:

    Meine Geschichten: * Meermädchen * Kriegerkönigin * Dark Prince * No Way Out

  • Das ist ueber weite Strecken ein sehr gelungenes und einfuehlsames Portrait von Emilias Gefuelswelt geworden:thumbsup: Man merkt ihr die Verletzungen an die sie erlitten hat, und kann mit ihr leiden.

    Du hast - grade am Anfang - sehr viel Rueckblende - kann man das eleganter loesen?

    Einmal hier:

    Nie im Leben war sie davon ausgegangen, dass Elias ihrer Bitte nachkommen würde, wieder arbeiten zu dürfen. Nachdem er sie in den vergangenen Wochen nicht mal einen Fuß vor die Tür hatte setzen lassen, glaubte sie den ellenlangen Vortrag bereits hören zu können, in dem er ihr erläutern würde, wie viele hunderttausend Gründe dagegensprachen. Doch statt der erwarteten Abfuhr hatte er sich zu ihr gebeugt, einen unendlich langen Moment verstreichen lassen und ihr dann mit einem ´Aber das Ganze läuft nach meinen Regeln!`, seine Bedingungen mitgeteilt.
    Der eindringliche Blick, mit dem er sie dabei bedachte, hatte sie kurz zweifeln lassen, ob sie bereit war, zu erfahren, wie genau ´seine Regeln` aussehen würden.
    Doch letztlich war die Freude über sein unerwartetes Zugeständnis so groß gewesen, dass sie nicht anders gekonnt hatte, als ihm in einem Anflug grenzenloser Erleichterung mit einem enthusiastischen Nicken zuzustimmen.
    Dass Elias ihre Begeisterung über das Vorstellungsgespräch, welches kurz darauf vereinbart worden war, nicht teilte, lag auf der Hand. Doch entgegen all seiner Befürchtungen schien er zu seinem Wort zu stehen. Und nur das war es, das zählte.

    Vieles davon wissen wir eigentlich schon (oder ahnen es, wir haben ja Elias' Gedanken verfolgt), so richtig viel unerwartetes bringt der Anschnitt nicht, aber es ist ein langer Block Plusquamperfekt - dem in kurzem Abstand noch einer folgt:

    Es war der Abend des Kollegentreffens gewesen, an dem sie Elias etwas mehr als nur angeheitert, in der Innenstadt begegnet war, und er sie nachhause gefahren hatte. Obwohl die anschließende Rückfahrt lediglich eine vage und ineinanderfließende Bildabfolge darstellte, gab es eine Sache, an die Emilia sich noch sehr gut erinnerte. Es war Elias Stimme, die so deutlich in ihr nachklang, als würde er hier und jetzt neben ihr sitzen: Ich bringe dich sicher nachhause, Emilia....Du wirst keine Albträume mehr haben...ich passe auf dich auf .... hatte er ihr damals versprochen.

    Hier verstehe ich den Wunsch an Band 1 anzuknuepfen, es ist halt ungluecklich dass das gleich nach einer langen Rueckblende weiter oben kommt. Beim Lesen hatte ich so das Gefuehl - es geht los - Bremse - okay es geht weiter - Vollbremsung - okay, jetzt geht's los.

    Da kannst Du vielleicht an der Struktur noch ein bisschen was machen:)

    ***

    Ich sehe Kirisha hat das auch zitiert

    Umgehend hatte Emilia das Gefühl, dass der Platz im Wagen nicht mehr ausreichte für sie beide. Als schoben sich mit einem Mal die Wände der Karosserie zusammen und pressten ihr die Luft aus den Lungen, glaubte sie zu spüren, wie Elias Nähe sie regelrecht erdrückte. Oder lag es vielmehr an der Distanz, die zwischen ihnen herrschte? Sie wusste es nicht.

    das finde ich auch eine sehr starke Formulierung und ein Bild das sofort zuendet :nummer1:

    ***

    Auch das

    Häuser, Grünflächen, Reklametafeln, flogen auf der anderen Seite der Scheibe an ihr vorbei, wie ein Film, der im Schnelldurchlauf abgespult wurde. Dabei kam es Emilia so vor, als würde sie nach einem langen Urlaub wieder heimkehren. Irgendwie wirkte das alles auf sie fremd und ohne jeden Bezug, als sei sie der Welt entrückt und inzwischen kein Teil mehr von ihr.

    ist sehr gelungen um dieses driften durch die Realitaet einzufangen.

  • Danke, Kirisha und Thorsten für euer Feedback. Ich bin froh, dass der Übergang zu Emilia gut funktioniert. Mit den Rückblenden überlege ich mir noch was :)

    Kirisha

    Was mir eigentlich die ganze Zeit besonders gut gefällt ist die Verschmelzung eines normalen und realistischen Alltags mit der Engelwelt.

    Es freut mich, dass dir das gefällt, weil ich mir manchmal nicht sicher bin, ob der Cut zu krass ist. Vor allem jetzt hier an der Stelle mit dem Vorhaben zu einem Vorstellungsgespräch zu fahren. :)

    Begleitet von fünf Schutzengeln fährt sie im Auto in ein Spital zu einem Vorstellungsgespräch. Allein diese Vorstellung ist einfach so krass ... Ich genieße es absolut da mitzufahren.

    Ja, schon ziemlich verrückt, oder? :rofl:Wie gesagt, ich war mir zuerst nicht sicher, ob das vielleicht unglaubwürdig rüberkommt, oder sowas. Dass Elias ihr dieses Zugeständnis macht, obwohl er ja eigentlich von der potenziellen Bedrohung weiß.

    Und dann Emilias Gedanken. Das ist gleichzeitig beklemmend aber auch so gut nachvollziehbar geschildert. Es kommen Erinnerungen - an Dinge an die man sich als Leser auch noch erinnert darum wirkt es so echt.

    Ja, das war mein Ziel, dass es so wirken sollte, aber ich war mir auch hier nicht sicher, wie ausführlich das sein darf.

    Das hier hätte ich nicht unbedingt gebraucht. Aber damit holst du die Leser ab die sich vielleicht nicht mehr genau an alles Vorherige erinnern oder bei denen es schon länger her ist dass sie die vorherigen Bände gelesen haben. Von daher ist es auch gut mal so eine Erinnerung zu bringen

    Zum Beispiel diese rückwirkende Beschreibung von Elias Verhalten. Klar bin ich immer auch darauf aus, das noch einmal für eventuelle neue Leser einzufangen. Aber es soll halt nicht zu viel werden und ausbremsen. Außerdem fand ich die Schlussfolgerung von ihr ganz cool, dass sie offenbar BEIDE bestraft worden sind. Aber ich schaue mal...ich markiere mir das auf jeden Fall mal mit einem Fragezeichen. Die Rückblende mit dem Kollegenabend fand ich halt auch erwähnenswert, aber in der Summe, ist das dann vielleicht do too much :hmm:

    Das schafft eine Ahnung davon dass die Realität und ihr eigenes überirdisches Erleben wohl noch einige Kollisionen erleben werden und macht es hier noch spannender.

    Ich bin sehr gespannt!

    Ich bin auch gespannt, wie ihr es finden werdet. :gamer:

    Thorsten

    Das ist ueber weite Strecken ein sehr gelungenes und einfuehlsames Portrait von Emilias Gefuelswelt geworden :thumbsup: Man merkt ihr die Verletzungen an die sie erlitten hat, und kann mit ihr leiden.

    Das freut mich. Hier war ich wohl auch wieder auf meinem bevorzugten Terrain :)

    Du hast - grade am Anfang - sehr viel Rueckblende - kann man das eleganter loesen?

    Ja, das waren auch die Dinge, wo ich selbst ein bisschen jongliert habe. Ich fand die Erwähnung der Rückblende mit dem Kollegenabend eigentlich gaz gut, weil es den Kontrast gut einfängt. Damals war sie angetrunken, hatte gerade erfahren, dass er ein Engel ist, hat das alles noch nicht für voll genommen...und er hatte dieses Versprechen getätigt, ohne zu ahnen, was im Anschluss alles schiefgehen würde...Tja, und wo stehen wir jetzt? Das war der Punkt, den ich hier etwas herausarbeiten wollte.:hmm:

    Vieles davon wissen wir eigentlich schon (oder ahnen es, wir haben ja Elias' Gedanken verfolgt), so richtig viel unerwartetes bringt der Anschnitt nicht, aber es ist ein langer Block Plusquamperfekt - dem in kurzem Abstand noch einer folgt:

    Und diese Rückblende am Anfang die habe ich tatsächlich erst kurzfristig noch ergänzt, weil ich dachte, ich müsste plausibel machen, wie es jetzt zu diesem Vorstellungsgespräch gekommen ist. Ich verstehe aber, dass sich das in Summe mit den anderen Rückblenden vielleicht nicht so toll liest. :hmm: Ich schaue mal, vielleicht nehme ich das auch wieder raus und löse das anders.

  • Ich würde auch gerne mitlesen. Versteht man Band 3 ohne die anderen beiden zu kennen? Notfalls fange ich ganz am Anfang an.

    Von mir eine dringende Leseempfehlung! Die Kurzzusammenfassung (korrigiert mich wenn ich es nicht gut genug getroffen habe)

    In Band 1 lernt Emilia den Schutzengel Elias und die himmlische Legion kennen und es kommt eine erste Konfrontation mit der Unterwelt und deren Oberboss Dagon (der dürfte dir gefallen) der in die Menschenwelt einfällt und da einiges Unheil anrichtet.

    In Band 2 wird Emilia von Dagon in die Unterwelt verschleppt und ich kann dir versprechen dass dich der Typ und seine Diener garantiert in den Bann ziehen.

    Und in Band 3 glaubt man nun dass Emilia eventuell dämonische Eigenschaften von Dagon übernommen hat und sie eine Gefahr für die Menschheit sein könnte ... wie das weitergeht weiß ich noch nicht.

    Daher - wenn du den vollen Lesegenuss haben willst würde ich es dir von Anfang an empfehlen. Sonst lernst du Elias und Dagon nicht richtig kennen.

    Meine Geschichten: * Meermädchen * Kriegerkönigin * Dark Prince * No Way Out

  • Anstelle eines neuen Parts würde ich gerne eure Meinung zum letzten Part noch einmal abfragen. Und zwar im Hinblick auf die Rückblenden, die da in der Summe ja eher als störend empfunden wurden.

    Im Spoiler befindet sich der Anfang vom letzten Post, allerdings ohne die Erklärung zu der Vorgeschichte ihres Ausflugs. Der Leser tappt hier also selbst erstmal im Dunkeln und weiß demnach nicht zu WAS Elias überhaupt zugestimmt hat. Das ergibt sich dann erst durch die weitere Handlung.

    Dies hier war eigentlich meine ursprüngliche Idee, weil ich dachte, dass man dem leser das zutrauen kann, abzuwarten, was sich nun dahinter verbirgt. Vielleicht war die Idee gar nicht so verkehrt, weil sich dadurch natürlich der ellenlange Rückblick am Anfang schon mal streichen ließe :hmm:

    Meine Frage: Was haltet ihr davon? Rückblende eher rein oder eher raus? Funktioniert es auch ohne Emilias vorangeschaltete Erinnerung und die Erwähnung des Stellenangebots in der Zeitung?

    Außerdem habe ich (wo ich schon mal in Streichlaune bin) noch den Teil markiert, bei dem ich ebenfalls noch unschlüssig bin, ob ich diese Erinnerung drin lassen oder sie streichen soll. Vom Gefühl her würde ich sie tendenziell eher drin lassen, weil die Zeit bis Elias einsteigt ja auch gefüllt werden muss. Und wenn schon der andere Rückblick raus ist, kann man diesen hier vielleicht mit gutem Gewissen drin lassen.

    Lasst mich gerne mal an euren Gedanken teilhaben, wenn ihr mögt. :)

    Spoiler anzeigen

    Kaum hatte Elias die Tür hinter ihr geschlossen, presste Emilia die Lider zusammen und atmete erleichtert auf.
    Sie hatte es geschafft.
    Bis zuletzt war sie nicht sicher gewesen, ob Elias sein Versprechen wahrmachen würde und auch jetzt noch glaubte sie die Zweifel in seinem Gesicht ablesen zu können. Doch wie es schien, stand er zu seinem Wort. Und das war alles, das zählte.
    Seufzend streifte Emilia sich den Rucksack ab, ließ ihn im Fußraum verschwinden und lehnte sich zurück. Kurz schloss sie die Augen.
    Der seltsam vertraute Geruch der ledernen Sportsitze ließ augenblicklich die Erinnerung an jenen Abend lebendig werden, da sie das letzte Mal in diesem Auto gesessen hatte.
    Es war der Abend des Kollegentreffens gewesen, an dem sie Elias etwas mehr als nur angeheitert, in der Innenstadt begegnet war, und er sie nachhause gefahren hatte.
    Obwohl die anschließende Rückfahrt lediglich eine vage und ineinanderfließende Bildabfolge darstellte, gab es eine Sache, an die Emilia sich noch sehr gut erinnerte. Es war Elias Stimme, die so deutlich in ihr nachklang, als würde er hier und jetzt neben ihr sitzen:
    Ich bringe dich sicher nachhause, Emilia....Du wirst keine Albträume mehr haben...ich passe auf dich auf .... hatte er ihr damals versprochen.
    Die Ironie, welche sich hinter diesen Worten verbarg, sorgte dafür, dass ein beinahe hysterisches Lachen in ihr aufsteigen wollte.
    Das Geräusch der sich öffnenden Fahrertür riss sie aus ihren Gedanken. Nur einen kurzen Augenblick später ließ sich Elias neben sie auf den Sitz gleiten.
    Umgehend hatte Emilia das Gefühl, dass der Platz im Wagen nicht mehr ausreichte für sie beide. Als schoben sich mit einem Mal die Wände der Karosserie zusammen und pressten ihr die Luft aus den Lungen, glaubte sie zu spüren, wie Elias Nähe sie regelrecht erdrückte. Oder lag es vielmehr an der Distanz, die zwischen ihnen herrschte? Sie wusste es nicht.
    Gelegentlich fragte sie sich, ob die göttliche ´Verbindung`, die einst zwischen ihnen bestanden hatte, noch immer existierte und ob das der Grund dafür war, dass sie sich in seiner Gegenwart fühlte, als müsste sie innerlich verdörren.
    Hätte Gott nicht, nun da sie ihren Auftrag erfüllt und Dagon in die ewige Verdammnis verbannt worden war, einfach Gnade walten lassen und sie freigeben können?
    Doch wer wusste schon, welch seltsames Spiel er mit ihnen spielte. Und ob das alles überhaupt einen tieferen Sinn hatte. Ungewollt stieß sie die Luft aus und schüttelte den Kopf, woraufhin Elias kurz zu ihr herübersah. Dann ließ er den Motor starten.
    Die Kälte ließ Emilia frösteln, weshalb sie die Jacke enger zog und ihre Hand nach dem Schalter ausstreckte, um die Sitzheizung anzustellen, als Elias sich ebenfalls vorbeugte und sich ihre Finger auf halbem Weg streiften.
    Ruckartig, als hätten sie sich aneinander verbrannt, zogen beide ihre Hände zurück. Elias war es schließlich, der einen neuen Versuch startete und den Regler betätigte.
    „Danke…“, sagte Emilia und durchbrach damit das unangenehme Schweigen, während sie ihn verstohlen von der Seite ansah.
    „Nicht dafür“, antwortete Elias und es dauerte einen Moment, bis Emilia begriff, dass er sie offenbar missverstand.
    „Ich meine, … weil du zugestimmt hast …, dass ich … dieses Gespräch heute führen darf. Es ist mir wirklich wichtig.“
    „Ich weiß“, entgegnete Elias. Seine angespannte Kiefermuskulatur verriet, dass ihm noch etwas anderes auf der Zunge lag, er es jedoch für sich behielt.
    „Ich verspreche, ich werde vorsichtig sein. Und … es wird ganz sicher nichts passieren“, schob Emilia hinterher, woraufhin der Engel ihr einen Blick zuwarf, dem die unausgesprochene Skepsis deutlich zu entnehmen war.
    „Vielleicht nehmen sie mich gar nicht mehr zurück. Ich meine, die gehen davon aus, dass ich fast drei Monate krankgeschrieben war. Gut möglich, dass ich mir gleich eine Absage abhole und dann … war`s das.“
    „Wir werden sehen“, antwortete Elias und wandte sich schließlich von ihr ab, um seine Aufmerksamkeit wieder auf die Fahrbahn zu richten. Emilia gab es auf, das Gespräch mit ihm künstlich in die Länge zu ziehen. Irgendetwas nahm offenbar seine volle Aufmerksamkeit in Beschlag. Und sie war es ganz eindeutig nicht.
    Zu gerne hätte sie gewusst, was in ihm vorging. Was er dachte. Doch seine Miene ließ keinerlei Rückschlüsse darauf zu.

    .... später geht Emilia ja dann näher auf Dr. Gundlach ein und das Gespräch, das sie mit ihm erwartet. Es dürfte demnach klar werden, dass es sich um ein Vorstellunsggespräch handelt. :hmm:

  • Also: Ich habe jetzt die alte und neue Version mal verglichen.

    Tatsächlich finde ich du könntest die Erklärung mit dem Vorstellungsgespräch ruhig komplett streichen. Ich meine - vermutlich gelangt sie ja später ohnehin dorthin. Und da kann man ruhig noch eine Weile im Dunkeln tappen. (Nur falls du Emilia vorher schon in dämonischen Spalten versenken willst würde ich die Erklärung doch wieder einfügen).

    Jedoch die Rückblende die du im Spoiler angestrichen hattest mag ich sehr. Die würde ich darin stehenlassen. Sie ist ja auch nicht so lang so dass es nicht stört.

    Meine Geschichten: * Meermädchen * Kriegerkönigin * Dark Prince * No Way Out

  • Danke, Kirisha für deine Einschätzung. Ich habe den Rückblick am Anfang nun rausgenommen.

    Ansonsten geht`s hier jetzt mit einem recht kurzen Part weiter :)

    Kapitel 10.2

    Bei dem Versuch, ihre destruktiven Gedanken im Zaum zu halten, dämmerte Emilia dahin. Sie öffnete die Augen erst wieder, als Elias das Tempo drosselte, um auf den Parkplatz des Klinikgeländes abzubiegen. Das Haupthaus mit seinen weiß getünchten Wänden hob sich in der Dämmerung von den umherstehenden Nebengebäuden ab, die im Gegenzug fast ausschließlich aus rotem Backstein bestanden. Das säulengestützte Portal,das man über eine breite Treppe erreichte, war bereits aus der Ferne gut zu erkennen. Emilia hatte es schon bei ihrem allerersten Besuch imponiert, ebenso, wie die vielen kleinen Details und Muster, die ins Mauerwerk eingelassen waren. Schon damals war ihr der Gedanke gekommen, dass man sich beim Bau dieser Klinik von der Architektur einer längst vergangenen Epoche hatte inspirieren lassen.
    Elias stellte den Wagen ganz in der Nähe des Eingangs ab und zog den Schlüssel aus dem Zündschloss. Nach wie vor sprach er kein Wort und fixierte mit seinem Blick stattdessen die Umgebung, als erwarte er jeden Augenblick, dass sich der Himmel verdunkelte und sich vor ihm ein Tor zur Hölle öffnen würde.
    Angespannt horchte Emilia in sich hinein, ob dieser Ort in ihr etwas auslöste. Ein Gefühl von Beklommenheit vielleicht oder ob sich gar ein Flashback ankündigte, weil sie durch eine Erinnerung getriggert wurde.
    Doch trotz allem, was sich hier ereignet hatte, blieben das Herzrasen und die schweißnassen Hände aus. Jene Symptome, die sie insgeheim befürchtet hatte, wenn sie hierher zurückkehren würde. Aber das genaue Gegenteil war der Fall und zu ihrem Erstaunen musste sie feststellen, dass der Zauber und die erhabene Schönheit, die von ihrem alten Arbeitsplatz ausging, erhalten geblieben war.
    Das Grauen haftete vielmehr an dem unteren Zellentrakt. Dem alten und schon seit Urzeiten stillgelegten Areal, das Dagons Verbündeten als Versteck gedient und in welchem diese Emilia gefangengengehalten hatten, bevor sie von Dagon nach Nasrija gebracht worden war.
    Wahrscheinlich konnte sie von Glück reden, dass sie von alledem nicht viel mitbekommen hatte, da sie von dem Dämon in einen tiefen Schlaf versetzt worden war. Das Einzige, woran sie sich noch mit Sicherheit erinnern konnte war Silas Anwesenheit.
    Silas...
    Ja, verdammt! Er hatte sie verraten und er war derjenige gewesen, der sie entführt und an den Feind ausgeliefert hatte. Doch nun war er tot!
    Erschlagen von den Trümmern der einstürzenden Tunneldecke, die ihn bei der Flucht aus der Kanalisation unter sich begraben hatte. So zumindest hatte es Freddy ihr erzählt, der genau wie Elias, Micah, Susan und Nils nur knapp dem gleichen Schicksal entkommen war.
    Emilia fragte sich, ob dies die gerechte Strafe dafür war, dass Silas die falsche Seite gewählt hatte.
    Er hat es bereut! Und er hat versucht, es wieder gutzumachen... rief sie sich selbst in Erinnerung und schluckte gegen den Kloß an, der sich in ihrem Hals ausbreiten wollte.
    „Alles in Ordnung?“, riss Elias sie in dem Moment aus ihren Gedanken und musterte sie eingehend, als hoffe er insgeheim, dass sie einen Rückzieher machen und die ganze Aktion wieder abblasen würde.
    „Ja“, antwortete Emilia deshalb und schnallte sich daraufhin ab, um ihre Aussage zu unterstreichen. „Alles gut.“
    „Na dann los“, seufzte Elias und öffnete die Tür, um auszusteigen. Als Emilia es ihm gleichtat, entging ihr nicht der wachsame Blick, mit dem der Engel sich nach allen Seiten umsah. Rasch griff er nach dem Schwert, das sich auf der Rückbank befand und ließ es unter dem Zauberglanz verschwinden, welcher die Waffe für alle anderen unsichtbar werden ließ. Mit einer geschickten Bewegung schob er Anduriel dann in die Halterung, auf seinem Rücken. Nachdem er den Wagen verriegelt hatte, nickte er ihr über das Autodach zu und sie setzten sich in Bewegung, um sich dem Eingang zu nähern.
    „Hör zu“, sagte Elias und hielt sie kurz am Arm zurück, bevor Emilia die erste Stufe der Treppe nehmen konnte. „Micah und die anderen sind bereits drin. Ich spreche kurz mit Aragel, dann komme ich nach.“
    „In Ordnung“, antwortete Emilia und wollte sich bereits wieder von ihm abwenden, als er sie erneut an der Schulter fasste.
    „Wir sind ganz in deiner Nähe, Emilia. Wenn irgendetwas sein sollte, dann warte nicht lange und gib uns ein Zeichen. Versprich es mir!“ Sein Griff verstärkte sich, als wolle er damit seinen Worten mehr Nachdruck verleihen.
    „Mach ich...“, antwortete Emilia, wobei ihr Vorhaben, ihn nicht länger als nötig anzusehen, an dem sonderbaren Glanz in seinen Augen scheiterte. Etwas Dunkles lag darin und überschattete den überheblichen Ausdruck, mit dem Elias sie in den vergangenen Wochen vorzugsweise bedacht hatte. Das Gefühl, dass er sich ernsthaft um sie sorgte, ließ sie einen Moment innehalten, bevor sie den Gedanken beiseiteschob. „Aber ... bis dahin tut mir den Gefallen und haltet euch zurück...BITTE!“
    „Es wird so sein, als wären wir nicht da“, versprach Elias mit einem knappen Nicken, bevor er in einer fließenden Bewegung kehrtmachte und in Richtung Parkplatz verschwand.

  • Der Abschnitt gefällt mir sehr gut!

    Auch die Rückblende finde ich an dieser Stelle passend. Ich bekomme gelegentlich Rückmeldungen von Lesern, dass man sich an die Vorgängerbände nicht mehr erinnert und darum eine kurze Auffrischung dessen, was da passiert ist, hilfreich wäre. Genau das machst du hier ja sehr kurzgefasst. Es passt gut und obwohl ich mich an alles noch erinnere, finde ich es gut, dass du hier betonst, dass es dasselbe Gebäude ist, wo damals alle die grausigen Dinge passiert sind. (Es sollte wohl auch ein wenig Schaden genommen haben, oder? Aber vielleicht hatten sie Zeit für Reparaturen).

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  • Mir gefaellt der Abschnitt auch.

    Ihre Gedanken hier wirken nicht so recht wie eine Rueckblende, das finde ich sehr geschickt geloest, weil sie die Erinnerungen ja an konkreten Dingen die sie vor sich sieht aufhaengt:thumbup:

    ***

    oder ob sich gar ein Flashback ankündigte, weil sie durch eine Erinnerung getriggert wurde.

    Muss da so viel Anglizismus? Ein Erlebnis kann ja auch durch irgendwas ausgeloest oder eine Erinnerung wieder aktiviert werden... (Ich geb's zu, dieses dauernde Reden dass jemand durch irgendwas 'getriggert' wird geht mir auf den Keks, ich kann die Phrase nicht mehr hoeren... das Fraeulein Tochter faengt inzwischen ja auch schon an...)

  • Hey Rainbow

    Sehr gelungener Abschnitt. Passt an dieser Stelle sehr gut! Kleinigkeiten im Spoiler.

    Spoiler anzeigen

    Bei dem Versuch, ihre destruktiven Gedanken im Zaum zu halten, dämmerte (besser döste?) Emilia dahin.

    Sie öffnete die Augen erst wieder, als Elias das Tempo drosselte, um auf den Parkplatz des Klinikgeländes abzubiegen. Das Haupthaus mit seinen weiß getünchten Wänden hob sich in der Dämmerung von den umherstehenden Nebengebäuden ab, die im Gegenzug (Gegensatz?) fast ausschließlich aus rotem Backstein bestanden.

    Das säulengestützte Portal,das man über eine breite Treppe erreichte, war bereits aus der Ferne gut zu erkennen. Emilia hatte es (ihr?) schon bei ihrem allerersten Besuch imponiert, ebenso, wie die vielen kleinen Details und Muster, die ins Mauerwerk eingelassen waren. Schon damals war ihr der Gedanke gekommen, dass man sich beim Bau dieser Klinik von der Architektur einer längst vergangenen Epoche hatte inspirieren lassen. Sehr schön!

    Elias stellte den Wagen ganz in der Nähe des Eingangs ab und zog den Schlüssel aus dem Zündschloss. Nach wie vor sprach er kein Wort und fixierte mit seinem Blick stattdessen die Umgebung, als erwarte er jeden Augenblick, dass sich der Himmel verdunkelte und sich vor ihm ein Tor zur Hölle öffnen würde. Angespannt horchte Emilia in sich hinein, ob dieser Ort in ihr etwas (etwas in ihr?) auslöste. Ein Gefühl von Beklommenheit vielleicht oder ob sich gar ein Flashback (anderes Wort?) ankündigte, weil sie durch eine Erinnerung getriggert ( anderes Wort?) wurde. Doch trotz allem, was sich hier ereignet hatte, blieben das Herzrasen und die schweißnassen Hände aus. Jene Symptome, die sie insgeheim befürchtet hatte, wenn sie hierher zurückkehren würde. Aber das genaue Gegenteil war der Fall und zu ihrem Erstaunen musste sie feststellen, dass der Zauber und die erhabene Schönheit, die von ihrem alten Arbeitsplatz ausging, erhalten geblieben war. (Sehr schön!)

    Das Grauen haftete vielmehr an dem unteren Zellentrakt. Dem alten und schon seit Urzeiten stillgelegten Areal, das Dagons Verbündeten als Versteck gedient und in welchem diese Emilia gefangengengehalten hatten, bevor sie von Dagon nach Nasrija gebracht worden war. Wahrscheinlich konnte sie von Glück reden, dass sie von alledem nicht viel mitbekommen hatte, da sie von dem Dämon in einen tiefen Schlaf versetzt worden war. Das Einzige, woran sie sich noch mit Sicherheit erinnern konnte war Silas Anwesenheit. Silas... Ja, verdammt! Er hatte sie verraten und er war derjenige gewesen, der sie entführt und an den Feind ausgeliefert hatte. Doch nun war er tot! Erschlagen von den Trümmern der einstürzenden Tunneldecke, die ihn bei der Flucht aus der Kanalisation unter sich begraben hatte. So zumindest hatte es Freddy ihr erzählt, der genau wie Elias, Micah, Susan und Nils nur knapp dem gleichen Schicksal entkommen war. Emilia fragte sich, ob dies die gerechte Strafe dafür war, dass Silas die falsche Seite gewählt hatte. Er hat es bereut! Und er hat versucht, es wieder gutzumachen... rief sie sich selbst in Erinnerung und schluckte gegen den Kloß an, der sich in ihrem Hals ausbreiten wollte. (stark!)

    „Alles in Ordnung?“, riss Elias sie in dem Moment aus ihren Gedanken und musterte sie eingehend, als hoffe er insgeheim, dass sie einen Rückzieher machen und die ganze Aktion wieder abblasen würde. „Ja“, antwortete Emilia deshalb und schnallte sich daraufhin ab, um ihre Aussage zu unterstreichen. „Alles gut.“ „Na dann los“, seufzte Elias und öffnete die Tür, um auszusteigen (streichen?). Als Emilia es ihm gleichtat, entging ihr nicht der wachsame Blick, mit dem der Engel sich nach allen Seiten umsah. Rasch griff er nach dem Schwert, das sich auf der Rückbank befand und ließ es unter dem Zauberglanz verschwinden, welcher die Waffe für alle anderen unsichtbar werden ließ. Mit einer geschickten Bewegung schob er Anduriel dann (streichen?) in die Halterung, auf seinem Rücken. Nachdem er den Wagen verriegelt hatte, nickte er ihr über das Autodach zu und sie setzten sich in Bewegung, um sich dem Eingang zu nähern. „Hör zu“, sagte Elias und hielt sie kurz am Arm zurück, bevor Emilia die erste Stufe der Treppe nehmen konnte. „Micah und die anderen sind bereits drin. Ich spreche kurz mit Aragel, dann komme ich nach.“ „In Ordnung“, antwortete Emilia und wollte sich bereits wieder von ihm abwenden, als er sie erneut an der Schulter fasste. „Wir sind ganz in deiner Nähe, Emilia. Wenn irgendetwas sein sollte, dann warte nicht lange und gib uns ein Zeichen. Versprich es mir!“ (was für ein Zeichen? sie könnten etwas verabreden)

    Sein Griff verstärkte sich, als wolle er damit seinen Worten mehr Nachdruck verleihen. „Mach ich...“, antwortete Emilia, wobei ihr Vorhaben, ihn nicht länger als nötig anzusehen, an dem sonderbaren Glanz in seinen Augen scheiterte. Etwas Dunkles lag darin und überschattete den überheblichen Ausdruck, mit dem Elias sie in den vergangenen Wochen vorzugsweise bedacht hatte (angesehen hatte?). Das Gefühl, dass er sich ernsthaft um sie sorgte, ließ sie einen Moment innehalten, bevor sie den Gedanken beiseiteschob. „Aber ... bis dahin tut mir den Gefallen und haltet euch zurück...BITTE!“ „Es wird so sein, als wären wir nicht da“, versprach Elias mit einem knappen Nicken, bevor er in einer fließenden Bewegung kehrtmachte und in Richtung Parkplatz verschwand.

  • Danke Kirisha  Thorsten und Sensenbach für euer Feedback :danke:

    Kirisha

    Ich bekomme gelegentlich Rückmeldungen von Lesern, dass man sich an die Vorgängerbände nicht mehr erinnert und darum eine kurze Auffrischung dessen, was da passiert ist, hilfreich wäre. Genau das machst du hier ja sehr kurzgefasst.

    Ja. Das Problem ist nur, hier die richtige Balance zu finden. Ich finde, einige Gedanken an das Geschehene drängen sich ja quasi auf und MÜSSEN eigentlich erwähnt werden. Aber es darf halt einfach nicht zu viel werden. Gut, dass das jetzt hier in dem Fall offenbar passt.

    finde ich es gut, dass du hier betonst, dass es dasselbe Gebäude ist, wo damals alle die grausigen Dinge passiert sind. (Es sollte wohl auch ein wenig Schaden genommen haben, oder? Aber vielleicht hatten sie Zeit für Reparaturen).

    Na ja. Das ist im Grunde ähnlich, wie mit der Kapelle. Die ist ja auch wieder instandgesetzt worden. Ich denke, die Engel haben da vielleicht ein bisschen nachgeholfen. Man wollte halt recht schnell wieder zur Normalität. Keine Ahnung, ob das plausibel ist. Ein paar Spuren hier und da sollten vielleicht schon noch daran erinnern, dass da etwas passiert ist. Man hat die Menschen ja schließlich glauben lassen, dass es eine Art Naturkatastrophe war, die sie heimgesucht hat. :hmm: Ich werde mir das mal notieren.

    Thorsten

    Mir gefaellt der Abschnitt auch.

    Ihre Gedanken hier wirken nicht so recht wie eine Rueckblende, das finde ich sehr geschickt geloest, weil sie die Erinnerungen ja an konkreten Dingen die sie vor sich sieht aufhaengt

    Das freut mich, weil ich es gerade nicht so einfach finde, hier das richtige Maß zu finden.

    (Ich geb's zu, dieses dauernde Reden dass jemand durch irgendwas 'getriggert' wird geht mir auf den Keks, ich kann die Phrase nicht mehr hoeren... das Fraeulein Tochter faengt inzwischen ja auch schon an...)

    Ja, das stimmt. Das sind inzwischen alles so Modewörter geworden. Ich hatte allerdings eher gedacht, dass Emilia dieses Vokabular aus der Praxis ihrer Arbeit mit psychisch kranken Menschen kennt und hier quasi sowas wie eine Art Selbstdiagnose stellt. :hmm: Ich verstehe aber, dass das vielleicht nerven könnte. Ich schaue deshalb mal, ob ich das anders löse.

    Sensenbach

    Sehr gelungener Abschnitt. Passt an dieser Stelle sehr gut! Kleinigkeiten im Spoiler.

    Das freut mich :)

    Und danke für deine Korrekturvorschläge. Ich werde sie gerne berücksichtigen.

    Kapitel 10.3

    Kaum hatte Elias sich von Emilia abgewandt, spürte er die Kälte wie eine unheilbringende Verheißung in sich aufsteigen. War es eine Vorahnung? Oder trübte die Erinnerung sein Gespür für die Situation?
    Als Freddy das letzte Mal durch diese Tür gegangen ist, brachkurz darauf die Hölle über uns herein.
    Noch einmal sah er sich nach Emilia um, doch die schwere Pforte war bereits hinter ihr ins Schloss gefallen.
    Ich verspreche, ich werde vorsichtig sein. Und ... es wird ganz sicher nichts passieren...klangen ihre Worte in ihm nach. Am liebsten hätte er sie geschüttelt und ihr zugerufen, dass sie des Wahnsinns war, anzunehmen auch nur ein Fünkchen Kontrolle über diese Situation zu haben. Dass es Dinge gab, die sich nicht durch den eigenen Willen steuern ließen und es Gefahren gab, von denen sie nicht im Entferntesten wusste. Nicht mal er konnte mit absoluter Gewissheit sagen, welche Schritte Dagons Verbündete als nächstes planten, um an Emilia heranzukommen. Welche Fallstricke hier auf sie lauerten und mit welchen hinterlistigen Tücken sie zu rechnen hätten. Einzig dem Zugeständnis, das er ihr gemacht hatte, war es geschuldet, dass er diesem Vorhaben eine Chance einräumte.
    Aufmerksam ließ er den Blick über den Parkplatz schweifen. Ein Streufahrzeug mit der Aufschrift Winterdienst bog soeben in Richtung Klinikgelände ab und machte vor dem angrenzenden Parkeingang Halt. Zwei Mitarbeiter stiegen aus und gingen kurz darauf an die Arbeit, um die mit Schnee bedeckten Wege zu räumen.
    Ein Stück weiter standen zwei Krankenschwestern vor einem der Nebengebäude und bliesen Zigarettenqualm in die Luft, während sie sich lachend unterhielten. Ansonsten war weit und breit niemand zu sehen.
    Einen Moment noch ließ Elias das Bild auf sich wirken, bevor er sich an die Hauswand lehnte und die Augen schloss. Bedächtig ließ er den Atem ausströmen und gab seine menschliche Hülle auf. Erfasst von der Leichtigkeit seiner feinstofflichen Erscheinung genoss er die sanfte Berührung des Windes, der durch ihn hindurchfuhr und ihn in die Luft trug. Augenblicklich spürte er, wie er ruhiger wurde.
    Auf dem Klinikdach angekommen, genoss er einen kurzen Moment den inneren Frieden, bevor sich Aragel in sein Blickfeld schob.
    Elias Befehl zufolge wirkte er den Bann, der einen Angriff auf das Gebäude abwehren sollte. In der Mitte des Dachs stehend drehte er sich um die eigene Achse und sprach dabei jene mächtigen Worte, die in Elias Ohren nach Schutz und Verteidigung klangen.
    Weißleuchtende Linien flossen dabei aus den Fingerspitzen des Engels wie glänzende Bänder. Vom Wind erfasst, lösten sie sich auf und verteilten sich in Form eines silbernen Staubregens wie ein hauchzarter dünner Film über das gesamte Haus. Umgehend wurde Elias wohler zumute und die Anspannung ließ ein Stück von ihm ab, als Aragel sich zu ihm umwandte, um ihm mit einem knappen Nicken zu bestätigen, dass der Schutzwall aktiviert war.
    Langsam kam sein Kamerad auf ihn zu. Die Flügel, die hinter seinem Rücken hervorstachen und im Takt seiner Schritte mitschwangen, ließen ihn noch zarter wirken, als er ohnehin schon war. Doch der schmale, farblose Streifen am äußeren Rand seiner rechten Schwinge zeugte von der Tapferkeit des himmlischen Kriegers. Soweit Elias wusste, war Aragel bei der Schlacht am Herodiin-Meer zugegen gewesen, wo er mit seiner Truppe in einen Hinterhalt geraten und in einer Gebirgsschlucht von einer Übermacht säurespeiender Xypha-Dämonen eingekesselt worden war. Es hatte ewig gebraucht, bis die rettende Verstärkung den damals jungen Rekruten mit nur noch einer Handvoll Kameraden endlich befreien konnte. Neben einer Auszeichnung, die seinen rasanten Aufstieg in der himmlischen Armee nach sich gezogen hatte, trug er seitdem die Spuren dieses unvergessenen Einsatzes mit sich. Automatisch fuhr Elias Hand zu seiner Brust. Das stechende Pulsieren seiner Verletzung erinnerte ihn daran, dass auch er gezeichnet war. Mit dem Unterschied, dass es seine Narbe gleich in dreifacher Ausführung gab, weshalb sie ihm für immer vor Augen halten würde, dass sein Engelherz mit dem einer Irdischen und dem eines gottverfluchten Dämons im gleichen Takt schlug.
    „Das Gebäude ist gesichert“, rissen Aragels Worte ihn aus seinen Gedanken, während der Engel unmittelbar vor Elias zum Stehen kam.
    „Gut“, antwortete dieser und bemühte sich darum, den Blick von dem Narbengeflecht auf Aragels Flügel zu nehmen, um stattdessen den glimmenden Schutzschild zu betrachten, der sich über ihnen zu einer Kuppel geformt hatte. „Ich schicke dir gleich Corat raus. Ihr werdet die Lage von hier oben im Augen behalten. Ich möchte umgehend informiert werden, wenn sich irgendetwas tut.“
    „Ja, Vitorio.“ Die Ehrerbietung in Aragels Stimme in Verbindung mit dem offiziellen Titel, welcher Kommandanten im himmlischen Heer zukam, führte Elias vor Augen, dass es bislang wenig Gelegenheit gegeben hatte, sich mit dem Engel auf einer persönlichen Ebene auszutauschen. Andernfalls wüsste dieser, dass Elias die militärische Gepflogenheit, höhergestellte Befehlshaber anders zu behandeln, als den Rest der Truppe schlichtweg zuwider war.
    Für den Moment beließ er es bei einem Nicken, bevor er sich abwandte und seine Gedanken auf Micah richtete.
    Wie siehts aus bei euch?
    Das Schweigen in seinem Kopf ließ ihn augenblicklich wachsam werden.
    Micah, melde dich. - Ist alles in Ordnung? Seine Gedankenstimme nahm einen beschwörenden Klang an.
    Ja, alles gut! Emilia ist schon im Gespräch. Sonst ist hier alles unauffällig.
    Erleichtert atmete Elias auf.
    Schick Corat raus!, ließ er Micah dann wissen. Er soll mit Aragel das Dach sichern.
    Ist schon unterwegs, antwortete sein Freund und kurz glaubte Elias noch zu hören, wie dieser den Befehl an Corat weitergab, bevor die Verbindung wieder unterbrochen wurde und eine beklemmende Stille in seinem Kopf zurückblieb. Nachdenklich ließ Elias den Blick über den Himmel wandern, der sich durch die aufgehende Morgensonne zusehends in ein strahlendes Blau verwandelte. Es versprach ein wunderschöner Wintertag zu werden. Blieb nur zu hoffen, dass der Friede nicht von einer herannahenden Katastrophe überschattet werden würde.

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    Rainbow
    8. Mai 2024 um 23:02
  • Die himmlischen Wächter positionieren sich auf dem Dach des Krankenhauses. Sehr schönes Bild. (Ist der Angriff also von oben zu erwarten? Oder gibt es noch andere Möglichkeiten? (Mir fällt jetzt spontan die Hölle und also irgendein unterirdisches Eindringen ein ... ist aber nur so eine Idee. Es reicht sicherlich auch so. Da man als Leser ja auch keine Vorstellung hat welche Fähigkeiten die Angreifer haben könnten).

    Es ist ja eine ziemliche Düsternis in allen Gedanken. Daher bin ich nun wirklich gespannt ob schon jetzt etwas passiert oder ob die feindliche Seite noch abwartet. Oder Emilia selbst den Anfang macht. Das gibt es ja so einige Optionen. Unter dieser Prämisse könnte selbst Emilias Vorstellungsgespräch noch gruselig werden da man ja nicht weiß was kommt. Ich bin darauf schon neugierig - ein weiteres Voranschreiten einer "Normalität" (Und Emilias früherem Leben) in einer Welt die am Zusammenbrechen ist. <3

    Meine Geschichten: * Meermädchen * Kriegerkönigin * Dark Prince * No Way Out

  • Danke, Kirisha für deine Rückmeldung. :)

    Kirisha

    Die himmlischen Wächter positionieren sich auf dem Dach des Krankenhauses. Sehr schönes Bild. (Ist der Angriff also von oben zu erwarten? Oder gibt es noch andere Möglichkeiten? (Mir fällt jetzt spontan die Hölle und also irgendein unterirdisches Eindringen ein ... ist aber nur so eine Idee. Es reicht sicherlich auch so. Da man als Leser ja auch keine Vorstellung hat welche Fähigkeiten die Angreifer haben könnten).

    Ja, so 100%ig zufrieden bin ich mit dieser Szene ehrlich gesagt noch nicht. Ich dachte halt, es wäre gut, wenn die da nicht einfach reinmarschieren, sondern zumindest ein bisschen wert auf "Sicherheit" gelegt wird.

    Außerdem wollte ich Aragel noch etwas charakterisieren, weil ich die Engeltruppe nicht ganz so blass erscheinen lassen möchte. Ich denke immer, wenn man mit den Namen etwas verbindet, hat man schneller ein Bild im Kopf. Aber ich bin mir halt auch hier nicht sicher, ob das alles schon so ausgereift ist. :hmm: Vielleicht gehe ich da später nochmal drüber. Im Moment sehe ich den Part mehr wie eine Art Platzhalter.

    Es ist ja eine ziemliche Düsternis in allen Gedanken. Daher bin ich nun wirklich gespannt ob schon jetzt etwas passiert oder ob die feindliche Seite noch abwartet. Oder Emilia selbst den Anfang macht. Das gibt es ja so einige Optionen. Unter dieser Prämisse könnte selbst Emilias Vorstellungsgespräch noch gruselig werden da man ja nicht weiß was kommt. Ich bin darauf schon neugierig - ein weiteres Voranschreiten einer "Normalität" (Und Emilias früherem Leben) in einer Welt die am Zusammenbrechen ist.

    Ja, es ist gut, wenn man sich als Leser all diese Fragen stellt. Ich habe die Hoffnung, dass das ein bisschen für Spannung sorgt. :)

    Und jetzt schwenken wir wieder zu Emilia. Ich bin sehr gespannt, wie euch das Kapitel gefällt. Ich werde es in zwei Teilen posten.

    Los geht`s :D

    Kapitel 11

    War sie eben auf dem Parkplatz noch die Ruhe in Person gewesen, spürte Emilia die Nervosität jetzt mit jedem Herzschlag zunehmen.
    Ein seltsames Zittern stieg in ihr auf, als habe ihr Kreislauf beschlossen, ihr einen Strich durch die Rechnung zu machen und sämtliche Körperfunktionen auf den Kopf zu stellen. Ihr Schädel brummte und der Schweiß brach ihr aus, als sie in dem modernen Schwingstuhl aufgeregt hin- und herwippte, während sie den Blick durch das Zimmer wandern ließ. Ein Familienfoto, das in einem dieser hochglanzpolierten Edelstahlrahmen steckte, zierte den penibel aufgeräumten Schreibtisch, auf dem sich neben einem spärlich gefüllten Stifthalter noch drei aufeinandergestapelte Ablagekörbe befanden. Die dunklen Stellen an dem hell verputzten Mauerwerk zeugten von dem Wandbehang, welcher hier zuvor noch befestigt gewesen war: Das große U2-Poster, die Gruppenaufnahmen vergangener Betriebsausflüge, der Dienstplan ... all das schien dem sterilen Weiß nackter Backsteine gewichen zu sein. Das liebenswert chaotische Bild von Silas Büro war ganz eindeutig durch eine ordentliche und gut strukturierte Persönlichkeit in ein hygienisch reines und äußerst zweckmäßiges Arbeitsumfeld verwandelt worden.
    Mit einem Anflug von Wehmut sah Emilia hinüber zu dem kahlen Platz neben der Tür, an dem früher die Garderobe gestanden hatte. Henry, - das fast menschengroße Skelett, das von Silas einst zum Maskottchen der Abteilung ernannt worden war-, schien einen anderen Platz gefunden zu haben. Wahrscheinlich teilte nicht jeder den tiefschwarzen Humor, mit welchem Silas dem Team einst verkündet hatte, dass es ihre Aufgabe sei, sich den Lebenden zuzuwenden, solange sie die Hilfe noch brauchten. Das improvisierte Pappschild mit der Aufschrift ZU SPÄT, das er Henry umgehängt hatte, sollte jeden, der sein Büro betrat an diesen Umstand erinnern.
    Ein seltsames Gefühl der Leere nahm von Emilia Besitz und obwohl sie versuchte, dagegen anzukämpfen, wurde sie wütend darüber, dass sich jemand anmaß all diese Dinge einfach wegzunehmen. Als hätten sie nie eine Bedeutung gehabt.
    Es ist jetzt SEIN Büro, Lia. Verdammt!, rief sie sich in Erinnerung.
    Kaum hatte Emilia ihren Gedanken zu Ende gedacht, da öffnete sich die Tür und Dr. Gundlach betrat den Raum. Zu Emilias Erstaunen war das Bild, das sie von ihm in ihrer Erinnerung abgespeichert hatte, recht präzise gewesen: Klein, dickbäuchig und kahlköpfig traf es nahezu auf den Punkt. Sein weißer Kittel hob sich kaum von der Wandfarbe ab, womit er sich wunderbar in das Ambiente des Besprechungszimmers einfügte. Weder Silas, noch sein Vorgänger, Dr. Albertree, hatten gesteigerten Wert daraufgelegt, sich innerhalb des Wohnheims derart zu kleiden. Das hier war das Zuhause von psychisch kranken Menschen. Es sollte nicht an ein Krankenhaus erinnern, selbst, wenn sich die Räumlichkeiten nun mal innerhalb eines Klinikgebäudes befanden. Mit einer knappen Geste blickte Dr. Gundlach auf seine Uhr und wandte sich dann zu Emilia um.
    „Frau Kent“, sagte er und nickte ihr flüchtig zu, bevor er die Tür hinter sich schloss und auf seinen Schreibtisch zumarschierte. Die Papiere, die er in der Hand hielt, wanderten in den oberen Ablagekorb, während die Klemm-Mappe, von der Emilia annahm, dass es ihre Personalakte war, daneben abgelegt wurde.
    „Hallo“, antwortete Emilia und räusperte sich, in der Hoffnung, den Kloß in ihrem Hals auf dem Wege beseitigen zu können. Der Blick von Dr. Gundlach blieb an ihr hängen. Kurz schien er sie zu mustern, bevor er sich den Stuhl zurechtrückte, um ihr gegenüber Platz zu nehmen.
    „Mein Name ist Dr. Gundlach. Ich leite die Abteilung“, stellte er sich knapp vor. Offenbar war ihm nicht bewusst, dass sie einander bereits vor einiger Zeit vorgestellt worden waren. „Sie möchten also wieder im St. Anna-Stift arbeiten“, sagte er ohne Umschweife. Dabei schlug er die Beine übereinander, faltete die Hände in seinem Schoß und sah Emilia über seine Brille hinweg abwartend an.
    „Ja, das würde ich sehr gerne“, antwortete diese und bemühte sich, dem Blick des Mannes standzuhalten.
    „Es ist eine Weile her, dass sie zuletzt bei uns waren...“, setzte Dr. Gundlach an und griff nach der Akte, um darin herumzublättern.
    „Drei Monate“, bestätigte Emilia und ärgerte sich insgeheim darüber, dass es nicht möglich war diesen Umstand schönzureden. Ihr Unfall, welcher sie fast das Leben gekostet hatte, ebenso, wie der anschließende Klinikaufenthalt lagen vor dem Dämonenangriff, weshalb dieses Wissen noch in der Erinnerung ihrer Mitmenschen verankert war.
    „Hm...“, brummte der Doktor und nickte, die Aufmerksamkeit nach wie vor auf die Papiere gerichtet. Dann sah er zu ihr auf und nahm die Brille ab, um sie in der Brusttasche seines Kittels verschwinden zu lassen. Ohne die dunkelgerahmten Gläser, wirkte sein Gesicht blass und unvollständig.
    Genau wie dieses Büro, kam es Emilia in den Sinn, woraufhin ihre Abneigung ihm gegenüber ungewollt noch ein Stück größer wurde.
    „Wie ich hörte, haben Sie im vergangenen Jahr einiges durchgemacht...“, stellte Dr. Gundlach jetzt fest und die plötzliche Anteilnahme, die in seiner Stimme mitschwang, ließ Emilia augenblicklich wachsam werden.
    „Es geht mir wieder gut“, entgegnete sie und untermauerte ihre Aussage mit einem Lächeln, das, wie sie hoffte, überzeugend wirken sollte. Ungerührt schloss der Doktor die Akte und legte sie schließlich wieder auf den Tisch. Dann lehnte er sich in seinem Stuhl zurück, während er Emilia nicht aus den Augen ließ. Die Art und Weise, wie er sie ansah, verursachte ihr ein Unbehagen.
    „Nun, Frau Kent“, setzte er dann erneut an. „Wir haben es hier mit psychisch kranken Patienten zu tun, wie sie wissen. Viele davon sind sehr labil, leiden unter schweren depressiven Schüben oder haben mit traumatischen Erlebnissen zu kämpfen.
    Das weiß ich, verdammt!, hätte Emilia ihm am liebsten entgegengeschleudert, doch entschied sie sich dagegen.
    „Darüber bin ich mir bewusst“, antwortete sie stattdessen, konnte jedoch nicht verhindern, dass es herausfordernder klang, als es von ihr beabsichtigt war.
    Bleib ruhig, Lia! Lass dich von ihm nicht provozieren!
    Dr. Gundlach vernahm den leicht aggressiven Unterton in ihrer Stimme und legte den Kopf schief, um sie noch eine Spur skeptischer zu mustern. Sein Blick wurde wachsam, wie der eines Jagdhundes, der die Fährte aufgenommen hat.
    „Ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen, Frau Kent“, sagte er nun mit dieser professionellen Distanziertheit, die Emilia zuwider war, „aber ich hege Zweifel daran, dass sie bereits stabil genug sind, um sich den Aufgaben hier im Wohnheim wieder zuwenden zu können. Was halten Sie davon, wenn Sie Ihre Auszeit noch ein wenig verlängern? Sich die Ruhe gönnen, ihr eigenes traumatisches Erlebnis aufzuarbeiten? Davon profitieren nicht nur Sie selbst, sondern die Patienten ebenso.“
    Emilia fühlte eine heißkalte Welle über ihren Körper hinwegspülen und das beklemmende Kribbeln, welches sich von ihrem Magen aus in alle Richtungen verteilte.
    Nicht stabil` genug? ... Ihre ´Auszeit` verlängern? ... Sich ´RUHE` gönnen???
    Tickte der Typ noch ganz richtig? Wenn sie eines ganz sicher nicht brauchte, dann waren das weitere Wochen, in denen sie sich gedanklich im Kreis drehen würde. In denen sie von der Stille um sich herum verschluckt wurde...
    Alleine bei dem Gedanken daran beschleunigte sich ihr Herzschlag und der Knoten in ihrem Hals schwoll an. Fest umschloss sie mit den Händen die Lehnen ihres Stuhls, während sie den Blick ihres Chefs erwiderte.
    „Ich brauche keine Auszeit“, sagte sie und hörte, wie ihre eigene verbitterte Stimme in ihren Ohren widerhallte. „Ich will wieder arbeiten!“
    „Es hat sich hier einiges geändert. Das sollten Sie vielleicht wissen“, griff Dr. Gundlach ihren Einwand auf, als sei es ihm möglich, sie mit diesem Argument umzustimmen. „Dr. Albertree hatte eine, nennen wir es, recht eigenwillige Vorstellung davon, was die Führung dieser Abteilung betrifft. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin mir darüber im Klaren, dass er wahrscheinlich schon einige Zeit vor seinem Suizid nicht mehr ausreichend belastbar gewesen ist und er einiges... nun ja, sagen wir, hat schleifen lassen...“
    Es war kein Suizid! ... und er war ein hervorragender Psychiater!... Besser, als jeder andere...
    Emilias Bestürzung darüber, wie das Andenken an den alten Professor, den sie über alle Maße für seine Arbeit mit den Patienten bewundert hatte, in den Dreck gezogen wurde, ließ ihr schlecht werden.
    Bevor sie ihre Fassungslosigkeit zum Ausdruck bringen konnte, klopfte es an der Tür und eine junge Frau – nicht viel älter, als sie selbst- steckte den Kopf zur Tür herein. „Sie werden am Empfang verlangt, Doktor. Es scheint dringend zu sein“, meldete sich die attraktive Brünette zu Wort. Ihre langen Beine steckten in einem Rock, der für Emilias Geschmack eine Spur zu kurz war, doch der sich aufhellende Gesichtsausdruck ihres Gegenübers ließ sie zu dem Schluss kommen, dass nicht alle in diesem Raum ihre Meinung teilten.
    „Danke, Diana“, antwortete Dr. Gundlach und nickte seiner Mitarbeiterin zu. „Sagen Sie, ich komme gleich.“
    Die Tür schloss sich wieder und in dem Moment wurde Emilia schlagartig klar, dass ihr Gespräch beendet war. Ganze drei Minuten hatte sich dieser Dreckskerl für sie Zeit genommen. Drei Minuten für die sie einen kontrollsüchtigen Engel hatte von ihrem Vorhaben überzeugen und weiß Gott was für Hebel in Bewegung setzen müssen, um hierher zu kommen. Drei Minuten für die sie sich verrückt gemacht hatte, der sinnlosen Hoffnung verfallen, man würde ihr tatsächlich eine faire Chance geben. „Tut mir leid“, vernahm sie die Stimme des Doktors, in der, nach Emilias Dafürhalten, kein ernstzunehmendes Mitgefühl mitschwang. „Melden Sie sich wieder ... sagen wir, in ein paar Monaten, und dann werde ich sehen, was ich für Sie tun kann. Wir haben im Übrigen auch immer mal wieder Bedarf an Empfangsmitarbeitern, sollte das für Sie ebenfalls in Frage kommen.“
    Emilia glaubte, sich verhört zu haben. Die Unverfrorenheit dieses Mannes kannte offenbar keine Grenzen. Glaubte er allen Ernstes, sie hätte ein Interesse daran, mit Fräulein ´Gürtel oder Rock-Für mich ist das einerlei` am Empfang zu arbeiten, sich über Frisuren und Schminktipps auszutauschen, während sie ihm dreimal am Tag seinen Kaffee ins Büro bringen durfte?
    Das hektische Klopfen ihres Herzens ließ das Blut in ihren Ohren rauschen. Ihre Hände wurden feucht, während die Geräusche ringsum an Intensität zunahmen. Mit bedrängender Penetranz vernahm Emilia das Summen an der Scheibe, welches von einer Fliege herrührte. Verzweifelt versuchte diese einen Weg ins Freie zu finden, indem sie immer und immer wieder mit dem dicken Glas zusammenstieß, das sie von der Welt da draußen trennte: Schritte erklangen auf dem Flur, Gespräche aus den angrenzenden Zimmern wurden an Emilias Ohr getragen, ausgelassenes Gelächter hallte über den Parkplatz vor dem Haus. Plötzlich veränderte sich das Bild vor ihren Augen und alles trat deutlicher hervor. Die feinen Falten im Gesicht von Dr. Gundlach, die ersten Anzeichen von Altersflecken auf seiner hohen Stirn, die Härchen, welche aus dem offenstehenden Kragen seines Hemdes lugten. Das Auf und Ab seines Brustkorbs. Sein Herzschlag.
    Babumm... Babumm...Babumm...
    Sie roch seinen Schweiß, der von einer Note herben Aftershaves überlagert wurde. Der Mund von Dr. Gundlach bewegte sich, klappte auf und zu, doch war es Emilia nicht mehr länger möglich, sich darauf zu konzentrieren, was er sagte. Mit schief gelegtem Kopf betrachtete sie ihn vielmehr, ließ den Blick über seinen Hals wandern, an dem die Schlagader pulsierte. Wie es wohl wäre, sie zum Stillstand zu bringen? Dafür zu sorgen, dass er endlich den Mund hielt?
    Du musst es nur wollen! Es ist ganz leicht!
    Das machtvolle Verlangen, sein pulsierendes Herz in den Händen zu halten, die Wärme seines Blutes zu spüren, ihm dabei zuzusehen, wie er seinen Lebensatem aushauchte, nahm von Sekunde zu Sekunde zu.
    Es fühlte sich richtig an. Befreiend.
    Als warte die ungezügelte Kraft in ihr nur darauf, endlich­ entfesselt zu werden. Babumm...Babumm...Babumm

    Die Welt verschwamm. Wurde schwarz.

  • Zu 10.3:

    Eine schoen ruhige Szene wo man die Spannung unter der Oberflaeche merkt....

    Hier bekomme ich allerdings zwei ueber Kreuz liegende Bilder von Engeln in den Kopf

    . Bedächtig ließ er den Atem ausströmen und gab seine menschliche Hülle auf. Erfasst von der Leichtigkeit seiner feinstofflichen Erscheinung genoss er die sanfte Berührung des Windes, der durch ihn hindurchfuhr und ihn in die Luft trug.

    Das fand ich richtig schoen - da kommt das Engelshafte mal wieder zum Tragen.


    und bemühte sich darum, den Blick von dem Narbengeflecht auf Aragels Flügel zu nehmen,

    Und diese Betrachtungen machen es dann wieder sehr konkret und koerperlich - ich frage mich ob man diese Narben nicht anders - feinstofflicher - sehen koennte, als einen Schatten der auf dem Licht der Fluegel an der Stelle liegt oder so?

    Bei dem Beschreibungen irrlichtert meine Vorstellung halt immer vom feinstofflichen, eher aetherischen zum konkret koerperlichen und wieder zurueck...

  • Das ist eins deiner fesselndsten Kapitel. (Denke ich wahrscheinlich jedes Mal wenn ich etwas Neues von dir lese). Ich bin absolut begeistert! Du beschreibst eigentlich nur das Zimmer in dem sie sitzt und erzählst dabei anhand der Gegenstände unglaublich viel über die Menschen die dort gearbeitet haben und auch über Emilias Einstellung dazu. Das ist so plastisch dargestellt dass es in seiner Einfachheit klare Bilder schafft und die Atmosphäre auch schön deutlich macht. Einfach perfekt. Den "suizidalen" Psychiater hatte ich schon fast vergessen aber erinnere mich jetzt dass der in einem sehr frühen Kapitel in Band 1 wohl mal thematisiert wurde. Gerade das macht es auch wieder sehr gut weil es eine Vertrautheit herstellt. Auch die Erinnerung an Silas mit dem ich eigentlich eher Negatives verbinde hast du sehr gut platziert denn da du den Fokus auf sein vorheriges Wesen legst zeigst du auf dass er eigentlich ein ziemlich normaler Mensch war auch mit positiven Seiten. Dann die beiden Bilder die von der Wand verschwunden sind ... jedes kleine Detail trägt zu der Atmosphäre bei und schafft ein Bild davon wie es wohl früher auf diesem Arbeitsplatz zugegangen sein könnte ohne dass du es explizit erzählst. Also ... Hut ab. Ich finde es toll.

    Auch Emilias abgrundtiefe Verzweiflung als sie merkt dass sie die Stelle nicht bekommt. Toll eingefangen. Ich habe da richtig mit ihr mitgelitten. (Kann mich auch noch an solch ein Vorstellungsgespräch erinnern und an genau den Punkt wo ich gemerkt habe dass sie mich nicht nehmen obwohl es nie einer klar ausgesprochen hat).

    Und jetzt? Hilfe ... es geht los! ELIAAAS! (Ich weiß. Er wird wieder zu spät kommen. Emilia nimmt das diesmal allein in die Hand. Ich finde ihre Art wie sie denkt und redet übrigens ganz wahnsinnig gut. Und bin ungeheuer gespannt) (Bitte nichts ändern und das alles so lassen)

    :love:

    Meine Geschichten: * Meermädchen * Kriegerkönigin * Dark Prince * No Way Out