Hallo zusammen. Mir fiel gestern Abend spontan eine Geschichte ein und ich fing an drauf loszutippen. Ich war mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob es zu Sci-Fi oder Urban Fantasy gehört. Könnte vielleicht auch beides sein. Es handelt sich hierbei um eine Kurzgeschichte und soll für mich eher eine Übung zum Verbessern meiner Schreibfähigkeit sein. Ich würde mich über jede Art von Kritik freuen
Part 1
Jason öffnete die Augen und schaute sich vorsichtig um. Er fand sich in einem kalten Raum mit schlichten, licht abwerfenden weißen Kacheln, deren Fugen in runenartigen Linien gezogen waren, wieder. Er stand auf und schaute sich um. Hier befand sich nichts außer dem unbequemen Bett, auf dem er eben noch gelegen hatte. Das Zimmer musste ungefähr zwölf Quadratmeter groß sein und hatte weder Fenster noch Türen. Ein Glück, dass Jason nicht klaustrophobisch veranlagt war, ansonsten würde er mit Sicherheit durchdrehen. Wer hatte ihn hierher gebracht? Wie hatte man ihn hierher gebracht? Und wo zum Teufel war er überhaupt? Fragen über Fragen schossen durch Jasons Kopf. Plötzlich ertönte eine verzerrte Stimme. „Guten Morgen, Subjekt 0183-C. Hast gut geschlafen?”
Subjekt 018 … was? Was war das denn für eine Bezeichnung? „Ich heiße Jason! Nicht Subjekt 018-was-auch-immer”, erwiderte er verärgert. „Wer bist du? Wieso hast du mich hierher gebracht?”, fragte er. Wut schwang in seiner Stimme.
„Spar dir deine Kraft, 0183-C. Du wirst sie noch brauchen”, antwortete die Stimme emotionslos.
„Dann sag mir, wer du bist und was das für ein Ort ist!”, forderte er zu wissen, während er mit der Faust gegen eine Kachel schlug. Sie zerbrach. Jason trat erstaunt einen Schritt zurück und inspizierte die Kachel. Sie war vollständig repariert. Nicht mal einen Kratzer wies sie auf.
„Nicht gleich hitzig werden, 0183-C. Du wirst auf alle deine Fragen noch Antworten bekommen. Allerdings wirst du mir zuerst paar Fragen beantworten.”
Jasons Miene verfinsterte sich. „Was für Fragen? Lässt du mich danach gehen?" Die Stimme lachte herzlich. „Warum so eilig mein, Lieber?" Jason ahnte nichts Gutes. „Beantworte folgende Fragen mit Ja oder Nein. Es sei denn, ich fordere detailliertere Antworten", befahl die Person. Ich beantworte nichts, bevor ich Antworten auf meine Fragen bekommen habe!, dachte er trotzig. Man hält mich hier gegen meinen Willen. Aber andererseits lässt man mich vielleicht gehen, wenn ich die Fragen beantworte. Ich muss ja nicht alles wahrheitsgemäß beantworten. Die Situation war ein innerer Kampf. Er wog seine Lage noch ein wenig ab, dann sagte er aber nur knapp, dass die Person ihre Fragen stellen soll.
„Gut! Erste Frage: Dein Name ist Jason Miller. Du bist 33 Jahre alt und kommst aus Boston. Richtig?"
„Ja."
„Zweite Frage: Dein Vater heißt Arthur Miller und deine Mutter Mary Miller, geborene Paul?"
„Ja."
„Dritte Frage: Du hast im Winter 2091 mit elf Jahren ein seltsam schimmerndes Objekt gefunden. Richtig?"
„Wieso zum Geier fragst du mich sowas Unnützes? Und woher weißt du das?", wollte er stirnrunzelnd wissen. „Momentmal! Hast du etwa meine Erinnerungen angezapft?" Jason kochte vor Wut.
„Ich stelle zuerst die Fragen. Beantworte sie!", forderte die Stimme ruhig.
„Ja, verdammt noch mal! Wer bist du, du Arschloch? Was willst du von mir?", brüllte er, während er auf das Bett eintrat. Blaues Licht schoss aus den Fugen und Jason wurde zurückgeworfen. Wie eine Welle brandete die Energie durch jeden seiner zuckenden Muskeln, bevor er völlig verkrampft zu Boden fiel, unfähig sich zu regen. Hatte sie ihm etwa einen Stromschlag versetzt?
„Ich stelle zuerst die Fragen!”, erinnerte die Stimme ihn wieder, nun etwas gereizt. „Das war nur ein Vorgeschmack darauf, was sonst noch passieren kann! Haben wir uns verstanden?" Jason nickte widerwillig.
„Gut! Vierte Frage: Was hast du mit dem Objekt gemacht? Hast du es behalten?"
„Nein. Ich meine ja. Aber nur kurz. Ich habe es zuerst für eine Holo-Card gehalten, die ich gegen Credits eintauschen wollte. Der Händler tat es allerdings als Schrott ab und ich warf das Teil weg", antwortete er noch immer verkrampft auf dem Boden liegend. Erst beraubt man mich meiner Freiheit und dann misshandelt man mich auch noch. Was für ein skrupelloses Spielchen ist das hier? Furcht und Nervosität erfüllten ihn.
„Verdammt!", rief eine weitere verzerrte Stimme im Hintergrund aus.
„Kannst du dich noch erinnern, wo du das Objekt weggeworfen hast?"
„Nein."
„Sind dir seit dem Tag, an dem du das ‘Teil‘ gefunden hast, unerklärliche Dinge passiert?”, fragte die erste Stimme.
„Inwiefern?”, wollte Jason wissen, während er sich langsam wieder regte.
„Zum Beispiel Träume von einer Vergangenheit, in der du nie gewesen bist? Visionen? Vermehrtes Auftreten von Deja-Vu’s, Halluzinationen oder Flashbacks?”
Er stand mühsam auf, setzte sich auf das Bett und strich sich dann nachdenklich das Kinn. Er sah des Öfteren fremde Menschen vor seinem inneren Auge. Menschen die aus den verschiedensten Epochen der Weltgeschichte stammen. Und jetzt, wo er weiter grübelte, war da noch dieser eine Traum, den er längst vergessen hatte. In diesem Traum befand er sich zu Zeiten der Industrialisierung. Dort betrat er ein Gebäude, das von außen wie eine Fabrik, jedoch von innen wie ein Tempel, aussah. Als er tiefer ins Innere ging, sah er einen Zirkel aus sieben Personen, die alle Roben trugen und in einer seltsamen Sprache einen gutturalen Gesang von sich gaben. In der Mitte des Zirkels leuchtete ein weißer Schimmer. Er hob die Hände, machte mysteriöse Handbewegungen und plötzlich konnte er das weiße Etwas aus der Mitte des Zirkels heben. Als die Zirkelteilnehmer ihn bemerkten, gaben sie aggressive Laute in ebendieser seltsamen Sprache von sich und plötzlich schoss ein lilaner Strahl auf ihn zu, woraufhin er schweißgebadet aufwachte.
„Äußerst interessant! Das könnte unser Subjekt sein!“, rief die Stimme im Hintergrund erregt aus.
Verdammt! Habe ich das alles etwa laut gedacht?, schimpfte Jason mit sich. Das waren zu viele Informationen! Wieso gebe ich diesen Unmenschen überhaupt so viel von mir preis? Der Stromschlag hatte anscheinend sein Temperament gezügelt und ihn zugänglicher gemacht.
Die beiden Personen diskutierten eine Weile leise.
Obwohl Jason der Diskussion aufmerksam lauschte, konnte er nur Bruchteile vernehmen, die seine Vorfahren, sein Aussehen und den Traum betrafen. Der Traum und auch die Menschen aus der Vergangenheit müssten doch das Produkt meiner Fantasie sein, oder etwa nicht? Immerhin widme ich die meiste Zeit meinem Geschichtsstudium und in der Freizeit meinen VR-Spielen. Bisher hatte er beiden Vorkommnissen keine besondere Bedeutung zugeschrieben, aber jetzt hatte er ein mulmiges Gefühl, wenn er daran dachte. Was sein Aussehen betraf, hatte er rote Haare und graue Augen, die zwar etwas seltener, aber auch nicht sehr ungewöhnlich waren. Ansonsten sah er wie ein durchschnittlicher Mann aus. Und was sollte an seinen Vorfahren verdächtig sein? Er hatte sich vor paar Jahren mal mit Ahnenforschung beschäftigt und herausgefunden, dass seine Vorfahren aus Europa stammten, was aber ebenfalls nicht ungewöhnlich war. Das einzig merkwürdige, was ihm auffiel war, dass mehreren seiner Vorfahren der Hexenprozess gemacht wurde. Zuvor hatte er diese Erkenntnis als etwas Gewöhnliches abgetan. Aber in Betrachtung seiner derzeitigen Lage und der Seltsamkeiten, leuchtete ihm etwas ein. Moment mal! Die halten mich doch nicht etwa für einen Hexer?! Das wäre der Gipfel der Lächerlichkeit! Seine Nervosität verstärkte sich.
„Danke für die Antworten Subjekt 0183-C. Jetzt darfst du deine Fragen stellen”, sagte die erste Stimme.
Jetzt war endlich der Moment gekommen, auf den er gewartet hatte. Aber er sagte nichts. Sie dürfen deine Nervosität nicht bemerken, du Idiot! Stell deine Fragen, bevor sie sie erkennen! Sofort nachdem er seinen Gedankengang beendet hatte, sprudelten die Fragen atemlos aus ihm heraus.
„Wer wir sind, ist erstmal unwichtig. Aber wenn du unbedingt Namen haben willst, dann kannst du uns einfach nur Jill und Peter nennen.”
Jason nickte leicht.
„Du bist hier im Linked Fortime Cube System. Wir nennen es aber der einfachheitshalber nur Qube. Eine hochentwickelte Technologie, die es uns ermöglicht, Subjekte in die Vergangenheit zu versetzen”, übernahm Peter jetzt das Wort.
„In die Vergangenheit?”, fragte Jason stutzig. „Also eine Art Simulation?”
„Nein, keine Simulation. Du wirst tatsächlich in die Vergangenheit versetzt. Wir transferieren Subjekte an Orte, in denen ihre Vorfahren gelebt oder diese besucht haben.“
„Wie bitte?!”, stieß Jason ungläubig aus. „Habt ihr zu viele Science-Fiction Filme geschaut? Wie soll das denn funktionieren?
Jill übernahm wieder das Wort. „Dieses Projekt ist so real wie du selbst es auch bist Subjekt 0813-C. Aber wie genau dies funktioniert, geht dich nichts an.“
„Was hat das alles aber mit mir zu tun?“
„Das Objekt, das du in deiner Kindheit gefunden hast. Das war ein magisches Artefakt; besser gesagt ein Fragment eines magischen Artefakts.“
Ein magisches Artefakt? Die haben doch komplett den Verstand verloren, dachte er fast schon spottend. Spiel mit, du Hornochse! Sie dürfen dir nichts anmerken!, ermahnte er sich erneut und stellte eine weitere Frage.
„Also wollt ihr mich zurück zu dem Zeitpunkt schicken, wo ich das Tei … das Fragment gefunden habe?“
„So einfach funktioniert das nicht, 0183-C. Man kann das Hauptsubjekt nicht in seine eigene Vergangenheit transferieren. Wir müssen dich viel weiter in die Vergangenheit, zu deinen Vorfahren, transferieren. Der Mann, der du im Traum gewesen bist, war mit hoher Wahrscheinlichkeit einer deiner Vorfahren. Wir vermuten, dass er magische Fähigkeiten besaß und in Verbindung mit dem Artefakt stand.“
Jasons Augen weiteten sich. Jetzt bestätigte sich für ihn, dass sie ihn oder zumindest seine Ahnen für Hexer hielten. Sein Herzschlag und seine Atmung wurden schneller. Reiß dich zusammen! Du darfst dir nichts anmerken lassen! Stell‘ noch eine Frage!
„Was genau kann dieses Artefakt?“
„Das brauchst du nicht zu wissen. Da du jedoch so brav warst, verrate ich dir ein kleines Geheimnis. Je weiter die Qubes zurück in der Zeit liegen, desto brüchiger werden sie. In einigen unserer Qubes sind schon manche Subjekte ums Leben gekommen, weil sie dort nicht angekommen sind. Und wir werden dich bald sehr wahrscheinlich in einen dieser brüchigen Qubes aussenden müssen. Das kommt natürlich ganz auf dich und deine Fortschritte an”, erklärte sie mit einem Hauch von Machtgier in der Stimme.
Jason stieß einen erschrockenen Laut aus. „Ihr seid doch verrückt! Ihr wollt mich doch nur um den Verstand bringen! Niemals werdet ihr mich dort hineinkriegen!”, brüllte er. Seine Nervosität schwang in Panik um. Er trat gegen die Kacheln und den Boden, warf das Bett um, hämmerte gegen die Wände, kratze an den Fugen, in der Hoffnung einen Ausgang finden zu können. Hier war nichts! Es war nach wie vor ein kalter und leerer Raum ohne Türen und Fenstern. Sie werden mich umbringen! Ich muss hier raus!, dachte Jason, während er hyperventilierte.
„Subjekt 08 … Jason! Beruhige dich!”, rief Jill mit ihrer verzerrten Stimme. Jason hörte sie nicht. Die Wände schienen auf ihn zuzukommen.
„Jason!”, brüllte sie jetzt.
„Er wird dich nicht hören. Er hat eine Panikattacke. Leite den Dunst ein”, sagte Peter im Hintergrund. Die Kacheln leuchteten jetzt abwechselnd in Rot-, Gelb- und Orangetönen, und plötzlich füllte sich der Raum mit einem Dunst, ähnlich wie in einer Sauna. Was ist das? Ich darf das nicht einatmen!, ermahnte sich Jason, während er angsterfüllt sein T-Shirt vor Nase und Mund zog und den Atem anhielt. Er hörte sein Herz wie verrückt pochen. Er hielt die Luft an, bis seine Lungen bersten. Dann atmete er gezwungenermaßen einen großen Zug des Dunstes ein. Sein ganzer Körper fing an zu kribbeln und seine Anspannung verflog. Jetzt spürte er auch, wie sein Herz wieder langsamer schlug und seine Atmung sich normalisierte. Was passiert mit mir?, dachte Jason benommen und legte sich auf den Boden. Er wollte schreien, seine Verzweiflung und Wut zum Ausdruck bringen. Aber er war zu schwach.
„Er hat sich wieder beruhigt. Seine Vitalwerte sind auf Normalzustand”, sagte Peter.
„Gut. Da du dich wieder beruhigt hast, können wir die ersten Tests durchführen“, fuhr Jill fort.
„Die Dosis des Dunstes war ein klein wenig zu hoch. Ich denke, es wäre sinnvoller, morgen fortzufahren“, sagte Peter.
„Hmm. Nun gut“, antwortete Jill. „Dann ruh dich mal aus, Jason. Morgen erwartet dich ein anstrengender Tag.“
Jason lag noch immer schwach auf dem Boden. Er wollte aufstehen, aber seine Augen fielen zu und er schlief ein.
Ende Part 1