Ich hatte heute einen Gedankengang und er beschäftigt mich doch sehr. Ich beziehe mich mal dabei auf die Art von Fantasy, wo lauter magische Wesen natürlicherweise vorkommen, Menschen magische Fähigkeiten haben (meist in dem Sinne, dass sie die Natur kontrollieren) und magische Gegenstände (Amulette o.ä.) funktionieren. Eine Welt also, in der Magie nicht die Ausnahme sondern die Regel ist und in verschiedenen Facetten auftritt. Mir ist aufgefallen, das ich nur eine Fantasyserie kenne, die die Auswirkungen ganz gut beschreibt, nämlich Avatar - Die Legende von Aang und Korra (gerade Korra).
So, was meine ich mit Wissenschaft? Ich meine vor allem Psychologie und Ökonomie.
1. Psychologie
Die erste offensichtliche Sache ist, dass bis auf den notorisch durchgeknallten Bösewicht (siehe dazu den Thread mit den ungeschriebenen Gesetzen) psychologische Probleme keinen Platz haben. Jetzt könnte man sagen klar, die Welt ist mittelalterlich, die haben gar keinen Begriff für psychische Störungen. Trotzdem müssten sie in der Sache doch auftauchen, wenn auch unbenannt. Wo sind denn die Ritter, die nach zu vielen Kämpfen mit Drachen eine posttraumatische Belastungsstörung entwickeln? Da sind sie ständig in Lebensgefahr, werden mit Magie angegriffen, Feuer-Blitze-alles mögliche .... und dann haben die noch nicht mal ein paar kleine Panikattacken und Flashbacks? Das stecken die einfach weg und weiter geht's?
Gute Freunde sterben auf dem Weg, egal, daran denken wir nicht mehr? Ja, ich verstehe, das was Legenden so Legendenhaft und abgehoben macht ist ja gerade dieses nicht-ganz-menschliche im Helden. Er mag ja Zweifel haben, Fehler machen und wachsen müssen, aber er ist doch in gewisser Weise unverwundbar. Andere Kinder, die jahrelang unter Treppen in Abstellkammern festgehalten werden, sind danach erstmal langfristig therapiebedürftig und nur bedingt zu normalem menschlichem Umgang fähig. Fantasycharaktere stecken das mit links weg und gehen ohne große Folgeschäden weiter auf ihrer Reise. Das macht sie irgendwie...übermenschlich.
2. Ökonomie
Industrielle Revolution sollte den meisten hier was sagen. Die Wissenschaft macht Fortschritte und die Folge daraus ist immer, bis heute, dass findige Menschen mit den neuen Möglichkeiten Geld machen. Nur in Fantasyromanen wird Geld nur am Rande gemacht, meist ist das dann auch etwas anrüchig, wenn ein Zauberer auf Geld aus ist. Ist das nicht unrealistisch? Müssten gewiefte Unternehmer nicht ganze Wirtschaftszweige gründen, die die Fähigkeiten bestimmter Magier nutzen? Auch wenn wir in einem mittelalterlichen Setting ohne fortgeschrittene Technik bleiben. Nehmen wir mal Zauberer mit Windmagie an - da kommt dann kein Müller auf die Idee, so einen anzustellen, sich 10 Windmühlen zu bauen und reich zu werden? Wieso sind diese Welten nicht gefüllt mit magischen Gegenständen und Dienstleistungen, die der Bequemlichkeit oder Produktivitätssteigerung dienen? Es erscheint mir einfach unlogische, dass eine Welt, in der Magie funktioniert und in die Natur eingegriffen werden kann, lange in feudalen Verhältnissen feststeckt.
Abgesehen davon gibt es auch noch soziologische Aspekte - was geschieht mit einer Gesellschaft, in der nur ein kleiner Teil der Menschen übernatürliche/magische Fähigkeiten besitzt, die ihnen Möglichkeiten geben weit über das hinaus, was geschätzte 80% der Bevölkerung können? Entsteht da nicht Angst?
So, das bezieht sich jetzt natürlich hauptsächlich auf Welten, in denen Magie ganz leicht von jedem an entsprechenden Schulen/bei Lehrern erlernt werden kann. Klar gibt es auch Geschichten, wo Magie die Ausnahme ist und man erst zu abgehobenen magischen Wesen gehen muss, damit es übernatürlich wird. Ich mag diese Geschichten auch trotzdem, sie sind schön gerade weil sie den Teil der menschlichen Natur ausblenden, der immer nach mehr Bequemlichkeit strebt und damit den technischen Fortschritt anfeuert.
Aber ich fände es wirklich mal sehr interessant, einen Fantasyroman von einem Psychologen oder von einem Ökonomen zu lesen, der sich Gedanken über sowas macht und seine Welt mit den in unserer Gesellschaft bekannten ökonomischen/psychologischen Gesetzen baut.
Was denkt ihr?
Btw ist das gerade ein Vorteil von SciFi gegenüber Fantasy - da geht es oft (gut, je nach Autor) darum, was neue Technologie mit uns Menschen psychisch macht. Ich hätte sehr gerne mal einen Fantasyroman im Isaac Asimov-Stil, der nach den moralischen und psychischen Auswirkungen einer Welt mit Magie fragt. Oder gibt es sowas schon? Nicht in einer "Magie in der heutigen mordernen Zeit"-Geschichte, sondern in einer klassischen Elfen-Orks-Magier-Welt.