Der Deserteur und der Attentäter (Kurzgeschichte)

Es gibt 14 Antworten in diesem Thema, welches 5.734 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (11. März 2018 um 01:46) ist von Tariq.

  • Es war das 13. Jahr der Kerea etl uneth.
    Dieser elfische Begriff ließ sich ganz grob übersetzen mit: Freundschaftliche Übernahme zum Schutz und zur Weiterentwicklung.
    Der augenscheinliche Anlass war der Orksturm gewesen, der über die drei menschlichen Reiche hinweg gefegt war und dabei eine Schneise von Leid und Zerstörung geschlagen hatte. Erst an der Grenze zum Elfenreich war der Sturm an den Phalangen der Tausendjährigen Legion gebrochen worden.
    Natürlich hatten die Menschen zuvor schon heftigen Widerstand geleistet, doch laut der offiziellen Sprechart waren es selbstverständlich die Elfischen Elitetruppen gewesen, welche den ersten zugleich einzigen erwähnenswerten Beitrag zum Sieg über die blutgierigen Monster geleistet hatten.
    Um die geschwächten Reiche der Menschen vor weiteren Invasionen zu schützen, beschloss das Elfische Großreich, Truppen in den wichtigsten Städten und Garnisonen, an den wichtigsten Verkehrswegen in den Menschenreichen zu stationieren.
    Königen, Ministern und Generälen wurden Berater zur Seite gestellt, deren Rat jedoch schwer, wenn nicht gar unmöglich, ignoriert werden konnte.
    Das große Geschenk der Elfen an die Menschen war die Magie, welche zugleich einen tiefgreifenden Wandel in Kultur und Handwerk einleitete, aber auch die Abhängigkeit vom Elfischen Zauberpulver so sehr vergrößerte, dass auch nur die leise Andeutung einer Verknappung des Zugangssogar die sehr reale Möglichkeit beinhaltete, dass eine ganze Regierung deswegen gestürzt werden konnte.
    Schon seit dem ersten Tag der "Freundschaftlichen Besetzung" gab es Stimmen, die dagegen Einspruch erhoben. Zuerst wurden die Stimmen großzügig überhört, schließlich als fortschrittfeindlich oder gar gefährlich nationalistisch eingestuft.
    Immerhin ging es allen besser. Man hatte die Magie, die das Leben vereinfachte, den Schutz der tausendjährigen Legion, welche die Orks in Schach hielt und die Vorgaben des weisen Elfenkönigs ließen sogar lokale Unterschiede und damit auch lokale Konflikte gar nicht erst zu.
    Dennoch gab es immer wieder Unverbesserliche, welche die Wohltaten der Elfen nicht zu schätzen wussten. Ewig Unzufriedene, die von Freiheit und Selbstbestimmung träumten und dabei vergessen hatten, in welcher ständigen Gefahr vor den räuberischen Orks, die Menschen vor der Hilfe ihrer Elfischen Freunde gelebt hatten.
    Manche gingen sogar soweit, dass sie mit unsichtbaren, magischen Bomben bestückt, Mord und Terror in die Häuser des Elfischen Hochadel brachten.


    »Wer bist Du denn?« Der Elf in der nicht mehr ganz sauberen Uniform eines grünen Grenadier trat an die Gitterstäbe seiner Zelle. Den Neuen, den man gerade herein geschleift hatte, hatte er noch nie gesehen.
    Man hatte ihn hart angefasst und er sah so aus, als ob er unter notpeinlicher magischer Befragung gestanden hatte. Der Elf nickte anerkennend, dass der Mensch sich danach sogar noch halbwegs auf den Beinen halten konnte. Nicht vielen Menschen gelang das, nicht einmal allen Elfen.
    Schwer fiel die Zellentür ins Schloss und der Mensch blieb noch, stur oder stolz, solange stehen, bis die Wärter außer Sicht waren. Dann fiel er schwer auf seine Liege.
    »Was geht es Dich an?«, kam mit einiger Verspätung, als der Elf schon gar keine Antwort mehr erwartet hätte.
    »Nur Konversation. Ich bin Jaanan. Sitze hier, weil sie mich erwischt haben, wie ich mich von der Truppe abgesetzt habe.« Der Elf gab sich betont lässig.
    »Ein Deserteur also.« Die Antwort kam müde. »Dann ist das hier wohl der Zellentrakt für die Todeskandidaten.«
    »Schon möglich, obwohl ich glaube, mit Straflager davonzukommen. Habe immerhin keinen umgebracht oder Geheimnisse verraten.« Der Elf betrachtete den Menschen näher.
    Er war wohl jünger als er unter seinem zerschlagenen Äußeren vermuten ließ. Die langen wirren Haare und der struppige Bart taten ihr Übriges dazu, den Menschen nur schwer einschätzen zu können. »Und weswegen sitzt Du hier?«
    Der Mensch schwieg eine Weile, setzte sich schließlich unter leisem Stöhnen auf. »Mord in acht Fällen.«
    »Mord?«, fragte Jaanan entsetzt. »Wen hast Du denn ermordet, das Du in einem Elfenknast sitzt?«
    »Acht Elfen, und noch ein halbes Dutzend verletzt«, erwiderte der Mensch ohne erkennbare Emotion in der Stimme.
    »Wie, warum ... oh, Du bist der Attentäter, der mit dieser magischen Bombe in diese Abendgesellschaft geplatzt ist. Wie durch ein Wunder bist Du dabei nicht selbst umgekommen! Sogar hier habe ich davon gehört.«
    »Genau. Keine Ahnung, warum die Elfenheiler mich zusammengeflickt haben. War so von mir jedenfalls nicht geplant.«


    Eine Weile herrschte Schweigen und der Mensch legte sich wieder hin. Nur ruhige, wenngleich schwere Atemgeräusche, waren aus seiner Zell zu hören.
    »Ein Selbstmordattentäter also. Wieso hast Du das gemacht. Glaubst Du nach dem Tod in ein Paradies zu kommen?« Der Elf war erschüttert und neugierig zugleich.
    »Ich habe vorsätzlich einen Haufen Leute umgebracht. Keine Ahnung, wie das bei Euch Elfen ist, bei uns Menschen gibt's keinen Gott zu dem ich ins Paradies wollte, der sowas gutheißt.«
    Janaan war verwirrt. »Dann gehörst Du zu diesen verblendeten Fanatikern?«
    Der Mensch lachte leise: »Zu welchen genau? Gibt ein paar davon. Schätze aber eher nicht.«
    »Also keiner dieser idiotischen Freiheitskämpfer, die stur behaupten, wir Elfen würden die Menschen unterdrücken?«
    Ein Schnauben kam vom Liegenden. »Doch, genau einer dieser Idioten bin ich wohl.«
    »Warum?« Der Elf konnte es nicht fassen. Der Mensch hörte sich gar nicht nach diesen durchgeknallten Typen an, von denen man überall Horrorgeschichten hörte.
    »Warum was?«
    »Warum glaubst Du, wir Elfen unterdrücken die Menschen? Wir haben Euch die Magie gebracht, zeigten Euch, wie ihr damit alle Bereiche von der Kunst bis zum Handwerk bereichern könnt. Und unsere Legion bewacht Eure Grenzen und schützte Eure Freiheit? Was wollt Ihr denn noch mehr?« Jaanan war fassungslos.
    Der Mensch setzte sich wieder auf. Die kurze Pause schien ihm gut getan zu haben. Er schüttelte wohl gerade die Wirkung der notpeinlichen Befragung Stück um Stück ab. Das musste wirklich ein sturer, zäher Hundesohn sein. »Schon mal geschaut, wie viele Menschen wirklich von der Magie profitieren? Das Zauberpulver ist teuer und nur die Wohlhabenden können es sich leisten. Tatsächlich ist der Unterschied zwischen Arm und Reich nie deutlicher gewesen als jetzt, wo die Begüterten auf ihren magischen Teppichen reißen, während die Armen nicht einmal Reittiere oder Kutschen haben.«
    »Und das soll jetzt unsre Schuld sein?« Der Elf war aufgebracht.
    »Ihr kontrolliert der Zauberpulverfluss und die Preise. Glaub' nicht, dass nicht jeder Menschen weiß, dass das Pulver für jeden Elfen kostenlos und in jeder gewünschten Menge zur Verfügung steht.«
    »Was willst Du damit sagen?«
    Der Mensch seufzte leise: »Ihr habt Euch einen Markt geschaffen. Zuerst ein Bedürfnis erzeugt, was vorher nicht da war und nun verdient ihr daran.«
    »Das ist doch kein Verbrechen!« Jaanan war wütend.
    »Nicht dem Buchstaben des Gesetzes nach, jener Gesetze, die Ihr durch die sogenannten politischen Berater beharrlich auf diesem Stand haltet. Aber Du kannst mir nicht ernsthaft erzählen, dass es moralisch in Ordnung ist, jemand zuerst abhängig zu machen und ihn dann auszubeuten.«
    »Du bist Doch verrückt«, schimpfte der Elf, aber es fehlte ihm an wirklich tiefer Entrüstung.


    Wieder herrschte eine ganze Weile Stille, der Mensch schlief sogar ein paar Minuten.
    »Ok, angenommen«, setzte Jaanan das Gespräch fort, als er merkte, dass sein Zellennachbar wieder wach war, »das ist alles so, warum hast Du dann ausgerechnet die Familie angegriffen, die am liberalsten ist und Euch Menschen am meisten fördert und Euer größter Fürsprecher ist? Das ist doch einfach nur dumm!«
    »Sollte man denken, aber sehen wir uns einmal die Alternativen an. Hätte ich irgend eine der konservativen und den Menschen ohnehin ablehnend gegenüberstehenden Familien angegriffen, was glaubst Du, hätte das deren Denkart zu meinem Gunsten geändert?«
    Der Elf legte seine Stirn in tiefe Falten: »Die wären noch viel mehr überzeugt gewesen von ihrem Standunkt!«
    »Ganz genau. Es hätte überhaupt keinen Sinn gemacht. Diese Parteien kann ich nicht aufrütteln.«
    »Aber ... warum dann ausgerechnet die Wenigen, die Euch halbwegs gewogen sind?«
    Wieder kam leises Seufzen, als würde der Mensch es langsam müde werden, diesem begriffsstutzigen Elfen seine seltsame Logik nahezubringen: »Weil die sich am ehesten bewegen. Man muss bei einem blockierten Weg den Felsblock bewegen, den man bewegen kann. An einem, bei dem es nicht geht, seine Kraft zu vergeuden, das wäre wirklich dumm.«
    Aufgeregt schlug Jaanan gegen die Gitterstäbe:»Ja, aber so bringst Du nur auch noch sie gegen Euch auf. Willst Du das?«
    »Nein«, erneutes Seufzen, »aber diese Familie stellt sich vielleicht die richtigen Fragen. Ich meine, sie stellt sich überhaupt Fragen. So ähnlich wie Du gerade. Die anderen Familien würden sich gar nicht fragen, warum ich das gemacht habe, was die Menschen dazu treibt solche verzweifelten Maßnahmen zu ergreifen.«
    »Nichts rechtfertigt Terror gegen Unschuldige. Wenn Du kämpfen willst, dann gefälligst ehrenhaft!«
    »Du meinst, Auge in Auge mit einem Elfischen Legionär zum Beispiel. Einem Krieger der tausend Jahre damit verbracht hat, seine Kunst zu vervollkommnen, dessen Ausrüstung der meinen haushochüberlegen ist und der mehr Magie mit einem Fingerschnipsen bewirken kann, als ich mit einem tagelangen Ritus?«
    Der Elf schwieg kurz, setzte aber trotzig nach: »Wenigstens wäre es ein ehrenhafter Tod!«
    Zu seinem Entsetzen lachte der Mensch nun. »Ich habe mal eine Frage: Wenn jemand sein Leben satt hat und sich das Leben nimmt indem er von einer Brücke stürzt, ist das ehrenhaft?«
    »So eine dumme Frage, natürlich nicht! Ein sinnloser Tod ist niemals ehrenhaft!«
    »Verstehe. Und ein Offizier, der durch Fehlentscheidungen den Tod vieler Soldaten zu verantworten hat und sich deswegen in sein Schwert stürzt, handelt der ehrenhaft?«
    »Ja, natürlich. Er steht zu seinem Fehler. Das ist ehrenhaft.«
    Der Mensch stand auf und trat ebenfalls zu seinen Gitterstäben, so dass er den Elfen und der ihn genau betrachten konnte. »Du findest also einen Mann, der sich einem Kriegsgericht entzieht, der es vermeidet den Eltern der Soldaten, die er in den Tod geschickt hat, in die Augen zu sehen, der lieber stirbt als seine Schande wie ein Mann zu ertragen und sich einem Urteil zu stellen, so ein Mann handelt ehrenvoll?«
    Janaan schluckte betroffen.
    »Ich nenne so jemand einen Feigling. Jemand, der aber keinen Sinn mehr in seinem Leben sieht, der vermutlich allein gelassen, aus Verzweiflung sein Leben beendet, der tut durchaus etwas Sinnvolles. Was für einen Sinn würde eine Existenz ohne Sinn machen?«
    Jaanan schnaufte: »Du könntest Ihn aber mit demselben Recht einen Feigling nennen.«
    Der Mensch nickte: »Stimmt. Was ich Dir zeigen will ist, dass es absolut nicht ehrenhaft ist, sich sinnlos umzubringen. Und nichts Anderes wäre es, wenn ich mich "ehrenhaft" einem überlegenen Gegner zum Duell stellen würde. Im Gegenteil. Ich würde meinen Gegner entehren.«
    »Wie bitte?«
    »Sieh es mal so: Wenn ein Legionär mich tötet, ist er entehrt, weil er einen völlig unterlegenen Gegner abgeschlachtet hat. Töte ich ihn aber durch einen dummen Zufall, wird er dadurch entehrt, weil ihn ein völlig unterlegener Gegner bezwungen hat ...«
    Der Mensch trat wieder vom Gitter weg und ließ den nachdenklichen Elfen stehen.


    »Und«, fuhr der Elf nach einer erneuten Pause fort, »Denkst Du also, Du hättest Gnade verdient, weil Du im Recht bist?«
    Wieder auf seiner Liege mit geschlossenen Augen antwortete dieser: »Bist Du irre? Ich habe acht Leute umgebracht, vorsätzlich und heimtückisch. Würde man mich begnadigen, wäre das ein übles Beispiel für andere meines Schlages, zumal ich es wieder tun würde, solange die Umstände sich nicht ändern. Leute wie mich kann keine gesunde Gesellschaft frei herumlaufen lassen. Ich habe nichts anderes als die Todesstrafe verdient.«
    Der Elf konnte nur den Kopf schütteln. »Warum versuchst Du es nicht mit reden? Du bist offensichtlich ein gelehrter Mann, einer der sich vernünftige Gedanken macht. Die Leute würden Dir zuhören?«
    Ganz leise kam die Antwort: »Welche Leute? Leute wie Du? Einfach Soldaten, Händler, Handwerker? Sogar ihr Elfen habt einen König und den Rat der Adligen vor der Nase. Wie viele von Deinem Volk haben wirklich etwas zu sagen in Eurer Regierung? Zehn, zwanzig? Und glaubst Du, nur ein Einziger würde mich wirklich anhören? Sie hören ja nicht einmal Dich für so einen einfachen Wunsch an, kein Soldat mehr sein zu wollen. Was denkst Du? Würden sie auch nur einen Gedanken an den Menschen verschwenden, der gerne hätte, dass die Elfen mit all ihrer Magie, ihrer Kultur und ihren guten Absichten wieder verschwinden und nur dann zurückzukommen, wenn man sie auch einlädt?«

    -------------------
    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

  • Das nenne ich mal Social-Fantasy vom Feinsten! Du verarbeitest hier Prozesse, die so ähnlich auch in unserer Welt geschehen sind und aktuell auch ähnliche Folgen haben. Dabei machst du die Attentäter aber zu den "Menschen" mit denen man als Mensch leicht Sympathie entwickeln kann und die, die ernten, was sie gesät haben, zu den "Elfen" und erlaubst so die Perspektive der Schwächeren einzunehmen, die sich nicht mehr anders zu helfen wissen als mit Terror. Du regst zum Denken an, ohne ein Ergebnis vorweg zu nehmen und überlässt es jedem selbst, sich letztlich ein Urteil zu bilden. Große Klasse!
    Und nun ein paar winzige Anmerkungen:

    das Du in einem Elfenknast sitzt?«

    dass Du

    Das musste wirklich ein sturer, zäher Hundesohn sein. »Schon mal geschaut, wie viele Menschen wirklich von der Magie profitieren? Das Zauberpulver ist teuer und nur die

    Vor der wörtlichen Rede würde ich hier eine neue Zeile beginnen.

    Zuerst ein Bedürfnis erzeugt, was

    erzeugt, das (kann aber als Teil einer wörtlichen Rede auch bewusst "kantig" gelassen werden)

  • Hey,

    bin gerade über deine Geschichte gestolpert. Hier kommen meine Anmerkungen dazu:

    Spoiler anzeigen

    Nachdem ich durch war, kam mir die Idee, dass man das ganze Vorgeplänkel vom Anfang eigentlich auch gut weglassen und den Leser direkt in die Szene schmeißen könnte. Innerhalb des Dialoges wird ja ansatzweise deutlich, wie die Rahmenbedingungen sind und was den Menschen dazu veranlasst hat, das Attentat zu verüben. Wenn man an der einen oder anderen Stelle noch einige Informationen einfließen lassen würde, dann wäre die Einleitung quasi übeflüssig. Ich persönlich finde es immer schöner, wenn der Leser anhand der Handlung erfährt, was lost ist und nicht anhand von Beschreibungen, die oftmals nüchtern klingen. (nur so ne Idee)

    Den Neuen, den man gerade herein geschleift hatte, hatte er noch nie gesehen.

    Aufgrund dieses Satzes habe ich mir zuerst vorgestellt, dass sich beide eine Zelle teilen würden. Später war ich dann verwirrt, als es hieß:

    Nur ruhige, wenngleich schwere Atemgeräusche, waren aus seiner Zell zu hören.

    Vielleicht könnte man das direkt zu Beginn deutlicher machen...dass er in die Nachbarzelle gebracht wird, meine ich.

    Nochmal kurz an den Anfang. Solltest du ihn beibehalten wollen:

    Um die geschwächten Reiche der Menschen vor weiteren Invasionen zu schützen, beschloss das Elfische Großreich, Truppen in den wichtigsten Städten und Garnisonen, an den wichtigsten Verkehrswegen in den Menschenreichen zu stationieren.

    In einem Satz taucht hier 3 x Reich auf. Vielleicht kann man das ein bisschen variieren? Vielleicht, um den "Lebensraum der Menschen" zu schützen, oder so....oder "beschloss die elfische Regierung"...

    Den Neuen, den man gerade herein geschleift hatte, hatte er noch nie gesehen.

    Ich persönlich versuche 2 x hatte hintereinander wenn möglich zu vermeiden. Weil ich es einfach nicht so schön finde. Alternativ könnte man schreiben: "Der Neue, den man gerade hereingeschleift hatte, war ihm noch nier zuvor zu Augen gekommen"...oder so.

    Elf nickte anerkennend, dass der Mensch sich danach sogar noch halbwegs auf den Beinen halten konnte. Nicht vielen Menschen gelang das, nicht einmal allen Elfen.
    Schwer fiel die Zellentür ins Schloss und der Mensch blieb noch, stur oder stolz, solange stehen, bis die Wärter außer Sicht waren. Dann fiel er schwer auf seine Lieg

    Das Wort Mensch taucht für meinen Geschmack im gesamten Text ein bisschen zu oft auf. Es ist natürlich schwierig, das zu varrieren, weil er ja keinen Namen hat. (warum eigentlich nicht?) Ansonsten vielleicht junger Mann, Zellengenosse,der Attentäter ...

    Weil die sich am ehesten bewegen. Man muss bei einem blockierten Weg den Felsblock bewegen, den man bewegen kann.

    Ich bin mir nicht sicher, ob unser Freiheitskämpfer hier nicht einen Denkfehler hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Familie, die gerade durch ein Attentat 8 Angehörige verloren hat, sich dazu bewegen lassen wird, die Beweggründe des Schuldigen in irgendeiner Form gutzuheißen geschweige denn, sich für seine Ziele stark machen werden. (nur so mein Gefühl ;) )

    Ansonsten:
    Für eine Kurzgeschichte fand ich das Ende irgendwie unspektakulär, weil es hört irgendwie mittendrin auf.Ich schreibe für gewöhnlich keine Kurzgeschichten...(bin eher son "Ich schlachte die Geschichte bis ins letzte Detail aus-Typ" :) ) aber braucht eine Kurzgeschichte nicht eine Einleitung, einen Hauptteil und einen Schluss? Letzteres fehlt mir irgendwie...ich meine, ich hätte nichts dagegen, wenn du die Geschichte fortführen würdest....aber dann wäre es keine Kurgeschichte. Verstehst du ansatzweise, was ich meine???

    Ansonsten fand ich es ganz unterhaltsam...wie gesagt, du könntest das ruhig weiterspinnen...könnte interessant werden :)

    Viele Grüße,
    Rainbow

  • @Windweber und @Rainbow - vielen Dank für die Reaktionen und die Verbesserungsvorschläge, von denen ich mir die meisten zu Herzen nehme, besonders die Wortwiederholungen, die es natürlich gilt zu vermeiden. Werde im Laufe des Tages über den Text gehen und schauen was ich verbessern kann.

    Ich bin mir nicht sicher, ob unser Freiheitskämpfer hier nicht einen Denkfehler hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Familie, die gerade durch ein Attentat 8 Angehörige verloren hat, sich dazu bewegen lassen wird, die Beweggründe des Schuldigen in irgendeiner Form gutzuheißen geschweige denn, sich für seine Ziele stark machen werden. (nur so mein Gefühl )

    Genau um über so etwas nachzugrübeln, geht es ja in dem Text und ja, das ist vermutlich einer (von mehreren) Schwachpunkten in seiner Logik.
    Doch die ganze Situation kommt aber überhaupt deswegen zustande, weil auf allen Seiten Fehler in der Logik sind, oder einfach andere Auffassungen von Ethik.


    kam mir die Idee, dass man das ganze Vorgeplänkel vom Anfang eigentlich auch gut weglassen und den Leser direkt in die Szene schmeißen könnte

    Den Impuls hatte ich auch. Oft kann man von einer Kurzgeschichte deren Inhalt gut ist, ohnehin den Anfang und den Schluss weglassen. (Manche Autoren sagen, dass das generell für jeden Text gilt, sogar Kapitel in einem Buch ... - wäre mal ne Untersuchung wert.)
    Das mit dem Einfließen lassen, bezeichnet man gerne als "show, don't tell", aber wenn man, wie hier, die Dynamik des Textes eigentlich nur auf Dialog aufbaut, steht man eben vor dieser Gretchenfrage.
    Dir ist aufgefallen, dass der Schluss fehlt und ja, genau! Du hast vollkommen recht. Ich habe sogar einen verfasst, mich aber gegen die Veröffentlichung entschieden, zumindest so lange, bis jeder die Zeit hatte, sich seine eigenen Schlussfolgerungen zu ziehen. Vielleicht poste ich den Schluss in ein paar Tagen noch. Aber der Text funktioniert womöglich ohne Schluss sogar besser.
    Kurzgeschichten können zwar "rund" sein, will heißen, es gibt so etwas wie eine Auflösung, aber die Stärke dieser Textgattung ist unter anderem, genau das nicht unbedingt zu brauchen. Ein Ende, was lose im Wind flattert, ist oft sogar das angestrebte Ziel. Das unbefriedigende Gefühl, was Du dabei verspürst, ist ein Teil des gewünschten Effekts.


    Das Wort Mensch taucht für meinen Geschmack im gesamten Text ein bisschen zu oft auf. Es ist natürlich schwierig, das zu varrieren, weil er ja keinen Namen hat. (warum eigentlich nicht?) Ansonsten vielleicht junger Mann, Zellengenosse,der Attentäter ...

    Ja, das ist mir auch aufgefallen, und auch genau deine Idee ihn zu umschreiben, wollte mir auch manchmal über die Tasten, ABER:
    Der Mann hat keinen Namen, weil ich ihm keine echte Identität geben wollte. Und ich nenne ihn ständig Mensch um den Leser damit zu nerven "Vergiss nur nicht, dass DAS, genau DAS der Mensch ist, also eigentlich du ..."
    Der Elf wiederum hat einen (bewusst nicht klischeehaft elfischen) Namen, damit man sich mit ihm leichter identifiziert. Immerhin haben ja beide Seiten Recht und Unrecht, wobei es natürlich jeden Leser selbst überlassen bleibt, ob und wenn ja auf welche Seite er sich schlägt.

    Und zuletzt: Freut mich riesig, dass es euch gefällt. (Mission erfüllt ^^ siehe meine Signatur.)
    War mir nicht ganz sicher ob, so ein Thema wirklich ein Fantasy-Forum gehört, aber Ihr seid ja inzwischen Kummer von mir gewohnt ...

    -------------------
    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

  • War mir nicht ganz sicher ob, so ein Thema wirklich ein Fantasy-Forum gehört, aber Ihr seid ja inzwischen Kummer von mir gewohnt ...

    Warum? Social Fantasy ist ja explizit im sonstige-Fantasy-Teil aufgeführt. Elfen, Orks, Magie, eine imaginäre Welt - es ist ganz klar Fantasy. Ich sehe nicht, warum die Geschichte hier keinen Platz haben sollte. :)

  • @Tom Stark Also die Idee Gesellschaftskritik via Fanatsygeschichten zu üben einfach nur klasse und kann da nur sagen weiter so :thumbsup:
    Allerdings muss ich sagen, dass du das Logikloch mit der ermordeten Familie noch dringend irgendwie ausbessern musst, denn die zerstört sonst sämtlichen Sinn. Zudem kommt es durch deine Geschichte ein wenig so rüber, als sei der Attentäter zumindest in mancher Hinsicht im Recht, was ich noch ein wenig mehr ausarbeiten würde. Das kommt sonst ein wenig seltsam rüber, da ich vermute, dass du eine Art moralische Gleichgestelltheit zwischen beiden herstellen wolltest (was dadurch etwas ins schwanken gerät). Aber ansonsten großartiger Einfall und, bis auf diese zwei Punkte, Umsetzung. Dickes Lob!!! :D

    "Vem har trampat mina svampar ner?!"

  • @'Xarrot' eigentlich ist es keine ermordete Familie, sondern der Anschlag fand auf einem Empfang jener Familie statt, also schon einem halbwegs öffentlichen Anlass. Kam vielleicht nicht ganz rüber ...

    Ich habe wirklich eine Weile darüber nachgedacht, aber so groß empfinde ich das Loch in der Logik nicht. Verdreht, ja, aber bedingt nachvollziehbar. Es ging MIR ja auch nicht darum die Handlungen des namenlosen Protagonisten zu rechtfertigen, sondern einfach darum bestehende Zustände in anderer Form darzustellen. Natürlich glaubt der Prota, dass er aus tadellos durchdachter Logik handelt, aber du musst da zwischen meiner Ansicht (der, des Autors) und der, des Charakters in der Geschichte unterscheiden.

    Eine Wertung der Parteien war nicht beabsichtigt, auch nicht den Leser in eine bestimmte Richtung zu schubsen. Der Eindruck einer möglicherweise (gewollten) Gleichheit in der Gewichtung der Motive mag dadurch entstehen, dass beide Seiten moralisch fragwürdig handeln.
    Tatsächlich ist es aber eine Kurzgeschichte, wo eine genaue Ausarbeitung absichtlich unterbleibt und dem Leser überlassen wird und wie ich sehe, findet das in den Köpfen ja bereits statt.

    -------------------
    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    3 Mal editiert, zuletzt von Tom Stark (28. März 2017 um 08:41)

  • Dies ist die überarbeitete Version. Nach einigem hin und her bin ich @'Rainbow' gefolgt und habe die Einleitung ersatzlos gestrichen. Sie ist wohl wirklich nicht nötig. Danke nochmal für alle Reaktionen und Tipps.


    »Wer bist Du denn?« Der Elf in der nicht mehr ganz sauberen Uniform eines grünen Grenadier trat an die Gitterstäbe seiner Zelle. Den Neuen, der gerade in den Trakt herein geschleift wurde, hatte er noch nie gesehen.
    Man hatte ihn hart angefasst und er sah so aus, als ob er unter notpeinlicher magischer Befragung gestanden hatte. Der Elf nickte anerkennend, dass der Mensch sich danach sogar noch halbwegs auf den Beinen halten konnte. Nicht vielen Menschen gelang das, nicht einmal allen Elfen.
    Schwer fiel die stählerne Tür der Nachbarzelle ins Schloss und der Mann blieb noch, stur oder stolz, solange stehen, bis die Wärter außer Sicht waren. Dann fiel er schwer auf seine Liege.
    »Was geht es Dich an?«, kam mit einiger Verspätung, als der Elf schon gar keine Antwort mehr erwartet hätte.
    »Nur Konversation. Ich bin Jaanan. Sitze hier, weil sie mich erwischt haben, wie ich mich von der Truppe abgesetzt habe.« Der Elf gab sich betont lässig.
    »Ein Deserteur also.« Die Antwort kam müde. »Dann ist das hier wohl der Zellentrakt für die Todeskandidaten.«
    »Schon möglich, obwohl ich glaube, mit Straflager davonzukommen. Habe immerhin keinen umgebracht oder Geheimnisse verraten.« Der Elf betrachtete den Menschen näher.
    Er war wohl jünger, als er unter seinem zerschlagenen Äußeren vermuten ließ. Die langen wirren Haare und der struppige Bart taten ihr Übriges dazu, den Menschen nur schwer einschätzen zu können. »Und weswegen sitzt Du hier?«
    Der Mensch schwieg eine Weile, setzte sich schließlich unter leisem Stöhnen auf. »Mord in acht Fällen.«
    »Mord?«, fragte Jaanan entsetzt. »Wen hast Du denn ermordet, dass Du in einem Elfenknast sitzt?«
    »Acht Elfen, und noch ein halbes Dutzend verletzt«, erwiderte der Mensch ohne erkennbare Emotion in der Stimme.
    »Wie, warum ... oh, Du bist der Attentäter, der mit dieser magischen Bombe in diese adlige Abendgesellschaft geplatzt ist. Wie durch ein Wunder bist Du dabei nicht selbst umgekommen! Sogar hier habe ich davon gehört.«
    »Genau. Keine Ahnung, warum die Elfenheiler mich zusammengeflickt haben. War so von mir jedenfalls nicht geplant.«

    Eine Weile herrschte Schweigen und der Mensch legte sich wieder hin. Nur ruhige, wenngleich schwere Atemgeräusche, waren aus seiner Zell zu hören.
    »Ein Selbstmordattentäter also. Wieso hast Du das gemacht? Glaubst Du nach dem Tod in ein Paradies zu kommen?« Der Elf war erschüttert und neugierig zugleich.
    »Ich habe vorsätzlich einen Haufen Leute umgebracht. Keine Ahnung, wie das bei Euch Elfen ist, bei uns Menschen gibt's keinen Gott zu dem ich ins Paradies wollte, der sowas gutheißt.«
    Janaan war verwirrt. »Dann gehörst Du zu diesen verblendeten Fanatikern?«
    Der Andere lachte leise: »Zu welchen genau? Gibt ein paar davon. Schätze aber eher nicht.«
    »Also keiner dieser idiotischen Freiheitskämpfer, die stur behaupten, wir Elfen würden die Menschen unterdrücken?«
    Ein Schnauben kam vom Liegenden. »Doch, genau einer dieser Idioten bin ich wohl.«
    »Warum?« Der Elf konnte es nicht fassen. Der Mensch hörte sich gar nicht nach diesen durchgeknallten Typen an, von denen man überall Horrorgeschichten hörte.
    »Warum was?«
    »Warum glaubst Du, wir Elfen unterdrücken die Menschen? Wir haben Euch die Magie gebracht, zeigten Euch, wie ihr damit alle Bereiche von der Kunst bis zum Handwerk bereichern könnt. Und unsere Legion bewacht Eure Grenzen und schützte Eure Freiheit? Was wollt Ihr denn noch mehr?« Jaanan war fassungslos.
    Der Mensch setzte sich wieder auf. Die kurze Pause schien ihm gut getan zu haben. Er schüttelte wohl gerade die Wirkung der notpeinlichen Befragung Stück um Stück ab. Das musste wirklich ein sturer, zäher Hundesohn sein.
    »Schon mal geschaut, wie viele Menschen wirklich von der Magie profitieren? Das Zauberpulver ist teuer und nur die Wohlhabenden können es sich leisten. Tatsächlich ist der Unterschied zwischen Arm und Reich nie deutlicher gewesen als jetzt, wo die Begüterten auf ihren magischen Teppichen reißen, während die Armen nicht einmal Reittiere oder Kutschen haben.«
    »Und das soll jetzt unsre Schuld sein?« Der Elf war aufgebracht.
    »Ihr kontrolliert der Zauberpulverfluss und die Preise. Glaub' nicht, dass nicht jeder Menschen weiß, dass das Pulver für jeden Elfen kostenlos und in jeder gewünschten Menge zur Verfügung steht.«
    »Was willst Du damit sagen?«
    Der Mensch seufzte leise: »Ihr habt Euch einen Markt geschaffen. Zuerst ein Bedürfnis erzeugt, was vorher nicht da war und nun verdient ihr daran.«
    »Das ist doch kein Verbrechen - es bleibt doch jedem selbst überlassen, ob er Magie nutzen will oder nicht.« Jaanan war wütend.
    »Nicht dem Buchstaben des Gesetzes nach, jener Gesetze, die Ihr durch die sogenannten politischen Berater beharrlich auf diesem Stand haltet. Aber Du kannst mir nicht ernsthaft erzählen, dass es moralisch in Ordnung ist, jemand zuerst abhängig zu machen und ihn dann auszubeuten.«
    »Du bist Doch verrückt«, schimpfte der Elf, aber es fehlte ihm an wirklich tiefer Entrüstung.

    Wieder herrschte eine ganze Weile Stille, der Mensch schlief sogar ein paar Minuten.
    »Ok, angenommen«, setzte Jaanan das Gespräch fort, als er merkte, dass sein Zellennachbar wieder wach war, »das ist alles so, warum hast Du dann ausgerechnet die Familie angegriffen, die am liberalsten ist und Euch Menschen am meisten fördert und Euer größter Fürsprecher ist? Das ist doch einfach nur dumm!«
    »Sollte man denken, aber sehen wir uns einmal die Alternativen an. Hätte ich irgend eine der konservativen und den Menschen ohnehin ablehnend gegenüberstehenden Familien angegriffen, was glaubst Du, hätte das deren Denkart zu meinem Gunsten geändert?«
    Der Elf legte seine Stirn in tiefe Falten: »Die wären noch viel mehr überzeugt gewesen von ihrem Standpunkt!«
    »Ganz genau. Es hätte überhaupt keinen Sinn gemacht. Diese Parteien kann ich nicht aufrütteln.«
    »Aber ... warum dann ausgerechnet die Wenigen, die Euch halbwegs gewogen sind?«
    Wieder kam leises Seufzen, als würde der Mensch es langsam müde werden, diesem begriffsstutzigen Elfen seine seltsame Logik nahezubringen: »Weil die sich am ehesten bewegen. Man muss bei einem blockierten Weg den Felsblock bewegen, den man bewegen kann. An einem, bei dem es nicht geht, seine Kraft zu vergeuden, das wäre wirklich dumm.«
    Aufgeregt schlug Jaanan gegen die Gitterstäbe:»Ja, aber so bringst Du nur auch noch sie gegen Euch auf. Willst Du das?«
    »Nein«, erneutes Seufzen, »aber diese Familie stellt sich vielleicht die richtigen Fragen. Ich meine, sie stellt sich überhaupt Fragen. So ähnlich wie Du gerade. Die anderen Familien würden sich gar nicht fragen, warum ich das gemacht habe, was die Menschen dazu treibt solche verzweifelten Maßnahmen zu ergreifen.«
    »Nichts rechtfertigt Terror gegen Unschuldige. Wenn Du kämpfen willst, dann gefälligst ehrenhaft!«
    »Du meinst, Auge in Auge mit einem Elfischen Legionär zum Beispiel. Einem Krieger der tausend Jahre damit verbracht hat, seine Kunst zu vervollkommnen, dessen Ausrüstung der meinen haushochüberlegen ist und der mehr Magie mit einem Fingerschnipsen bewirken kann, als ich mit einem tagelangen Ritus?«
    Der Elf schwieg kurz, setzte aber trotzig nach: »Wenigstens wäre es ein ehrenhafter Tod!«
    Zu seinem Entsetzen lachte der Mensch nun. »Ich habe mal eine Frage: Wenn jemand sein Leben satt hat und sich das Leben nimmt indem er von einer Brücke stürzt, ist das ehrenhaft?«
    »So eine dumme Frage, natürlich nicht! Ein sinnloser Tod ist niemals ehrenhaft!«
    »Verstehe. Und ein Offizier, der durch Fehlentscheidungen den Tod vieler Soldaten zu verantworten hat und sich deswegen in sein Schwert stürzt, handelt der ehrenhaft?«
    »Ja, natürlich. Er steht zu seinem Fehler. Das ist ehrenhaft.«
    Der Mensch stand auf und trat ebenfalls zu seinen Gitterstäben, so dass er den Elfen und der ihn genau betrachten konnte. »Du findest also einen Mann, der sich einem Kriegsgericht entzieht, der es vermeidet den Eltern der Soldaten, die er in den Tod geschickt hat, in die Augen zu sehen, der lieber stirbt als seine Schande wie ein Mann zu ertragen und sich einem Urteil zu stellen, so ein Mann handelt ehrenvoll?«
    Janaan schluckte betroffen.
    »Ich nenne so jemand einen Feigling. Jemand, der aber keinen Sinn mehr in seinem Leben sieht, der vermutlich allein gelassen, aus Verzweiflung sein Leben beendet, der tut durchaus etwas Sinnvolles. Was für einen Sinn würde eine Existenz ohne Sinn machen?«
    Jaanan schnaufte: »Du könntest Ihn aber mit demselben Recht einen Feigling nennen.«
    Sein Gegenüber nickte: »Stimmt. Was ich Dir zeigen will ist, dass es absolut nicht ehrenhaft ist, sich sinnlos umzubringen. Und nichts Anderes wäre es, wenn ich mich "ehrenhaft" einem überlegenen Gegner zum Duell stellen würde. Im Gegenteil. Ich würde meinen Gegner entehren.«
    »Wie bitte?«
    »Sieh es mal so: Wenn ein Legionär mich tötet, ist er entehrt, weil er einen völlig unterlegenen Gegner abgeschlachtet hat. Töte ich ihn aber durch einen dummen Zufall, wird er dadurch entehrt, weil ihn ein völlig unterlegener Gegner bezwungen hat ...«
    Der Mensch trat wieder vom Gitter weg und ließ den nachdenklichen Elfen stehen.

    »Und«, fuhr der Grenadier nach einer erneuten Pause fort, »Denkst Du also, Du hättest Gnade verdient, weil Du im Recht bist?«
    Wieder auf seiner Liege mit geschlossenen Augen antwortete dieser: »Bist Du irre? Ich habe acht Leute umgebracht, vorsätzlich und heimtückisch. Würde man mich begnadigen, wäre das ein übles Beispiel für andere meines Schlages, zumal ich es wieder tun würde, solange die Umstände sich nicht ändern. Leute wie mich kann keine gesunde Gesellschaft frei herumlaufen lassen. Ich habe nichts anderes als die Todesstrafe verdient.«
    Der Elf konnte nur den Kopf schütteln. »Warum versuchst Du es nicht mit reden? Du bist offensichtlich ein gelehrter Mann, einer der sich vernünftige Gedanken macht. Die Leute würden Dir zuhören?«
    Ganz leise kam die Antwort: »Welche Leute? Leute wie Du? Einfach Soldaten, Händler, Handwerker? Würden die wegen ein paar unzufriedenen Menschen, die ohnehin weit weg leben, eine Revolution in ihrem sicheren, gemütlichen Land anzetteln?«
    Darauf wusste Janaan nichts zu antworten. Wenn er ehrlich war, hatte er bis heute selbst nur wenig über Menschen nachgedacht.

    Nach einer sehr unangenehmen Pause fuhr sein Zellennachbar mit bitterer Stimme fort: »Sogar Ihr Elfen habt einen König und den Rat der Adligen vor der Nase. Wie viele von Deinem Volk haben wirklich etwas zu sagen in Eurer Regierung? Zehn, zwanzig? Und glaubst Du, nur ein Einziger würde mich wirklich anhören? Sie hören ja nicht einmal Dich für so einen einfachen Wunsch an, kein Soldat mehr sein zu wollen. Was denkst Du? Würden sie auch nur einen Gedanken an den Menschen verschwenden, der gerne hätte, dass die Elfen mit all ihrer Magie, ihrer Kultur und ihren guten Absichten wieder verschwinden und nur dann zurückzukommen, wenn man sie auch einlädt?«

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    Einmal editiert, zuletzt von Tom Stark (28. März 2017 um 08:30)

  • Nach einigem hin und her bin ich @Rainbow gefolgt und habe die Einleitung ersatzlos gestrichen.

    Jähhh!...Jemand hört auf das, was ich sage :) Find ich gut! Ich freue mich, wenn meine Vorschläge Berücksichtigung finden und nicht nur als dummes Geschwafel abgetan werden. (was es wohlgemerkt sicher auch oft genug ist - aber egal!)

    Gefällt mir so besser und auch das abgehackte und offene Ende stört mich jetzt schon nicht mehr so sehr...regt zum Nachdenken an :)

    Viele Grüße,
    Rainbow

  • Als erstes, WOW.
    Lange her dass ich eine so tolle Geschichte gelesen hab, bzw eine, die mich so anspricht.
    Gute Geschichten gibt es hier ja sehr viele, aber eine die mich SO fesselt? selten.
    Ich liebe die Situation die du hier aufbaust so sehr. Ich hab davon einige in meinen Geschichten, weil ich diese Bedrückte Stimmung so gerne mag. Verrat, Mord, Rebellen und Märtyrer. Am besten hinter Gittern, den Tot erwartend, wissend dass sie ihn verdient haben und ihn auch annehmend. Ich hoffe, ich schaffe es auch nur annähernd so gut wie du, diese Szenarien rüberzubringen :love:

    Mein Fan-Herz hat aufjedenfall den ganzen Text höher geschlagen, wenn das auch etwas fehl am Platz klingt :rofl:

    Ich hab beide Versionen gelesen, muss aber gestehen dass ich es tatsächlich MIT Einleitung besser finde 8|
    Das der Held ähm der Atentäter keinen Namen hat finde ich auch gut.

    Diese Kurzgeschichte gehört nun zu meinen Favoriten, Danke für das Schreiben <3

    Genesis: Sie ist Azathoth, das amorphe Chaos in der zentralen Leere
    Josh: Meine Prophetin!

  • Also vor weg: Ich habe nur die überarbeitete Version gelesen XD

    Aber ich finde die Geschichte trotzdem sehr gut :D
    Hast dich mit einem politischen Thema auseinander gesetzt und es in die Welt der Fantasy übertragen :thumbsup:
    und das sogar verständlich ... (und sagt eine, die sich Null für Politik interessiert und sich dementsprechend ungern damit befasst XD)

    Ansonsten hat die kleine Geschichte alles was eine Geschichte braucht ^^
    Da gebe ich Az absolut Recht ^^

    Verrat, Mord, Rebellen und Märtyrer

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • @Tom Stark

    Eine sehr interessante Diskussion, die die beiden da führen! Das Niveau ist hoch, die Argumente sind durchdacht und stichhaltig, wenn auch nicht immer geeignet, den anderen zu überzeugen. Da liegen eben Welten zwischen ihnen.
    Und so ganz nebenbei stellst du den Leser in den Gang vor den beiden Zellen und zwingst ihn quasi, dem Ping-Pong-Gespräche zu folgen. Super Idee, super gelungen! :thumbsup:

    Ein Haar in der Suppe hab ich aber trotzdem: Auch wenn sich @Rainbow mit dem abgehackten Ende der Geschichte angefreundet hat - ich kann es nicht wirklich. Die wörtliche Rede als Schlusssatz lässt bei mir irgendwie den Eindruck entstehen, als hätte dich einer beim Schreiben gestört und du hättest danach vergessen, weiterzuschreiben. Aber es stimmt natürlich, wenn sie sagt:

    ...regt zum Nachdenken an

    VG
    Tariq

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

  • @Tariq
    Tatsächlich gab es so ein "Ende"
    Die Wächter kamen herein und haben den Attentäter abgeführt, bevor der Deserteur antworten konnte. Der hat sich einen Moment überlegt ihm die Antwort nachzurufen, aber es Angst vor einer zusätzlichen bzw. einer Verschlimmerung der eigenen Strafe gelassen.

    Ich dachte aber, dieses Ende macht die Geschichte kein Stück besser, liefert keine neuen Erkenntnisse, zwingt den Leser fast dazu, sich auf die Seite der Menschen zu stellen. Genau das wollte ich aber nicht, den Leser manipulieren sich für eine Seite zu entscheiden. Vielleicht ist es auch das, was dich stört, was die Geschichte so unrund macht, dass ich bewusst den Leser mitten in der Argumentation stehen lasse und ihn sich das Ende selbst ausdenken lasse. Für die 1.Absicht (den Konflikt darzustellen), brauchte ich kein Ende. Für den Hintergedanken (den Leser ein wenig aus dem Gleichgewicht zu bringen) ist so ein "unbefriedigendes Ende , weil es eigentlich gar kein Ende ist, ein ganz brauchbares Mittel.

    Und wie ich nun selbst verrate, habe ich den Leser doch etwas manipuliert (oder es versucht) ....ups, erwischt! :saint:

    -------------------
    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    Einmal editiert, zuletzt von Tom Stark (11. März 2018 um 01:42)

  • @Tom Stark

    Ja, da magst du recht haben. Als Leser ist man es ja gewöhnt, ein Ende serviert zu bekommen. Nicht immer gefällt es einem, aber es ist ein Ende.
    Du hingegen zwingst deinen Leser, selbst ein (oder mehrere) Ende(n) zu erfinden, und das ist mühsam. Man will als Leser ja nicht wirklich denken, man will sich entspannt zurücklehnen und unterhalten werden und sich nicht mit "Was-wäre-wenn"-Fragen beschäftigen müssen. Von daher akzeptiere ich das end(e)lose Ende deiner Geschichte und denke über mögliche Enden nach. :thumbup:

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

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