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Kleines Vorwort
Da Corona mich dazu zwingt weniger zu arbeiten, habe ich natürlich etwas Zeit. Die Frage ist, wie lange das wärt und vor allem, wie nutze ich diese Zeit.
Daher habe ich mich entschlossen so diszipliniert wie eben möglich jeden Tag etwas zu einem Projekt beizutragen, was mir schon lange im Kopf herum spukt, aber nie recht Serienreife erlangt hat, sei es aus Mangel an Ideen, wie die Story unterwegs zu ihrem Ziel verlaufen soll, sei es, weil mir diese besondere Art ein wenig anstrengend erscheint.
Mal sehen, wie lange es die Zeit und der Gesundheitszustand es zulässt, hier am Ball zu bleiben. Wer immer sich auf das Experiment mit mir einlässt, viel Spaß beim Lesen und scheut Euch nicht Ideen beizutragen. Außer dem Anfang und dem geplanten Ende steht noch nicht sehr viel fest.
Tom
:::: Connceting to Cerebra :::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::: Checkpoint One ::::::
:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::: Checkpoint Two :::::::::::::::::::::::
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::: Checkpoint Three ::::::::::::::::::::::::::::::::
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::: Connection Completed ::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
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::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::: Joining Cerebra:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::: Server Europe :::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
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»Willkommen auf Cerebra. Mein Name ist Lux und ich werde Dich durch Deine Abenteuer begleiten«
Für einen Moment bin ich desorientiert. Aber darauf bin ich vorbereitet. Die Hardware braucht immer einen Moment, um sich mit der Software zu synchronisieren, wie ich in dem hundertzwölfminütigen Einführungsvideo unter anderem erfahren hatte.
Eigentlich sollte mein Puls vor Aufregung rasen. Immerhin bin ich einer von nur 22 Millionen Glücklichen weltweit, die sich beworben, das Losglück hatten und die Castingrunden überstanden hatten.
Aber noch habe ich keinen Körper, also kann ich keine körperlichen Gefühle registrieren. Die Reaktionen meines Körpers außerhalb der Cerebra-Realität werden weitgehend ausgeblendet. Immerhin soll man ja vollkommen in die künstliche Welt eintauchen können, während das Fleisch, sicher in einem komaähnlichen Tiefschlaf geborgen, die lange Reise übersteht.
Konturen werden sichtbar und um mich herum entstehen Szenen, wie aus hochwertig produzierten Filmen. Ich sehe mich als Bogenschütze auf der Pirsch. Die Szene wechselt, wie ich als Amazone auf meinem Pferd an der Seite meiner Schwestern in die Schlacht reite. Dann bin ich ein Gelehrter, der in einer gewaltigen Universität unterrichtet, ein Bäckerjunge, der vor der Arbeit davonläuft, ein Paladin, der seiner Gottheit den Treueid schwört. Endlich eine Orkschamanin, welche in ihrem verrauchten Zelt die Geister der Ahnen anruft und dann ein Zauberer, der mit Magie einen Angreifer abwehrt.
Etwas an der letzten Szene berührt mich und die Umgebung ändert sich.
Ich stehe in einem Ankleideraum, vor mir ein dreigeteilter, raumhoher Spiegel. Der Spiegel in der Mitte zeigt einen undeutlichen, vage humanoiden Umriss, links scheint die Person im Spiegel weiblich, rechts männlich zu sein.
Über die Geschlechterfrage habe ich bereits intensiv nachgedacht und sofort nimmt die weibliche Form in allen drei Spiegeln Platz. Eine schlanke, aber keineswegs model-dürre Frau zeigt sich nun, und zum ersten Mal spüre ich etwas. Hände, Füße, Arme, Beine, alles, was das Gefühl für den Körper ausmacht, stellt sich nach und nach ein. Noch ist mein Spiegelbild ein wenig unscharf, ändert sich nach und nach, wie meine Gedanken und Gefühle mein neues Selbstbildnis formen.
Zuerst sind die Haare kurz, beinahe militärisch, dann werden sie immer länger und voller, bis sie mir schließlich als scharlachroter Wasserfall in weichen Wellen bis über die Schultern fließen.
Die Augen brauchen etwas, um sich zu entscheiden, aber endlich weißen sie einen hellen Grünton auf, die im leicht gebräunten Gesicht beinahe unauffällig wirken.
Mein Gesicht durchläuft diverse Formen, doch schließlich bin ich auch hier zufrieden. Schön, sicher, wer würde sich freiwillig für ein Dutzendgesicht entscheiden, aber mit einer leicht schiefen Nase, ein wenig asymmetrisch versetzten Augen und einer etwas zu großen Unterlippe, die mich aussehen lässt, als würde ich ständig mit einem Lachen über einen Scherz kämpfen, den nur ich verstehe.
Zunächst habe ich keine Ahnung, wie groß ich genau bin, es ist mir aber auch egal, denn als es soweit ist, fühlen sich die restlichen Proportionen meines Körpers einfach perfekt an.
Als Kleidung entscheide ich mich für Stiefel, Hose und ein zugegeben sehr offenherziges Mieder aus grauem Wildleder, dazu modische Schnallen an Oberschenkel und Stiefel und einem zweifach gewundenen Gürtel, fertig bin ich.
An meinem Hals erscheint ein Amulett, was diverse Metamorphosen durchmacht, von einem blau leuchtenden Riesendiamenten bis hin zu einem kleinen Drachenbaby-Totenschädel an einem Lederband. Ich weiß instinktiv, dass dies mein Fokus ist. Ohne ihn kann ich zwar auch Magie wirken, aber es wird mich viel schneller erschöpfen und ich werde länger brauchen um die Kraft für neue Zauber zu sammeln.
Schon trete ich zur Tür, die sich neben einem Fenster befindet und strecke die Hand nach der Klinke aus, als ich das Wetter draußen sehe: Stürmisch mit leichtem Regen. Schnell drehe ich mich noch einmal um und besorge mir eine Jacke, die zuerst dick und warm und am Ende vermutlich viel zu knapp und kurz wird. Aber ich weiß ja, dass ich mir für den Anfang keine Sorgen machen muss. Ich werde alle Ausrüstung finden, die ich brauche. Wie in jedem Tutorial eben.
»Deine Fertigkeiten und Berufe sind angepasst, Deine Startzauber zugewießen. Du hast Dich für Kraft als Haupt-Richtung entschieden. Du kannst bei jedem neuen Weltrang eine weitere Hauptrichtung hinzuwählen oder die andere vertiefen.« Lux hat eine angenehme, weibliche Stimme, ein bisschen kindlich vielleicht, aber sie bringt mich zum Schmunzeln.
»Wünscht Du, dass ich Dir unsichtbar als Guide zur Seite stehe oder soll ich dich als Familiar begleiten? Als Zauberkundiger kannst Du einen wählen.«
Ich überlege kurz. »Und wie ist das bei den Charakteren, die keinen Familiar haben?«
»Da bin ich in Form eines Haustieres, Begleiters oder Reittiers, wenn nötig als Wildtier, wie eine Amsel zur Stelle, wenn es nötig wird. Es muss niemand in die Verlegenheit kommen, mit der Luft zu sprechen. Das Brechen der Rolle im Spiel ist, wie Du weißt, auf ein Minimum zu beschränken und wird bei Missbrauch bestraft.«
Mir entfährt ein unwilliges Schnauben. Strafe in einem Spiel! Aber natürlich ist Cerebra nicht einfach ein Spiel, weit eher eine Simulation. Dort sollen soziale Kontakte ebenso gepflegt werden, wie alle anderen Aspekte des Lebens. Auf den Sex bin ich, natürlich, am Meisten gespannt. Wer ist das denn nicht?
»Ja, ist mir klar. Wie wäre es, wenn Du mich als kleine leichtende Kugel begleitest, eine Art Irrlicht? Dann kannst Du Dich auch an und abschalten, wie es gerade passt, und«, ich grinse verschmitzt, »ich habe immer kostenlos eine Leuchtquelle dabei.«
»Das ist im Rahmen der Regularien. Aber bedenke, dass Begleiter mit Händen, Füßen oder Zähnen andere nützliche Fähigkeiten mitbringen.«
»Hm, im Moment gefällt mir meine Idee. Kann man es später nicht ändern?«
»Mit Erreichen eines neuen Weltrangs kann man auch das anpassen. Aber bedenke, dass es eine ganze Weile dauern kann, bis Du den ersten Weltrang erreichst.«
Ich zucke die Schultern. Ein herrliches Gefühl. »Wenn es Dir gefällt, ist es auch ok, für mich, sonst wähle Du etwas, was Dir zusagt.«
Lux zögert, was bislang noch nie der Fall war.
»Ich soll wählen? Du überlässt mir die Wahl?« Höre ich da Unglauben heraus?
»Ja sicher, warum nicht?« Man hatte im Video wiederholt darauf hingewiesen, dass unsre persönlichen Guide-KIs sogar ihre eigenen Persönlichkeiten besitzen. Mir ist zwar klar, dass die Meisten sie dennoch in der Regel ignorieren werden und nur als Helferlein zu Rate ziehen, doch warum sie nicht aktiv mit einbinden? Ich habe zwar keine Ahnung, ob meine KI Spaß daran hat, ob es ihr eher lästig ist oder ob sie sonst vor Langweile stirbt, ich sie womöglich sogar von anderen Aufgaben abhalte. Aber fragen kostet ja nichts.
»Falls es für Dich ok ist, begleite Dich in Form eines kleinen Drachens.«
Ein wenig peinlich berührt, berühre ich den winzigen Drachenschädel an seinem Lederband, aber ich nicke zustimmend. »Klar, warum auch nicht?«
Ein winziger, kaum Handspann langer Drache macht es sich daraufhin in meiner Armbeuge bequem.
»Dann kann es losgehen«, zirpt Lux nun laut und nicht mehr nur in meinem Kopf. Eine winzige Flamme züngelt aus seinem Maul und der Minidrache zwinkert mir zu, als ich sie verblüfft musterte.
Mein Herz schlägt schneller und die Aufregung lässt meine Wangen warm werden, als ich den Türgriff ergreife und die Welt von Cerebra betrete.