Des Läufers letzter Lauf
Tom Stark
Coureur le Blanc war schnell. Verdammt schnell.
Mit seinen langen Beinen überwand der Feldläufer beinahe spielerisch große Strecken, aber er hatte eine Schwäche, wie ihm nur zu sehr bewusst war. Wenn er Haken schlagen, enge Kurven nehmen oder sich gar durch und über Hindernisse bewegen musste, tat er sich schwer.
Ausgerechnet die eigene Spießbürgergarde hielt ihn dieses Mal in seinem Lauf auf.
Ausgerechnet diese Emporkömmlinge aus dem Bauernstand mit ihren langen Spießen und ihren lächerlichen Morions auf ihren tumben Häuptern, eher Kanonenfutter, um die Belagerungstürme aufzuhalten, als echte Krieger.
Sei es, wie es sei.
»Lascht misch dursch, Sacre Cœur, isch musch sum Könisch. Esch drohet Danger!«
Der Hauptmann der Bauerngarde musterte den bunten Gecken mit dem Speer abfällig. Er schien aus nichts als Beinen zu bestehen, diese Gerbille.
»Isch darf niemand vorlassen, Monsieur. Ihre Majestät ist en Conversation mit der Königin, oh, la, la.« Dieser Cretin verdrehte tatsächlich die Augen anzüglich.
Unerträglich!
Der Feldläufer warf ungeduldig die Hände in die Höhe.
»Aber siescht du nischt den Chevalier de Noir, wie er kommt über das Feld de Guerre geritten? Lasch misch dursch, Garson idiotique!«
Der Hauptmann warf einen Blick in die angezeigte Richtung und erbleichte. Der Schwarze Ritter galoppierte wahrlich übers Schlachtfeld. Sein Ross nahm Anlauf und setzte über eine Abteilung Spießbürger, als wären sie nur ein Hindernis in einem Parcours und brach dann direkt hinter ihrer Reihe zur Flanke weg. Die dunkle Lanze des Verderbten zeigte direkt auf das Königspaar.
Tapfer gab der Hauptmann seiner Abteilung den Befehl die Spieße zu senken und vorzurücken.
»Ihr scheid des Wahnes, Monsieur! Altet fescht an le Formation!« Coureurs Rufen verhallte ungehört.
Der schwarze Ritter lachte triumphierend. Er ließ sein Streitross, spöttisch den Wimpel an der Lanze präsentierend, an dem Spießbügertrupp vorbeitraben und bog sogar in ihrem Rücken ab, um sich in Stellung zu bringen, wohl gedeckt durch das Sperrfeuer des Belagerungstrum mit dem schwarzen Wappen des dunklen Herrschers. Herausfordernd deutete der berittene Schurke auf die Brust des Königs.
Die Majestäten geruhten nach wie vor zu palavern und ahnten nichts von der Gefahr. Nur noch Momente trennten den schwarzen Ritter und seine Lanze davor, seine Majestät, Roi Blanc des Echecs, aufzuspießen.
»Reine Blanche, meine Errin, meine Königin. Schützt euren Gemahl, rettet unscheren Errn!«
Todesmutig nahm der Feldläufer seinen Speer fest und hielt auf den schwarzen Ritter zu. Er sah, wie die Armbruster im Belagerungsturm ihre Waffen spannten, wie sie anlegten.
»Meine Pflischt ischt meine Ehr!«
Er lief auf den Reiter zu, sprang ab und holte so weit aus, dass ihm das Schultergelenk schmerzte.
Sein Speer flog und flog, durchschlug den Schild des Ritters, bohrte sich in die Brust seines Trägers und warf den schwarzen Reiter aus dem Sattel.
»Pour le Roi!«, hauchte Coureur noch einmal triumphierend, bevor die Geschosse des schwarzen Turms in ihn einschlugen und sein Leben auffraßen.
Der letzte Blick des Feldläufers galt seiner Königin wie sie ganz in weiß und strahlend der Gefahr gewahr wurde. Ihr güldenes Schwert leuchtete hell, als sie sich mit ihrer Leibwache auf den Belagerungsturm stürzte.
»Ma Reine Radieuse!«, war sein letzter, stolzer Gedanke.