ENDLICH! Ein Unterforum für Leute, die es einfach nicht gebacken kriegen, mal was fertig zu stellen! Ich habe in meinen Jahren als Schreiber so viele Textfragmente angehäuft, von denen ich dachte, die würden nie zu was gut sein. Aber jetzt kann ich sie immerhin hier posten und das Feedback nutzen um meinen Stil zu verbessern. Und wer weiß, vielleicht wer ich sogar motiviert mal etwas weiterzuführen oder - Gott bewahre - fertigzustellen!
Bei diesem Auszug hier handelt es sich um den Prolog der Fantasygeschichte, an der ich gearbeitet habe, als ich mich hier im Forum angemeldet habe. (Die hier zu posten, war eigentlich mal der Plan xD).
Prolog
Hohn und Hass tönten aus tausend Kehlen, als man die Verurteilten auf den Königsplatz trieb. Firenius war unter ihnen. Der letzte in einer langen Reihe von Gefangenen, die mit schweren Eisenketten aneinandergefesselt waren; links und rechts flankiert von schwarzen Reitern, die mit den Schäften ihrer Lanzen nach denen schlugen, die aus der Reihe taumelten. Firenius, dessen Sicht von Blut und Tränen getrübt war und dessen Beine nach Wochen des Hungers kaum dicker waren, als die eines Kindes, war auf dem langen Weg mehr als einmal gestürzt. Von seinem entblößten Rücken hing das Fleisch in Fetzten herunter, so oft hatten die Kerkermeister ihn mit ihren Peitschen zum Aufstehen gezwungen. Er spürte heißes Blut an seinen nackten Schenkeln herabströmen.
Durch die ganze Stadt hatte man ihn und seine Leidesgenossen gehetzt. Durch die Mehlstraße, wo man sie mit schimmligem Brot beworfen hatte, durch die Blutgasse, wo die Metzger und ihre Gesellen verrottetes Fleisch und Innereien aus Eimern auf sie hatten herabregnen lassen. An der Gilde der Steinmetze hatte Firenius ein kantiger Brocken über dem linken Auge getroffen und eine pochende Platzwunde hinterlassen. Dem Mann vor ihm hatte ein großer Stein, den zwei Knechte vom Fenstersims gestoßen hatten, den Schädel zertrümmert. Die Kohorte musste anhalten, bis der Leichnam von den Lebenden losgekettet war.
„Der hat Glück gehabt“, meinte ein Soldat lächelnd als er den Toten am Straßenrand ablegte und der tobenden Menge überließ, die sich sogleich daran machte, ihn in Stücke zu reißen.
Die Schergen von König Dargathor hatten dreizehn Scheiterhaufen auf dem Königsplatz errichtet und waren bemüht, das neugierige Volk auf Abstand zu halten. Am Nordende des Platzes - vor den gewaltigen Mauern der Schwarzfeste, die über der Stadt thronte wie ein dunkles Ungetüm - saßen auf einem frisch gezimmerten Podest der König, sein Kastellan und der Hohe Bruder des Glaubens, der ein so selbstgefälliges Grinsen aufgesetzt hatte, das Firenius ihn am liebsten mit seiner Kette erdrosselt hätte. Stattdessen blickte er schweigend zu Boden, während man ihn von seinen Fesseln löste und zu einem der Pfähle zerrte, die mit in Öl getränkten Holzscheiten umgeben waren. Wochen in den Folterkammern unter der Schwarzfeste hatten ihn jeder Kraft beraubt, die er zum Widerstand hätte aufbringen können. Man hatte seine Finger gebrochen, sein Fleisch verbrannt, seine Zähne herausgeschlagen und seine Füße zerquetsch. Der Schmerz hatte seinen Geist so sehr benebelt, dass er die Schläge und Tritte gar nicht spürte, die man ihm versetzte, als er an den Scheiterhaufen gebunden wurde.
Ich muss bei Verstand bleiben, ermahnte er sich selbst, während die Fesseln in sein Fleisch schnitten und sein geschundener Rücken an den rauen Holzpfahl gedrückt wurde. Sein von Pein getrübter Blick viel auf die großen Fachwerkhäuser, die den Platz zu drei Seiten einrahmten. Und obwohl er sie nicht sehen konnte, wusste er, dass hinter ihren Fenstern die hohen Herren und Brüder des Glaubens zu ihm herabgafften, in freudiger Erwartung, ihn und seine Leute brennen zu sehen.
Wenn sie mich nur hören könnten. Wenn mich nur jeder in dieser verdammten Stadt hören könnte.
Er hatte die Worte hunderte Male im Geiste wiederholt. Die letzten Worte, die er an die Welt richten würde, ehe er dieses Leben verließ. Doch nun fürchtete er, sie im Schmerz und in der Panik zu vergessen. Während einige Männer die Holzscheite noch einmal zurechtlegten, murmelte er beständig seine letzte Botschaft. Sein Körper hing reglos in den Fesseln, wie tot. Firenius würde all seine Kraft sparen, um so laut wie möglich zu schreien.
Die Rufe des Pöbels wollten kein Ende nehmen und mit jedem Herzschlag der verging, gruben die Seile und Ketten sich tiefer in sein Fleisch. Dann, endlich, verstummten die letzten Stimmen. Der Hohe Bruder des Glaubens, hatte zu sprechen begonnen. Die Worte klangen dumpf und fern, wie unter Wasser gesprochen. Firenius wollte seinen Kopf zum Podest herumdrehen, aber sein Leib wiedersetzte sich seinem Willen.
Eine Welle des Jubels verriet ihm, dass die Rede geendet hatte. Nun war seine Zeit gekommen. Aus den Reihen der Soldaten, die sich zu allen Seiten des Platzes aufgestellt hatten, traten Gestalten in dunklen Roben, die ihre Gesichter verhüllten. Ein jeder von ihnen trug eine Fackel in Händen und bewegte sich langsam auf einen Scheiterhaufen zu.
„Eeee . . . Ghno . . .“ Firenius vermochte nicht, die Worte hervorzubringen. Seine Zunge lag wie ein Stück totes Fleisch in seinem Mund. Von seinen Lippen tropfte Speichel, der mit Blut vermischt war. So endete es also, mit dem großen Firenius. So würden seine Brüder ihn zum letzten Mal sehen. Sabbernd und schreiend und blutend. Das Licht einer Fackel erhellte seinen getrübten Blick. Eine der Kapuzengestalten hatte ihren Weg zu ihm gefunden und verkündete feierlich: „Im Lichte Luäas soll dir Unors Gerechtigkeit widerfahren!“
Als die Fackel die Holzscheite berührte, schoss sofort grollend ein Feuerball gen Himmel. Die plötzliche Hitze brannte auf seiner Haut, kroch in seine Glieder. Mit einem Mal spürte Firenius Leben in jeden Winkel seines Körpers kriechen. Das Feuer, so wusste er, gab ihm Kraft und so begann er, zu schreien. Er schrie, lauter als jeder seiner Brüder. Doch waren es keine Schmerzensschreie. Er verfluchte König Dargathor und den Hohen Bruder und jeden Mann und jede Frau in Schwarzfelsen. Je näher die Flammen krochen, desto lauter schrie er und als sie an seinen Schenkeln leckten, verkündete er, was er schon so lange hatte verkünden wollen. Was er so oft im Geiste wiederholt hatte. Und er war sich sicher, dass jeder Einzelne in der ganzen Stadt ihn hören musste. Wie gerne hätte er ihre Gesichter gesehen. Aber da war nur Rauch.
Als die Flammen seinen Körper gänzlich umhüllten, wurden seine Rufe zu wortlosen Schreien und schließlich schwieg er.
Seine Worte hatten viele Zuhörer gefunden, von denen jedoch niemand ahnte, wie viel Unheil sie über kommende Generationen bringen würden.