Huhu,
ich bin nicht ganz sicher, ob ich mit meinem Anliegen in diesem Unterforum richtig bin Ich wollte etwas Kurzes mit Pointe schreiben und habe nun einen in sich geschlossenen Text vor mir, bei dem ich nicht sicher bin, ob das Ende funktioniert. Und ich habe keine Ahnung, was ich damit noch anstellen will. Also ist der Text irgendwie kein Fragment, aber irgendwie auch nichts "Handfestes" Falls ich damit hier falsch bin, könnten die Moderatoren das Thema in die richtige Ecke verschieben? Danke im Voraus!
Kurze Warnung vorweg: Der Text ist roh, aber so richtig. Will heißen: Er wurde abgetippt, kurz auf Leserfreundlichkeit geprüft, ein Mal korrekturgelesen und dann hier hochgeladen.
Falls jemand Lust und Zeit hat, sich das anzutun und mir seine oder ihre Eindrücke (speziell zum Ende) schildern mag, gerne her damit
Der Beamte
Ethan Parker rückte seinen Kragen zurecht, den Blick starr auf den Beamten gewandt, vor dessen Pult sich eine lange Schlange gebildet hatte. Nicht, dass das hier irgendetwas bedeutete: Der alte Drecksack machte sich einen Spaß daraus, die Wartenden völlig willkürlich aufzurufen.
Ganz egal, wie lange er sich die Beine in den Leib stehen müsste – heute war Ethans Tag, das hatte er im Gefühl. Er würde den Bastard davon überzeugen, ihn zu versetzen. Todsicher. Adieu, Sektor 7, auf Nimmerwiedersehen!
Sektor 3, nun, das könnte sich sehen lassen. Nein, zu ambitioniert. Klein anfangen. Ethans Blick huschte zu der schweren Metalltür, hinter der Sektor 5 lag. Viel realistischer. Über dem rostenden Rahmen leuchtete ein orangenes Licht auf. Nicht so freundlich wie die gelbe Leuchte am Eingang zu Sektor 3, aber besser als das Tomatenrot von Sektor 7 – oder das Mahagoni von Sektor 9. Ethan fröstelte, der stickig-warmen Luft zum Trotze.
Rasch wandte er sich wieder dem Beamten zu. Dieser hatte seine krumme Nase in einen vergilbten Wälzer gesteckt, der das Pult zum Ächzen brachte. Von der Traube aus Ungeduldigen nahm er keine Notiz. Sah dem Kerl ähnlich. Er ließ sie alle gerne zappeln, kostete seine Macht aus.
Sei’s drum. Mehr Zeit für Ethan, in Gedanken seinen Auftritt zu üben. Wenn sich jemand eine Versetzung verdient hatte, dann er! Eine halbe Ewigkeit wartete er nun schon auf diese Gelegenheit. Das würde man ihm doch wohl zugutehalten müssen? Ethan würde dem Alten mit einer Glanzleistung klarmachen, wie sehr er bereute, dass –
»Hey! Hey du!«
Jemand zerrte an Ethans Ärmel und er wirbelte herum.
»Wir – wir kennen uns, nicht wahr? Sektor 7, richtig?«, sprudelte ein dicker Mann mit rot geränderten Augen und lichtem Haar los.
Ein vage bekanntes Gesicht oder bloß eine Allerweltsvisage? So viele Leute kamen und gingen – wer erinnerte sich da schon genau?
»W-w-wenn du vor mir drankommst«, haspelte der Kerl weiter, »leg’ ein gutes Wort für mich ein, ja? Ich mach’ dasselbe für dich. V-v-versprochen, in Ordnung?«
Ethan riss sich los. »Jeder für sich selbst, Mann!«, fauchte er.
»A-a-aber ich will nicht in Sektor 7 bleiben! Bitte, ich stecke schon so lange da fest, ich –«
»Wie, und ich etwa nicht?!« Was sollte es ihn kümmern, wie viele Jahre der Fettwanst bereits da verrottete? Wer weiß, vielleicht hatte der Kerl es ja auch verdient. Ethan jedenfalls nicht. Ein einziger Fehltritt – verdammt, nicht einmal ein absichtlicher! – und schon war er in Sektor 7 gelandet. »Hör auf, rumzuplärren und sieh zu, wie du alleine zurechtkommst!« Ethan rümpfte die Nase und der Fettsack sank wimmernd zu Boden.
»Ethan Parker!«, hallte die ölige Stimme des Beamten in einem Singsang über die Köpfe der Wartenden.
»B-b-bitte!«, hauchte der Dicke und sah flehend zu Ethan auf. »S-s-sag ihm, dass ich es bereue. Sag ihm, ich tue alles, sag ihm –«
Ethan schnaubte, richtete den Ärmel, den der Fettwanst mit seinen Wurstfingern zerknittert hatte, und ging schnurstracks auf das Pult zu. Vor ihm teilte sich die Schlange der Wartenden – wie einst vor Moses das Meer. Am liebsten hätte er laut losgelacht.
»Ethan Parker«, wiederholte der Beamte sardonisch. Mit einem spindeldürren Finger tippte er auf einen Eintrag in seinem Wälzer. Namen. Tausende. Zehntausende. Millionen. »Sektor 7. Kein Neuzugang, wie ich sehe. Was führt uns heute her?«
Das weißt du doch ganz genau, du Arschloch! »Ich habe – ähem! – über einen Wechsel in einen anderen Sektor nachgedacht.« Verflucht, warum lag dieser elende Kragen nur so eng an?!
»Ein Wechsel – so, so.« Der Beamte lächelte ohne von seinem Buch aufzusehen und entblößte eine Reihe gelblich angelaufener Zähne. »Ihre Frau ... würde sie es gutheißen, wenn Sie versetzt würden?«
Die Schlampe hat doch in ihrem ganzen Leben noch nie etwas gutgeheißen! »Ich bin sicher, sie würde sich für mich freuen.« Kalter Schweiß rann Ethans Rücken herunter.
»Und Sie meinen, dass Sie sich eine Versetzung verdient haben, weil ...?«
»Ich habe mich gebessert. Dazugelernt.« Kopf runter, Schultern hängen lassen, Zittern in der Stimme einbauen. »Ich ... ich bereue, was ich getan habe.« Unter dem Tisch knetete Ethan seine schweißnassen Hände.
»Hmm«, machte der Beamte und fuhr sich durch das grau melierte, fettige Haar. Endlich wandte er sich von seinem Buch ab und musterte Ethan aus Augen schwarz wie Kohle – Augen, die ihn durchdrangen, sich in sein Innerstes zu bohren schienen. »Na, na, Ethan. ›Du sollst nicht lügen.‹ Haben wir das etwa schon vergessen?«
Scheiße! Konnte der Bastard Gedanken lesen? »Nein, ich –«
Beschwichtigend hob der Beamte die Hände und zeigte sein bestes gelbes Grinsen. »Ethan, Ethan, ich ziehe Sie doch nur auf. Sektor 7 ist wirklich nicht das Richtige für einen Mann Ihres Kalibers. Natürlich werde ich Ihnen eine Versetzung genehmigen.« Sein Lächeln erstarb. »Zu Sektor 9.«
Nein, nein, nein, nein! Nicht der letzte Sektor! Ethan sprang von seinem Stuhl auf. Nach allem, was man hörte, herrschten in Sektor 7 dagegen paradiesische Zustände. »Das können Sie mir nicht antun!«, kreischte Ethan.
»Antun? Ihnen?« Der Beamte lachte und erhob sich. »Kommen Sie, Ethan. Sektor 9 wartet.«
Ethan sah sich um. Die Masse aus Wartenden verschwamm vor seinen Augen. Ein Ausgang, ein Fluchtweg – irgendwo musste doch einer sein!
»Ethan, lassen Sie das«, mahnte der Beamte. »Sie machen es nur noch schlimmer für sich. Oder wollen Sie in Sektor 9 genauso lange zubringen wie in Sektor 7? Nein? Dann folgen Sie mir.«
Die langen Finger des Beamten umschlossen die Klinke. »Sehen Sie, Ethan ... ›Du sollst nicht töten.‹ Dagegen zu verstoßen, ist schon ziemlich eklatant.«
»Es war nicht meine Schuld! Ich war hier und da etwas grob zu meiner Frau, ja. Aber woher hätte ich denn wissen sollen, dass sie sich den Schädel an der verdammten Tischkante aufschlägt?! Ich habe sie doch bloß geschubst! Ich wollte nicht, dass sie –«
»Aber mich zu belügen, setzt dem Ganzen die Krone auf«, unterbrach ihn der Beamte und öffnete die Tür.
Ethans Beine gaben unter ihm nach. Nicht der bekannte Anblick des Phlegethons, des Flusses aus Blut und Feuer, grüßte ihn. Es war ein riesiger, gefrorener See.
»Willkommen, Ethan«, frohlockte der Beamte. »Im neunten Kreis der Hölle.«
Spoiler anzeigen
Ich frage mich beispielsweise, ob der letzte Satz für die Vermittlung der Pointe nötig ist Ich habe ihn eingebaut, weil ich mir unsicher war, ob ich darauf bauen kann, dass die Leute die Anspielungen auf Dantes Inferno direkt aufgreifen.