Hallo Zusammen,
ich möchte euch hier gerne eine Kurzgeschichte zeigen, die ich vor einiger Zeit mal geschrieben habe.
Eigentlich ist das ja nicht so ganz mein Metier, wie der eine oder andere vielleicht weiß. Viel lieber beiße ich mir an ausufernden Geschichten die Zähne aus, als dass ich eine Idee auf nur wenige Seiten beschränken könnte. Aber diese Geschichte hier stellt eine Ausnahme dar.
Ursprünglich hatte ich sie mal als eine Art Schreibübung begonnen, ohne festes Ziel. Vielmehr wollte ich darüber den Kopf frei bekommen, wenn ich in meinem Hauptprojekt gerade mal nicht weiterkam. (Eventuelle Parallelen zu HEAVEN sind deshalb nicht ganz zufällig )
Dann habe ich das Ganze aber eine Weile ruhen lassen und die Idee war schon fast wieder in Vergessenheit geraten, bis sie schließlich von mir wieder aufgegriffen wurde, weil mich jemand dazu inspirierte, die Geschichte in eine völlig andere Richtung weiterzuspinnen.
Die genauen Hintergründe möchte ich euch gerne am Ende in einen Spoiler packen, weil ich will, dass ihr unvoreingenommen an die Sache herangeht, ohne im Vorfeld schon mit Informationen gefüttert worden zu sein.
Im Grunde werden es nur zwei Posts…(es ist halt eine wahre Kurzgeschichte) …. Aber ich überlege im Moment ernsthaft, ob ich nicht vielleicht daran weiterschreiben sollte.
Nun gut. Wir starten mal mit dem ersten Teil. Viel Spaß
Zwischen Schatten und Licht
Gedankenverloren starrte er auf das Bier, das vor ihm auf dem Tresen stand. Noch nie zuvor hatte er Schaumbläschen dabei beobachtet, wie sie nach und nach zerplatzten, sich langsam auflösten.
Fasziniert drehte er das Glas in seinen Händen, nahm schließlich einen kräftigen Schluck und spürte, wie ihm die eiskalte Flüssigkeit die Kehle hinunterrann. Ein wahrlich wohlschmeckendes Getränk, wie er zugeben musste. Vielleicht gab es doch das eine oder andere, das man den Menschen zugute heißen konnte.
Begleitet von einem abfälligen Schnaufen schüttelte er den Kopf, ließ den Blick flüchtig durch den Raum schweifen. An der Bar schräg gegenüber saßen gleich drei dieser niederen Kreaturen, deren sinnloses Geschwätz er nun schon seit einer gefühlten Ewigkeit mit anhören musste. Nur zu gerne hätte er ihre erbärmliche Unterhaltung ausgeblendet, doch selbst wenn er sich die Ohren zugehalten hätte, wären ihm noch immer ihre einfältigen Gedanken entgegengesprungen. Das war die reinste Folter.
Mit einem Zug leerte er das Glas. Ein wohliges Gefühl durchströmte seine Glieder, verursachte einen leichten Schwindel. So also fühlte es sich an, wenn der Alkohol seine Wirkung entfaltete, die Sinne berauschte und einen vergessen ließ. Vergessen!
Wie gerne würde er vergessen, warum er hier war. Aber alles Bier dieser Welt würde nicht ausreichen, seine maßlose Enttäuschung hinfortzuspülen, die Wut auszublenden, die ihn innerlich auffraß. Wie hatte man ihn nur auf so unehrenhafte Weise degradieren können? Ihn ausgerechnet hierher zu schicken, an diesen Ort, wo ihm vor lauter Falschheit ganz schlecht wurde, und ihn obendrein auch noch in eine menschliche Hülle zu stecken, die ihm zu allem Übel nur zur Hälfte gehörte. Die Schmach hallte noch immer in ihm nach wie eine schallende Ohrfeige.
„Was ist Kleiner? Bekommst du noch eins?“, riss ihn eine monotone Stimme aus seinen Gedanken. Abwartend blickten ihn die ausdruckslosen Augen des Mannes hinter dem Tresen an.
„Ja, bitte“, hörte er sich selber antworten, während der Wirt bereits nach seinem Glas griff, um es erneut zu befüllen.
„Kleiner“, hatte er gesagt! Nicht zu fassen! Nur, weil er in dem Körper eines jungen Mannes steckte, und über eine Haut verfügte, die so glatt war, wie die Klinge eines Cherubim-Dolches hielt man ihn für einen Grünspahn. Aber, woher sollte dieses ahnungslose Geschöpf auch wissen, mit wem er es zu tun hatte? Schließlich stand ihm nicht auf die Stirn geschrieben, dass er bereits seit Anbeginn der Zeit existierte und bereits so alt war, dass er sich selber manchmal fragte wie alt. Die Menschen wussten nichts. Rein gar nichts.
Warum in Aller Herrgottsnamen sollte er sich mit ihren Eigenarten auseinandersetzen? Ihre Wesenszüge studieren, um sie besser verstehen zu lernen? Dass er nicht lachte! Die Menschen waren ihm mindestens ebenso fremd, wie er ihnen. Die oberflächliche Betrachtungsweise und die Art, mit der sie sich Wesen wie ihn vorstellten, kotzte ihn an. Würde auch nur die Hälfte von dem stimmen, was sie sich zusammenreimten, dann müsste er aussehen, wie ein Model aus einem Hochglanzprospekt.
Bei dem Versuch, sein haltloses Lachen zu unterdrücken, verschluckte er sich an dem Bier und erlitt einen Hustenanfall, der ihm die Tränen in die Augen schießen ließ. Keuchend und noch immer belustigt über seine Feststellung, betrachtete er sein Spiegelbild, das von dem nachschwarzen Hintergrund der Fensterscheibe reflektiert wurde.
Aus einem Gesicht, wie es jeder haben konnte, umgeben von kurzgeraspelten Haaren, die in einem silbernen Grauton schimmerten, blickten ihm blaue Augen entgegen, die von einem Kranz dichter schwarzer Wimpern eingerahmt waren. Die gedrungene Statur unterstrich seine Durchschnittlichkeit und ließ keinerlei Rückschlüsse auf seine wahre Herkunft zu. So viel stand fest!
Die Tür schwang auf und die Kälte dieser eisigen Dezembernacht wehte zu ihm herein. Nur beiläufig nahm er die kleine vermummte Gestalt wahr, die an ihm vorbeimarschierte und sich geradewegs auf den hintersten Nischenplatz zubewegte. Dick eingemummelt in einen Mantel, den Schal gleich mehrere Male um den Kopf geschlungen, blitzten nur ein paar rotbraune Locken hervor, in denen sich feine Schneeflocken verfangen hatten.
Noch ehe er sich ein genaueres Bild von der jungen Frau machen konnte, spürte er die Verzweiflung, die aus ihr herausströmte und ihm regelrecht entgegenschlug, als ob es seine eigene wäre. Die unerwartete Intensität dieses Gefühls traf ihn mit voller Wucht, wie das einschlagende Geschoss eines angreifenden Feindes mitten in die Brust.
„Ich nehme ein Bier“, rief sie dem Wirt zu, während sie sich aus ihren Sachen schälte. Für einen kurzen Moment streifte ihr Blick den seinen, bevor sie sich hastig von ihm abwandte und sich auf die Sitzbank in der Ecke gleiten ließ, sodass sie aus seinem Sichtfeld verschwand.
Ihre geröteten Augen ließen nur einen Schluss zu. Sie hatte geweint! Was mochte sie dazu veranlasst haben? Menschen taten das, um dem Gefühl von Trauer, Wut oder Kummer Ausdruck zu verleihen. Manchmal, so glaubte er sich erinnern zu können, taten sie es auch aus Freude.
„Das Bier für sie geht auf mich“, sagte er schließlich zu dem Wirt. Mit einem Ausdruck von Gleichgültigkeit nickte ihm der Mann hinterm Tresen zu und stellte im nächsten Augenblick zwei gefüllte Gläser vor ihm ab.
Wollte er das wirklich tun? War er des Wahnsinns, sich hier und jetzt mit einem menschlichen Wesen einzulassen? Noch bevor er den Gedanken zu Ende gedacht hatte, ließ er sich vom Barhocker gleiten. Unsicher suchten seine Füße auf dem Boden festen Halt und kaum stand er aufrecht, glaubte er auch schon, dass sich das Karussell in seinem Kopf in Gang setzte.
Na das konnte ja heiter werden! Schwankend legte er den Weg bis zu dem Tisch zurück, an dem sie Platz genommen hatte. Mit einer Mischung aus Verwirrung und Ablehnung blickte sie zu ihm auf, als er ihr eines der Gläser hinhielt.
„Hier“, sagte er freundlich und zog einen Mundwinkel hoch.
„Danke“, gab sie ihm zur Antwort und griff nach dem Glas während sie ihm einen abschätzenden Blick zuwarf.
„Was dagegen, wenn ich mich einen Moment setze?“, fragte er und ärgerte sich im nächsten Moment darüber, dass er offensichtlich jeden dritten Buchstaben verschluckt hatte. Er lallte!
Meine Güte, wenn es das war, was der Alkohol aus einem machte, dann würde er in Zukunft lieber die Finger davon lassen. Wahrscheinlich machte er einen ähnlich jämmerlichen Eindruck, wie die drei Trunkenbolde, die hinter ihm an der Theke inzwischen laut grölend zu singen begonnen hatten.
Genervt atmete die junge Frau aus. „Zieh` Leine, okay? Ich möchte einfach nur in Ruhe mein Bier trinken, mehr nicht.“
Trotz der Härte in ihrer Stimme glaubte er eine verborgene Sanftheit heraushören zu können. Scheinbar wurde sie auf einer Frequenz gesendet, die nur er empfangen konnte. Die vielen kleinen Sommersprossen, die sich auf ihrem Gesicht verteilten, sahen lustig aus. Eine verrückte Laune der Natur. Er stellte sich vor, wie sie aussah, wenn sie ihn anlächelte. Wenn ihre Augen vor Glück erstrahlten. Eine schöne Vorstellung.
„Hallooo!“ Ein schnipsender Finger vor seinem Gesicht riss ihn aus seiner Starre. Unter Aufbringung all seiner Willensstärke versuchte er festen Stand zu bewahren.
„Geht`s Ihnen nicht gut?“, hörte er ihre Stimme an seinem Ohr, in der nun eine gewisse Sorge mitschwang. Versuchte dieses kleine zierliche Wesen gerade allen Ernstes, sich gegen ihn zu stemmen, damit er nicht vorneüber kippte?
„Es geht schon wieder“, stieß er hervor und merkte erst jetzt, dass er sich an ihr festklammerte. Mit der freien Hand rieb er sich über die Stirn. Die Umgebung verschwamm vor seinen Augen, fügte sich nur allmählich wieder zu einem scharfen Bild zusammen. Das konnte doch alles nicht wahr sein!
„Entschuldigen Sie … ich … ich wollte sie wirklich nicht belästigen“, stammelte er und richtete sich mühsam auf, um ihr in die Augen zu blicken.
„Natürlich nicht!“ Mit einem zischenden Geräusch stieß sie die Luft zwischen den Zähnen aus und schüttelte amüsiert mit dem Kopf. “Ich würde sagen, das hier nehme ich Ihnen besser ab! – Könnten wir hier hinten bitte mal ein Wasser bekommen?“, rief sie dem Wirt zu, während sie das volle Bierglas an sich nahm.
„Meine Güte, wie viel haben Sie denn intus?“, fragte sie kurz darauf und wedelte mit der Hand vor ihrem Gesicht, als versuche sie, seinen alkoholgetränkten Atem zu neutralisieren.
„Nur zwei drei Bier“, gab er zurück und erkannte an dem Ausdruck auf ihrem Gesicht, dass sie das für einen schlechten Scherz hielt.
War es das? Wie lange mochte er schon hier in dieser Spelunke sitzen? Er wusste es nicht mehr. Wenn er ehrlich war, wusste er noch nicht einmal mehr, wie er hier her gekommen war. So war es immer.
„Wohl eher zwei drei Liter“, sagte sie scherzhaft und durchbrach damit seine Gedanken, bevor sie ihn bei der Schulter fasste. „Kommen Sie, setzen Sie sich.“
Schwerfällig ließ er sich auf die Bank sinken, während die junge Frau ihm gegenüber auf der anderen Seite des Tisches Platz nahm. Mit einem freundlichen Nicken nahm sie das Wasser entgegen, das der Wirt soeben an den Tisch brachte und reichte es an ihn weiter.
„Ich bin übrigens Mia!“, sagte sie, als sie ihr Bier hob und es ihm entgegenhielt.
Verdattert starrte er auf das Glas, bis ihm einfiel, dass es sich hierbei um ein irdisches Trinkritual handelte, welches sie offensichtlich mit ihm zelebrieren wollte. Mit einiger Verspätung tat er es ihr gleich und sie stießen miteinander an.
Ihr Blick haftete an ihm und das Grün ihrer Augen schimmerte wie die glänzende Oberfläche eines Smaragdsees, wovon es in seinem Reich viele gab. Der Versuch, darin zu lesen und ihre Seele zu ergründen wurde jäh unterbrochen, als sie die Augen abschätzend zusammenkniff und ihn mit schief gelegtem Kopf betrachtete.
„Haben Sie auch einen Namen? Oder soll ich mir vielleicht einen ausdenken?“, fragte sie herausfordernd, doch mit einem freundlichen Ausdruck im Gesicht.
„Ehm,…ich… Einen Namen…ich brauche einen Namen… In Windeseile durchforstete er seinen durch den Alkohol benebelten Verstand auf der Suche nach einer Antwort, die ihm unangenehme Fragen ersparen und keine weiteren aufwerfen würde. Leviadin war mit ziemlicher Sicherheit kein gängiger Name unter den Irdischen.
„John! Mein Name ist John!“, sagte er schließlich mit fester Stimme und hoffte, dass sein Schwindel nicht auffliegen würde. Er war nicht sonderlich gut darin, die Unwahrheit zu sprechen, das lag ganz einfach nicht in seiner Natur.
„John“, wiederholte Mia und dem zarten Klang ihrer Stimme zu urteilen, gefiel ihr seine Namenswahl.
„Warum bist du so traurig?“, fragte er sie nun völlig unvermittelt und sprach damit aus, was ihn schon die ganze Zeit über, seit ihrem Eintreten, beschäftigt hatte. „Du hast geweint“, schob er als Erklärung hinterher und deutete auf ihre nach wie vor geröteten Augen, die den ungewöhnlichen Farbton ihrer Iris noch mehr zum Leuchten brachten.
Sofort bemerkte er, wie sie sich versteifte und sich ein Stück von ihm zurückzog. Offensichtlich waren seine Worte zu direkt und fehlplatziert gewesen.
Er würde niemals verstehen, warum man erst eine halbe Stunde Konversation betreiben musste, nur um dann endlich zum Punkt zu kommen. Das Leben der Irdischen war ohnehin schon kurz genug. Warum verplemperten sie es dann noch durch sinnfreie Phrasen und unnützes Geplänkel?
Mia senkte den Blick und fixierte das Bierglas, das vor ihr stand. Dann räusperte sie sich und als sie ihm das nächste Mal in die Augen sah, glaubte er den Schmerz zu erkennen, der in ihr tobte und gegen den sie mit aller Gewalt anzukämpfen versuchte.
„Männer sind Schweine!“, brachte sie schließlich hervor und versuchte ein Lachen, bevor sie die Lippen aufeinanderpresste und einen Punkt am anderen Ende der Bar fixierte, während sich ihre Augen mit Tränen füllten.
„Drei Jahre!...“, setzte sie wieder an und schüttelte dabei gedankenverloren mit dem Kopf. „Und dann erwische ich ihn mit dieser sonnenbankgebräunten Tussi aus seinem Philosophiekurs! Dieser blöde Wichser!“
Einen Moment dachte er darüber nach, was genau sich hinter dieser Aussage verbergen mochte. Er kannte die Gepflogenheiten auf der Erde noch zu wenig, ebenso wie ihm das irdische Balz – und Paarungsverhalten fremd waren. Dennoch kam er zu dem Schluss, dass Mia, in welcher Form auch immer, verletzt worden war.
Diese Vorstellung versetzte ihm einen tiefen Stich und augenblicklich spürte er, wie eine Woge unerklärlicher Wut über ihn hinweg schwappte.
Obwohl es laut der ´heiligen Ordnung zum Schutze der Menschen`, - auf die er, ganz nebenbei bemerkt einen Eid geschworen hatte, - seine Pflicht gewesen wäre, jedem Erdling wohlwollend und ohne jeglichen Vorbehalt gegenüberzutreten, verspürte er das unbändige Verlangen, diesem ungehobelten männlichen Exemplar, welches die Schuld an ihrem Zustand trug, einen Besuch abzustatten.
„Verrat mir, wo ich ihn finde und ich beseitige das Problem für dich!“, schlug er pragmatisch vor und bemühe sich, gegen den inneren Drang anzukämpfen, sein Vorhaben auf der Stelle in die Tat umzusetzen.
Mit ziemlicher Sicherheit wäre der Hohe Rat nicht begeistert, wenn er einem irdischen Wesen auch nur ein Haar krümmen würde. Seine Aussichten auf eine Strafminderung wegen guter Führung wären in jedem Fall dahin und er würde bis in alle Ewigkeit an diesem Ort verweilen müssen. Aber was machte das schon?
Nach einem kurzen Moment, den Mia offensichtlich brauchte, um sein Angebot zu überdenken, durchbrach ihr unsicheres Lachen das Schweigen und riss ihn aus seinen Überlegungen.
„Bist du ein Auftragskiller oder sowas?“, fragte sie und unterstrich die Ironie ihrer Worte mit einem schiefen Grinsen, das ihre Augen aber nicht erreichte.
„Nicht ganz!“, stieß er hervor und musste über ihren Vergleich schmunzeln. Er hatte noch nie ´beauftragt` werden müssen, um ein anderes Geschöpf zu töten. Wenn man es genau nahm, lag es in seiner Natur und entsprach seiner Bestimmung, wenn auch die Kreaturen, um die es sich hierbei handelte, nicht menschlichen Ursprungs waren.
Ein dumpfes Piepgeräusch, das aus Mias Handtasche kam, unterbrach seinen Erklärungsversuch und ließ ihn innehalten.
„Entschuldige“, sagte sie und fing an, in ihrer Tasche zu wühlen. Fasziniert darüber, wie viele Alltagsgegenstände in so einen kleinen Stoffbeutel hineinpassen, beobachtete er, wie Mia den kompletten Inhalt auf dem Tisch auskippte und schließlich fand, wonach sie gesucht hatte: Ihr Mobiltelefon.
Mit krausgezogener Stirn wischte sie mit dem Finger über das Display und las die eingegangene Nachricht, während sich ihr Gesichtsausdruck zunehmend verdunkelte.
„Mist, ich muss los!“, sagte sie mit einem Mal und räumte die auf dem Tisch liegenden Sachen wieder zurück in ihre Handtasche.
„Was ist?“, fragte er und beugte sich ein Stück zu ihr.
„Meine Tochter … sie sollte heute bei ihrer Oma schlafen … aber sie braucht mich … ich muss gehen.“ Hastig griff sie nach der Jacke, die sie über ihren Stuhl gehängt hatte und warf sie sich über, während sie sich bereits von ihrem Sitz erhob.
„Du hast eine Tochter?“, fragte er verdattert.
„Ja! Ich habe eine Tochter! ... Damit hat sich die Frage nach meiner Telefonnummer wohl erledigt, was?“, schnaufte sie und trank den Rest ihres Bieres in einem Zug aus, bevor sie das Glas vor ihm abstellte und ihm in die Augen sah. „Ich wünsch` dir noch einen schönen Abend“, schob sie hinterher und wandte sich bereits zum Gehen.
„Ehm …“, war alles, was er auf die Schnelle hervorbrachte. Er fragte sich, woher die Verbitterung in ihrer Stimme rührte und noch während er nach einer plausiblen Erklärung suchte, war sie bereits auf dem Weg zur Tür und schob dem Wirt im Vorbeigehen einen Geldschein über den Tresen.
„Mia … warte!“, rief er ihr hinterher und versuchte sich aus der engen Sitzecke zu befreien. Offensichtlich zeigte der Alkohol nach wie vor seine Wirkung und hinderte ihn an einem schnellen Aufbruch. Nie wieder würde er dieses Teufelszeug anrühren. Nie wieder!
Mit einem tosenden Geräusch schob er den Tisch beiseite und schwang sich in die Höhe. Zwar war sein Gleichgewichtssinn noch immer beeinträchtigt, doch hatte ihn das kurze Gespräch mit Mia anscheinend ausreichend nüchtern werden lassen, um zumindest in der Senkrechten zu bleiben
Ohne zu wissen warum, setzte er sich beinahe automatisch in Bewegung und folgte der jungen Frau. So, wie sie zuvor, beglich er seine Rechnung, indem er das Geld über die Theke schob. Mit einer knappen Geste verabschiedete er sich bei dem dickbäuchigen Besitzer mit der roten Knollennase und warf den schwankenden Gestalten, die auf den Barhockern hingen, einen letzten mitleidigen Blick zu.