Inhaltverzeichnis:
Part 1: Step 1 - 8
Part 2: Step 9- 10
Part 3: Subplots + Foreshadowing
Part 4: Wie schreibt man Intrigen ?
Part 5: Intrigen Test Text und Video Auflösung
Part 6: Ein paar Worte zum Thema Weltenbau
Part 7: ?? Eure Themen???
Wie bringe ich die Idee in meinem Kopf zu Papier?
- Das ist wohl eine Frage, die einige Schreiberlinge haben, und an der nicht wenige scheitern.
Es gibt Menschen, die in der Lage sind, eine Story aus dem Kopf heraus zu schreiben und all die kleinen komplexen Details, Beweggründe und das Ziel im Hinterkopf haben, während sie die Geschichte langsam zum Finale bringen. Ein paar dieser seltenen Exemplare laufen hier sogar durchs Forum. Aber das kann nicht jeder. Nicht umsonst ist der Anteil der nicht abgeschlossenen Geschichten in diesem Forum im Verhältnis zu den abgeschlossenen ziemlich hoch. Das liegt natürlich nicht nur an dem Zeitfaktor, der zweifelsohne eine Rolle spielt, sondern auch an einem sehr einfachen Effekt.
Die Motivation eine Geschichte, bzw. eine Idee, die einen im Kopf herum geistert zu erzählen, ist besonders am Anfang sehr hoch. Häufig sinkt diese aber, wenn die Ideen, die man bis dahin im Kopf hatte bereits umgesetzt worden sind. Es fehlt der rote Faden und vor allem das Ende. Dabei sind das ganz entscheidende Faktoren, über die man sich gerade am Anfang Gedanken machen sollte, um die gute Idee auch zu einem Ende zu bringen.
Da ich ein absoluter Planungsmensch bin und dazu neige, meine Story bis ins kleinste Detail zu strukturieren, möchte ich euch an simplen Beispielen zeigen, wie sinnvoll das sein kann.
Ich werde euch hier zeigen, wie ihr eure Idee zu Ende spinnen könnt, wie ihr komplexe Handlungsstränge im Griff habt und wie ihr glaubhafte Intrigen und auch Foreshadowing meistert. Das alles funktioniert nur durch richtige Planung.
Ich werde hier nicht auf stilistische Themen oder Rechtschreibung eingehen. Dafür gibt es bereits sehr gute Threads, die ich gerade jedem Neuling empfehlen kann:
Ein paar Worte zum Thema Stil und Form (Von Alopex)
Die ungeschriebenen Gesetze (Von Alopex)
Kommasetzung (Von Phi)
Glaubhaft und nachvollziehbare Charaktere (von Kyelia)
Ich selbst werde mich aufs Plotting konzentrieren, und versuche schrittweise meine Herangehensweise zu erklären.
Eins noch vorweg. Ich bin auch nur ein Hobby Schreiber, genau wie die meisten hier. Und ich nehme mir nicht das Recht heraus, euch zu sagen, wie ihr was zu tun habt. Aber da ich immer und immer wieder gefragt werde, wie ich an die Planung von ‚Die weiße Magierin‘ rangegangen bin, dachte ich mir ich zeig es euch einfach mal. Vielleicht ist für den einen oder anderen ja was dabei
Und für die alten Hasen – dieses How to wurde grundlegend überarbeitet und enthält einige neue Informationen :)^^
Also was erwartet euch hier?
* 10 Steps, von der Planung bis zur Umsetzung einer Geschichte
* Was sind Subplots und wie baue ich sie in die Story ein?
* Wie schreibe ich Intrigen?
* Was ist Foreshadowing und wie setze ich es effektiv um?
* Ein paar Worte zum Thema Weltenbau
* ....
Ich wünsche euch viel Spaß mit meinem kleinen Ratgeber. Gerne gehe ich auch im Detail auf eure spezifischen Fragen näher ein. Lasst es mich einfach wissen.
Step 1: Brainstorming
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An dieser Stelle passiert der häufigste Fehler. Man hat eine Idee und man fängt sofort mit dem Prolog oder dem ersten Kapitel an. So und jetzt erst einmal Vollbremsung, Kaffee/Tee holen, Schnauze halten und hinsetzen! Bevor wir das erste Kapitel schreiben, haben wir noch einiges zu tun.
Alles, aber auch wirklich alles, was euch bis jetzt im Kopf herumschwirrt, wird aufgeschrieben. Das kann ein Charakter sein, eine bestimmte Szene, ein kleines Detail, die Grundidee, oder was auch immer.
Wie ihr das macht, ist völlig egal. Ich bevorzuge einfache Stichpunkte. Der Sinn des ganzen ist, dass euch nichts von dem verloren geht, was ihr bereits im Kopf habt. Ihr werdet im Verlaufe des Schreibens feststellen, dass dies ein kontinuierlicher Prozess ist, den ihr sogar unbewusst immer und immer wiederholt. Dass es am Ende des Tages vermutlich nicht einmal die Hälfte dieser Ideen in die finale Buchfassung schaffen, ist dabei völlig normal.
Aber ihr müsst euch mit eurer Idee beschäftigen und sie weiterspinnen, um ein klares Bild zu bekommen, was ihr überhaupt machen wollt. Lasst zu, dass eure Gedanken auch mal merkwürdige Wege gehen, und versucht euer Bild stückweise zu erweitern.
Mir helfen dabei immer Fragen.
- Was ist der Kerngedanke und wie bin ich darauf gekommen?
- Warum will ich das schreiben? Was hat meine Motivation ausgelöst?
- Was ist ein möglicher Konflikt? (Das ist wichtig !!!!)
- Welche Rahmenbedingungen fallen mir ein?
etc...
Aus diesem Part ergeben sich alle Folgeschritte, also nehmt euch wirklich etwas Zeit dafür!
Step 2: Die Wahl des richtigen Genres
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Warum ist es überhaupt wichtig zu wissen, oder besser gesagt, zu klassifizieren, in welchem Genre ich mich bewege? Nun ja, in erster Linie hilft es eurer Zielgruppe euch zu finden. Als Leser möchte ich wissen, worauf ich mich einlasse. Wenn ich Urban Fantasy lesen möchte und fälschlicherweise die FanFiction von dem super Hottie Legolas in den Händen halte, dann hilft das weder dem Autor noch dem Leser und Enttäuschung ist vorprogrammiert.
Also? Schreibt ihr nun Urban Fantasy, HighFantasy, LowFantasy, DarkFantasy oder vielleicht doch SciFi? Für meinen Mann ist das übrigens alles das Gleiche, aber der Gute kennt bis heute den Unterschied zwischen Hobbits, Muggeln und Wookies nicht. Vermutlich hält er Chewbacca auch für ne Kaugummimarke, also lassen wir seine Aussage mal nicht als Expertenmeinung gelten.^^
Gerade bei den Subgenres der Fantasy ist es wichtig zu wissen, wo man sich befindet. Denn jede dieser Unterkategorien hat auch seine eigenen Spieregeln. HighFantasy erfordert weit mehr Weltensetting als beispielsweise eine LowFantasy Story. Der wichtige Fokus liegt im Ausmaß der Geschichte und der äußerlichen Einflussfaktoren. Ihr müsst euch also die Frage stellen: „Was möchte ich eigentlich schreiben?“
Anbei die wichtigsten Subgenres der Fantasy mal knapp zusammengefasst.
Ist es SciFi oder ist es Fantasy?
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Wenn man Raumschiff Enterprise mit Herr der Ringe vergleicht, stellt sich die Frage nicht. Aber es gibt aber durchaus Geschichten, die sich sehr nah an beiden Grenzen bewegen.
Orson Scott Card, Autor der Ender Reihe, hat mal einen Definitionsversuch gestartet. Er sagte:“Wenn eine Geschichte in einem Universum spielt, das denselben Regeln folgt wie unseres, dann ist es SciFi. Wenn sie in einem Universum spielt, das unseren Regeln nicht folgt, ist es Fantasy.“
Auf Basis dieser Definition wird die Klassifizierung aller Marvel Filme zu einer interessanten Diskussionsrunde führen, weil es stark interpretationsabhängig ist. Also versuchen wir es mal anders.
SciFi verfolgt stets dem wissenschaftlichen Ansatz. Wenn die besonderen Fähigkeiten auf Technologie oder Evolution basieren könnten, befinden wir uns definitiv im SciFi Bereich. Bei X-Men ist es eine Kombination aus beiden, was den Film eindeutig in den SciFi Bereich schiebt. Bei anderen Marvel Filmen sieht das schon anders aus. Thor ist offiziell als SciFi/Fantasy geführt, da er Aspekte beider Genres enthält. Superman ist eindeutig SciFi, aber auch nur, weil er ein Außerirdischer ist...
Ihr seht also, diese Trennung ist manchmal gar nicht so einfach.
High Fantasy:
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Diese Geschichten spielen in der Regel in einem mittelalterlichen Setting und in einer großen Welt, in der es viele Kreaturen, Völker und Kulturen gibt. In High Fantasy Geschichten wird das Schicksal einer Welt, eines Königreiches, und/oder auch mehrere Charaktere im Fokus stehen. Der Plot der Geschichte hat stets Einfluss auf die ganze Welt.
Klassische Beispiele: Herr der Ringe und das Lied von Eis und Feuer.
Low Fantasy: (Sword&Sorcery / Heroic Fantasy)
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Häufig herrscht Unsicherheit, ob eine Geschichte Low, oder High Fantasy ist. Es ist aber eigentlich ganz simpel. Der Hauptunterschied liegt in dem Ausmaß der Story und der Welt, in der die Geschichte spielt. Hier steht ein einzelner Protagonist im Vordergrund, der gegen wen auch immer kämpft. Der furchtlose Held, der nur mit einem Schwert bewaffnet, gegen den mächtigen Magier von Blubb in die Schlacht zieht, ist der Ursprung der Sword&Sorcery Stories. Er kann auch gegen die Apokalypse kämpfen, ähnlich also wie in der High Fantasy. Der Unterschied liegt aber im Fokus. In diesem Genre geht man nicht näher auf das drumherum ein. Vereinfacht gesagt: „Ja, wenn er scheitert, sterben viele Menschen und Völker, aber wir kennen die nicht.“
Daher bietet sich hier auch die Ich-Perspektive an und wird auch häufig genutzt. In der High Fantasy ist das aufgrund der Komplexität und der Vielzahl an Charakteren eher unüblich.
Beispiel: Conan der Barbar
Dark Fantasy:
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Hier werden Fantasy Elemente mit Horror und Gothic Elementen verbunden. Diese Geschichten sind meist düster, gruselig und haben nicht selten auch eine Prise Erotik dabei. Dieses Genre ist nichts für schwache Nerven, wenn es richtig umgesetzt ist.
Beispiel: Der dunkle Turm von Stephen King.
Urban Fantasy:
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Wenn man sich so den Buchmarkt anschaut, dann ist dieses Genre am weitesten verbreitet. Der Reiz hierbei liegt in der Vermischung der realen Welt mit Fantasy Elementen. Dies können verdeckte Königreiche sein, die seit Jahrhunderten im verborgenen existieren, oder aber die gehypten Vampirgeschichten. Die Möglichkeiten sind schier grenzenlos, was dieses Genre auch so beliebt macht.
Beispiel: Harry Potter, Die Chroniken der Unterwelt, Twilight, Blade etc...
Das Genre bildet das Gerüst und legt die Spielregeln fest, an die wir uns halten müssen. Aber, und das ist der ausschlaggebende Punkt, es setzt den Fokus und schafft die Atmosphäre, die sich hinterher auch im Schreibstil, bzw. in den Szenen widerspiegeln sollte.
Jedes Genre hat da so seine eigenen Charakteristika:
Z.B:
Thriller/Horror – Fokus liegt auf Spannung. Oft durch kurze Sätze erzeugt. Atmosphäre eher düster.
Romantik – Fokus liegt auf den Gefühlen und der Entwicklung der beiden betroffenen Charaktere. Häufig mit blumiger Sprache untermalt.
Fantasy – lebt von größeren Bildern und phantastischen Elementen, die je nach Subgenre unterschiedlich ausgeprägt sind.
etc..
Bitte seht das jetzt nicht so schwarz/weiß, denn natürlich kann ein Thriller auch mal humoristische Aspekte beinhalten und natürlich kann es in den anderen Genres auch eine Romanze geben. Aber sie wird niemals so im Fokus stehen, wie in einer reinen Romantik Story. Auch ist sie in der Regel nicht Hauptkonfliktgeber und daher eher ein Subplot, der nur Beiwerk ist.
Das Genre sollte auch eurem Stil entsprechen. Wenn ihr gerne locker, fröhlich, frech und humorvoll schreibt, könnte es mitunter schwierig werden, wenn ihr euch an einem Thriller versucht. Es sei denn ihr zieht das satirisch auf. Heißt aber nicht, dass ihr es nicht doch mal probieren solltet. Ist schließlich noch kein Meister vom Himmel gefallen. Gerade wenn ihr etwas Neues ausprobieren wollt, empfehle ich euch für den Anfang Kurzgeschichten in dem Genre zu schreiben oder One Shots. Ihr werdet dann recht schnell feststellen, ob euch das wirklich Spaß macht, oder nicht. Weil bringt ja nichts, wenn ihr dabei keinen Spaß habt.
Step 3: Das Fundament / Ziel
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So, ihr habt jetzt eine Idee und ihr wisst auch, in welchem Genre eure Story spielen soll. Jetzt müsst ihr zu diesem frühen Zeitpunkt bereits eure Geschichte mit einem Satz zusammenfassen. Das ist nicht sehr einfach, aber hilfreich, denn dadurch definieren wir einen eindeutigen Start und Endpunkt, bzw. das Ziel der Geschichte. Ohne Ziel würden wir uns irgendwann verlieren und in Kleinigkeiten verrennen.
Auf dem Fundament fußt die gesamte Geschichte. Es wird einmal definiert und danach nicht mehr angefasst! Solltet ihr es dennoch verändern, verändert ihr automatisch die gesamte Geschichte, inklusive aller Handlungsstränge, Subplots, Charaktere und Hintergründe.
Beispiel für ein Fundament:
Der Hobbit Frodo zieht aus, um den einen Ring im Feuer des Schicksalsberges zu zerstören und den finsteren Herrscher Sauron zu vernichten.
In diesem einen Satz steckt eine ganze Menge an Informationen drin. Wir definieren hier bereits den Protagonisten, den Antagonisten sowie den Haupthandlungstrang. Dieser Satz darf, und muss manchmal sogar Spoiler enthalten. Ist aber nicht wild, er ist ja ohnehin nur für euch.
Verändert ihr jetzt nachträglich ein Detail dieses Satzes, wird dies später nicht mehr zu euren Plotparts passen. Ist Frodo beispielsweise kein Hobbit, sondern ein Zwerg, kann das dazu führen, dass man das Volk der Hobbits gar nicht mehr braucht, was den kompletten Anfang der Geschichte umwerfen wird. Ändert ihr „Ring“ in „Amulett“, ist das erst einmal kein großes Ding, doch dann haben wir später eben „Amulettgeister“ statt „Ringgeister“. Klingt irgendwie echt seltsam :D.
Egal, aber mit diesem Beispiel wird, denke ich, recht deutlich, was ich meine.
Das Ziel bei der Definition des Fundaments ist es, sich darüber klarzuwerden, wo der Fokusplot der Geschichte liegt. Alle anderen Handlungsträngen und Ideen, sollten diesen Hauptstrang dann am Ende bestmöglich stützen/supporten, damit ihr das Ziel auch erreicht.
Man wird diesen Satz in der Regel kleiner anfangen. Wenn ich beispielsweise das Volk der Hobbits noch gar nicht erfunden habe, oder noch gar nicht weiß, wo im Detail der Ring zerstört werden soll, oder ob es überhaupt ein Ring ist, dann ist der Satz logischerweise kürzer. Vielleicht hatten wir anfangs auch nur die Idee von irgendjemandem, der auszog das Böse zu bekämpfen (Whatever that means..). Dann würde sich das ungefähr so lesen.
Fundament:
Frodo zieht aus, um Sauron zu vernichten.
Und an dieser Stelle geht ihr wieder in den brainstormingprozess und stellt euch selber Fragen, um das Bild bunter zu machen. Wer zum Henker ist eigentlich Frodo und warum will er diesen Sauron überhaupt vernichten? Wie kann er das schaffen? (hust der Ring..) Was muss er dafür können/haben? etc ...
Eure Ideen fließen dann stückweise in diesen Satz ein und zurren ihn fest.
Wichtig ist: Die erste Version ist nie eure letzte! Aber bevor ihr wirklich mit dem Schreiben anfangt, solltet ihr diesen Satz fertig haben! Ich mache es oft so, dass ich erstmal grob aufschreibe, was mein Ziel ist und wenn ich dann ein eindeutigeres Bild habe, kehre ich zu diesem Step zurück und passe den Satz an, oder erweitere ihn. Je klarer mein Bild, desto einfacher ist es, diesen Satz zu schreiben.
Das Keyword für alles, was ihr hier macht, ist: Fokus. Und hier meine ich nicht den Ariana Grande Song, sondern eure Plotline.
Step 4: „Das ganze Drumherum“ oder auch „Das Setting“
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Im ersten Schritt geht es um die äußeren Einflussfaktoren. Damit ist alles gemeint, was Einfluss auf die Story nimmt, weil es Rahmenbedingungen von außen sind, die unser Protagonist nicht beeinflussen kann. Warum ist das wichtig? Ganz einfach, weil festgelegte äußere Einflussfaktoren unsere Story und unseren Prota in ihren Handlungen einschränken können. Ohne dieses Wissen werden wir nicht in der Lage sein schlüssige Handlungen und Szenen zu formulieren.
Beispiele für äußere Einflussfaktoren:
- Religion/Glaube, politische Strukturen, Gesetze, Gleichberechtigung, gesellschaftliche Werte etc..
In der normalen Welt ist das noch recht simpel, da man sich hier an einer Kultur orientiert, die dem Leser in der Regel bekannt ist.
Wenn meine Vampirgeschichte in Berlin spielt, dann muss ich die Berliner Kultur nicht groß in meiner Story erklären, weil dem Leser die politischen Strukturen, Gesetze und die gesellschaftlichen Werte von Deutschland bekannt sind. Wenn ich allerdings in die „Unterwelt“ der Vampire eintauche, muss ich dies sehr wohl definieren und auch erklären. Ein gutes Beispiel hierfür ist Harry Potter. J.K Rowling lässt die Geschichte in England spielen und erklärt nur beiläufig das kleine Vorstadtleben der Familie Dursley. Auf England selber geht sie gar nicht ein. Muss sie auch nicht. Der magischen Welt hingegen widmet sie sich sehr detailliert. Stückweise lernt der Leser das Zaubereiministerium kennen, sowie deren Gesetze zur Ausübung der Magie. Und genauso muss es sein.
Aber Achtung! Sollte eure Geschichte weit in der Vergangenheit, oder Zukunft spielen, müsst ihr durchaus auf die Rahmenbedingungen eingehen. Bei einer Vampirgeschichte, die 1243 in französischen Marseille spielt, hat der Leser in der Regel keine Ahnung, wie es damals beispielsweise um die politischen Strukturen stand. Ganz zu schweigen von den gesellschaftlichen Werten. Stichwort: Frauenrechte.
Dafür muss man recherchieren. Wenn ihr darauf keine Lust habt, kein Problem, dann erschafft euch eine eigene Welt, aber glaubt nicht, dass das leichter ist :). Es ist manchmal einfacher Fakten als gegeben zu nehmen, als welche zu schaffen.
Im Bereich High Fantasy/Low Fantasy ist das etwas komplexer. Hier befinden wir uns in einer fiktiven Welt, die wir komplett selbst erschaffen. Also müssen wir auch alles definieren, das auch nur ansatzweise Einfluss auf die Geschichte nimmt. Wie umfangreich das Ganze wird, ist euch überlassen. Man kann es an dieser Stelle ziemlich ausreizen und auch schnell übertreiben. Aber es braucht gar nicht soooo viele Details. Man muss nicht wie Tolkien eine eigene Sprache entwickeln, oder die verdammten Stammbäume aller Elbenfamilien der letzten dreitausend Jahre aufmalen. Es sei denn, man möchte ein eigenes Buch über die Welt und deren Hintergründe herausbringen. Bitte verhaspelt euch hier nicht. Manchmal ist weniger einfach mehr.
Für den Anfang reichen die 3 Basics:
1. Politik
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Wie ist das politische Konstrukt aufgesetzt? Befinden wir uns in einer Monarchie, die dem schillernden Vorbild Camelots entnommen wurde, oder ist es doch eher vergleichbar mit dem feudalistischen Mittelalter? Oder was ganz anderes? Dieser Punkt ist deswegen wichtig, weil er die Basis für die Kultur darstellt, die sich meist automatisch auch daraus ergibt.
Wie sieht denn der Alltag aus, wenn man dort lebt? Ist es ein Gefüge aus Angst, oder ist das Miteinander doch eher von gegenseitigem Verständnis geprägt? Die Politik eurer Welt ist nicht zu unterschätzen, weil sie den roten Faden eurer Geschichte permanent beeinflussen kann. Also widmet ihr etwas Aufmerksamkeit.
Ja, ich könnte das jetzt hier mit politischen Fachbegriffen zuballern und euch die Definitionen von Oligarchie, Demokratie, Monarchie und weiß der Geier was noch um die Ohren hauen – Ich kanns aber auch lassen,^^ weil das grad echt mal scheiß egal ist. Ihr befindet euch am Anfang der Story und ihr habt noch nicht einen Satz geschrieben, also reicht eine grobe Idee/Richtung völlig. Später solltet ihr dieses Bild aber etwas enger zurren, je nachdem, was ihr halt schreibt. Das kommt halt wirklich aufs Genre an.
Aber ich gebe euch mal ein Beispiel, warum die Kultur und Politik so wichtig ist:
Ich habe unendlich viele Fantasy Bücher gelesen, die im „Mittelaltersetting“ spielten und in denen die Frauen keine Rechte hatten (So wie es damals halt war). Genaugenommen war die eine Hälfte der weiblichen Fraktion nur fürs Kinderkriegen da, während die anderen vorgestellten Chars zu schüchtern waren ihren Mund aufzukriegen. Kurz gesagt keines dieser Bücher würde den Bechdel Test bestehen. Bis hierhin kein Problem, weil historisch nachvollziehbar. Aber und jetzt kommt ein großes ABER: Wir haben dann in einem solchen Buch eine Protagonistin, die im besten Fall die auserwählte Kriegerin blubb ist. In einem solchen Setting dürfte die gar keine Waffen führen, geschweige denn, dass die irgendjemand ernst nehmen würde.
Aber eine solche Protagonistin spaziert dann völlig selbstverständlich durch die Welt und tut nur Gutes. Genaugenommen, müsste die permanent auf der Straße angesprochen werden, oder besser noch – hätte dauernd Probleme mit den Stadtwachen, weil sie es sich erdreistet Waffen und Männerklamotten zu tragen (Im Rock kämpft es sich halt auch mies^^) etc etc.
Ich sage nicht, dass es nicht möglich ist. In der Geschichte unserer Welt gibt es genügend Beispiele für starke Frauen, die trotz aller Regeln ihren Weg beschritten haben. Aber diese mussten nicht nur ihre Feinde bekämpfen, sie trugen auch einen Kampf gegen das festgezurrte politische Konstrukt aus. Und eben Zweiteres fehlt oft in solchen Büchern oder wird ignoriert, weil es alle für selbstverständlich nehmen.
Was ich hiermit sagen will, ist dass das ganze drumherum auf den Prota reagieren muss, eben genauso, wie ihr das Setting definiert habt, sonst ist es nicht schlüssig.
Hier kann man also unbewusste einen Konflikt erzeugen, dem man sich in der Story auch widmen muss. Wenn man darauf kein Bock hat – kein Ding, dann wählt eine Kultur, in der alle gleichberechtigt sind oder lasst euren Prota zum Mann werden.. ähm.. naja ihr wisst, was ich meine XD
2. Völker
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Gibt es mehrere? Wenn ja, wie unterscheiden sie sich? Und damit ist nicht nur das äußere Erscheinungsbild, sondern auch die Kultur gemeint. So etwas kann man in vier Sätzen erklären, bzw. definieren, man kann aber auch eine Dissertation dazu verfassen.
Hierbei gilt: Je bekannter das Volk, desto weniger müsst ihr ins Detail gehen. Zumindest sofern ihr euch an das allgemeingültige und bekannte Bild haltet. (Z.B.: Elben oder Zwerge)
Wenn ihr jetzt also ein Elbenvolk habt und auf die tolle Idee kommt, dass die Elben die Bösen sind – ja geil. Ne im ernst, finde ich wirklich gut, aber dann müsst ihr viiiiel erklären und die Perspektiven anders aufbauen – warum? Ganz einfach.
Dafür muss man verstehen, wie Menschen Dinge assoziieren. Ich bleibe mal bei Fantasy, weil es einfach zu erklären ist. Wir werden in der Fantasy Welt mit Klischees erschlagen, die sich durch viele bekannte Bücher ziehen und dadurch unser Bild gefestigt haben. Schwarze Magie assoziieren wir sofort mit etwas dunklem/schlechten, Zwerge sind für uns kleiner als Menschen und so etwas „Baumeister“.
Ist euer Protagonist nun ein Zwergenmagier, der 1,80m groß ist und sich der schwarzen Magie verschrieben hat, die aber nicht böse, sondern gut ist – ja dann, herrje habt ihr viel zu erklären. Weil ihr hier Vorurteile brecht und neue Regeln erschafft.
In dem Buch „Die Orks“ von Stan Nicholls wurde exakt diese Thematik sehr elegant gelöst. Wir kennen Orks als abgrundtief böse Gestalten der Fantasy Welt. Sie sind grausam, hässlich, gewissenlos und fressen kleine Kinder zum Frühstück.
Der Autor behält die grundsätzlichen Eigenschaften bei. Die Orks sind hier immer noch hässlich, und ja – sie sind auch weiterhin ein kriegerisches Volk, aber plötzlich eines, das Gründe für sein Handeln hat. Sie achten auf Fairness und Ehrlichkeit, das sind Facetten, die wir normalerweise nicht in Zusammenhang mit Orks bringen würden. Aber Stan Nicholls schafft es, die Kultur der Orks glaubhaft rüberzubringen. Es geht sogar so weit, dass man als Leser mit den Orks mitfiebert, die man sonst in allen anderen Fantasy Büchern eigentlich tot sehen will. Ja, das liegt auch am Viewpoint der Story – schon klar, aber ich finde es faszinierend.
Ich habe lange drüber nachgedacht und für mich sind die Orks in diesem Buch eher vergleichbar mit den Klingonen aus dem StarTrek Universum, wenn ich ehrlich bin. Also so vom grundsätzlichen Ansatz her. Whatever – ich finds absolut gelungen.
3. Besonderheiten:
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Gibt es irgendwelche Besonderheiten in eurer Welt, die speziell hervorgehoben werden sollten. Dies könnte beispielsweise Magie oder auch Technologie sein. Wie funktioniert die Magie? Ist sie eine seltene Gabe, oder weit verbreitet und dadurch eher eine Selbstverständlichkeit? Welchen technologischen Stand haben eure Völker?
Unter diesen Punkt können auch religiöse Sachen fallen, die nicht zu unterschätzen sind. Besonders, wenn ihr einen Glauben implementiert, der fanatische Ausmaße annehmen kann.
Man ist beim Weltenbau eigentlich nie fertig, aber für den Anfang reicht es vollkommen aus, wenn ihr euch auf diese drei Punkte fokussiert. Ausbauen könnt ihr das später immer noch.
Step 5: Das Alleinstellungsmerkmal
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Wird gerne vergessen, aber es ist eine der wichtigsten Fragen, die ihr beantworten müsst. Denn hier geht es darum, was eure Geschichte anders macht. Was ist so besonders, dass man sie lesen will? Wodurch setzt sie sich ab? Was ist neu?
Die 87te Vampirgeschichte, die sich von den anderen nur in der Namensgebung der Charaktere unterscheidet, will wirklich keiner mehr lesen.
Aber keine Sorge, es müssen nicht immer extravagante Ideen sein. Manchmal können es auch Kleinigkeiten oder sogar stilistische Aspekte sein.
Ein paar Beispiele für Alleinstellungsmerkmale:
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Herr der Ringe:
Aus heutiger Sicht fällt es mir recht schwer, das Alleinstellungsmerkmal bei Tolkiens Herr der Ringe zu finden. Dabei wird gerne vergessen, dass es dort kein einzelnes Merkmal gibt, sondern das ganze verdammte Buch revolutionär war. Er hat die High Fantasy Welt geebnet und auf eine Weise beeinflusst, dass er mittlerweile so oft kopiert wurde, dass es gar nichts Besonderes mehr ist. Aber wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich wohl zu den Völkern tendieren. Besonders die Elben und Hobbits. Tolkien hat ein Gesamtwerk geschaffen und lässt es in einer lebendigen Welt spielen, bei der man sofort glaubt, dass diese auch wirklich so funktionieren könnte. Sowas gelingt nicht vielen.
Green Rider:
Die magischen Reiter von Kristen Britain fand ich echt gut. Es ist jetzt vielleicht nicht das erfolgreichste Fantasybuch, was je geschrieben worden ist, aber es enthält ein paar tolle Aspekte. Die magischen Reiter, die als Boten des Königs fungieren, sind ein völlig neuer magischer Ansatz, den ich vorher so noch nie gelesen hatte. Ansonsten funktioniert das Buch wie jede andere Fantasy Story auch. Es gibt eine Auserwählte, richtig böse Bösewichte, die Bedrohung der bekannten Welt und eine Lovestory – die eigentlich verboten ist. Leider hat sie ab Band 5 so merkwürdige Ideen gehabt, dass sie meiner Meinung nach die Story ziemlich zerschossen hat. Ist wohl auch der Grund, warum Band 5+6 gar nicht mehr ins Deutsche übersetzt worden sind. Schade eigentlich.
Shades of Grey:
Diese Geschichte hebt sich durch andere Liebesgeschichten durch den S&M Part ab. (Ich werde das jetzt mal kommentarlos so stehen lassen. Eigentlich wollte ich auch nur ein drittes Beispiel...) Ach und streicht das mit der Liebesgeschichte, denn eigentlich das keine XD. Ach und streicht das mit dem S&M Part, der ist eigentlich auch für die Katz. Ach egal jetzt XD...
Ein Alleinstellungsmerkmal (oder auch für die Marketing Experten unter euch – der USP) ist nichts, was ihr mal eben googeln könnt und euch aus einer Liste das Beste herausfischt. Es muss nicht nur zum Buch passen, sondern auch zu euch. Der Leser wird merken, wenn ihr da mit Zwang irgendwas rein quetscht, das sich dann eher wie ein Fremdkörper anfühlt und nicht wie ein Teil der Geschichte. Also überlegt euch genau, was ihr schreiben wollt.
Ein Tipp von mir:
Schaut euch den „Markt“, also die anderen Bücher, die im gleichen Genre liegen wie eures, mal genau an und sucht nach Gemeinsamkeiten. Dann überlegt, was ihr anders machen könnt, um euch genau davon abzusetzen.
Bitte denkt über euer Alleinstellungsmerkmal mal in Ruhe nach und sucht nach dem besonderem etwas! Wie gesagt, es muss nichts Großes sein, aber ihr solltet euch abheben, wenn ihr auffallen wollt.
Step 6: Die Vorgeschichte
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Kommen wir zurück zu unserem Fundament. Bisher wissen wir nur, dass Frodo den Ring zum Schicksalsberg bringen soll, um Sauron und den Ring zu vernichten.
Die Frage, die wir hier beantworten müssen ist: Was geschah vor unserer Geschichte. Hierbei sind alle Ereignisse gemeint, die vor unserem Plot spielen und Einfluss auf unsere Geschichte nehmen könnten. Also woher kommt der Ring, warum kann er nur dort vernichtet werden und wie kommt der Ring in Frodos Nähe?
Nicht selten wird dieser Punkt in der Story auch gerne später als Prolog eingeführt.
Bekannte Beispiele:
Thor the Dark World - Zur Geschichte des Äthers
Herr der Ringe – Galadriels Intro zu der Geschichte der Ringe und der Schlacht, in der Isildur den Ring an sich nahm.
Harry Potter – Der Tod von Harrys Eltern und die ‚Vernichtung‘ Voldemorts.
Nicht jede Story hat eine Vorgeschichte, aber wenn diese zwingend notwendig für das Verständnis des Plots ist, sollte man ihr etwas Aufmerksamkeit schenken. Dadurch vermeidet ihr Logiklücken und kommt nicht in Erklärungsnot.
Häufig lese ich Prologe, die eigentlich auch das erste Kapitel sein könnten – oder schlimmer noch einfach eine Vorschau aus Kapitel xy enthalten, weil man Spannung aufbauen will. Leute, bitte lasst den Blödsinn, denn wenn ihr mit dem Klappentext alles richtig gemacht habt, braucht ihr nicht eine spannende Szene vom Ende als „Pseudo Prolog“ vor das erste Kapitel klatschen. Ehrlich gesagt nervt mich das sogar ziemlich.
Der Prolog ist euer Schauplatz und eure Chance, dem Leser zu zeigen, was vor dem eigentlichen Start der Geschichte passiert ist – Nutzt das! Oder lasst es! Eine Geschichte ist nicht besser oder schlechter, weil sie einen Prolog hat. Eine Geschichte ist besser, wenn sie eine sinnvolle Vorgeschichte hat, bei der man als Leser denkt „oha, das klingt spannend!“ Das kann man aber auch mit einem gelungenen ersten Kapitel erreichen. Spannung und Interesse ist es, was den Leser bei euch hält also spielt damit – aber bitte nur, wenn ihr auch was Spannendes zu erzählen habt.
Übrigens muss man nicht jede Vorgeschichte auch als Prolog aufschreiben. Gerade wenn sie sehr lang ist, bietet es sich an, dies stückweise im Buch fallen zu lassen, anstatt den Leser mit 30 Seiten Vorgeschichte zu erschlagen. Das ist situationsabhängig und das müsst ihr selbst entscheiden. Aber meiner Erfahrung nach, macht es manchmal mehr Sinn einfach direkt einzusteigen. Kommt ja aber immer auf die Story an. Was ihr aber auf jeden Fall tun solltet, ist die Vorgeschichte für euch zu definieren. (und wenn es nur Stichpunkte sind) Es hilft euch bei Logiklücken und dabei Kreise zu schließen. Nicht verzweifeln, denn es ist normal, dass nicht einmal 25% der von euch definierten Informationen es auch am Ende tatsächlich ins Buch schaffen.
Step 7: Der Protagonist und seine Helferlein - Die Charaktererstellung
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Die mit Abstand wichtigste Person in eurem Buch ist der Protagonist. Er ist Handlungs- und Entscheidungsträger und steht im Mittelpunkt. Grund genug ihm und seinen Mitspielern einen eigenen Punkt zu widmen.
Wir machen uns das jetzt mal einfach. Stellt euch vor, ihr sitzt mit ein paar Kumpels in der Kneipe und trinkt gemütlich ein Bier. Dann kommt ihr irgendwie auf euren Prota zu sprechen. Richtig erstellt ist er, wenn ihr in dieser Runde euren Prota so beschreiben könnt, als würdet ihr ihn seit Jahren kennen, als würde er wirklich existieren! Kurz gesagt, ihr wisst ALLES über ihn!
Ich kenne genug Schreiber, die sich auf folgende Punkte beschränken. (Haarfarbe, Größe, Augenfarbe und Statur) Wenn man Glück hat, dann wird noch die Profession beschrieben (Krieger, Schmied etc..) aber das wars in der Regel. In den nächsten Kapiteln tiefer auf seine Hintergründe eingehen? – Ach was! ..*rolleyes*
Das Erste, was jeder verstehen muss, wenn er Charaktere einbaut – Sie haben schon vor dem Beginn eurer Geschichte gelebt. Sie haben in der Welt, die ihr erschaffen habt Erfahrungen gesammelt. Freunde getroffen und sich Feinde gemacht. Und dadurch haben sie auch Charakterzüge und vielleicht sogar eigene Ziele oder Ängste entwickelt. Das sind menschliche Züge, die ihr rüberbringen müsst, wenn ihr nicht wollt, dass ihr wandelnde Pappfiguren in der Story habt. Anders natürlich bei Zombies ... aber ähm - ja, okay ich schweife ab XD.
Charaktere klassifizieren:
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Ich neige ja dazu, es mit meinen Vorbereitungen etwas zu übertreiben, deswegen habe ich für mich selbst 3 Unterklassen definiert, die es mir leichter machen, zu entscheiden wie detailliert ich einen Charakter vorbereiten/ausbauen muss. Anbei meine Cluster.
A-Class: Die Playmaker
Die wichtigsten Charaktere sind hier enthalten. Also Protagonist und Antagonist, aber auch all jene Chars, die wesentlichen Einfluss auf die Story nehmen, weil sie beispielsweise Hauptreiber für gewisse Subplots sind und die Geschichte maßgeblich beeinflussen.
Alle Charaktere dieses Clusters haben eine detaillierte Hintergrundgeschichte sowie eine spezielle Rolle in der Story.
B-Class: Der flüchtige Freund
Charaktere dieses Cluster beeinflussen die Story nicht wesentlich, können aber Einfluss auf Chars des Clusters A nehmen. Beispielsweise die beste Freundin der Protagonistin, der Lehrmeister, oder auch der unterwürfige Diener des dunklen Lords.
Charaktere dieses Clusters haben neben den Standards auch eine Rollendefinition, in welcher ich ihre Daseinsberechtigung in der Geschichte definiere, aber oft keine detaillierten Hintergründe, sondern meist nur Stichpunkte.
C-Class: Der Statist
Ihr kennt das alle. Manchmal brauch man einen Diener, Gefängniswärter, einen Torwächter oder einen simplen Soldaten oder oder... In der Regel treten diese Chars nur ein einziges Mal in der Story auf. Charaktere dieses Clusters bekommen von mir kein Charaktersheet. Stattdessen arbeite ich hier gerne mit Stereotypen, weil ich ganz einfach keine Zeit habe, den Char wirklich einzuführen und das in der Regel auch gar nicht will. Also bediene ich mich Vorurteilen, um eine Szene xy mit diesem Char trotzdem glaubhaft rüberzubringen und ein schnelles Bild zu erzeugen. Und ja, das ist der Grund, warum ein zufällig auftretender Aristrokat nur so von Arroganz strotzt, oder ein Diener in Unterwürfigkeit versinkt. (Ja, ich weiß, dass das nicht kreativ ist..)
All die Klassifikationen und Vorarbeit in Ehren, aber es gibt nichts Langweiligeres als einen Prota, dem alles gelingt und es gibt nichts Stumpferes als einen Antagonisten, der eines morgens aufsteht und sich denkt „Oh okay, ab heute tue ich nur böses, weil Baum!“
Charaktere brauchen Hintergründe, Motivation, Stärken und Schwächen, denn genau das macht sie menschlich. Das ist nicht so einfach, wie man manchmal denkt. Deswegen für euch anbei 2 Bilder aus meinen Characktersheet. Einmal blanco und einmal mit Beispieltext gefüllt, um das für euch etwas klarer zu machen.
Hier das Blanco sheet für euch zur Erklärung:
Und hier ausgefüllt mit einem Char, den ich für Teil 3 meiner DWM Reihe mal geschrieben, aber wieder gestrichen habe, weil ich einen komplett anderen Plot baue. Also No – Spoiler!
Den Char habe ich unter anderem gestrichen, weil seine Story widersprüchlich ist und nicht ganz durchdacht. Ist ja auch wurscht – ist ja nur nen Beispiel für euch.
Wichtig für mich ist bei sowas immer, die Rolle in der Story. Sprich, was ich mit dem Char erreichen will. Das sind hier 2 Sachen.
1. Er gründet den Weg für den Plot R4 + R5 (gehe ich jetzt mal nicht im Detail drauf ein) und sorgt dafür, dass Prota da gewissen Support von den Bewohnern bekommt. Wichtig für den Kriegsverlauf.
2. Sein Tod löst die Motivation für den Plot S4 aus. Beeinflusst einen anderen Char, der dann wiederherum die Story auf seine Weise beeinflusst. Es ist also ne Kettenreaktion.
Da ich diesen Char streiche, brauche ich jetzt eigentlich eine neue Lösung für die beiden oberen Punkte, oder ich baue komplett um. Dadurch, dass ich das Ziel dieses Chars hier so definiert habe, sehe ich sofort, auf was ich achten muss, wenn ich etwas ändern will. Damit vermeidet man dann auch Logiklücken. Also wichtig! Macht euch immer Gedanken darüber, warum ein gewisser Charakter in eurer Geschichte auftaucht und was er da so treibt, bzw. wie er die Story oder andere Chars beeinflusst.
Eine gute beste Freundin muss man nicht einfügen, nur weil jede Prota eben eine gute beste Freundin hat. Das ist kein Grund! Ich kenne etliche Stories, da könnte die beste Freundin auch ein Pappaufsteller sein, der zufällig einen Namen hat ...
Bitte bitte widmet den Chars Aufmerksamkeit, denn sie sind es, die den Plot tragen. Verkackt ihr hier, dann verkackt ihr eure Geschichte. Macht eure Welt lebendig, in dem ihr den Menschen Leben einhaucht, die in ihr leben!
Step 8: Aufbau und Struktur der Geschichte
Für die nächsten Schritte muss ich etwas ausholen, deswegen fangen wir jetzt mal mit dem grundsätzlichen Aufbau einer Story an.
Die Struktur ist relativ simpel. Am einfachsten zu verstehen ist es, wenn man sie in drei Phasen unterteilt. Wir haben einen Anfang, einen Mittelteil und ein Ende, bzw. das Finale. In jeder dieser Phasen passieren unterschiedliche Dinge. Und Achtung aufpassen, das ist jetzt wichtig für all den Mist, den wir bisher besprochen haben!
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Der Anfang:
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0%-10% des Buches
Hier widmen wir uns dem Setting der Geschichte, aber Achtung, das heißt nicht, dass ihr all die tollen Definitionen aus dem Weltenbau jetzt aneinanderreiht. Nein, nicht gut! Dadurch verursacht ihr den sogenannten Info-Overload für eure Leser und das ist ganz ganz schlecht. Der Leser soll an dieser Stelle eine grobe Idee von eurer Welt bekommen, das reicht völlig. Ihr erklärt hier das Umfeld, in dem sich der Prota befindet und gebt dem Leser Zeit ihn etwas kennenzulernen.
10%-25% des Buches
Hier entsteht eine neue Situation. Es muss ja irgendwas passieren, was den Prota aus seiner gewohnten Umgebung reißt. Hier muss die Motivation deutlich gemacht werden, die ihn dazu zwingt das Ziel der Geschichte zu verfolgen. In nicht wenigen Geschichten wird am Anfang mal eben die Familie des Protas umgebracht und er bleibt alleine zurück. Das ist nicht sehr kreativ, aber wirkungsvoll. Denn jetzt wird er von Rache getrieben sein Ziel verfolgen, um den Antagonisten den Allerwertesten aufzureißen. Und ja, dies ist auch die Stelle, wo Auserwählte von ihrer Mission erfahren, bzw. wo Frodo entscheidet den Ring nach Mordor zu bringen.
Der Mittelteil:
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25%-75% des Buches
So hier geht’s erst einmal darum, Grundlagen zu schaffen. Vielleicht muss unser Prota für seine Mission erst einmal ausgebildet werden oder braucht noch Verbündete?
Hier beginnen auch die ersten wirklichen Subplots, die parallel zur Haupthandlung laufen und diese beeinflussen können. Neue Charaktere werden eingeführt und Konflikte treten auf. Der Protagonist wird hier mehr als einmal auf die Schnauze fallen. Er erkennt, dass es gar nicht so einfach ist, das Ziel zu erreichen. Langsam begreift er das Ausmaß seiner Entscheidung, welche er bei 25% gefällt hat. Selbstzweifel und Zweifel an der Mission treten auf. Ihm werden auch durch äußere Einflussfaktoren Stolpersteine in den Weg gelegt, die ihn bremsen. Vielleicht trifft er auch auf den Antagonisten und wird in einem Kampf unterliegen? Vielleicht stirbt ein treuer Freund?
Auf jeden Fall wird er am Ende dieses Abschnitts an einem Punkt sein, an dem er glaubt, dass es keine Hoffnung mehr gibt.
Das Finale:
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75%-90% des Buches
Der Prota hat aus seinen Fehlern gelernt. Jetzt heißt es, die letzten verbliebenen Kräfte versammeln, Motivation erneut deutlich machen und auf in den Kampf. (Um den Prota wieder in den Gang zu kriegen, helfen oft Nebencharaktere). Die letzten offenen Fragen werden gelüftet, Hintermänner enttarnt und es kommt natürlich zur entscheidenden Auseinandersetzung mit dem Antagonisten. Und... ja natürlich schafft er es. *hust boring*
90%-100% des Buches
Am Ende solltet ihr euren Lesern noch etwas Zeit geben, sich gedanklich von euren Charakteren und der Geschichte zu verabschieden, also lasst es langsam ausklingen. Danach kommt üblicherweise auch der Epilog, sofern gewollt.
Man kann das übrigens auch umdrehen. Bei 75% könnte alles gut aussehen und das Ziel ist in greifbarer Nähe, doch dann kommt alles anders als geplant und die Mission scheitert. Ähm.. Das ist dann kein Happy End Kann aber durchaus mal erfrischend sein.
Spannungskurven vs. Informationen:
Schauen wir uns noch einmal die Grafik an. Ich habe jetzt den Spannungsverlauf ins Verhältnis zur Information gesetzt, um deutlich zu machen, dass diese beiden Linien sich gegenseitig beeinflussen.
Ein normaler Spannungsverlauf eurer Geschichte sollte sich bis zum Finale immer weiter aufbauen und dort eskalieren.
Der Informationsverlauf hingegen erreicht spätestens bei 25% seinen Höhepunkt und flaut dann allmählich ab. Normalerweise sinkt er sogar so tief, dass ich ihn beinahe hätte streichen können, doch das finde ich persönlich etwas unrealistisch. Denn gerade bei Fantasy Geschichten brauchen wir mehr Zeit um Dinge zu erklären und die Leser an unsere Welt zu gewöhnen. Aber Achtung Informationen nehmen Einfluss auf die Spannungskurve. Wenn ihr ungefähr bei der Hälfte eures Buches angekommen seid und immer noch damit beschäftigt seid eure Welt, Sprache, Flora/Fauna oder kulturelle Aspekte zu beleuchten, dann bremst ihr die Spannungskurve. An dieser Stelle sollte der Prota mit sich selbst und seinem Ziel beschäftigt sein. Wir wollen die Leser doch nicht einschläfern.^^ Es gibt aber Tricks Informationen mit der Spannungskurve zu kombinieren. Da werde ich aber später noch drauf eingehen.
Was befindet sich auf der roten Linie?
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Unvorhergesehene Ereignisse, Tod eines Charakters, sämtliche Hürden und Fehlschläge, neue Situationen, Auseinandersetzungen mit dem Antagonisten, Verrat und Enthüllungen, Streit, Krieg, Gefangenschaft etc... Eben all die kleinen Tiefschläge, die dem Prota auf dem Weg widerfahren.
Diese Kurve steigt wie gesagt kontinuierlich bis zum Finale an. Es ist aber nicht unüblich, dass sie kurz vor dem Finale noch einmal abflaut. (Ruhe vor dem Sturm)
Das ist so dieser „Wir schaffen das niemals Moment“. Sprich die Downphase, in der der Prota an sich selbst zweifelt. Jetzt wird durchgeatmet, Fakten sortiert und ab geht’s in den finalen Kampf.
Die Spannungslinie ist bewusst rot. Weil sie dem rotem Faden der Geschichte folgen soll und die Story vorwärts bringt, was nicht heißt, dass Subplots nicht auch spannend sein können, oder dazu beitragen, aber das würde jetzt die Grafik sprengen.
Was befindet sich auf der blauen Linie?
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Alle Informationen zu den Rahmenbedingungen eurer Welt sowie Hintergründe. Viele Geschichten brauchen nicht einmal 10% des Buches, um das Setting zu erläutern, und können sich anschließend voll und ganz auf den Plot konzentrieren. Ziemlich leicht zum Beispiel bei Krimis. Wenn die Ausgangssituation klar ist, dann gibt es am Ende noch eine Enthüllung, weil der Gärtner der Mörder war und nicht der Butler, aber das wars dann auch schon. Wobei sich Enthüllungen aber auch eigentlich auf der Spannungskurve befinden.
Wenn ihr High Fantasy schreibt und nun einmal erst zu Mitte der Story auf ein neues Volk trefft, ja dann ist das eben so. Es muss euch nur bewusst sein, dass ihr an dieser Stelle Informationen liefert und keine Spannung aufbaut.
Was befindet sich auf der grünen Linie?
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Subplots. Diese Handlungsstränge haben in der Regel gar nichts mit der Zielerreichung zu tun. Es sind eher unterstützende Handlungen für den roten Faden. Sie können aber dennoch den Hauptplot und den Prota maßgeblich beeinflussen. Das Thema ist recht komplex, weswegen ich da später noch in einem seperaten Post drauf eingehen werde. Denn an dieser Stelle möchte ich auf etwas anderes hinaus. Subplots sind und bleiben Nebenhandlungen. Wenn man ihnen zuviel Aufmerksamkeit widmet, kann das dazu führen, dass man das Ziel aus den Augen verliert. Gerade bei Plots, bei denen es um zwischenmenschliche Beziehungen geht wie z.b. eine Liebesgeschichte, oder auch die Aufarbeitung zerrütteter Familienverhältnisse, verrennt man sich schnell. Nicht falsch verstehen, ich mag diese Themen, auch weil sie dem Prota mehr Tiefe verleihen und nochmal für nen kleinen Knall sorgen können, aber – und ich wiederhole mich – es ist und bleibt ein Nebenplot. Ich habe die grüne Linie bewusst bei 75% an die rote angeglichen. Man kann hier zwar schon offene Fragen mitschleppen, aber es sollte Einigkeit herrschen.
Beispielsweise könnte die Lovestory zu diesem Punkt kurz vor dem Aus stehen und ein anderer Nebencharakter motiviert den Prota sich auf sein Ziel zu fokussieren. Nach der alles entscheidenden Schlacht folgt dann die Aussprache und naja wir haben dann irgendwie ein Happy End.
Was immer ihr mit den Subplots macht. All jene, die den Prota direkt beeinflussen, sollten bei 75% an einem Punkt sein, an dem sie entweder abgeschlossen sind, oder als offene Frage durchs Finale gezogen werden können.
Anders ist das natürlich, wenn ihr eine Liebesgeschichte schreibt, aber dann ist dies auch kein Subplot, sondern gehört auf die rote Linie.
So kleiner Exkurs, aber keine Sorge, das hier brauchen wir noch