"Show, don't tell" gehört auf den Friedhof. Ohne Leichenpredigt.

Es gibt 36 Antworten in diesem Thema, welches 6.981 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (17. August 2024 um 21:36) ist von Asni.

  • Mit "zu viel reininterpretieren" meinst du wahrscheinlich, dass ich zu viel davon erwarte, richtig

    Ich beobachte recht konkret dass Du offenbar unter SDT etwas verstehst , was hier keiner ausser Dir so darunter versteht, und dass Du Dinge auf eine Art interpretierst die keiner den ich kenne teilt.

    Zum Beispiel hier

    Mein Verdacht ist nämlich, dass die Verbesserung des "Erzählens" (nach SDT) dabei unter den Tisch fällt, weil ich ja ausdrücklich sage "don't tell".

    Wenn alle nur noch - ganz woertlich - zeigen, dann machen sie Filme. Ganz offensichtlich geht's beim Schreiben aber nicht darum, Filme zu produzieren, also ist fuer mich (und die Schreiber die ich so kenne) klar dass hier kein Verbot des Erzaehlens gemeint ist.

    Das meine ich, wenn Du ein solches Verbot hier siehst - ich finde das 'zu viel reininterpretiert' (unabhaengig davon was Du davon erwartest...)

  • Ich beobachte recht konkret dass Du offenbar unter SDT etwas verstehst , was hier keiner ausser Dir so darunter versteht, und dass Du Dinge auf eine Art interpretierst die keiner den ich kenne teilt.

    Okay, dann sehen wir es mal aus dieser Perspektive. Willst du bestreiten, dass man diese Dinge, die ich geschrieben habe, in die Formel interpretieren kann?

    Ich halte meine Deutungen für ziemlich begründet - und halte die Tatsache, dass man aus SDT viele widersprüchliche Schlussfolgerungen für seinen eigenen Schreibprozess ziehen kann [edit: Begründung findet sich im #1], für Grund genug, offen über die Grenzen der Anwendbarkeit dieser Formel zu sprechen. Dass viele hier im Forum die Faustregel nicht universell benutzen, sondern ein weitgehender Konsens über ihre Bedeutung besteht, ist zwar hier schon x^n-mal gesagt worden und ich habe sie bei jedem Mal verstanden, es geht aber an der Sache vorbei.

    Es gibt Situationen, Grenzfälle, in denen Textstücke eine Reihe von Problemen haben können - und man vielleicht auch denken könnte, dass SDT dazu gehört. Und ich finde es sehr fruchtbar, solche Beispiele zusammen zu tragen und darüber zu sprechen, was tatsächlich verbessert werden kann.

  • Willst du bestreiten, dass man diese Dinge, die ich geschrieben habe, in die Formel interpretieren kann?

    Ganz offenbar interpretierst Du sie ja rein, also kann man es offensichtlich tun. Ich bestreite eher dass es sinnvoll ist, solche Interpretationen zu waehlen.

    Dass viele hier im Forum die Faustregel nicht universell benutzen, sondern ein weitgehender Konsens über ihre Bedeutung besteht, ist zwar hier schon x^n-mal gesagt worden und habe sie bei jedem Mal verstanden, geht aber an der Sache vorbei.

    Nee, irgendwie ist das der Kern der Sache. Wenn in einer Gruppe niemand der Meinung ist dass 'rechts vor links' bedeutet dass man, wenn man eine gruene Ampel vor sich sieht, trotzdem bremsen muss wenn von rechts ein Auto kommt, dann ist es sinnlos irgendein Problem daraus mit dieser Gruppe zu diskutieren - das Problem sieht dann niemand ausser Dir, und der Verdacht draengt sich auf, dass es primaer in Deiner Interpretation liegt - und aus der Welt geschafft waere wenn Du Deine Interpretation aendern wuerdest.

    Und ich finde es sehr fruchtbar, solche Beispiele zusammen zu tragen und darüber zu sprechen, was tatsächlich verbessert werden kann.

    Na dann tu's doch, statt die Semantik des woertlich interpretierten Satzes zu kritisieren...

  • @Blaustein

    Dein Beginn war etwas reißerisch, das ist in Foren (glaube ich) schwierig :D. Vielleicht sind die Antworten deshalb teilweise etwas emotional ausgefallen.

    Wenn man eine Diskussion langweilig oder sinnlos findet, kann man sich auch einfach raushalten (und damit solche Diskussionen beenden). Es nützt jedenfalls nichts, auf (vermeintlich oder wirklich) fehlendes Verständnis mit Ungeduld zu reagieren. Das Gefühl hatte ich hier aber manchmal.

    Manche Deiner Argumente, @Blaustein, fand ich nicht überzeugend. Mir scheint hier, dass man/Du SDT nicht als Faustformel betrachten sollte(st) - das wurde jetzt mittlerweile ja auch schon gesagt. Anders als echte Faustregeln, steckt in SDT kein Grundsatz, den man erst mal pauschal anwenden kann und damit näherungsweise richtig liegt. „Show don’t Tell“ kürzt einen Einwand ab, der auf spezielle Situationen gerichtet ist.

    Als Schreibtipp sollte man ihn nicht isoliert geben, das sehe ich auch so; habe ich aber auch höchstens auf irgendwelchen popeligen Internetseiten mal so gesehen.

    Andererseits fand ich dein Abstellen auf die Bedeutung der einzelnen Begriffe („tell“ als Erzählen, was eigentlich „Show“ mit umfasst) ganz überzeugend. Es wäre wohl schöner/exakter, wenn man statt SDT andere Formulierungen wählen würde. Da aber allen (nach einer gewissen Beschäftigung damit) klar sein kann, was unter dem etablierten SDT zu verstehen ist (was damit gemeint ist), ist der Änderungsdruck für mich persönlich nicht so groß. :)

    • Offizieller Beitrag

    Ich beobachte recht konkret dass Du offenbar unter SDT etwas verstehst , was hier keiner ausser Dir so darunter versteht, und dass Du Dinge auf eine Art interpretierst die keiner den ich kenne teilt.

    :hmm: Stimme ich zu. Ich kenne auch keinen Lektor, Autor oder Leser, der das so drastisch wörtlich nehmen würde oder so interpretiert. Jeden, den ich kenne, sieht es mehr als Merksatz, der einfach angewandt wird, wenn ein Abschnitt in einem Buch vielleicht ausführlicher beschrieben bzw. eher live, statt nacherzählt oder runtergeleiert werden sollte.

    Ich kenne auch leider keinen Fall, indem SDT zu irgendeinem Problem in der Erzählung geführt hat. Im Grunde geht es ja nur darum, ob ich mit einer "Zusammenfassung" oder mit einem näheren "Ausschreiben/Einfügen" mehr zufrieden bin oder nicht. Oder vielleicht einige Testleser sagen: "Da wäre SDT irgendwie angebrachter". Schreiben ist immerhin eine Kunstform, bei der es jedem Autor überlassen bleibt, was er von den Eindrücken anderer oder von gewissen Regeln mitnimmt.

    Meiner Erfahrung nach, ist SDT auch das geringste Problem bei Menschen, die gerade das Schreiben für sich entdeckt haben. Da sucht man noch nach der besten Erzählperspektive (Ich-Perspektive, allwissender Erzähler ...), Plot, Welt ect.

    Feinheiten, ob man lieber erzählt oder zeigt, kommen viel, viel später.

    Auch wie dieser Merksatz an sich interpretiert wird, also im Text selbst. Was ist jetzt tell oder show in Situation X, ist viel zu individuell, als dass man das pauschalisieren kann. Ob man SDT anwendet, ist abhängig vom Gesamtwerk, vom Fokus und vielem mehr. Hinzukommen noch hunderte Meinungen, wenn man etliche Leser hat. Jeder Autor trifft diese Entscheidungen, wann er etwas anwendet, individuell für sich. Aber streichen kann man solche Merksätze nicht als Autor - auch wenn man sich über die Formulierung einer Regel streiten kann.

    Thorsten und ich haben neben anderen ja bereits Beispiele genannt, wo das Wörtlichnehmen einer Regel keinen Sinn macht, weil es eben Ausnahmen gibt.

    Zudem liest man in Rezensionen kaum: "Naja, da wurde mir zu viel erzählt, mir wäre SDT lieber gewesen!". Wenn überhaupt wird kritisiert, dass der Autor wenig gewisse Kernpunkte ausgeführt hat. Oder zuvor getätigte Hinweise im Sande hat verlaufen lassen. Das lässt sich aber nicht auf SDT schieben. :stick:

    Ich versteh, was du versuchst, zu sagen @Blaustein, aber wie oben angeführt, hat das SDT in dem Autorenkreis, indem ich mich - oder Personen, die ich kenne - bewegen, noch nie zu einem Problem geführt. Und genauso scheint es ja auch bei anderen Mitgliedern des Forums zu sein.

    Also, wenn du Beispiele hast, dann darfst du sie uns gerne zeigen.

    Ich gehe aber stark davon aus, dass die Antwort auf die Beispiele sein wird, dass es reine Geschmackssache ist, wie erzählt worden ist. :blush: Denn bei SDT gibt es eigentlich kein Richtig oder Falsch. Es ist immerhin keine Grammatik oder - Rechtschreibregel. :grumble: :duden:

  • Moog Ich muss auch dazu sagen, dass ich in der Vergangenheit wenig Austausch mit Communitys hatte. Es ist bei einer aktiven Gruppe von Leuten wahrscheinlich viel schneller, wenn jemand unter "Show, don't tell" etwas versteht, was seinem Schreibprozess offenbar schadet. Dass das hier so gut funktioniert, mag dann an dem "Vier-Augen-Prinzip" liegen.

    U.a. um davon zu profitieren, bin ich ja auch dazu gestoßen.

    Ungeduld für fehlendes Verständnis ist eine Schwäche von mir. Nobody's perfect, das gilt nicht nur für mich, sondern auch diejenigen, die sich meinen Kram durchlesen müssen. Nur den Versuch, es zu verstehen, den würde ich gerne miterleben. Der liegt außerhalb meiner Verantwortung.

    Es hat hier eine Diskussion stattgefunden darüber, ob "Show don't tell" grundsätzlich als Formel/ Hinweis/ Ratschlag ausgedient hat. Das wurde überwiegend verneint. Überzeugend fand ich dabei zumindest mit Blick auf eine Schreib-Community, dass eine Formel, über die in dieser Community ein Konsens besteht, dann auch denjenigen, die dieser Formel neu begegnen, wahrscheinlich weniger schaden wird als jemandem, der darüber allein in der stillen Kammer brütet.

    Ich halte persönlich andere Formulierung für hilfreicher, ob nun "Kopfkino schreiben" oder "Mit Wörtern malen" (Siehe A.Steele (Hg.): Creative Writing. Romane& Kurzgeschichten schreiben. Mit einer kommentierten Kurzgeschichte von Raymond Carver, Berlin 2013.). Aber das ist an dem Punkt eine Formsache, wenn ich so oder so weiß, wann darauf zu achten ist - oder wenn andere mich darauf hinweisen.

    Übrig bleibt die Frage: Wo tritt "SDT" vielleicht in Konkurrenz zu anderen Erfordernissen des Schreibprozesses? Ich habe in Auseinandersetzung mit Chaos Rising s Beispielen schonmal so eine Diskussion begonnen darüber, ob tatsächlich "Show, don't tell", das Problem ist - oder ob es vielleicht nur ein Symptom für etwas anderes ist? Das lässt sich natürlich manchmal nur beurteilen, wenn man längere Texte vorliegen hat oder zumindest den Kontext einer Passage kennt.

    Ich muss mich jetzt wirklich hinlegen, weil mein Arm von der Booster-Impfung echt am bollern ist, aber vielleicht sammle ich nochmal von der ersten Seite ein paar schöne Beispiele, damit wir uns hier nicht im Kreis drehen.

    [Edit Jennagon: Deinen Post habe ich erst gesehen, nachdem ich meinen gespeichert habe. Aber vielleicht geht das ja trotzdem auch auf das ein, was du geschrieben hast. Ich schau es mir später nochmal an]

  • Es hat hier eine Diskussion stattgefunden darüber, ob "Show don't tell" grundsätzlich als Formel/ Hinweis/ Ratschlag ausgedient hat.

    Ich hab für mich beschlossen, ganz viele Ratschläge zum Schreiben eher als Werkzeuge abzuspeichern. Und Werkzeuge sind nie per se schlecht oder haben ausgedient, sondern eignen sich halt nicht für einen bestimmten Zweck. Ein Hammer hilft wenig, wenn ich aus einem Baumstamm Bretter sägen will. Und mit einem Küchenrührgerät Beton zu mischen ist irgendwie auch nicht gut. Aber deswegen zu sagen "Der Hammer und das Küchenrührgerät haben als Werkzeuge ausgedient" würde niemandem einfallen. (Dass bei Schreibtechniken und -stilen auch die jeweilige Zeit mit ihren typischen Vorlieben und natürlich der persönliche Geschmack eine Rolle spielt, fällt bei meinem Vergleich natürlich unter den Tisch. Nicht den Wortlaut verstehen und kritisieren, sondern den Sinn dahinter ^^ )

    SDT ist nach meiner Auffassung also ein Art wie man schreiben kann, die in manchen Situationen für manche Autoren hilfreich ist, um einen bestimmten Effekt zu erzielen. SDT zeichnet sich dadurch aus, dass anstelle von zusammenfassenden Ausdrücken diese eher ausdifferenziert.

    Ich hatte das im Rahmen des Show-Don't-Tell-it-Spiels (Guggst du hier) mal versucht an Beispielen zu erklären. Das ist eigentlich leichter und führt vielleicht zu einem besseren Verständnis :hmm:

    Spoiler anzeigen

    Knapp wiederholt:

    "Tell" meint: Ich sage dir abstrakt / allgemein, dass etwas der Fall ist: Er war nervös.

    Der Nachteil einer solchen Formulierung ist, dass sie völlig allgemein und irgendwie nichtssagend ist. Wenn der Text drum herum aber passt, dann ist das überhaupt kein Problem.

    "Show" meint: Ich zeige dir, wie sich etwas zeigt / ausdrückt:

    Zitat

    Zuerst bemerkte ich an seinem linken Augenlied. Immer wieder zuckte es schnell und unkontrolliert mehrmals hintereinander. Unwillkürlich dachte ich an eine der flatternden Fahnen unten am See. Ich fragte mich, ob er wohl krank war. Doch dann blickte ich auf seine Hände. Sonst lagen sie gelassen auf den Armlehnen des Thrones oder ruhten höflich gefaltet in seinem Schoß. Jetzt klammerten sie sich am alten, rissigen Holz fest. Beinahe schien es, als hätte seine unbändige Kraft das Holz zum Splittern gebracht. Die Knöchelchen stachen weiß unter der sich langsam rötenden Haut hervor. Auch an seinem Hals bemerkte ich nun dunkle Flecken, die sich langsam aus seinem Kragen heraus ausbreiteten. Er kaute auf seinen blassen Lippen herum, die sonst nur still und zurückhaltend lächelten.

    Der Nachteil hier ist, dass ich acht Zeilen schreiben musste, um zu zeigen, wie es sich äußert, dass der Typ nervös ist. Ein Vorteil ist vielleicht, dass der ein oder andere sich jetzt fragt: Warum verdammt nochmal ist er denn nervös? Ich will wissen, worum es geht! Natürlich könnte auch jemand sagen: Was schreibt der Typ so ewig lange und kommt nicht zum Punkt?!

    Die Schwierigkeit dürfte für jeden sein herauszufinden, ob diese Technik einem grundsätzlich liegt, und zu erkennen, ob sie sich in dem jeweiligen Zweck lohnend einsetzen lässt. Darüberhinaus wird man das vermutlich nie so extrem einsetzen, sondern irgendwo vielleicht in der ein oder anderen Schlüsselszene ein paar Elemente, die eher "tell" sind, durch ein, zwei Sätze ersätzen, die eher "show" sind.

    Ich halte persönlich andere Formulierung für hilfreicher, ob nun "Kopfkino schreiben" oder "Mit Wörtern malen"

    Wenn dir eine andere Formulierung besser gefällt, dann nutze sie. Ist ja kein Drama.

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • Hallo allerseits,

    anbei noch ein wenig Abendunterhaltung zum Thema.

    Spoiler anzeigen

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  • Okay, wo dieses Thema ja jetzt erschöpft und abgeschlossen scheint, möchte ich eigentlich nur noch eine ganz persönliche Sache zu SDT loswerden, die nicht den Spruch an sich angeht, sondern wie wir im Deutschen damit umgehen. ^^ Zugegeben, das ist einfach nur ne semantische Sache, quasi eine Definitionsfrage, aber manchmal ist man halt ein bisschen spitzfindig ...

    Da wird "tell" oft mit "erzählen" übersetzt, und das finde ich ganz furchtbar. In meinem Verständnis ist das so: Wenn ein Text erzählt, dann macht er gerade nicht das, was man bei SDT sein lassen sollte, sondern er gibt einem Handlung und macht Dinge dadurch anschaulich. Es gab am Anfang des 20. Jahrhunderts diese Spaltung in der Literatur. Damals war ja historisch betrachtet die Moderne (also Expressionismus, Impressionismus, Futurismus und wie das noch alles heißt) und da hat man so krass mit der Form von Texten gespielt und experimentiert, dass das eigentliche Erzählen mit Plot etc. sehr in den Hintergrund rückte. Ein Paradebeispiel ist wahrscheinlich Ulysses von James Joyce. Das Ding ist 700 Seiten lang, und Salman Rushdie hat die Handlung mal so zusammengefasst: "Ein Mann wandert durch Dublin, während seine Frau ihn betrügt. Dann trifft er einen jungen Mann. Sie werden beide sehr betrunken. Ende." :rofl:

    Für Rushdie ist Ulysses eines seiner Lieblingsbücher, aber auch er sieht da eine offensichtliche Schwäche. :D

    Von da an spaltete sich die Literaturlandschaft ganz vereinfacht gesagt in die Pop-Literatur, die wunderbar Geschichten erzählen konnte, sprachlich, bei Charakteren und inhaltlich aber nicht unbedingt viel zu bieten hatte, und die Hochliteratur, die alles andere gut konnte, nur eben keine Geschichten zu erzählen.

    Worauf ich hinaus will ist, dass wenn ich sage: "Deine Geschichte erzählt viel", dann ist das was Gutes. Was man mit "tell" bei SDT idR meint, ist "mitteilen". "Behaupten" finde ich da auch passend.

    Ihr kennt das, haben wir hier ja schon oft wiederholt. Wenn man nur behauptet, eine Figur sei schön, ist das noch nicht überzeugend. Wenn man aber mitbekommt, wie alle anderen die Figur behandeln, weil sie schön ist, dann hat die Behauptung gegenüber dem Leser bewiesen.

    So, Krümelkack-Semantik-kalki out :whistling:

    Häupter auf meine Asche!

  • Ich denke, dass beides seine Berechtigung hat und Show Don't Tell als Faustregel entstanden ist, weil Schreibanfänger ihren Hauptcharakter als "Lisa war 18, blond und sehr nett" vorgestellt haben oder sich kaum greifbare Umgebungsbeschreibungen bedient haben.

    Allerdings hat Tell auch seinen Zweck und oft ist der Übergang zwischen Show und Tell innerhalb eines Textes ja auch fließender.

  • Ah, ich glaub ich hab hierzu noch Gedanken. xD

    Wie anderswo bereits gesagt, mein neurodivergentes Gehirn versteht immer noch nicht, welche Textstellen so einige andere Personen als Tell und andere als Show verordnen und habe entschieden zumindest im Grunde so zu schreiben, wie es mit meiner eigenen Art zu denken und wahrzunehmen übereinstimmt. Für mich wäre ein simples "sie weinte / lachte oä" auch schon ein ausreichendes Show, ich brauch da nicht jedes Mal eine (längere oder dramatischere) Beschreibung dazu.

    Ich setze dann meist dann jedoch noch Beschreibungen hinzu, weil es anscheinend als angenehmer empfunden wird. Allerdings halte ich sie in einem Rahmen, der für mich selbst auch noch angenehm ist. Gerade solche Szenen, die in anderen Posts als unwichtige Alltagsszenen oder nicht plotrelevant beschrieben werden, schreibe ich sehr gerne aus (hier eben nur aus Spaß an der Freude).

    Hab auch oftmals über das ein oder andere Buch oder Serie schon gelesen "niemand analysiert seine Gefühle und Wünsche derart klar und artikuliert sie so direkt wie einen Fakt aus, besser man zeigt sie oder schreibt um diese Gefühle herum"... "niemand spricht so, die meiste Zeit reden Menschen um das herum, was sie eigentlich sagen wollen". Well, but I do? Zumindest sehr viel häufiger, als es als Norm wahrgenommen wird, und wenn ich es nicht tu, schauspielere / maske ich im Job. Das dient halt alleinig nur dem Job, nicht weil es meiner eigenen Art zu denken entspricht.


    Dieses klassische "Show, Don't Tell" hat sich bei mir als "Show ist oftmals die (melo)dramatischere Variante" eingespeichert. Vor allem bei Gefühlsregungen, erscheint mir Show oftmals melodramatisch oder übertrieben und ich tu mir schwer manche dieser Beschreibungen an realen Menschen (oder Personen in einem etwas realistischeren Zeichenstil) vorzustellen. Ich hab noch nie eine Person ernsthaft (nicht aus Spaß oder zum Necken) mit den Augen rollen gesehen und wo sind bitte all die Erwachsenen, die bei den kleinsten Streitigkeiten die Fäuste ballen uä.

    Das sind natürlich extremere Beispiele, aber bei mir hat es sich so eingespeichert "Show ist die dramatischere / überzogenere / whatever Variante einer Szene".

    Was natürlich nicht so stimmt, aber es hat sich even so festgesetzt, da es in (oft textfremden und für ein Beispiel herangezogenen) Beispielen öfters so angebracht wurde.


    Was ich jedoch ebenfalls nicht mag, ist es wenn mir der personale Erzähler aufdrücken möchte, dass ich als freundlich und nett wahrzunehmen habe. Zumal verschiedene Charaktereigenschaften durch die persönliche Linse unterschiedlich interpretiert werden.

    Für mich ist es absolut kein Widerspruch, wenn ich einen Charakter als nett und freundlich wahrnehmen soll, und dann dauernd von Gezanke lese. Die Kernfrage hier ist, worum es bei diesem Gedanke geht. Wenn sie nun in diesen Kapiteln zurecht für sich oder jemand anderen einsteht, stimmt das für mich absolut mit dem Bild, das ich von ihr haben soll, überein. Nett und freundlich =/= "agreeable". Wie gesagt wurde, gibt es verschiedene Arten wie jemand freundlich sein kann und oftmals wird die alltägliche Höflichkeit mit echter Freundlichkeit verwechselt, finde ich.

    Anders ist es, wenn ein Perspektivencharakter jemanden aus der eigenen Perspektive beschreibt. Dann liegt es jedoch nicht am Show, Don't Tell, sondern dass man jemanden, den man gut kennt, detaillierter beschriben kann, als mit "nett und freundlich". Eine solche, oberflächliche Beschreibung ist für Kollegen, mit denen man täglich ein paar Sätze tauscht.


    Zur "Pop- und Hochliteratur": Charaktere in Popkultur sind in vielen Werken realistischer und ehrlicher aufgebaut als in sogenannter Hochliteratur; mehr als ihre eigene Person, die um ihrer selbst Willen existiert, und nicht nur als Spiegel einer Thematik. Ich bezweifle zudem, dass Hochliteratur als solche mit einer klaren Abgrenzung überhaupt existiert. Diese wird durch einen kleinen, elitistischen Kreis als solche ernannt. Und naja, hab da viele Gedanken dazu, vor allem, dass sich über eine lange Zeit hinweg, alte, weiße Männer sich gegenseitig als Genie bezeichneten. Hab da noch so einige Gedanken dazu, die würden den Rahmen des Topics sprengen. ^^'

  • "Emma liebe Schokoladenpudding " Wäre ein Beispiel für "Tell".

    "Emma drückte ihr Gesicht an die Vitrine in dem kleinen Cafe und ergötzte sich mit stahlendenden Augen an der cremig, sahnigen Perfektion... Schokoladenpudding " ist "Show"

    Der Leser "sieht" wie sich Emma verhält und kann ihre Einstellung zu Schokopudding selber interpretieren. Das wird so gemacht weil es lebendiger wirkt und dir nicht nur Fakten zeigt, sondern wie sie sich äußern.

    Das heist nicht das Telling immer schlecht ist. Es kommt auf den Kontext an. Immer nur Show wäre vermutlich schnell melodramatisch wie du sagst.

    Edit: Showing hilft auch durch "Multifuktionssätze".

    "Antharas war tapfer" sagt mir nur das er tapfer ist, sonst nichts.

    "Antharas stellte sich tausend schreckliche Tode vor die in der Höhle auf ihn lauerten, aber er setzte trotzdem einen Fuss vor den anderen. "

    Das vermittelt Tapferkeit, Petsönlichkeit und bringt gleichzeitig die Handlung voran.

  • "Emma liebe Schokoladenpudding " Wäre ein Beispiel für "Tell".

    "Emma drückte ihr Gesicht an die Vitrine in dem kleinen Cafe und ergötzte sich mit stahlendenden Augen an der cremig, sahnigen Perfektion... Schokoladenpudding " ist "Show"

    Der Leser "sieht" wie sich Emma verhält und kann ihre Einstellung zu Schokopudding selber interpretieren. Das wird so gemacht weil es lebendiger wirkt und dir nicht nur Fakten zeigt, sondern wie sie sich äußern.

    Das heist nicht das Telling immer schlecht ist. Es kommt auf den Kontext an. Immer nur Show wäre vermutlich schnell melodramatisch wie du sagst.

    Aber das meinte ich an sich. Mich irritiert es, dass Show oftmals mit diesen sehr großen Gesten in Verbindung gebracht wird. Hätte noch niemanden gesehen, der sein Gesicht gegen die Vitrine drückt, es sei denn Emma ist vier Jahre alt ^^' (und bei der Bildsprache eines - eher etwas cartoonartigen gehaltenen - Animes zb. kann ich es eher in den Inhalt integrieren, als bei einem Text). Bei mir entsteht dann diese Dissonanz dessen, was ich mir laut Autor vorstellen soll, und dessen, was in meinem Kopfkino abläuft.

    • Offizieller Beitrag

    "sie weinte / lachte oä" auch schon ein ausreichendes Show, ich brauch da nicht jedes Mal eine (längere oder dramatischere) Beschreibung dazu.

    Meiner Meinung nach ist "Sie weinte/lachte" schon Teil des "Show" und kein "Tell". Der Unterschied ist nämlich, dass sowohl Lachen als auch Weinen per se keine Aussage über das Gemüt treffen. Man kann aus Freude lachen/weinen oder aus Trauer. Auch Angst und Überforderung kann zu beiden Emotionsäußerungen führen.

    Es geht primär darum, formulierungen wie "Sie war traurig" zu vermeiden - besonders, wenn "sie" nicht der POV Charakter ist. Es liest sich eben besser, wenn beschrieben wird, wie die Trauer sich äußert (auch ganz ohne melodramatik :pardon:

    Der Punkt ist halt, dass man mit einer Beschreibung wie "Bob war ein superschlauer Gauner. Er war sarkastisch, gewitzt und listig, aber seinen Freunden gegenüber stets loyal" wenig anfangen kann.
    Warum? Ich weiß doch dann, wie er ist?

    Ja, vielleicht. Aber 1. ist das die mit Abstand langweiligste Art eine Person/Charakter kennenzulernen und 2. funktioniert das nicht mehr, sobald Bob etwas tut, was mit meiner Ansicht eines superschlauen Gaunerst nicht zusammenpasst. Daher macht es hier einfach mehr Sinn, diese Eigenschaft von Bob zu ZEIGEN, sodass man sich als Leser selbst zusammenschließen kann, dass er wohl superschlau, sarkastisch, gewitzt etc. ist. Sollte ich (als Autor) dann einen dieser Punkte nicht oder falsch rüberbringen, dann habe ich zwar nicht mein Ziel erreicht, aber der Leser weiß nichts davon :pardon: Dann ist Bob in seiner Welt halt nicht superschlau, sondern ein Idiot, aber das reißt ihn nicht aus dem Lesefluss, weil er keine Erwartungshaltung von "superschlau" hat.
    (An dieser Stelle möchte ich die Rezensionen von @Acala zu "The Name of the Wind" und "Gentleman Bastards" empfehlen - da merkt man das nämlich sehr stark :D )

    Das habe ich auch schonmal in diesem Thread iwo erwähnt.

    Dieses klassische "Show, Don't Tell" hat sich bei mir als "Show ist oftmals die (melo)dramatischere Variante" eingespeichert. Vor allem bei Gefühlsregungen, erscheint mir Show oftmals melodramatisch oder übertrieben und ich tu mir schwer manche dieser Beschreibungen an realen Menschen (oder Personen in einem etwas realistischeren Zeichenstil) vorzustellen. Ich hab noch nie eine Person ernsthaft (nicht aus Spaß oder zum Necken) mit den Augen rollen gesehen und wo sind bitte all die Erwachsenen, die bei den kleinsten Streitigkeiten die Fäuste ballen uä.

    Das sind natürlich extremere Beispiele, aber bei mir hat es sich so eingespeichert "Show ist die dramatischere / überzogenere / whatever Variante einer Szene".

    Was natürlich nicht so stimmt, aber es hat sich even so festgesetzt, da es in (oft textfremden und für ein Beispiel herangezogenen) Beispielen öfters so angebracht wurde.

    Sorry, aber das ist für mich kein Argument gegen "show"^^ es ist nicht die Schuld dieser Faustregel, dass Autoren dann übers Ziel hinaus schießen.
    Blöd gesagt: Das Gesetz sagt, man darf auf der Landstraße maximal 100 km/h fahren - es ist aber nicht die Schuld dieses Gesetzes, wenn Opa Gernold dann nur mit 15 km/h über die Strecke eiert.
    Man muss halt ein Mittelmaß finden. Es ist ein Unterschied, ob ständig "Mägen zerrreißen", "Eiskristalle sich ins Herz bohren" etc. oder ob ein Char die Augen verdreht oder abwinkt etc. (und ich habe schon sehr viele Menschen die Augen verdrehen sehen - inklusive mir selbst -, den Punkt kann ich also wirklich nicht nachvollziehen xD)

    Was ich jedoch ebenfalls nicht mag, ist es wenn mir der personale Erzähler aufdrücken möchte, dass ich als freundlich und nett wahrzunehmen habe. Zumal verschiedene Charaktereigenschaften durch die persönliche Linse unterschiedlich interpretiert werden.

    Das ist dann aber auch "Tell" und nicht "show" - "show" überlässt die Interpretation dem Leser, "tell" sagt dem Leser, wie er etwas zu interpretieren hat.

    Hab auch oftmals über das ein oder andere Buch oder Serie schon gelesen "niemand analysiert seine Gefühle und Wünsche derart klar und artikuliert sie so direkt wie einen Fakt aus, besser man zeigt sie oder schreibt um diese Gefühle herum"... "niemand spricht so, die meiste Zeit reden Menschen um das herum, was sie eigentlich sagen wollen". Well, but I do? Zumindest sehr viel häufiger, als es als Norm wahrgenommen wird, und wenn ich es nicht tu, schauspielere / maske ich im Job. Das dient halt alleinig nur dem Job, nicht weil es meiner eigenen Art zu denken entspricht.

    Das hängt dann halt vom POV Charakter ab. Es spricht ja nichts dagegen, dass der POV Char seine eigenen Gedanekn und Gefühle sehr genau analysiert und auflöst (imo sogar eine sehr gute Methode bei mehreren POVs diese auch zu unterscheiden und ihnen ne eigene "Stimme" zu geben).
    Aber dennoch heißt das nicht, dass der POV Char das dann bei allen anderen auch kann. Da muss man eben auch manchmal interpretieren und auch wenn man das kann - nimmt man dennooch die Hinweise auf Trauer, Ärger etc wahr und keinen "Dieser Charakter ist wütend" Buff über dem Kopf.

  • Chaos Rising

    Zitat

    Sorry, aber das ist für mich kein Argument gegen "show"^^ es ist nicht die Schuld dieser Faustregel, dass Autoren dann übers Ziel hinaus schießen.

    Dazu will ich sagen: natürlich ist es keine Argumentation dagegen und sollte keines sein. ^^'

    Ich wollte ausdrücken welchen unterschiedlichen Wahrnehmung ich begegnet bin und wie ich es selbst wahrgenommen habe. Entsprechend als Show = überzogener, sehr detaillierter und verschnörkelter Stil, selbst wenn es nicht unbedingt stimmen muss (btw ein solcher Stil ist natürlich auch absolut, da dieser genausovielen Leuten gefällt).


    Zitat

    Das hängt dann halt vom POV Charakter ab. Es spricht ja nichts dagegen, dass der POV Char seine eigenen Gedanekn und Gefühle sehr genau analysiert und auflöst (imo sogar eine sehr gute Methode bei mehreren POVs diese auch zu unterscheiden und ihnen ne eigene "Stimme" zu geben).
    Aber dennoch heißt das nicht, dass der POV Char das dann bei allen anderen auch kann. Da muss man eben auch manchmal interpretieren und auch wenn man das kann - nimmt man dennooch die Hinweise auf Trauer, Ärger etc wahr und keinen "Dieser Charakter ist wütend" Buff über dem Kopf.

    An sich gebe ich dir Recht, bloß habe ich selbst den Eindruck, ich würde eine Parodie einer solchen Person schreiben. Bin da etwas zurückhaltender mit, auch wenn ich es schreibe.


    An sich geb ich dir Recht, dass gerade Persönlichkeits- und Gefühlsbeschreibungen, zumindest wenn sich der POV Charakter selbst beschreibt, etwas unelegant sind. Vor allem, wenn sie häufig vorkommen.

  • Mir kam beim Lesen gerade der Gedanke, dass man "Show, don't tell" nicht immer nur auf Charaktere beziehen muss, sondern durchaus auch auf die Welt als Ganzes (oder halt auch Teile davon). Gerade in der Fantasy spielt die Welt / der Weltenbau ja eine wichtige Rolle. Ich meine damit nicht nur den physischen Teil (Kontinente, Landschaften, etc. pp.) sondern auch Gesellschaften und Religionen. Ich würde hier (anders als bei den Charakteren) fast davon ausgehen, dass grundsätzlich mehr Show eingesetzt wird als Tell, einfach weil man sonst sehr leicht in eine Art Info-Dump gerät, in dem man den Lesern mal eben die Welt erklärt und dann mit der Handlung loslegt. :hmm:

    Im Kopf habe ich gerade die Art und Weise, wie man dem Leser vermittelt, dass Priester in einer Stadt/Gesellschaft höchstes Ansehen genießen und quasi absolute Macht habe. Man könnte das per Tell machen und das in einem Satz erzählen. Oder man schreibt eine kurze Szene, die zeigt, wie sich das äußert und kann dann, wenn man mit personalen Erzählern arbeitet, den POV durch seine emotionale Reaktion auf die Beobachtung charakterisieren.

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]