Hallo allerseits,
Im Moment wird auf sozialen Medien, wie Facebook, von Leuten, die ich mag, häufig geäußert, dass sie Leute Sperren, die nicht ihrer Meinung sind. Das sind Themen, die Genderthemen ansprechen oder vermeintliche „Wokeness“ thematisieren, den Krieg ansprechen, oder die Benutzung von bestimmten Wörtern in der Literatur betreffen, wie in der durch die Medien gehenden „Lokführer Lukas“ Diskussion. Verengt diese Haltung den Diskurs nicht unnötig? Wobei ich zugeben muss, dass eine Diskussion auf den sozialen Medien kaum möglich ist, da sie seltsame Leute anlocken. Wie auch immer. Michael Ende zum Beispiel ist sicherlich kein Rassist, ganz im Gegenteil. Er hat Herrn Ärmel das Wort „Neger“ nutzen lassen, um den spießigen Charakter zu charakterisieren. Heute würde er es sicher nicht so einsetzen. Die Verlagsentscheidung diese Stelle zu entschärfen ist daher möglicherweise in seinem Sinne. Aber wer weiß das?
Ich mache mir darüber Gedanken, wo diese Änderungen anfangen und wo sie aufhören. Und, wer entscheidet über solche Änderungen? Bei mir bleibt ein ungutes Gefühl. Als ich die Geschichte mit meiner Tochter (jetzt 12) gelesen habe, habe ich sie darauf hingewiesen, dass man dieses Wort heute nicht mehr so benutzt. Ähnlich habe ich mit Astrid Lindgreens „Negerhäuptling“ verfahren. Man kann den historischen Kontext von Literatur erklären und dadurch Bildung vermitteln.
Wenn man alles glattschleift gibt es keinen Diskurs mehr und wovon soll die Literatur und letztlich auch die Demokratie dann leben? Filme, wie von Quentin Tarantino würden heute wohl nicht mehr gedreht werden. Inzwischen werden selbst Computerspiele systematisch entschärft. Naja. Besonders akut wird dieses Problem bei älterer Literatur, wie die von Mark Twain. Er ist ein Antirassist, der jedoch Worte nutzt, die heute als problematisch gelten. Diese Werke kann man doch nicht einfach anpassen. Oder?
Was machen wir mit offensichtlichen Rassisten wie Lovecraft, der große Literatur verfasst hat, aber in Teilen sehr problematisch ist? Ich selbst habe in „Das Licht von MASARU“ eine Person geschildert, die alle Klischees einer Dragqueen verkörpert. Dazu habe ich meine Erfahrung aus Berlin und aus nächtlichen Streifzügen durch Sankt-Pauli genutzt. Dies könnte man als Verbalhornung von Trans-Personen fehlinterpretieren, wenn man es möchte. Sollte man sich als Autor von allen Klippen fernhalten. Kann nicht ein Arschloch in einer Geschichte auch Neger sagen?
Die Welt ist so komplex wie das Leben und die Ansichten. Das sollten wir uns nicht nehmen lassen.
Was denkt ihr?
PS. Ich vertraue auf euch, dass die Diskussion zivilisiert und respektvoll verläuft. Bei grenzwertigen Kommentaren werde ich "Tsch!" machen.