Die Idee zu folgender Geschichte kam mir gestern beim Einschlafen. Das ist jetzt die erste Version davon. Ich freue mich über alle Kommentare, Kritiken, Anmerkungen, Wünsche etc. pp.
Kurze technische Frage vorab: BBCode kann man nicht für verschiedene Teile an- bzw. abschalten, oder? Falls also Leerzeichen fehlen, wahrscheinlich liegt's am Reinkopieren. Für alle anderen Fehler und Unstimmigkeiten bin ich aber selbst verantwortlich. Viel Spaß beim Lesen!
Verdammte Axt
„Verdammte Axt,“ murmelte der Henker.
„He! Was soll das? Ich diene dir treu seit… schon lange jedenfalls!“, erwiderte die Axt erzürnt.
Der Henker musste zugeben, dass die Scharfrichteraxt schon etwas Besonderes war. Ganz offensichtlich sah sie toll aus, obwohl sie sehr schlicht war. Aber irgendetwas an ihr, vielleicht ihre einfache Ebenmäßigkeit oder der glatte, schnörkellose Stahl, wirkte einfach wie ein Kunstwerk. Zum Zweiten mochte er die Axt. Nein, mochte war zu viel gesagt. Er hatte sich an sie gewöhnt und sie war ihm in den letzten – Wie lange war es nun schon her, dass er zum Henker der Stadt ernannt worden war? - Jahren vertraut geworden. Es war ein bisschen wie eine Ehe, nicht unbedingt freiwillig, nicht unbedingt mit glühendem Eifer geschlossen, aber ein Bund für die Ewigkeit. Zugegeben, in einer Ehe machte man mehr gemeinsam als nur Köpfe oder andere Gliedmaßen von anderen Leuten abzuhacken. Aber ein bisschen ähnlich war es schon.
Drittens wohnte in der Axt ein böser Geist, der zu ihm sprach. Wiederum korrigierte sich der Henker in Gedanken. Es war nicht wirklich ein böser Geist, eher ein möchtegern böser Geist, der aber nach jedem Gerichtsakt Schuldgefühle hatte, obwohl er nur das Werkzeug war. Das durfte man ihm – vielleicht war es auch ein weiblicher Geist, der Henker war sich da noch nicht so sicher – aber nicht sagen, weil er sich sonst unfassbar aufregte.
„Jetzt hör auf zu grübeln und nimm mich endlich! Schließlich haben wir nicht den ganzen Tag Zeit. Und die Kundschaft wartet!“, polterte die Axt.
„Du hast Recht, es ist Zeit.“ Der Henker war heute in einer nachdenklichen Stimmung. Besonders fröhlich ging er ja nie zur Arbeit, aber an diesem Morgen sinnierte er ein wenig über den Sinn des Lebens im Allgemeinen und über den Sinn seines Lebens im Besonderen. Vielleicht hätte er auf seine Mutter hören und die Felder bestellen sollen, anstatt sich der Armee anzuschließen. Zumindest hätte er sich nicht für jede besondere Aufgabe freiwillig melden sollen. Er war zu schnell zum Henker geworden. Anfangs hatte er noch gedacht, dass er damit die Karriereleiter leichter nach oben kam. Aber als Henker verlor man seine Ehre, sein Ansehen, seinen Namen, sein Gesicht. Alles, was von ihm geblieben war, waren seine Erinnerungen. Jetzt war er nur noch eine lederne Maske, ein namenloser Schrecken, mit dem niemand etwas zu tun haben wollte. Er war der Henker.
Mit einem traurigen Seufzen nahm er die Axt von ihrer Aufhängung an der Wand.
„Ha, ha, jetzt geht es endlich wieder los!“, rief sie erfreut. Der Henker nickte stumm.
Mit der Linken nahm er sich die Maske vom Tisch und streifte sie über. Früher hatte er beide Hände gebraucht, aber nun glitt sein Kopf schnell und einfach hinein und es fühlte sich so an, als sei die Maske ein Teil seines Körpers. Mehr noch, erst jetzt fühlte er sich ganz er selbst. Ohne die Axt und die Maske war er nur ein Mann, den andere verachteten. Aber trug er beides, dann war er der Henker. Dann war er er selbst.
Alle Trübsinnigkeiten, alles Sinnieren und alle Zweifel fielen vom Henker ab, als durch die Türe seiner kleinen Kammer trat und sich auf den Weg zum Schafott machte.