Glaubhafte und nachvollziehbare Charaktere

Es gibt 42 Antworten in diesem Thema, welches 17.249 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (3. März 2022 um 19:48) ist von Eegon2.

  • Aber ist es nicht das, woran man wächst? Mir kann keiner erzählen, dass er noch nie (und schon gar nicht am Anfang) einen unfehlbaren Char geschrieben hat. Habe ich anfangs auch. Kann ich offen zugeben. Aber ich habe gelernt, dass der Char dadurch sehr oberflächlich wirkt. Dann beginnt man auch seine Schwächen mitaufzunehmen und formt den Char.

    Ich habe nie gesagt, dass man das nicht tun sollte, nur dass meine Erfahrung sagt, dass es in etwas Mary sue like ausarten kann :). Ich glaube schon, dass man das als Entwicklungsschritt sehen kann, so wie du es bechreibst. Ich bin mir nichtmal sicher, ob ich früher eine Mary sue erkannt hätte, oder dies jemals kritisch hinterfragt hätte^^ Mein erster Char hätte ja auch eher den Avengers beitreten können. :D
    Aber hier gehts um glaubhaft nachvollziehbare Charaktere und nicht um die Entwicklungsschritte und Lerneffekte beim Schreiben. Also ja, ich gebe dir recht, aber da ist ein Aber ;)

    :!: Fantasy, weil sich die unglaublichste aller Welten in unserem Kopf befindet... :!:

  • Für mich ist ein Char authentisch, wenn er mir als Schreiber den Mittelfinger zeigt und völlig andere Plot ideen hat. Das ist der Punkt, wo die kleinen Scheisser sich selbstständig machen und nicht mehr aus ihren Raster ausbrechen, ganz gleich was der Plot sagt. Wenn das passiert, und das passiert öfter, dann merke ich, dass ein Char "fertig" ist^^ Denn manchmal entwickelt man bestimmte Facetten ja auch erst beim Schreiben selbst.

    Ich beschäftige mich ja bisher eher Theoretisch mit dem Thema und genau dazu bin ich in einer sehr spannenden Youtubeserie (bei Interesse kann ich die natürlich raus suchen) von Patrik Rothfuss (Name des Windes) und anderen amerikanischen Autoren gestoßen und diese meinte das sich selbständig machende Figuren ein absolutes NoGo und ein Anfängerfehler seien. Keine Ahnung ob das nun tatsächlich ein Erfahrungswert oder eher eine Gewohnheit/Tradition ist die man getrost ignorieren kann. :pardon:
    Ist mir irgendwie hängen geblieben da ich die selbständig machen Charaktere schon von mehreren gelesen habe...

    Ich sehe euren Punkt und Stimme auch zu. Aber ist es nicht das, woran man wächst? Mir kann keiner erzählen, dass er noch nie (und schon gar nicht am Anfang) einen unfehlbaren Char geschrieben hat. Habe ich anfangs auch. Kann ich offen zugeben. Aber ich habe gelernt, dass der Char dadurch sehr oberflächlich wirkt. Dann beginnt man auch seine Schwächen mitaufzunehmen und formt den Char.

    Kenne ich von RPGs, meine ersten Chars waren ganz schreckliche Paladin-Gutmenschen, die dann doch eher langweilig waren, einen etwas weniger perfekten Charakter, am besten mit teils merklich anderen Eigenschaften als man selbst, ist da auf jeden Fall eine größere, wenn vermutlich auch lohnendere Herausforderung.

    Falken haben doofe Ohren

  • Willkommen erstmal! :)

    Nehmen wir an, man baut einen möglichst negativen Charakter, auf den man alles was man hasst projiziert, damit man ihn dann platt machen kann um eine persönliche Fantasie zu erfüllen. Dann wird der negative Charakter vermutlich nicht besonders glaubwürdig,

    Das passiert aber genauso, wenn du einfach nur Gutes auf ihn projizierst ;)

    da in Wirklichkeit Individuen prinzipiell erst mal gut sind.

    Das halte ich für eine ganz steile These. :) Das moralisch Gute und das moralisch Böse/Schlechte sind rein kulturelle Größen und was was ist, ist für jeden anders. Gut und Böse sind rein Subjektiv. Von daher ist das Individuum erstmal gar nichts. Der eine sieht einen Verbrecher und Schurken in ihm, der andere einen strahlenden Held. Und keiner hat Unrecht.

    Voldemort z.B. macht die Hoakruxe weil er leben will, was ja erstmal gut ist,

    Selbsterhalztungstireb würde ich als moralisch weder gut noch böse ansehen. Andere aus egoistischen Gründen über die Klinge springen zu lassen trifft bei mir persönlich (subjektiv) in den Bereicht richtig böse. Gerade Voldemord empfinde ich als langweiligen, einschichtigen, rein bösen Schurken. Habe aber nicht alle Bücher gelesen und nicht alle Filme gesehen. Mag sein, dass ich mich irre.

    Ich aber denke, die Mischung macht´s. Wenn du feststellst, dass du einen strahlenden Helden erschaffen hast, verpass ihm vielleicht ein paar Charakterschwächen und Laster. Hast du einen Bösewicht erschaffen, verpass ihn ein paar Tugenden, wenigstens eine. Schon tun sich ein paar Schichten auf. Habe etwas Mut zur Hässlichkeit bei den Guten und Mut zur Sympathie bei den Bösen. Und ich wäre nicht WIndweber, wenn ich nicht zwei (unvollständige) Listen als Hilfsmittel mitbrimgen würde:

    Tugenden

    Gerechtigkeit, Mäßigung / Genügsamkeit / Zurückhaltung, Demut / Bescheidenheit, Barmherzigkeit / Güte / Hilfsbereitschaft/ Uneigennützigkeit / Mitgefühl / Selbstlosigkeit / Großzügigkeit / Freigiebigkeit / Opferbereitschaft / Rücksicht, Keuschheit / Enthaltsamkeit/Genügsamkeit, Geduld, Wohlwollen, Fleiß, Gelassenheit, Enthusiasmus / Leidenschaft, Treue / Einigkeit / Kameradschaftlichkeit / Eintracht / Loyalität, Wahrheit / Aufrichtigkeit /Ehrlichkeit / Redlichkeit, Friedfertigkeit, Standhaftigkeit / Mut / Tapferkeit, Entschlossenheit / Zielstrebigkeit / Charakterfestigkeit, Vernunft / Objektivität, (Das Streben nach) Weisheit / Klugheit, Menschlichkeit / Milde, Sitte (Ordnung, Reinlichkeit, Sparsamkeit…), Gnade / Vergebung / Nachsicht/Langmut/Großmut, Freundlichkeit / Höflichkeit / (kennen und Anwenden der) Etikette /Respekt / Gastfreundschaft, Beständigkeit / Zuverlässigkeit, Würde / Selbstachtung, Sanftmut, Gehorsam, Pflichtbewusstsein, Selbstständigkeit / (Streben nach oder Erhalt von) Freiheit, Flexibilität / Nachgiebigkeit, Glaube, Hoffnung / Zuversicht, Selbstliebe / Selbstsicherheit, Toleranz, Dankbarkeit, Ehrenhaftigkeit, Vorsicht / Besonnenheit, Fürsorglichkeit

    Dazwischen stehen Dinge wie Ambition und Härte, die je nach Situation als das eine oder andere aufgefasst werden können. Ned Starks Härte gegen seine Kinder (die er aber liebt) wäre ein Beispiel.

    Laster

    Hochmut / Stolz / Eitelkeit/ Arroganz, Übermut / Tollkühnheit / Impulsivität /Selbstüberschätzung, Geiz / Habgier, Wollust / Ausschweifung / Genusssucht / Hedonismus / Begehren, Zorn / Wut / Rachsucht, Völlerei / Maßlosigkeit / Gefräßigkeit / Selbstsucht, Neid / Eifersucht / Missgunst, Faulheit / Feigheit / Ignoranz / Trägheit des Herzens, Ungerechtigkeit, Trotz / Sturheit, Neugier, Zwietracht, Täuschung / Hinterhältigkeit /Heimtücke, Grausamkeit / Sadismus, Hysterie, Abhängigkeit, Würdelosigkeit, Resignation / Verzweiflung, Emotionslosigkeit, Provokation, Unberechenbarkeit, Pflichtvergessenheit, Fanatismus, Pessimismus, Unvorsichtigkeit, Nihilismus, Selbstvergessenheit, Intoleranz / Hass, Harmoniesucht, Undankbarkeit, Egoismus / Selbstsucht / Egozentrismus / Egomanie, Besessenheit, Herrschsucht, Treulosigkei/Untreue, Unfreundlichkeit/Unhöflichkeit

    Bei Tugenden ist spannend, dass sie nicht nur durch Fehlen, sondern auch durch Übersteigerung zum Laster werden können. Tapferkeit wird z.B. zu Übermut. Und manche Tugenden stehen sich unversöhnlich gegenüber, wie Gnade und Gerechtigkeit. Anstatt Gut gegen Böse oder Grau gegen Grau könnte man auch einmal zwei Gute Parteien einander gegenüberstellen, die schlicht widersprüchlichen Tugenden folgen...

    Einmal editiert, zuletzt von Windweber (16. August 2017 um 11:39)

  • Für mich ist ein Char authentisch, wenn er mir als Schreiber den Mittelfinger zeigt und völlig andere Plot ideen hat. Das ist der Punkt, wo die kleinen Scheisser sich selbstständig machen und nicht mehr aus ihren Raster ausbrechen, ganz gleich was der Plot sagt. Wenn das passiert, und das passiert öfter, dann merke ich, dass ein Char "fertig" ist^^ Denn manchmal entwickelt man bestimmte Facetten ja auch erst beim Schreiben selbst.

    Das ist mir irgendwie noch nie passiert, dass "ein Charakter seinen eigenen Kopf entwickelt". :hmm: Ich bin mir auch nicht so sicher, ob ich das haben möchte... Wenn das bei einem passiert, ok, dann treibt das die Geschichte vielleicht sogar weiter voran, aber wenn alle Charaktere sagen: "Ach ne, es ist doof, jetzt diese Mission zu erfüllen, lass uns lieber in die Kneipe gehen," dann kommt man zu keinem Ende.
    Oder verstehe ich das gerade zu global? Also geht es nicht darum, ob der Held seine Aufgabe erfüllen will oder nicht, sondern eher um die Details, darum, wie er es erfüllt.

    Wenn du dich selbst in einer Geschichte klonst, dann hat dein Char oft sehr viel Tiefe.

    Das würde ich hoffen, sonst wäre man ja selbt auch ein ziemlich platter Mensch ^^ Ich versuche auch immer noch, in die Haut eines jeden Chars zu schlüpfen, wenn ich über sie / ihn schreibe. Wie in einem Theaterstück oder Rollenspiel weiß ich in etwa den Rahmen, in dem der Char agieren darf. Und dann frage ich mich wieder. Was würde ich in dieser Situation (und Rolle) tun?

    Zugegeben, manchmal (oft?) drehe ich die Frage auch um: Was würde ich auf keinen Fall tun? Und der Char muss das dann tun. Das ist jetzt natürlich kein Rezept, sondern nur ein Bericht.

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • Das ist mir irgendwie noch nie passiert, dass "ein Charakter seinen eigenen Kopf entwickelt".

    Mir auch nicht, bei Raels Charakteren kann ich mir das allerdings sehr gut vorstellen.
    Aber Raels Geschichte ist auch eine, in die dieses Phänomen sehr gut reinpasst. Allein schon, weil die Chars mit ihren ganzen Intrigen IMMER ihre Ziele verfolgen, warum also nicht auch den Autor mobben?
    Letztendlich spricht es dafür, dass der Autor sich zu 100% in die Chars reinversetzen kann, auch wenn diese nicht seinem Wesen entsprechen.
    Dafür hat Rael auch meinen vollsten Respekt :thumbsup:
    BTW an dieser Stelle: Wie lange schreibst du eigentlich schon @Rael ?

    "Ach ne, es ist doof, jetzt diese Mission zu erfüllen, lass uns lieber in die Kneipe gehen," dann kommt man zu keinem Ende.

    :rofl: Auch das könnte ich mir bei ihren Chars vorstellen XD
    Aber ich glaube es geht mehr darum, dass du jetzt ein Problem hast, dass du auf beispielsweise 3 Wegen lösen kannst und der Char sich dann von alleine für einen davon entscheidet - auch wenn es nicht der ist, den du eigentlich vorgesehen hast. Wenn das ist seinen Kummer wegzusaufen ... warum nicht XD Aber verstehst du was ich meine?
    Die Mission muss gelöst werden, aber in diesem Rahmen hat der Char ja trotzdem unzählige Möglichkeiten :D
    Und ich glaube, dass sich die Geschichte so auch von alleine antreiben kann.

    Letztendlich hat Rael damit ausgedrückt, was auch ich mit "der Autor lebt im Charakter" meinte :)
    Wenn man merkt, dass sich der Autor mit seinem Char identifizieren kann :thumbup:

    Aber hier gehts um glaubhaft nachvollziehbare Charaktere und nicht um die Entwicklungsschritte und Lerneffekte beim Schreiben

    Da hast du recht. Tut mir leid, wenn mein Kommentar blöd rüber kam. ich wollte niemanden angreifen.
    Was ich eigentlich damit sagen wollte ist, dass diese Diskussion doch dazu da ist zu lernen, wie man es "richtig" macht :)
    Aber natürlich geht es ihm Kern um glaubhafte Chars ... Sorry nochmal :sack:

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • Was ich eigentlich damit sagen wollte ist, dass diese Diskussion doch dazu da ist zu lernen, wie man es "richtig" macht

    Ich denke, "richtig" ist es dann, wenn es sich für den Schreiber "richtig" anfühlt.
    Es gibt, da bin ich mir ziemlich sicher, kein allgemeingültiges Patentrezept um einen wirklich glaubhaften Char zu kreieren. Denn jeder empfindet hier etwas anderes als glaubhaft, und die potenziellen Leser erst recht :) . Was dem einen süßer Nektar, das ist dem anderen pure Galle, so ist es nun mal. Wenn @Kuscheln (bei der ich mich hiermit in aller Form entschuldigen möchte, wenn meine Bemerkungen arrogant rübergekommen sind, denn dies lag wirklich nicht in meiner Absicht :sack: ) mit Ihrer Methode besser schreibt, dann wäre es natürlich Blödsinn, es Ihr ausreden zu wollen, nur weil man eben ein anderes Rezept entwickelt hat. Stures Bestehen darauf, dass die eigene Methode sowieso die beste sei, wäre der Gipfel an bescheuerter Arroganz. Dieser Thread ist mMn dazu gedacht, Erfahrungen auszutauschen und nicht, jemanden zum "einzig selig machenden Heil" zu bekehren.
    Ich sah halt nur die Gefahr, dass ihre Chars nach Ihrer Methode recht einseitig würden und empfahl deshalb, ihnen ganz bewusst Eigenschaften zu verleihen, die man an sich selbst weit von sich weisen würde, weil ich eben die Ansicht vertrete dass die Figur dann ganz von selbst Ecken und Kanten entwickeln würde und nicht zwangsläufig zum netten Johnboy mutierte.
    Aber dies ist nur ein Posting in einem Forum und nicht Al Quran. Stay cool :D .

    Adler erheben sich in die Lüfte
    aber Wiesel werden nicht in Flugzeugturbinen gesogen

  • Das ist mir irgendwie noch nie passiert, dass "ein Charakter seinen eigenen Kopf entwickelt". Ich bin mir auch nicht so sicher, ob ich das haben möchte... Wenn das bei einem passiert, ok, dann treibt das die Geschichte vielleicht sogar weiter voran, aber wenn alle Charaktere sagen: "Ach ne, es ist doof, jetzt diese Mission zu erfüllen, lass uns lieber in die Kneipe gehen," dann kommt man zu keinem Ende.
    Oder verstehe ich das gerade zu global? Also geht es nicht darum, ob der Held seine Aufgabe erfüllen will oder nicht, sondern eher um die Details, darum, wie er es erfüllt.

    Ich glaube ich muss das nochmal ausführen, was ich genau damit meinte. :D
    Es geht nicht darum, dass die Charaktere in die Kneipe gehen, statt das große Ziel zu verfolgen. Es geht eher darum, dass man einen Charakter im voraus noch so gut planen kann, er entwickelt sich auch beim Schreiben weiter. Man lernt ihn dann als Autor auch besser kennen in all seinen Facetten, das ist der Moment, wo er irgendwann "selbstständig" wird.

    Ich denke, es ist bekannt, dass ich eher ein Planungsmensch bin. Also stand mein Plot fest. Ich wusste genau, welcher Charakter wann und wie reagieren soll und wie er sich weiterentwickelt. Ein Beispiel ist Nolan. Bei dem hatte ich tatsächlich anfangs das Paring mit Rael geplant. (Der sollte sich sogar am Ende noch zum 'guten' wandeln). Aber je mehr Szenen ich mit ihm schrieb desto deutlicher wurde, dass das Bullshit war. Irgendwann versuchte ich ihn in die andere Richtung zu schreiben (das war der Punkt, wo eine Entwicklung für ihn geplant war) Aber es hat sich falsch angefühlt. Genaugenommen hat Nolan mir da den Mittelfinger gezeigt und ich hatte auch plötzlich x andere Ideen, was er eigentlich lieber machen würde. (Weil es halt auch ganz einfach zu den vorherigen Szenen gepasst hat)
    Also was tun? An dem Plot festhalten, den man sich vorher so schön zurecht gelegt hat und dafür den Char anpassen? Nein. Ich denke, dass sowas eher unrealistich wirken würde. Die Leser sind nicht dumm. Ich hab stattdessen den Plot angepasst. Eine Entscheidung, die ich bis heute nicht bereue.

    Wenn ich ein Buch lese und eine Stelle kommt, bei der die Prota und ihr "Pairing Partner" sich näher kommen, sitze ich auch da und denke "Jesus, omfg küsst euch endlich!" Das gebe ich offen und ehrlich zu XD. Aber als Autor in einer solchen Szene, ist das anders. Denn dann denke ich an folgende Dinge: Würde sie das wirklich tun? Wie gut kennt die den? Welche Erfahrungen hat sie bisher gemacht, die sie beeinflussen? Was sind ihre Werte bla bla bla... (Das ist übrigens auch der Moment, wo man als Autor immer leicht schizo wird^^)

    Als Autor zielt man also nicht auf den Plot, um den mit Zwang zu einem Ergebnis x zu bringen, sondern auf den Charakter, der nachvollziehbar handeln soll, und somit den Plot vorwärts bringt. Nicht umsonst sagt man, dass Charaktere den Plot tragen.

    Was ich also damit meine ist eigentlich, dass man nicht mit Zwang die Charaktere in eine Richtung zwingen sollte, und eben, dass sie sich beim Schreiben selbst halt noch weiter entfalten.

    Zusammengefasst: Der Char macht sich eigentlich nicht selbstständig, man hat als Autor nur endlich ein volles Bild des chars.
    Ich hoffe, das macht klarer, was ich meinte.

    Dafür hat Rael auch meinen vollsten Respekt

    Och du bist ja süß :love:

    BTW an dieser Stelle: Wie lange schreibst du eigentlich schon @Rael ?

    Ich habe früher nur DSA Abenteuer geschrieben, mini Fanfictions oder mal so Zeugs^^ Nichts wirkliches.
    Wirklich angefangen habe ich mit meinem aktuellen Werk, und das begann vor circa 2 Jahren. Wieso fragst du?

    Da hast du recht. Tut mir leid, wenn mein Kommentar blöd rüber kam. ich wollte niemanden angreifen.
    Was ich eigentlich damit sagen wollte ist, dass diese Diskussion doch dazu da ist zu lernen, wie man es "richtig" macht
    Aber natürlich geht es ihm Kern um glaubhafte Chars ... Sorry nochmal

    Brauchst dich nicht entschuldigen. Die Anmerkung, dass man bei der Charaktererstellung übt und sich weiterentwickelt ist genauso valide, wie die Anmerkung, das sowas in Mary Sues ausarten kann^^ Und Ja, ich weiß, dass auch Mary Sues ein Publikum haben^^
    Das hier ist ne Diskussion, da gibts kein richtig und falsch :) Nur Meinungsaustausch^^

    :!: Fantasy, weil sich die unglaublichste aller Welten in unserem Kopf befindet... :!:

  • Nachdem ich wieder ein Buch weggelegt habe, weil die Charaktere alle einfach unerträglich waren, schreibe ich einen Teil meines Frust einfach hier rein. In der Hoffnung, dass schlechte Charaktere...naja.

    Wieso müssen einige Autoren felsenfest davon überzeugt sein, ein gutes Buch braucht unsympathische Charaktere. Das Gegenteil ist der Fall. Harry Potter hätte sich nie durchgesetzt, wenn der zickige Harry aus Band 5 im ersten Band gewesen wäre.
    Durchgesetzt hatte er sich, weil im ersten Band Harry ein zurückhaltender, idealistischerer und fleißiger Schüler gewesen war, der in eine fantastische Welt eintauchte.

    Ein Erfolgsrezept von bekannten Autoren lautet, dass Charaktere sympathisch sein sollten, ihre Stärken und Schwächen haben, und aktiv sind. Kein Leser möchte einen passiven Prota, dessen Frau ermordet wird und er sich denkt: "Nun. Dann ist das halt so. Ich möchte mir auch ja keinen Ärger machen."
    Nein. Ein Leser möchte einen aktiven Prota, der sich eine Waffe besorgt und auf Menschenjagd geht. Und dabei stets moralischen Werten folgt.

    Klingt vielleicht gegensätzlich, ist aber mühelos möglich.

    Und wieso glauben einige Autoren, dass ein Roman im Mittelalter nur zwielichtige Gestalten braucht. Protagonisten, die aktiv Ehebruch betreiben, Intrigen schmieden und stehlen, rauben und morden. Und jede gute Tat höchstens durch viel zureden machen.
    Und dessen zweifelhaften, moralischen Rechtfertigung ich dann in jeder Seite lesen darf?

    Es nervt einfach nur und macht die Charaktere nicht glaubwürdig, sondern im Gegenteil unglaubwürdig. Man hat von sich immer ein gutes Selbstbild. Und gewisse moralischen Grundsätze sind Fakten.

    Das Gegenteil zu schreiben, macht die Charaktere einfach nur schlecht. Und zerstört jegliche Freude am Buch, egal wie spannend der Plot ist, oder wie schmückend die Beschreibung.

  • @Schreibfeder Da möchte ich ja direkt wissen, welches Buch dich da so aufgeregt hat =O

    Mich nerven ja meist die 08/15 Figuren. Die, die immer gut sind und eh alles können aber dann ja auch soooo bescheiden sind.

    @Rael Es gibt doch nichts schöneres, als wenn die Figuren und ihr eigenleben einem ein strich durch die Rechnung machen? :rofl:
    Mein Mann und ich hatten man ein Pärchen, dass sich gestritten hatte und wieder versöhnen sollte. Aber das versöhnungsgespräch verlief so schlecht, dass sie sich danach getrennt haben. Und als Riku und ich mit der Szene fertig waren, haben wir uns angesehen und dachten nur so... WTF. Wie bitte konnte DAS denn gerade passieren? :rofl:

    Genesis: Sie ist Azathoth, das amorphe Chaos in der zentralen Leere
    Josh: Meine Prophetin!

  • Das war ein historischer Roman. "Die Vergolderin" müsste der Titel sein. Aber ich habe mich auch am Anfang der "Wanderapothekerin" geärgert, wobei es hier durchaus auch einige angenehme Charaktere gab. Später bekommt das Buch aber durchaus die Kurve und ist spannend geschrieben.

    Aber auch in der Fantasy gibt es solche Bücher. Beim Buch Frostflamme habe ich mich fast durchgehend geärgert. Nicht nur, weil die Protas durchgehend unsympathisch waren, sondern auch unglaubwürdig. Ich habe das Buch sehr zögernd gelesen, und teilweise ganze Seiten nur überflogen, wo ich mir fadenscheinige Entschuldigungen für einen kaltblütigen Mord durchlesen musste, und das bei einem Char, der vorher schon fast ohnmächtig wurde, als der eine Leiche sah.

    Also zusammengefasst: Ich habe schon eine ganze Reihe von Büchern in den Fingern gehabt, dessen Charaktere der Grund waren, weshalb ich die Bücher nicht komplett durchgelesen habe und mir von dessen Autoren auch nie wieder ein Buch kaufen werde.

    Auch das habe ich auf Webseiten bekannterer Autoren gelesen. Wenn man es bei seinem ersten Werk versemmelt, gibt es keine zweite Chance. Die Leser sind erbarmungslos und die Verlage erst recht.

  • Zitat von Necroses

    Könntet ihr mir bitte alles auflisten, was zu einer ausführlichen (!) Ausarbeitung eines Charakters dazugehört?

    Diese Anfrage hat @Necroses in einem anderen Faden gestellt, ich hab daraufhin losgetippselt, und @Rael hat diesen Faden dann aber (berechtigterweise) geschlossen und hierher verwiesen... deshalb bin ich mal so kühn, meine Antwort hierhinein zu posten... Damit alles hübsch beisammen ist. Oki? Doki!


    :D

    Der Unterschied zwischen dem, was Du bist und dem, was Du sein möchtest, liegt in dem, was Du tust.
    -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
    Was würdest Du tun, wenn Du keine Angst hättest?

  • @Cory Thain
    Ich finde den Vergleich mit der Polizeiakte gar nicht so schlecht. Da wird zumindest das markanteste festgehalten und auch alles, was die Polizisten so für ihre Arbeit brauchen (Vorstrafen XD ).
    Das kann man auch auf die Story übertragen, wäre nämlich dann alles, was man für die Geschichte an Wissen braucht,um den Charakter lebendig und tiefgründig wirken zu lassen.

    Allerdings müsste man das noch um einen Zukunftsausblick ergänzen, weil sich das ja erstmal nur auf die Ist Situation, bzw. die Vergangenheit des Chars bezieht (Was wichtig ist), aber man sollte auch ein gutes Verständnis davon haben, wo der Char in der Story hin soll. (Entwicklung). Und/oder um mal bei dem Polizeibeispiel zu bleiben - Welche anderen Insassen kennt er? :D Um das ganze etwas zu verknüpfen.

    Aber ja, ich finde, dass ist ein guter Startpunkt und sehr plastisch erklärt.

    :!: Fantasy, weil sich die unglaublichste aller Welten in unserem Kopf befindet... :!:

  • Danke @Rael und auch du, @Cory Thain !

    Ihr habt mir tatsächlich sehr geholfen! :)

    Polizeiakte? Klingt irgendwie lustig! ^^
    Ich wollte mich einfach mal zwingen, mich intensiver mit meinen Charakteren auseinanderzusetzen. Sie wirkten irgendwie lieblos kreiert, daran wollte ich was ändern.
    Danke nochmal, ich werde das alles noch einmal durcharbeiten und überschlafen.

  • Ferons Top 10 Tipps für spannende Charaktere

    Ich hab aus Spaß mal eine Liste erstellt mit 10 Punkten auf die ich persönlich bei meinen Charakteren achte, die Helden ebenso wie die Schurken. Ich bin kein Profi aber vielleicht hilft es ja irgendwem seinem Manuskript den letzten Schliff zu geben. Wenn ihr auch was habt oder etwas anders seht dann postet es einfach drunter. ;)


    1. Physische Merkmale
    Beachtet äußere Merkmale auf welche die Figur Einfluss hat. Zum Beispiel Haarschnitt und Kleidung. Ein hinreißendes weißes Oberteil das gekauft wurde weil es diesen Sommer im Trend liegt weckt beim Leser ein völlig anderes Bild als eine liebevoll gepflegte Lederrüstung. Die Person die ihr beschreibt lebt ja schon eine Weile in eurer Welt und hat bereits viele Entscheidungen getroffen oder sie von anderen für sich treffen lassen. Und das Ergebnis davon sollte man erkennen.

    2. Eigene innere Stimme
    Menschen interpretieren die Welt um sie herum auf unterschiedliche Art und Weisen und immer durch den Filter ihrer eigenen Persönlichkeit. Ein geselliger Charakter wird die Zeit in der einsamen Waldhütte nie genauso sehen wie ein introvertierter Charakter und das sollte sich auch in ihren Beschreibungen wiederspiegeln. War es als hätte man hilflos mit ansehen müssen wie einem jede Minute verschwendete Zeit wie Sand durch die Fingern rinnt? Oder als würde man nach langer Zeit endlich den Kopf aus dem Wasser bekommen und tief Luft holen?

    3. Aktiv statt passiv
    Schreibt Charaktere die Einfluss auf den Plot nehmen und ihre eigenen Entscheidungen treffen. Das Abenteuer ist für gewöhnlich sehr gefährlich und es sollte gute Gründe geben sich darauf ein zu lassen. Ein Held der tut was die Prophezeiung vorschreibt ist passiv, ein Held der die Prophezeiung erfüllen will, damit sein Volk den Glauben an Fantasy-Gott XY nicht verliert ist aktiv. Er hat ein erwünschtes Ende das die Geschichte für ihn haben soll und arbeitet darauf zu.

    4. Taten statt Lippenbekenntnisse
    Drückt die Persönlichkeit eurer Figuren wann immer machbar durch deren Taten aus und vermeidet Neben-Charaktere die dem Leser vorschreiben was sie vom Protagonisten halten sollen. Es ist nicht nötig zu erwähnen dass jemand ordentlich ist wenn die Bücher in seinem Büro alphabetisch geordnet sind und die Bleichstifte nach Härte sortiert nebeneinander liegen. Eine Ausnahme davon wäre eine Person die einer anderen plötzlich den Mund zu hält weil er überzeugt ist das böses Imperium XY überall Spione hat und mithört, weil es in dem Fall kein Lippenbekenntnis ist sondern eine Reaktion auf vorangegangene Missetaten der Schurken.

    5. Tugenden gegen Schwächen
    Schreibt Tugenden und Stärken die in Verbindung miteinander stehen. Eine Kriegerin die eine Heldin sein will um das Erbe ihres berühmten Vaters an zu treten verhält sich zunächst heroisch, kann aber leicht abdriften und glauben ihr Ruf als Heldin und ihre Berühmtheit wären notwendig für ihr Ziel. Wenn nun jemand behauptet das er den Drachen getötet hätte und nicht sie, entsteht ein Konflikt. Kann sie erkennen dass es nicht darum geht wer den Ruhm bekommt solange das Dorf sicher ist? Oder macht sie ihren verlogenen Rivalen nieder um ihren rechtmäßigen Platz in den Geschichtsbüchern zu verteidigen?

    6. Maske nach außen
    Schreibt Charaktere mit Schichten. Die meisten Leute wollen gemocht werden und wollen das andere positiv von ihnen denken und handeln dementsprechend, auch wenn das manchmal ihrem wahren Wesen widerspricht. Ein Protagonist dem es schlecht geht kann zum Beispiel darauf verzichten zu jammern und ein tapferes Gesicht machen um einer Person Mut zu machen der es noch schlechter geht nur um dann in Tränen ausbrechen sobald er alleine ist. Jemand der ein harter Kerl sein will quält sich vielleicht mit einer Rüstung obwohl sie ihm eigentlich zu schwer ist oder sucht sich im Laden schwarze Kleidung aus um zu zeigen was für ein Rebell er doch ist.

    7. Hintergrund und Kultur
    Schreibt Geschichten über Leute die von ihrer eigenen Kultur geprägt sind. Geprägt muss nicht heißen das die Figur dem Druck ihrer Gesellschaft in allen Aspekten nachgibt und auch nicht das er oder sie alle Traditionen und Sitten ablehnen. Im Idealfall sollte es eine Mischung aus beidem sein. Eine Amazone die ihre Insel verlässt, weil sie ihren Sohn nicht weggeben will, wird trotzdem noch Wert auf ihr Kampftraining legen. Und die Prinzessin die zum Wohle ihres Volkes jemanden heiratet den nicht liebt muss das nicht zwingend toll finden nur weil sie es mitmacht.

    8. Kompetenz
    Chartere sollten fähig sein. Logischerweise nicht in allen Bereichen, aber es sollte immer einen Grund geben warum diese Figur die Welt retten kann und niemand sonst. Demonstriert in den ersten Kapiteln was der Protagonist gut kann. Erkennt er an den Spuren am Boden welche Tiere in dem Wald leben? Ist er emphatischer als andere und eher in der Lage Frieden zu stiften? Ist er ein Stratege der, mit einem unterlegenen Armen, immer noch einen Sieg erkämpfen kann? Die Antwort sollte aber möglichst niemals „weil er der Auserwählte ist“ lauten…

    9. Gegenwind
    Schreibt Charaktere die sich ihr glückliches Ende erkämpfen müssen. Die meisten Leute werden nicht für jemanden jubeln der sofort und mühelos alles erreicht was er sich vornimmt. Baut Rückschläge ein, Zweifel, Sabotage oder einfach nur Pech und andere Mächte die sich der Kontrolle des Protagonisten entziehen. Ein Sportler steht kurz vor dem Finale? Lasst ihn falsch auftreten und seinen Knöchel verstauchen, sodass er durch einen falschen Schritt alles verlieren könnte wofür er Jahrelang trainiert hat. Er war seinem Rivalen vorher vielleicht ebenbürtig und muss nun mit Handikap antreten. Wie befriedigend würde es sein wenn er trotz allem siegt?

    10. Liebe
    Gebt euren Protagonisten etwas das sie von ganzen Herzen lieben. Es muss nicht zwingend eine Person oder eine romantische Form von Liebe sein. Die Liebe eines Vaters zu seinen Kindern drückt etwas völlig anderes aus als die brennende Leidenschaft eines Musikers für klassische Musik. Liebe ist nicht nur ultimativ menschlich, sondern auch ultimativ gutartig, selbst in Charakteren sie sonst eher zu dunklen Gefühlen neigen. Dieses Detail macht fiktive Leute glaubhaft und sympathisch, weil sich fast jeder Leser damit identifizieren kann. Es erhöht auch die Messlatte für Drama weil es jetzt neben Leib und Leben noch etwas anderes Wertvolles zu verlieren gibt.

  • Sehr gut formulierte Tipps mit Beispielen! Vor allem das mit den 'Masken zeigen' ist sehr wichtig. Wir mögen vielleicht immer von uns denken, das wir innen wie außen zeigen, wer wir sind, aber das ist selten bis gar nicht der Fall. Abhängig der Menschen, mit denen man sich auseinandersetzt, zeigt man ganz andere Gesichter. Charaktere zu haben, die so handeln, ist ein wichtiger Punkt, der von Anfängern oft vernachlässigt wird :hmm:

  • Hallo @Feron

    bzgl. Pkt. 1 gehe ich leider nicht d'accord mit dir.
    Ich denke gerade die äußerlichen Merkmale, auf die der Prota direkten Einfluss nimmt (Kleidung, etc.), sind etwas, das sich aus der Charakterisierung heraus ergibt, nicht umgekehrt. Ich persönlich würde daher eher um ein entscheidendes Wörtchen ergänzen:
    Äußere Merkmale, auf die die Figur KEINEN Einfluss hat, sind zu beachten. Denn diese tragen (zumeist) entscheidend zur Persönlichkeitsbildung bei. Ein Charakter, der bspw. eine riesige Narbe im Gesicht trägt oder (mal weg von der Physis) einen Sprachfehler hat, wird durch eben jene Handicaps geprägt.

    Zu Pkt. 4:
    "[...]vermeidet Neben-Charaktere die dem Leser vorschreiben was sie vom Protagonisten halten sollen."

    Hier bin ich wieder nicht ganz einverstanden ^^
    Ich halte es für sehr wichtig, dass mir eine Geschichte nicht vorschreibt, was Weiß und was Schwarz ist bzw. was ich dafür halten soll. Andere Sichtweisen, die ich ja nur durch andere Charaktere erhalten kann, gerne auch völlig konträr, verlangen von mir, dass ich selbst nachdenken muss und mir anschließend eine eigene Meinung dazu bilde.
    Selbst aus der erwähnten offensichtlichen Ordentlichkeit könnte ein anderer Charaktere etwas völlig anderes ableiten als man selbst. Möglicherweise denkt sich derjenige, dass diese zwanghafte Ordnungssucht darauf schließen lässt, dass der Prota von einer Art Geist besessen ist, der ihn mittels jener Penibilität piesacken möchte. Denn erst "wenn alle Bleistifte nach Härte sortiert nebeneinander liegen", kommt der Prota zu innerer Ruhe.

    Ansonsten finden sich jedoch viele gute Denkanstöße in deiner Auflistung! :)
    Eindimensionale Charaktere sind ja leider schon ein sehr weit verbreitetes Problem, gerade bei den jungen und/oder weniger erfahrenen Schreibern. Darum ist der Beitrag sicherlich hilfreich.

    LG
    Rika

  • Ich schliesse mich mal den Vorrednern an, da ist viel brauchbares in Deiner Liste! :thumbsup:

    Ein paar Anmerkungen im Detail vielleicht:

    Drückt die Persönlichkeit eurer Figuren wann immer machbar durch deren Taten aus und vermeidet Neben-Charaktere die dem Leser vorschreiben was sie vom Protagonisten halten sollen.

    Eigentlich finde ich den Erzaehler aergerlich der mir moralische Wertungen vorschreibt - wenn Nebencharaktere das tun kann das reizvoll sein, weil das eben nur ihre Meinung ist. Ich mag eigentlich Geschichten in denen eine Person was ueber einen Typen erzaehlt, der Leser macht sich sein Bild - und dann erzaehlt eine andere Person was ganz anderes ueber den Typen, die gleichen Ereignisse aber ein anderen Spin - und dem Leser wird sein Bild unter den Fuessen weggezogen und er lernt was ueber die Beziehungen der drei.


    Chartere sollten fähig sein. Logischerweise nicht in allen Bereichen, aber es sollte immer einen Grund geben warum diese Figur die Welt retten kann und niemand sonst.


    Ja, es sei denn es geht gar nicht um die Rettung der Welt (finde ich persoenlich weniger spannend) sondern halt... um Personen. Ein Looser der durch eine Fantasy-Welt geht, ein unfreiwilliger Held der im falschen Moment am richtigen Ort ist und irgendwie durchkommen muss - die finde ich eigentlich reizvoller als den faehigen Helden.

    Wie befriedigend würde es sein wenn er trotz allem siegt?


    Und wie befriedigend erst wenn er ueberhaupt nicht gewinnt - schon die alten Griechen wussten die Tragoedie als Kunstform zu schaetzen, und ich lese sie auch sehr gerne - tragische Verstrickung, keine Entscheidung ist die richtige, es gibt nur falsche Wahl - daraus wird Dramatik gemacht :)

  • Thema: Motivation

    Ich bin gerade zu einer bahnbrechenden und gleichzeitig niederschmetternden Erkenntnis gelangt.

    Nämlich:

    Alle Charaktere sollten für das, was sie tun, eine vernünftige Motivation haben.

    Das ist eigentlich eine so banale und logische Erkenntnis, dass es überflüssig sein sollte, das nochmal extra zu erwähnen und natürlich war ich der Meinung, ich weiß das schon längst. Aber ich habe gerade beim Korrekturlesen meines Manuskriptes gemerkt, dass ich einen Charakter unbedingt von A nach B transportieren musste, und weil er eigentlich gar keinen vernünftigen Grund hatte, da hinzugehen, habe ich ihm einfach einen reingewürgt. Zumal es sich schließlich um einen Nebencharakter handelte und ich muss wohl beim Schreiben gedacht haben , ist nicht so wichtig wie er da hinkommt. Jetzt beim Nochmal-lesen merke ich, dass der Typ also quasi zum Stiefel kaufen nach Ort B geht, unterwegs völlig vergisst, dass er ja Stiefel kaufen wollte, da er in die von mir gewünschte Haupthandlung verwickelt wird - und die Stiefel dann nie wieder erwähnt werden. :dash:

    Wieso habe ich das beim Schreiben gar nicht realisiert?

    Merke: Man kann so viele Schreibratgeber lesen wie man will, das nützt nichts, wenn man sein eigenes Schreiben nicht schafft zu analysieren.

    Ich habe zuerst gedacht, es sei eine Kleinigkeit, die Motivation für den Charakter zu ändern, sodass er einen vernünftigen Grund bekommt, nach B reisen zu müssen. Es stellte sich dann aber heraus, dass es so einfach nicht war, denn erstens musste ich über den Charakter nochmal genauer nachdenken, außerdem sollte er ja zwei weitere wichtige Charaktere mit sich schleppen und wenn ich ein Detail ändere, passt plötzlich alles andere nicht mehr und jetzt bin ich daran, die gesamte aus 7 Kapiteln bestehende Handlung umzuschreiben, weil die geänderte Motivation eine Reihe von Konsequenzen auch für die folgende Handlung hat, die nun doch sehr anders verläuft.

    Interessanterweise fängt die ganze Handlung erst jetzt an, richtig spannend zu werden.

    Was so eine "Kleinigkeit" doch für ungeahnte und weitreichende Folgen haben kann.

    Aus diesem Grund bekommen alle meine Charaktere vor dem Beginn des Schreibprozesses eine Vergangenheit. Und damit meine ich alle. Ob nun Hauptcharakter oder Nebencharakter.

    Sehr gute Idee.

    Damit bist du mir einen Schritt voraus. Ich habe die Tendenz, mich von meinen Hauptcharaktern aufsaugen zu lassen und die Nebencharaktere doch eher stiefmütterlich zu behandeln. Inzwischen habe ich aber gemerkt, dass es die Handlung unglaublich hebt, wenn auch kleine Nebencharaktere nicht wie Strichmännchen wirken, sondern besser ausgearbeitet sind.

    Oft ist es allerdings so, dass sobald ich anfange, mich mit einer Figur näher zu befassen, ich gleich anfange sie interessant zu finden und sie dann irgendwie in die Haupthandlung einbinden will, weil es so schade wäre, sie danach einfach wieder zu verlassen...

    Meine Geschichten: * Meermädchen * Kriegerkönigin * Dark Prince * No Way Out

    Einmal editiert, zuletzt von Kirisha (30. Dezember 2019 um 13:08)

  • Hi,

    ich bin mir nicht sicher ob dies der richtige Ort für meinen Post. Auf der einen Seite geht es ums Thema dieses Threads, auf der anderen Seite ist es vielleicht eher ein Auskotzen meinerseits. Da sind Charaktere die so damit Beschäftigt sind aller Welt zu beweisen das sie ganz ohne Hilfe "draufgehen" können, dass Hilfe die angeboten wird und die sie brauchen abgelehnt wird. Das hat für mich weder etwas mit stärke zu tun, noch mit Selbstständigkeit. Oder das die Guten immer die moralisch richtige Entscheidung treffen müssen (Person A ist über Jahre unvorstellbar Grausam zu Person B, trotzdem setzt sich Person B dafür ein das Person A unbeschadet davonkommt - nein ich meine nicht das Stockholmsyndrom). Dann gibt es noch die Charaktere die etwas herstellen und sie weigern es zu verkaufen obwohl sie kein anderes Einkommen haben und es sich nicht um ein Stück handelt mit dem viele persönliche Erinnerungen verbunden sind. Es gibt noch viele andere Beispiele die ich anführen könnte, aber ich denke es wird klar was ich meine. Ein glaubwürdiger Charakter ist nicht streng nach Schnittmuster gemacht. Ein armer Künstler kann eines oder mehrere seiner Werke verkaufen, wenn er die Möglichkeit bekommt, Hilfe anzunehmen ist kein Zeichen von Schwäche (auch ohne Zwang).

    lg Werluchs

  • Hallo, Werluchs

    gerade das macht ja einen Charakter aus: Dass er eben auch mal (für Fremde) unlogische Entscheidungen trifft. Nicht jeder ist in der Lage, "Hilfe anzunehmen". Nicht jeder Gutmensch wird zum rachsüchtigen Tier, wenn es um den Fiesling von Nebenan geht. Nicht jeder Künstler hat die Kraft, sich von seinen "Babys" zu trennen...

    Natürlich gibt es solche Leute. Aber eben auch solche! Und ich finde es durchaus spannend, über jemanden zu lesen, der versucht, sich allein durchzubeißen, obwohl er ziemlich klar erkennt, dass er das nicht können wird. Oder über die inneren "Streitgespräche" von jenen, die ihre Gegenangriffe doch unterdrücken... und über die, die lieber ihr letztes Hemd verkaufen als ihr letztes Bild...

    Du schreibst bei all Deinen Beispielen sehr richtig: "kann". Aber Können bedeutet nicht gleich tun oder gar müssen. Nur weil Dir dies oder das logisch und folgerichtig erscheint, muss es das für den Prota einer Geschichte nicht auch sein. Das macht doch die Geschichten anderer so spannend! Wenn die Leute darin eben unverhofft anders entscheiden, als man das als Leser vermutet... Was ich entscheiden würde, ist immer (meist, oft, manchmal) klar, das braucht mir keiner zu erzählen... ich möchte Geschichten und Charaktere, die mich faszinieren, verblüffen, mitnehmen in eine andere (Gedanken-)Welt...

    Der Unterschied zwischen dem, was Du bist und dem, was Du sein möchtest, liegt in dem, was Du tust.
    -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
    Was würdest Du tun, wenn Du keine Angst hättest?