Der Tod eines Charakters

Es gibt 69 Antworten in diesem Thema, welches 20.085 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (1. November 2023 um 23:50) ist von Etiam.

  • Ich kenn' die Regel: »Kill your darlings«. Aber muss man deswegen unbedingt ein auf Game of Thrones machen? Wenn man eine Tragödie schreibt, schön und gut! Aber muss das fast immer sein? Solange dies nämlich nichts mit der Geschichte zu tun hat finde ich es sinnlos. Jedoch, wenn die Szene davon handelt, dass eine Nebenfigur kämpft um den Protagonisten zu retten, dann ist das vollkommen ok. Aber ansonsten ...

  • Zitat von inkheaven

    Aber muss das fast immer sein?

    Wie ich finde eigentlich ja schon. Bei einem Roman wo keinerlei Hauptcharaktere oder Protagonisten sterben, kann einfach bei mir persönlich keine Spannung aufgebaut werden. Wenn ich sehe, dass der Autor gerade seinen wichtigsten Charakter oder so gerade abkratzen lies, würde ich ihm eigentlich fast alles zutrauen, worauf er hindeutet. Wenn ein Autor hingegen „nur“ Nebencharaktere oder überhaupt keinen sterben lässt und die Hauptcharaktere immer um haaresbreite entkommen und er dann irgendwie Spannung aufbauen sowie den Leser das Gefühl geben will, dass der Protagonist Aktion xy anscheinend nicht schafft und er dem Untergang geweiht ist, kann ich ihn dann einfach nicht ernst nehmen sorry.
    but just my opinion so..

    Einmal editiert, zuletzt von Robb (1. August 2018 um 11:10)

  • Um ganz kurz auf den letzten Post einzugehen.
    Gegen glaubwürdige Charaktertode, ob Haupt oder Nebencharakter, spricht erstmal nichts. Gut gemacht, lassen sie eine Geschichte viel lebendiger und realer wirken. Allerdings halte ich es aber auch für ein überbewertetes Stilmittel, Charaktere scheinbar überraschend am laufenden Band umzubringen. Es sei denn die Charaktere sind wirklich so blauäugig, wie ein Rob Stark, und manövrieren sich naiv in eine Situation. Die einfach nur tödlich enden muss.

    Habe in meiner Herzblutgeschichte auch schon viele Charaktere sterben lassen. Darunter auch einige Hauptcharaktere.
    Bei manchem Charakter fiel es mir leicht. Bei einem Hauptcharakter musste ich weinen.

    Nun stehe ich kurz vor dem Ende, und der finalen Konfrontation, meiner beiden Protagonistinnen.
    Und was habe ich die Beiden gequält, im Laufe der Geschichte. Habe ihnen Leid zugemutet und sie schwere Prüfungen bestehen lassen.
    Die Beiden sind im Laufe der Handlung zu einem Liebespaar geworden. Dann auseinandergebracht worden, durch Intrigen und Verrat.
    Jetzt stehen sie sich gegenüber, als Feinde.

    Eine der Beiden, ist nur noch ein Schatten ihres einstigen Selbst. Von Magie vollkommen korrumpiert, und zu einer eiskalten Soziopathin geworden. Info: In meiner Fantasy Welt, Seram, ist Magie sehr gefährlich. Vor allem für die Anwender. Sie ist direkt an Emotionen gekoppelt, und ohne entsprechende Ausbildung, verändert sie die Persönlichkeit und bestimmt irgendwann das gesamte Denken, der Anwender.
    Die Magie übernimmt quasi die Kontrolle, über das eigene Denken.
    Und leider hat besagte Protagonistin ihre Begabung lange geheim gehalten, und ihre Ausbildung zu spät und von der falschen Person erhalten.

    Anfangs war ihre Ex, Protagonistin B, noch ambitioniert und hatte Hoffnung ihre Liebste retten zu können.
    Nun musste sie aber erkennen, dass dies nicht möglich ist. Es gibt keine Heilung, gegen magische Korrumpierung, des Geistes.
    Diese Regel habe ich von Anfang an festgelegt, und ich möchte sie nicht brechen. Weil sich bei solchen Dingen zu wenige Geschichten treu bleiben, und dann mit Ausnahmen ankommen, um ihre eigenen Regeln zu umgehen.

    Es läuft also auf den Tod von Protagonistin A, durch die Hand von Protagonistin B hinaus.
    Das Ende habe ich schon vor langer Zeit geplottet, und so vorgesehen. Weshalb ich es ungern ändern möchte.
    Auch weil es mir als richtig und stimmig erscheint, auch unter Berücksichtigung des Gesamtendes.

    Und trotzdem. Ich tue mich gerade sehr schwer damit, Protagonistin A zu töten.
    Die Beiden haben zusammen viel durchgemacht. Haben gelacht, geweint. Hatten schöne Momente. Und erlitten große Verluste.
    Irgendwie hätten sie ein Happy Ending verdient, und ich wünsche mir eines für sie.
    Aber so wird es nicht kommen. Weshalb ich gerade wirklich sehr emotional bin, und nur Wort für Wort, ganz langsam, dazu komme weiterschreiben zu können.

    Wenn du dir Sorgen darüber machst, was andere von dir denken.
    Dann lebst du dein Leben falsch.

  • In meiner Fantasy Welt, Seram, ist Magie sehr gefährlich. Vor allem für die Anwender. Sie ist direkt an Emotionen gekoppelt, und ohne entsprechende Ausbildung, verändert sie die Persönlichkeit und bestimmt irgendwann das gesamte Denken, der Anwender.
    Die Magie übernimmt quasi die Kontrolle, über das eigene Denken.

    Das gehört jetzt zwar eigentlich nicht zum Thema, aber ich finde, das klingt nach einer sehr spannend Magiekonzeption!

    Irgendwie hätten sie ein Happy Ending verdient, und ich wünsche mir eines für sie.

    Hier musste ich spontan an den Film "Savages" denken. Ich schreib das mal in einen Spoiler, falls jemand den Film angucken will, dann besser nicht lesen ^^

    Spoiler anzeigen


    Der Film erzählt die Geschichte von drei jungen Marihuana-Züchtern und -Händlern (2 männl., 1 weibl.), die in einen Konflikt mit mexikanischen Drogenkartellen geraten. Die Frau wird entführt.... es passiert ganz viel... schließlich kommt es zum Austausch von Geld gegen die Geisel und zum Showdown, der dann auch blutig mit dem Tod aller endet.
    Ein Stilmittel, das sich durch den ganzen Film zieht, ist, dass die Frau / Geisel immer wieder als Erzählerin auftritt (Stimme aus dem Off). Das wird dann hier auch eingesetzt, ganz nach dem Motto "This is how it could have happened" und dann gibt es einen kleinen Sprung zurück und der Showdown wird nochmal so erzählt, wie er "tatsächlich" passiert ist. Das verrät schon, dass sie nicht gestorben sein kann, sonst könnte sie es nicht mehr erzählen...
    Naja, mein Punkt ist: Ich weiß nicht, ob man das nochmal so umsetzen kann oder ob das funktioniert, aber es wäre eine Möglichkeit, einen Charakter sowohl sterben zu lassen als auch nicht sterben zu lassen. :hmm: Klingt bescheuert, aber beim ersten angucken von "Savages" dachte ich echt, dass das doch so einfach nicht zu ende sein kann. Das war ein sehr gelungener emotionaler Effekt. ^^ Also als "Leser" erlebt man ja erstmal den Tod der Charakters, nur um dann "erlöst" zu werden. Ich finde das zumindest in diesem einen Fall eine sehr coole Möglichkeit.

    Das könnte man auch umdrehen und erst das Ende erzählen, wie sich ein Charakter das wünscht oder vorstellt und dann die brutale Realität, wie die Hoffnung wie Sand durch die Finger rieselt und vom Wind davongetragen wird.

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • Ich traue prinzipiell keinem Tod, den ich nicht selbst mitverfolgt habe - inklusive Sterben und Leiche. Und selbst da kann man immer noch behumpst werden. Zum Beispiel , wenn ein Char irgendwo reinstürzt, von etwas begraben wird oder auf andere Art und Weise verschwindet.

    Bei manchen Autoren habe ich das Gefühl, sie hängen eine große Dartscheibe in die Schreibstube und immer, wenn wieder einer dran glauben muss, werfen sie einen Pfeil. "Naja, Mistsack, das ist kein Problem, der stirbt an der Pest." "Oh, verflixt, Eulalia Hedwig Sophie Gräfin von Eichenhain-Uhland, die hätte ich noch eine Weile gebraucht. Was solls, Plotholes (Schutzheiliger der Laienautoren) hat gesprochen." Und dann stirbt ein wichtiger Char an einer völlig sinnfreien Stelle einen völlig sinnfreien Tod.

    Ich persönlich mag es, so ziemlich alle Charaktere bis an den Abgrund zu führen und dann zuzusehen, wer als erster hinunterfällt.:evil:

  • Den Protagonisten zu töten kann meiner Meinung nach funktionieren, aber man muss es schon geschickt angehen. Sein Tod sollte nicht nur einem Schockmoment dienen, sondern auch einen Sinn oder eine Thematik bekräftigen ( Z.B. dass es keinen Auserwählten gibt oder dieser jemand anderes ist.)

    Ich würde es ausserdem begrüssen, wenn die Rolle des Protagonisten dann auf jemand übergeht, der nahtlos daran anknüpfen kann und als Charakterentwicklung dann zusehen muss, nicht in das gleiche Fahrwasser zu kommen.

    Ausserdem würde ich das entweder im ersten oder im letzten Viertel vor dem Finalbmachen. Dazwischen finde ich es irgendwie doof. Ist vielleicht auch meine Einstellung.

    Sensenbach Böse! Gleich zwei Spoiler :keeporder:

  • Hallo zusammen. Wie fändet oder findet ihr es, wenn der Protagonist stirbt und ein anderer Charakter seinen Platz einnimmt oder die Rolle des Protagonisten auf einen anderen übergeht? Wenn möglich bitte ich keine Titel zu nennen oder zu spoilern, falls ich mal eines der Bücher lesen will :D

    Das muss definitiv zum Erzählstil passen. Wenn das Buch beispielsweise aus fünf größeren Abschnitten besteht, die alle einen Protagonisten haben und die man nacheinander liest (100 Seiten den Ersten, 100 Seiten den Zweiten), dann kann davon auch mal einer sterben. Habe ich zwar eher in Urban Fantasy-Bereichen gesehen als in High Fantasy, aber ich bin grundsätzlich dafür offen.

    Bei mehreren Handlungssträngen, wo es weniger DEN EINEN Protagonisten gibt, geht das auch klar. Denn da geht es dann eher ums große Ganze als um eine Figur.

    Gibt es aber DEN EINEN Prota, wäre das echt unzufriedenstellend. Wenn es um Tod und Überleben geht, kommt Spannung für mich dann eher darüber, ob meine geliebten Nebenfiguren es schaffen, oder ob der Prota am Ende vielleicht sterben muss. Bei letzterem muss man dann mit der Erzählperspektive aufpassen. Ich-Erzähler in der Vergangenheitsform sterben zu lassen, ist schummeln. Denn dann könnten sie die Geschichte ja nicht mehr erzählen.

    Ja, es ist ein schwieriges Ding, das man sich gut überlegen sollte. Wenn eine Geschichte nicht umbedingt DEN EINEN Prota hat, dann geht da schon was. Ansonsten fühlen sich die meisten Leser wahrscheinlich eher betrogen.

    Häupter auf meine Asche!

  • Sensenbach Böse! Gleich zwei Spoiler :keeporder:

    Kein Problem. Ich bin Spoilerkönig!


    Aber ernsthaft: Wenn ich drei 400 Seiten Bücher mit einem Protagonisten mitgefiebert habe und dann überantwortet der Autor diesen den Flammen, dann mag es für manche Leser Avantgarde sein, für mich ist das der Grund diese drei Bücher den Flammen ... halt ... die nächsten 24 Bücher nicht mehr zu kaufen. Andere Autoren haben auch schöne Töchter!

  • Danke für die Antworten. GoT werde ich wahrscheinlich eh nie lesen oder schauen von daher nicht so schlimm :D Zwei weitere Szenarien

    1. Wie sähe es aus, wenn der Protagonist von zwei weiteren Charaktern entweder durchgehend oder fast durchgehend begleitet wird, dann der Protagonist stirbt und einer der zwei übrigen dessen Platz einnimmt?

    2. Wie sähe es aus, wenn der Protagonist zwar scheinbar stirbt, aber in einer Parallelwelt weiterhin Einfluss auf seine Welt hat und die Aktionen darin steuert bspw. durch einen anderen Charakter oder Magie man es allerdings erst ein paar Kapitel oder ein bis mehrere Bände später in einer Art Rückblerfährt?

  • 1. Wie sähe es aus, wenn der Protagonist von zwei weiteren Charaktern entweder durchgehend oder fast durchgehend begleitet wird, dann der Protagonist stirbt und einer der zwei übrigen dessen Platz einnimmt?

    Als Leser bin ich sehr in den Potagonisten investiert.

    Also Luke Skywalker stirbt im zweiten Teil und Han Solo übernimmt dann? Vergiß es …

    2. Wie sähe es aus, wenn der Protagonist zwar scheinbar stirbt, aber in einer Parallelwelt weiterhin Einfluss auf seine Welt hat und die Aktionen darin steuert bspw. durch einen anderen Charakter oder Magie man es allerdings erst ein paar Kapitel oder ein bis mehrere Bände später in einer Art Rückblerfährt?

    Das ist dann kein echter Tod, also schummeln. Wenn es gut gemacht ist, geht schummeln immer.

    Disclaimer: Ich bin ein konversativer Leser. Keine Ahnung, was die Kids mögen.

  • Heyho Tenger

    Wie fändet oder findet ihr es, wenn der Protagonist stirbt und ein anderer Charakter seinen Platz einnimmt oder die Rolle des Protagonisten auf einen anderen übergeht?

    Gegenfrage: Wozu sollte das gut sein?

    Die Bücher zu Games of Thrones habe ich nach dem Tod von Ned Stark abgebrochen (lange bevor es verfilmt wurde)

    Da habe ich nur die Serie gesehen und habe mich auch sehr gewundert, warum so ein starker Charakter mal eben mit dem Schwert direkt in der ersten Staffel rausflog.

    Macht für mich aber, weil's chronologisch abläuft, durchs´aus Sinn: Ich steige in eine Geschichte ein, die irgendwann anfängt. Und da ist dann für Ned Stark kein Platz mehr.

    Verliert er eben seinen Kopf.

    Muß ich nicht mögen. Paßt aber.

  • 2. Wie sähe es aus, wenn der Protagonist zwar scheinbar stirbt, aber in einer Parallelwelt weiterhin Einfluss auf seine Welt hat und die Aktionen darin steuert bspw. durch einen anderen Charakter oder Magie man es allerdings erst ein paar Kapitel oder ein bis mehrere Bände später in einer Art Rückblerfährt?

    Wenn es zum Setting passt, dann kann man das machen. Ich könnte jetzt ein Beispiel nennen, wo das super gut funktioniert, einfach weil das Jenseits im zweiten Band wie eine eigenständige Welt eine Rolle spielt und im ersten Band (!) schon die Grundlagen dafür gelegt sind, dass es dieses Jenseits gibt.

    Das ist dann kein echter Tod, also schummeln. Wenn es gut gemacht ist, geht schummeln immer.

    Da muss ich dann widersprechen. Wenn es eine sinnvolle Entwicklung der Story ist, dann ist das mMn ok und kein Schummeln. Schummeln wäre für mich, wenn man der Story anmerkt, dass der Autor nach dem Tod des Charakters gemerkt hat, dass das eine doofe Entscheidung war und er jetzt doch lieber wieder mit diesem Charakter weitererzählen würde und sich daher an den Strohhalm Jenseits / Leben nach dem Tod klammert.

    Abgesehen davon wäre ich auch sehr vorsichtig damit, einen Hauptcharakter einfach und unüberlegt sterben zu lassen, weil es unerwartet ist und schockiert oder so. Das geht vermutlich in die Hose.

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • Gegenfrage: Wozu sollte das gut sein?

    Funktioniert prinzipiell in einem Lovecraft-artigen Horror-Setting ganz gut - die Praemisse ist dass die Maechte mit denen man es zu tun hat halt so gefaehrlich sind dass ein Mensch kaum eine Chance hat da rauszukommen - und wenn der Protagonist stirbt und ein anderer uebernimmt, der dann auch stirbt und... dann ist das Thema eindringlich geschildert.

    Sonst eher nicht.

    Die Frage ist ja - wessen Geschichte wird erzaehlt? Wenn es die des auf der Haelfte Toten ist - wieso hat der Autor den ueberhaupt ausgewaehlt um zu erzaehlen? Ich geh' mit Sensenbach , ich halte das eher fuer einen Fehler im Konzept, sowas kann funktionieren wenn der Autor ein brillianter Erzaehler ist, normalerweise geht's nicht gut.

  • Ich finde schon die Idee, einen Charakter sterben zu lassen schwierig. Man riskiert halt, dass der Leser aus lauter Frust abbricht. Dennoch darf meiner Meinung nach UNTER GANZ BESTIMMTEN UMSTÄNDEN mal ein Charakter sterben.

    Aber der Protagonist? Haha - das wäre die komplette Verarschung und ich könnte das nie akzeptieren.

    Achtung schlimmer Spoiler

    Habe gerade "Der Schwarm" von Frank Schätzing gelesen. In dem Buch gibt es so viele Erzählperspektiven, dass es mir schon zu viel ist, aber gut, habe es trotzdem gelesen. Ab der Hälfte sterben die dann wie die Fliegen, man darf live und in Farbe an dem jeweiligen Sterben teilnehmen, und im vorletzten Kapitel scheinen dann auch die beiden Hauptprotagonisten zu sterben und übrig bleibt eine Neben-Nebenfigur, die dann erzählt, wie man es geschafft hat, die Welt trotz aller Widrigkeiten noch zu retten.

    Nachher erfährt man dann so nebenbei, dass die zwei Protas doch nicht gestorben sind und irgendwie überlebt haben.

    Ich bin angepisst. Nö! So geht das nicht!

    Meine Geschichten: * Meermädchen * Kriegerkönigin * Dark Prince * No Way Out

  • Wie fändet oder findet ihr es, wenn der Protagonist stirbt und ein anderer Charakter seinen Platz einnimmt oder die Rolle des Protagonisten auf einen anderen übergeht?

    Also meiner bescheidenen Meinung nach, kann das durchaus funktionieren. Warum denn auch nicht? Es muss diese Ausnahme von dem in der zeitgenössischen Belletristik etablierten Grundsatz geben, damit ich wirklich mitfiebern kann, auch wenn nur die ferne Möglichkeit bestehen könnte, dass der Prota tatsächlich und endgültig stirbt. Schließlich füge ich eine weitere Ebene zu dem Leseerlebnis hinzu, wenn ich mich unentwegt fragen muss, ob der Held überlebt und nicht nur wie. Das hat meines Erachtens ASoIaF so erfolgreich gemacht und vom ganzen Einheitsbrei abgehoben - ab einem gewissen Punkt konnte einfach alles geschehen und ich habe andauernd um die Chars gefürchtet. Da hat es halt auch gut funktioniert, weil es der Anfang der Geschichte war und die nächste Riege von Protas bereits eingeführt worden ist und in den Startlöchern stand.

    Und wenn es das Ende der Story wäre? Ich weiß, die Frage zielt jetzt nicht unbedingt darauf ab, aber im Prinzip geht es doch ums Protasterben: Würde ich jetzt unbefriedigter das Buch weglegen oder aus dem Kino gehen, wenn Geralt von Riva den Löffel abgegeben hätte oder John Wick ins Gras beißt? Wenn es sich sinnvoll ins Gesamtnarrativ einfügt, why the F not? :pardon:

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    Weitere Beispiele, wenn beliebt:

    Als Neo am Ende von Revolutions sich in und mit Smith aufgelöst hat, hat er mit seinem Opfer die Menschheit gerettet. Was kann es für einen geileren Abgang aus einem Epos geben? Und wenn jemand sagt, da gab es doch so 'ne Resurrection, dann mache ich den hier:puke::this: und zwar mitten ins Gesicht.

    Und Romeo und Julia sterben doch auch zum Schluss (Hamlet sogar auch, wenn mich nicht alles täuscht - hab das Ding leider nie zuende gelesen :hmm: ) und trotzdem wird Shakespeare als einer der größten Literaten aller Zeiten gefeiert. Kann also sein, dass es einfach unsere Konditionierung ist, die unsere Erwartungen und Vorstellungen prädisponiert. Umso interessanter, wenn mal etwas nicht so läuft wie sonst immer.

    Und ja Ned Stark tat weh ... und Robb Stark tat weh ... und Jon Snow tat weh ... ach ja, den hat Martin ja zurückgebracht. Da ist wohl jemand von seinem eigenen Prinzip abgewichen. Kein Wunder, dass er danach keinen Bock mehr hatte, weiterzuschreiben :rofl:

    "Die Sonne scheint anders und wird weiter scheinen, es hilft nichts mit Steinen nach ihr zu werfen."

  • J.J.Raidark

    ASoIaF Spoiler
    Und ja Ned Stark tat weh ... und Robb Stark tat weh ... und Jon Snow tat weh ... ach ja, den hat Martin ja zurückgebracht. Da ist wohl jemand von seinem eigenen Prinzip abgewichen. Kein Wunder, dass er danach keinen Bock mehr hatte, weiterzuschreiben :rofl:

    Bei dieser Reihe hatte mich nicht enttäuscht, dass die Charaktere gestorben sind, selbst wenn es traurig war. Mich hat enttäuscht, dass nach Jon Snow diese Endgültigkeit nicht mehr galt. Nach dem Tod von Ned Stark hat George R.R. Martin die Prinzipien etabliert, nach der diese Serie von nun an lebte, nur um diese Prinzipien dann wieder zu brechen.

    Ich denke, für mich ist es völlig in Ordnung, Charaktere (oder sogar Protas) zu killen, wenn diese Regel früh etabliert wird und für den Rest der Geschichte auch gilt. Also wenn einer stirbt, sollte jegliche Plotrüstung aufgehoben und alle Charaktere in Lebensgefahr sein.

  • Heyho J.J.Raidark & Jufington

    Und ja Ned Stark tat weh ... und Robb Stark tat weh ... und Jon Snow tat weh

    Ich denke, für mich ist es völlig in Ordnung, Charaktere (oder sogar Protas) zu killen, wenn diese Regel früh etabliert wird und für den Rest der Geschichte auch gilt.

    Das eine wie auch das andre finde ich akzeptabel - aber bei beidem gings ja um Filme/Serien.

    Macht für mich aber, weil's chronologisch abläuft, durchs´aus Sinn: Ich steige in eine Geschichte ein, die irgendwann anfängt. Und da ist dann für Ned Stark kein Platz mehr.

    Verliert er eben seinen Kopf.

    Da bin ich völlig (was Filme und Serien angeht) bei Euch.

    Ich find's aber im schriftstellerischen sehr schwer, erst mal über einen geraumen Zeitraum einen Prota aufzubauen und wachsen zu lassen. Das kostet Zeit, Nerven und viel Energie.

    Den dann auch noch zu killen, kann eigentlich nur Sinn machen, wenn ich daneben einen zweiten Prota habe, der im Schatten immer schon vorhanden war, aber bisher noch nicht in's Licht getreten ist.

    Als Neo am Ende von Revolutions sich in und mit Smith aufgelöst hat, hat er mit seinem Opfer die Menschheit gerettet.

    Und Romeo und Julia sterben doch auch zum Schluss

    Da haste recht. Nur ist das auch immer das Ende der Geschichte. Die Frage war aber: Was ist, wenn der Protagonist mittendrin verschwindet, weil tot?

    Da funktioniert das nicht, meiner bescheidenen Meinung nach.

    Thorsten 's Anmerkung:

    Funktioniert prinzipiell in einem Lovecraft-artigen Horror-Setting ganz gut - die Praemisse ist dass die Maechte mit denen man es zu tun hat halt so gefaehrlich sind dass ein Mensch kaum eine Chance hat da rauszukommen - und wenn der Protagonist stirbt und ein anderer uebernimmt, der dann auch stirbt und...

    kann ich mich anschließen. Das passt.

    Aber erst mal in einer Erzählung einen Hauptcharakter aufbauen, um ihn dann mittendrin dem Hades zu überantworten?

    Würde für mich höchsten dann (im Bereich der Fantasy) Sinn machen, wenn jener Protagonist den Staffelstab (Schwert, Lanze, Gral, Kelch etc. pp.) weitergeben muß, weil er selbst das angestrebte Ziel nicht erreichen kann.

    Und selbst dann würde sich das Ganze eher am Ende der Erzählung befinden statt am Anfang oder mittendrin.

    Nuff said.

  • Zur Sicherheit alles im Spoiler
    Bei dieser Reihe hatte mich nicht enttäuscht, dass die Charaktere gestorben sind, selbst wenn es traurig war. Mich hat enttäuscht, dass nach Jon Snow diese Endgültigkeit nicht mehr galt. Nach dem Tod von Ned Stark hat George R.R. Martin die Prinzipien etabliert, nach der diese Serie von nun an lebte, nur um diese Prinzipien dann wieder zu brechen.

    Eigentlich war es klar, dass er Jon Snow nicht killt. Er hat zu dem Zeitpunkt einfach viel zu viel effort in die Figur gesteckt. Ned Stark ist ja relativ am Anfang abgetreten, im ersten Fünftel, wenn man die bereits bestehenden Bücher nimmt - zu dem Zeitpunkt war er der dominanteste Prota, aber eigentlich nur einer von acht POV-Charakteren. Robb Stark war nie ein POV-Charakter - ihn zu killen, war jetzt nicht allzu fernliegend. Bei Jon sah die Sache also anders aus. Kann man sich die Frage stellen, ob es dann sinnvoll war, ihn überhaupt zu töten und da dachte Martin sich wahrscheinlich, dass alle davon ausgehen würde, dass er tot bleibt, weil er ja das Prinzip etabliert hat und es damit überraschender daherkam. Kann man von halten, was man will - ich finde auch, dass es hätte eleganter gelöst werden können, aber es ist ja sein Baby, also kann er damit machen was er will. Aber für jemanden, der fleißig Tolkien dafür kritisiert, dass er Gandalf zurückgebracht hat, finde ich das schon ein klein wenig scheinheilig :saint:

    Da hat es halt auch gut funktioniert, weil es der Anfang der Geschichte war und die nächste Riege von Protas bereits eingeführt worden ist und in den Startlöchern stand. Und wenn es das Ende der Story wäre? Ich weiß, die Frage zielt jetzt nicht unbedingt darauf ab, aber im Prinzip geht es doch ums Protasterben:
    Die Frage war aber: Was ist, wenn der Protagonist mittendrin verschwindet, weil tot? Da funktioniert das nicht, meiner bescheidenen Meinung nach.

    Also, dass der Protagonist mittendrin verschwindet, weil tot, habe ich als Frage so konkret in dem Beitrag gar nicht vernommen.

    Ich kenn die Konstellationen, wo der Prota am Anfang stirbt und am Ende. Mittendrin sagst Du, klappt nicht. Dann heißt es, Lovecraft macht es und dann meinst Du, es passt ... ich komm nicht mehr mit :S

    "Die Sonne scheint anders und wird weiter scheinen, es hilft nichts mit Steinen nach ihr zu werfen."